OGH 1Ob119/24t

OGH1Ob119/24t25.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kraftwerk * eGen, *, vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 471.167,86 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Juni 2024, GZ 4 R 43/24g‑12, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00119.24T.0925.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Amtshaftung inkl. StEG

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

I. Der Antrag der klagenden Partei auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art 267 AEUV wird zurückgewiesen.

II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

zu I.:

Rechtliche Beurteilung

[1] Eine Partei hat nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch, die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union durch das Gericht zu beantragen. Der darauf gerichtete Antrag der Klägerin ist damit zurückzuweisen (RS0058452). Ein Vorabentscheidungsersuchen ist im Übrigen aus den nachstehend genannten Gründen nicht erforderlich.

zu II.:

[2] Die Klägerin betreibt ein mit Bescheid vom 20. 2. 1986 bewilligtes Wasserkraftwerk. Sie begehrt von der Beklagten – zuletzt nur mehr gestützt auf § 1037 und § 1042 ABGB – den Ersatz der Kosten für die Sanierung einer Sohlrampe (Sohlschwelle), zu der sie die Wasserrechtsbehörde zu Unrecht nach § 33d WRG aufgefordert habe. Die Klägerin sei insofern nicht Wasserberechtigte; die Sohlrampe stehe wie das Gewässer im Eigentum der beklagten Republik Österreich und sei daher von dieser zu erhalten.

[3] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab. Die Sohlrampe sei als Nebenanlage dem Wasserbenutzungsrecht der Klägerin zuzurechnen. Die Klägerin sei daher als Wasserberechtigte nach § 33d WRG iVm den §§ 1 bis 3 der VO des Landeshauptmanns von Oberösterreich, LGBl Nr 95/2011, mit der ein Sanierungsprogramm für Fließgewässer erlassen wurde, zur Sanierung (auch) der Sohlrampe verpflichtet gewesen.

[4] Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[5] 1. Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien kommt dem Obersten Gerichtshof keine Leitfunktion zu (RS0116438). Die Auslegung verwaltungsrechtlicher Normen kann daher auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen, solange den Vorinstanzen dabei keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0113455).

[6] 2. Die Klägerin bezweifelt nicht, dass nach § 33d Abs 3 WRG 1959 der „Wasserberechtigte“ zur Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen verpflichtet ist. Auch stellt sie nicht in Frage, dass Wasserberechtigter derjenige ist, der eine wasserrechtliche Bewilligung für die Wasserbenutzungsanlage hat (VwGH 2009/07/0125 ua). Vielmehr meint sie, dass sie nicht Betreiberin der betroffenen Sohlrampe und daher auch nicht Adressatin des Sanierungsprogramms sei.

[7] 3. Insofern zeigt die Klägerin allerdings keine erhebliche Rechtsfrage auf, sodass offen bleiben kann, ob eine andere Beurteilung überhaupt zu zivilrechtlichen Ansprüchen gegen die Beklagte (als Eigentümerin des Gewässers) führen könnte:

[8] Der Klägerin wurden in der wasserrechtlichen Bewilligung des Kraftwerks (auch) Aufträge in Bezug auf die unter dem Wehr liegenden Sohlschwellen erteilt. Die Vorinstanzen leiteten daraus ab, dass diese Schwellen als Nebenanlagen des Kraftwerks dem Wasserrecht der Klägerin zuzurechnen seien. Diese Ansicht ist durch die schon vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung des VwGH gedeckt, wonach insofern (jedenfalls zunächst) der Bewilligungsbescheid maßgebend ist (Ra 2021/07/0027 [Rz 16, 18] mwN). Die aufhebende Entscheidung in Ra 2021/07/0027 beruhte darauf, dass dort – im Gegensatz zum vorliegenden Fall – mangels Feststellungen zum Bewilligungsbescheid eben nicht geklärt war, ob die strittige Anlage dem Wassernutzungsrecht des Revisionswerbers zuzurechnen war.

[9] Der Einwand der Klägerin, die Sohlschwellen seien schon vor der wasserrechtlichen Bewilligung des Kraftwerks vorhanden gewesen, übergeht, dass sie durch die Bescheidauflagen zum Umbau dieser Sohlschwellen „zur Erhaltung einer Wehrtümpelfläche und zur Schaffung einer Stauwirkung zwischen den Schwellen trotz Restwasserabfluss in hiezu geeigneter Weise“ verpflichtet wurde.

[10] Welche Feststellungen die Klägerin in diesem Zusammenhang vermisst, legt sie nicht konkret dar.

[11] 4. Auf eine unionsrechtliche Anspruchsgrundlage oder auf Staatshaftung wegen Verstoßes gegen Unionsrecht hat sich die Klägerin weder in erster Instanz noch in der Berufung gestützt. Ihre erstmals in der Revision erstatteten Ausführungen zur Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG (WRRL) zeigen auf dieser Grundlage keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[12] Die Klägerin behauptet (letztlich) nicht, dass eine „Überwälzung“ des Sanierungsaufwands zur Herstellung des guten Zustands von Oberflächengewässern vom Mitgliedstaat auf den Wasserberechtigten durch Art 4 lit a sublit ii WRRL untersagt wäre. Ein solches Verbot – also eine Pflicht der Mitgliedstaaten zum endgültigen Tragen des Aufwands der Gewässersanierung, und zwar folgerichtig auch bei Privatgewässern – stünde im Widerspruch zum in Art 191 Abs 2 AEUV verankerten Verursacherprinzip, das auch in den EG 11 und 18 sowie in Art 9 der WRRL verankert ist. Soweit die Klägerin argumentiert, eine solche „Überwälzung“ sei durch die genannte Bestimmung „weder indiziert noch ausdrücklich verlangt“, führt sie nicht aus, weshalb sich daraus der geltend gemachte (zivilrechtliche) Anspruch gegen die Beklagte als Eigentümerin des Gewässers ergeben soll. Die unionsrechtlichen Ausführungen der Revision haben daher keine für den Senat erkennbare Relevanz für den konkreten Fall. Aus diesem Grund besteht auch kein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen.

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