European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00116.24Y.0910.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erwachsenenschutzrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] 1. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Betroffenen, der sich gegen die Beauftragung eines Erwachsenenschutzvereins richtet, eine Abklärung iSd § 117a Abs 1 AußStrG iVm § 4a ErwSchVG durchzuführen, ist zwar nicht jedenfalls unzulässig (vgl RS0008520 [T5]), aber mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
[2] 2. Nach ständiger Rechtsprechung würde es dem Zweck des Überprüfungsverfahrens widersprechen, wenn schon zu Beginn konkrete Feststellungen über psychische Krankheiten (oder vergleichbare Beeinträchtigungen der Entscheidungsfähigkeit) sowie konkrete Gefährdungen verlangt werden würden (vgl RS0126667). Für die Einleitung bzw Fortsetzung des Verfahrens genügt die Möglichkeit, dass es nach Abschluss des Verfahrens zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters kommen kann (vgl RS0008542). Zwar bedarf es eines Mindestausmaßes an nachvollziehbarem Tatsachensubstrat (vgl RS0008542 [T1]). Die bloße Behauptung der Notwendigkeit ist für die Einleitung des Verfahrens nicht hinreichend. Vielmehr müssen die Anhaltspunkte konkret und begründet sein und haben sich sowohl auf die psychische Krankheit (oder vergleichbare Beeinträchtigung), als auch auf die Notwendigkeit der Bestellung zum Schutz der betreffenden Person zu beziehen (vgl RS0008526, RS0013479; § 117a Abs 1 AußStrG). Liegen solche Anhaltspunkte vor, ist das Gericht gemäß § 117 Abs 1 AußStrG im Sinne der Rechtsfürsorge aber verpflichtet, auch amtswegig vorzugehen (vgl RS0013479).
[3] Ob derartige Anhaltspunkte vorliegen, die die Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters rechtfertigen, ist eine typische Einzelfallbeurteilung. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG liegt daher in der Regel nur dann vor, wenn eine grobe Fehlbeurteilung des Rekursgerichts ausnahmsweise eine korrigierende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erforderlich macht (RS0087101; 4 Ob 235/23x).
[4] 3. Eine solche zeigt der Revisionsrekurs nicht auf. Die anregende Pensionsversicherungsanstalt belegte ihre verfahrenseinleitende Mitteilung mit einem E‑Mail‑Verkehr, der jedenfalls nach seinem objektiven Anschein mit der Betroffenen geführt wurde. Es ist aber vertretbar, diesem zumindest so weit ausreichende Anhaltspunkte für eine psychische Beeinträchtigung und Schutzbedürftigkeit zu entnehmen, um eine weitere Abklärung der Situation durch einen Clearingbericht aufzutragen.
[5] Eine Aussage über die Bestellung eines Erwachsenenvertreters ist damit noch nicht getroffen worden, sodass es derzeit auch weder auf das mit dem Revisionsrekurs vorgelegte Privatgutachten, noch die weiteren Beweisanbote der Betroffenen ankommt. Da diese vom Erstgericht in seinem Einleitungsbeschluss schon aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht berücksichtigt werden konnten, geht auch der Vorwurf der unzureichenden Beweiswürdigung und Mangelhaftigkeit des erst‑ und zweitinstanzlichen Verfahrens ins Leere.
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