VwGH 2009/07/0125

VwGH2009/07/012525.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des GD in L, vertreten durch Masser & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 27, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. Juni 2009, Zl. WA1- W-42666/001-2008, betreffend Instandhaltung nach § 50 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §33 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §27 Abs3;
WRG 1959 §29 Abs3;
WRG 1959 §50 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §27 Abs3;
WRG 1959 §29 Abs3;
WRG 1959 §50 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit an die Bezirkshauptmannschaft M (BH) gerichteter Eingabe vom 8. März 2007 beantragte der Beschwerdeführer als Eigentümer des Grst. Nr. 1953/1, KG L., die Wiederherstellung und Sanierung der Ufermauern bzw. Uferbefestigungen bis auf eine Höhe von 40 cm über der Normalwasserlinie des Werkskanals auf der gesamten Länge der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Werkskanal Grst. Nr. 2045, KG L., im Eigentum der Republik Österreich.

Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass die gemeinsame Grundstücksgrenze im Außenbogen einer Werkskanalkrümmung liege. Dadurch werde in hohem Ausmaß die Abtragung bzw. Aus- und Unterwaschung der Ufermauern und Uferbefestigungen sowie des dahinterliegenden Erdreichs bewirkt. Die Abtragung des Uferbereiches habe bereits einen solchen Umfang angenommen, dass durch die vom Werkskanal herrührende Überschwemmung eine "deutlich feststellbare Benutzung" des Grst. Nr. 1953/1 erfolge.

Die Überschwemmungen seien in der mangelhaften bzw. nicht erfolgten Erhaltung der Ufermauern und Uferbefestigungen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Werkskanalbetrieb begründet. Dabei sei auf die Gefahr von Geländerutschungen, ausgelöst durch die eingebrochenen Uferbereiche, hinzuweisen.

In einer weiteren Eingabe vom 9. Oktober 2007 stellte der Beschwerdeführer fest, dass sowohl die Uferstützmauer als auch die flussabwärts situierten verfallenen Uferbefestigungen aus Holzpfählen und Holzbretterwänden am Grst. Nr. 1953/1, KG L., lägen und das Grst. Nr. 1953/1 an mehreren Stellen in der Breite bis zu 0,7 m bei Normalwasserstand überschwemmt werde.

In dieser Eingabe beantragte der Beschwerdeführer, die BH möge ein wasserrechtliches Verfahren "zur Vorschreibung der Neuerrichtung von Uferbefestigungsanlagen nach dem heutigen Stand der Technik" auf Grst. Nr. 2045, KG L., "entlang der gemeinsamen Grundgrenze zu Grundstück 1953/1" einleiten.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2007 erließ die BH den Bescheid vom 16. Mai 2008.

In Spruchpunkt I. dieses Bescheides verpflichtete die BH die Wasserbenutzungsberechtigten HH. und CW., die Wiederherstellung und standfeste Sanierung der Ufermauer bzw. Uferbefestigung des "L Mühlbaches" bis auf die Höhe von 40 cm über der Normalwasserlinie auf dem Grst. Nr. 2045, Eigentümer Republik Österreich ("L Mühlbach" - öffentliches Wassergut), in Abgrenzung zum Grst. Nr. 1953/1 im Eigentum des Beschwerdeführers unter Zugrundelegung des Lageplans der Abteilung für Messung und Geoinformation des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. August 2007 ausgehend von Punkt 7H bis zum Betonfundament im unmittelbaren Nahebereich zum Punkt 6T des Lageplanes bis längstens 30. November 2008 vorzunehmen.

In Spruchpunkt II. wurden die Anträge des Beschwerdeführers vom 8. März 2007 und vom 9. Oktober 2007 auf Wiederherstellung sowie Sanierung der Ufermauern bzw. Uferbefestigungen auf der gesamten Länge der gemeinsamen Grundstücksgrenze von Grst. Nr. 2045 und Grst. Nr. 1953/1 abgewiesen. Im Hinblick auf die "beantragten Verpflichtungen des Eigentümers des Werkskanals, der Republik Österreich, öffentliches Wassergut" erfolgte eine Zurückweisung als unzulässig.

Mit Spruchpunkt III. wurden die Verfahrenskosten je zur Hälfte auf die Wasserbenutzungsberechtigten HH. und CW. sowie den Beschwerdeführer in Höhe von EUR 231,53 aufgeteilt.

Begründend führte die BH aus, dass auf Grund der Eintragung im öffentlichen Wasserbuch die Wasserbenutzungsrechte für HH. und CW. unstrittig seien.

Weiters stehe fest, dass es durch den "L Mühlbach" Grst. Nr. 2045, KG L., zu Ausschwemmungen, Unterspülungen und Uferanrissen auf dem Grst. Nr. 1953/1, KG L., des Beschwerdeführers gekommen sei. Diese bedürften einer Sanierung.

Beim "L Mühlbach" handle es sich um ein künstliches Gerinne, welches "durch Menschenhand etwa 1892" errichtet worden sei.

Die Instandhaltung der Uferschutzwände eines künstlichen Gerinnes obliege "grundsätzlich dem Wasserberechtigten". Eine Ausnahme sei dann vorzusehen, wenn "rechtsgültige Verpflichtungen anderer" im Sinne des § 50 Abs. 1 WRG 1959 bestünden.

Den Anträgen des Beschwerdeführers habe in vollem Umfang deswegen nicht nachgekommen werden können, da mit Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde L. vom 21. September 1976 die rechtskräftige Bewilligung zur Errichtung einer Garage auf dem Grst. Nr. 1953/1, KG L. erteilt worden sei.

Nach Einsicht in den Bauakt der Marktgemeinde L. und in die planliche Darstellung des beantragten Bauwerkes habe festgestellt werden können, dass die Stiege im Bereich zum "L Mühlbach" Teil des baubehördlichen Verfahrens und somit Teil der Garage sei. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers vom 18. April 2007 sei aus dem Original-Bauakt der Markgemeinde L. nicht ersichtlich, dass es sich bei der Stiege um einen Altbestand handle.

Unter Zugrundelegung des § 33 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 sei der Beschwerdeführer somit verpflichtet, das für seine Rechtsvorgänger bewilligte Bauwerk in einem der Bewilligung entsprechenden Zustand zu erhalten. Auf Grund dieser zwingenden Bestimmung der NÖ Bauordnung 1996 bestehe für den Beschwerdeführer eine rechtsgültige Verpflichtung, welche ihren Niederschlag in § 50 Abs. 1 WRG 1959 finde.

Für die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers als Baubewilligungswerber sei bei der Antragstellung im Jahre 1976 vorhersehbar gewesen, dass ein unmittelbar am Werksbach errichtetes Bauwerk besonderen Erosionen ausgesetzt sei, welches auf Grund der zwingenden Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996 durch den Bauwerber eigenständig zu sanieren sein werde.

Der Beschwerdeführer sei daher auf Grund der zwingenden Bestimmung des § 33 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 verpflichtet, das Baugebrechen selbst zu beheben. Eine Instandhaltungsverpflichtung für diesen Bereich der Garage samt Stiege zu Lasten der Wasserbenutzungsberechtigten HH. und CW. sei daher nicht zu verfügen gewesen.

Gegen Spruchpunkt II. und III. dieses Bescheides der BH erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Darin wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Trockensteinmauer (Ufermauer zum Werksbach) samt Stiege zum Zeitpunkt der Herstellung des Werksbaches errichtet worden sei, um einer erhöhten Auswaschungsgefahr entgegen zu wirken. Diese Mauer mit Betonmantel sei nicht Gegenstand der Bauverhandlung für die Garage gewesen. Die im Besitz des Beschwerdeführers befindliche Parie des Einreichplanes, genehmigt am 27. August 1976, würde färbig ausweisen, welche Baumaßnahmen baurechtlich genehmigt worden seien. Es müsse eine Wurfsteinschlichtung am Grst. Nr. 2045 als Ufermauer entlang der Trockensteinmauer errichtet werden, um weitere Beschädigungen der vorhandenen Trockensteinmauer zu verhindern. Auch sei für den Geräteschuppen ein eigenes tiefgehendes Fundament im Parallelabstand von 1,3 m von der Trockensteinmauer errichtet worden. Frostschäden an der Trockensteinmauer und deren Betonmantel seien im Jahr 1976 noch nicht vorhanden gewesen. Diese seien erst durch die Einwirkungen des Werksbachbetriebes entstanden. Die Berufung richte sich auch gegen die Verfahrenskosten, da dem Beschwerdeführer kein Verschulden an den Beschädigungen der Uferanlage treffe.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen ein, nahm Einsicht in den Bauakt der Marktgemeinde L. und führte am 3. Juni 2009 eine mündliche Verhandlung durch.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung des Beschwerdeführers insofern Folge gegeben, als die ihm auferlegten Verfahrenskosten mit EUR 203,18 neu festgelegt wurden. Im Übrigen wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde unter Verweis auf die Beschreibung der örtlichen Situation durch den bautechnischen Amtssachverständigen im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2009 aus, dass sich neben der Garage des Beschwerdeführers eine Böschungssicherung befinde, wobei die Fundamentierung der Betonteile offensichtlich auf einer Steinschlichtung erfolge, die teilweise ausgeschwemmt sei. Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe zur örtlichen Situation festgehalten, dass im Bereich der Garage eine Trockenschlichtung bestehe, auf welcher mit Beton ein "Gang samt einigen Stufen zum Mühlbach hinunter aufgesetzt" sei. Die Betonteile seien der Traufenbereich und die Stiege, welche beide neben der Garage und auf der Steinschlichtung situiert seien.

Aus im angefochtenen Bescheid im einzelnen dargestellten Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens ergebe sich, dass die verfahrensgegenständliche Stiege mit Zwischenpodest und der betonierte Traufenbereich neben der Garage samt der darunter befindlichen Steinschlichtung Bestandteil der baurechtlichen Bewilligung des Bürgermeisters der Marktgemeinde L. vom 21. September 1976 sei. Die Baulichkeiten Trockensteinschlichtung, Betongang, Stiege und Garage stellten auf Grund der fachlichen Ausführungen der Amtssachverständigen eine bauliche Einheit dar.

Ob nun die Trockensteinschlichtung schon früher vorhanden gewesen oder erst im Zuge der Herstellung der Garage entstanden sei und von wem diese hergestellt worden sei, habe auf Grund der Überbauung keine Relevanz, da diese dadurch zum Bestandteil der Überbauung geworden sei.

Daraus ergebe sich, dass eine rechtsgültige Verpflichtung des Beschwerdeführers gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 bestehe, die Steinschlichtung im verfahrensgegenständlichen Bereich (neben der Garage) zu erhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 haben, sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, dass keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.

Im angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde die Rechtsansicht, dass der rechtskräftige Baubewilligungsbescheid vom 21. September 1976 eine "rechtsgültige Verpflichtung" im Sinne des § 50 Abs. 1 WRG 1959 ist.

Damit ist die belangte Behörde nicht im Recht.

Die Instandhaltungspflicht für Wasserbenutzungsanlagen richtet sich nach § 50 Abs. 1 WRG 1959 primär nach "rechtsgültigen Verpflichtungen anderer". Bestehen solche rechtsgültigen Verpflichtungen nicht, ist der Wasserberechtigte zur Instandhaltung verpflichtet. Wasserberechtigter ist derjenige, der eine wasserrechtliche Bewilligung für die Wasserbenutzungsanlage hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2008, Zl. 2007/07/0010).

Rechtsgültige Verpflichtungen anderer, die einen Übergang der Instandhaltungspflicht auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht bewirken, können sich unmittelbar aus dem WRG 1959 (z.B. § 29 Abs. 3 letzter Satz) oder anderen wasserrechtlichen Vorschriften sowie aus Bescheiden oder sonstigen Rechtsakten, die ihre Grundlage in wasserrechtlichen Vorschriften haben (z.B. Verpflichtungserklärung nach § 27 Abs. 3 WRG 1959) ergeben (Bumberger/Hinterwirth, WRG, Kommentar, 2008, K 12 zu § 50 WRG 1959).

Gemäß § 33 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 hat der Eigentümer eines Bauwerkes dafür zu sorgen, dass dieses in einem der Bewilligung (§ 23) oder der Anzeige (§ 15) entsprechenden Zustand ausgeführt und erhalten wird. Er hat Baugebrechen, durch welche

? die Standsicherheit,

? die äußere Gestaltung,

? der Brandschutz,

? die Sicherheit von Personen und Sachen beeinträchtigt

werden oder die

? zu unzumutbaren Belästigungen (§ 48) führen können, zu beheben.

Nach § 33 Abs. 3 letzter Satz der NÖ Bauordnung 1996 ist dem Eigentümer - wenn nötig - mit Bescheid diese Verpflichtung aufzutragen.

Diese Vorschrift bzw. Bescheide, die ihre Grundlage in dieser Vorschrift haben, sind keine "rechtsgültigen Verpflichtungen anderer" im Sinne des § 50 Abs. 1 WRG 1959.

Eine Erhaltungspflicht der Wasserberechtigten bestünde allerdings nur dann, wenn es sich bei dem in Rede stehenden Bereich um Anlagen im Sinne des § 50 Abs. 1 WRG 1959 handeln würde.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. Oktober 2012

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