European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00016.24D.0723.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger und die beklagte Bank schlossen im August 2007 einen Fremdwährungskreditvertrag über Schweizer Franken (CHF) im Gegenwert von 150.000 EUR mit einer Laufzeit bis 15. September 2032. Die Beklagte zählte dem Kläger 150.000 EUR auf ein EUR-Girokonto zu, belastete das CHF-Kreditkonto mit 248.250 CHF und wies den angewendeten Umrechnungskurs (1 EUR = 1,655 CHF) auf beiden Konten aus („CHF-Kurs: 1,655“). Der Kläger kannte die Belastung des CHF‑Kreditkontos und den Umrechnungskurs, beanstandete beides nicht und verwendete den EUR‑Kreditbetrag für den Ankauf eines Eigenheims.
[2] Der Kreditvertrag sieht vor:
„Die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils am Zuzähltag gültigen Devisengeldkurs auf Basis Bank-Fixing […].
Die Rückführung des Kredits zu den oben angeführten Stichtagen, umgerechnet zum jeweiligen Briefkurs auf Basis Bank-Fixing, hat zulasten Ihres Kontos [...] zu erfolgen, sodass der 15. 9. 2032 als letzter Rückführungstermin gewährleistet ist. […]
Die Bank ist berechtigt, dem/den Kreditnehmer/n für die Konvertierung von Fremdwährungsbeträgen 0,125 % Konvertierungsentgelt, mindestens jedoch 7,50 EUR zu verrechnen. Sämtliche oben angeführte Entgelte [...] werden jeweils Ihrem Verrechnungskonto angelastet.“
[3] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr ein Eventualleistungsbegehren auf Zahlung von 248.250 CHF sA Zug um Zug gegen Rückerstattung von 150.000 EUR. Der Kläger brachte dazu vor, der (erste) Geldwechselvertrag über den Kreditbetrag sei nichtig, weil die Konvertierungsklauseln intransparent und missbräuchlich seien. Der (erste) Geldwechselvertrag sei daher rückabzuwickeln.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte (auch) die das Eventualleistungsbegehren abweisende Entscheidung des Erstgerichts. Das Eventualleistungsbegehren berücksichtige nur Teilaspekte der Rückabwicklung, weil die Auszahlung des Kreditbetrags in Euro nicht der einzige Umtauschvorgang geblieben sei. Die Konvertierungsklauseln seien weder intransparent noch missbräuchlich. Selbst wenn sie wegfielen, bliebe der (erste) Geldwechselvertrag aufrecht. Für die Umrechnung wäre dann der zur Zeit der Zahlung am Zahlungsort maßgebliche Kurswert heranzuziehen (§ 907b Abs 2 ABGB), was auch unionsrechtlich zulässig wäre. Selbst wenn der (erste) Geldwechselvertrag nichtig und rückabzuwickeln wäre, würde die Beklagte dem Kläger keinen CHF-Betrag, sondern nur Wertersatz in Euro schulden. Die wechselseitigen Leistungskondiktionen wären gleich hoch, weil im Zeitpunkt der (ersten) Umwechslung (August 2007) der CHF‑Betrag dem EUR-Betrag entsprochen habe. Der Kläger könnte allenfalls das Entgelt für die Umwechslung zurückfordern. Darauf sei das Eventualleistungsbegehren aber nicht gerichtet.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Revision ließ das Berufungsgericht mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.
[6] Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[7] 1. Der Kläger wendet sich inhaltlich – ungeachtet seiner Erklärung, das Urteil des Berufungsgerichts im gesamten Umfang anzufechten – nur gegen die Bestätigung der Abweisung seines auf die Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags gestützten Eventualleistungsbegehrens. Er meint, es lägen erhebliche Rechtsfragen vor, weil die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur behaupteten Intransparenz und Missbräuchlichkeit von Konvertierungsklauseln wie den vorliegenden, die dem (ersten) Geldwechselvertrag zuzuordnen seien, uneinheitlich sei; weil das Berufungsgericht mit der Bejahung der Lückenfüllung durch das dispositive Recht (§ 907b Abs 2 ABGB) im Falle der Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen sei; und weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rückabwicklung eines Geldwechselvertrags bei der Auszahlung eines Fremdwährungskredits fehle.
Dem ist entgegenzuhalten:
[8] 2.1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p; 1 Ob 164/23h; 1 Ob 29/24g), dass bei Vereinbarung der Wahlmöglichkeit für den Kreditnehmer, sich den (Fremdwährungs‑)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, ein Angebot der Bank vorliegt, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu.
[9] Auch zur von den Klägern behaupteten Nichtigkeit des Geldwechselvertrags liegt mittlerweile Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor (vgl 3 Ob 79/24z; 5 Ob 14/24f). Die in diesen Entscheidungen enthaltenden rechtlichen Erwägungen sind auch auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar.
[10] 2.2. Nach der Rechtsprechung ist der Geldwechselvertrag über das Wechseln von Fremdwährung in Euro Kauf (RS0133254); für die Bank ist die ausländische Währung Ware, die sie gegen Zahlung von Euro (als Kaufpreis) kauft oder verkauft.
[11] 2.3. Dem typischen, auch nicht juristisch geschulten Kunden ist dabei erkennbar, dass Unternehmer das nicht umsonst machen und dass Banken bei einem Geldwechsel immer einen anderen Kurs in Ansatz bringen, je nachdem, ob sie Euro in Fremdwährung umwechseln oder umgekehrt, dass sie also mit dem Wechseln von Geld ebenso Gewinn anstreben (8 Ob 37/20d; 6 Ob 154/21x [Rz 1]).
[12] 2.4. Zu welchem Preis (Kurs) eine Bank bereit ist einem Kunden den kreditierten Fremdwährungsbetrag in Euro umzuwechseln, darf sie aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen. Ein Verbot, dass Banken selbst den Markt beobachten und anhand dessen letztlich versuchen, objektiv den aktuellen Briefkurs (Devisenkaufkurs) einzuschätzen, besteht nicht. Referenzkurse der EZB über das Verhältnis des Euro zu anderen Währungen sind nur unverbindliche Richtkurse. Dass ein hausinternes Devisenfixing bei allen Großbanken und Bankengruppen in Österreich ein Handelsbrauch ist, der sich zu einer allgemeinen Verkehrssitte entwickelt hat, wird vom Revisionswerber nicht in Frage gestellt und entspricht bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung (8 Ob 37/20d).
[13] 3.1. Grundsätzlich stand es dem Kläger hier nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Berufungsgerichts frei, die Umrechnung zu einem ihm ungünstig erscheinenden Kurs abzulehnen, sich den Fremdwährungskreditbetrag auszahlen zu lassen und mit einem Dritten einen Geldwechselvertrag zu besseren Konditionen abzuschließen (8 Ob 37/20d; 6 Ob 154/21x). Ein Recht der Bank zur einseitigen willkürlichen Festlegung des Wechselkurses besteht ohnedies nicht (4 Ob 3/22b). Eine willkürliche oder unsachliche Berechnung des Wechselkurses durch die Beklagte hat der Kläger nicht behauptet und hat das Verfahren nicht ergeben.
[14] 3.2. Der Kläger erfuhr bei Zuzählung des Fremdwährungskreditbetrags die Höhe des Wechselkurses und er disponierte über den ihm zur Verfügung gestellten Eurobetrag, ohne Einwände gegen den Wechselkurs zu erheben. Dass dieser von der Beklagten selbst gebildet wurde, war für ihn aufgrund des Hinweises auf das bankinterne Fixing klar; das Konvertierungsentgelt war bereits im Kreditvertrag vereinbart worden.
[15] 3.3. Warum die Konvertierungsklausel in Bezug auf die (erstmalige) Auszahlung des Fremdwährungskreditbetrags in Euro nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG missbräuchlich sein soll, zumal sie insoweit kein einseitiges Preisänderungsrecht des Unternehmers vorsieht und der Kläger den EUR-Betrag erhalten hat, den er wollte, wird aus den Revisionsausführungen nicht klar. Eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB kann schon deshalb nicht vorliegen, weil die Klausel (jedenfalls in Bezug auf den Geldwechselvertrag) die Hauptleistung betrifft. Die vom Revisionswerber zum Nachweis der Missbräuchlichkeit zitierte Judikatur zur Unwirksamkeit von Entgeltänderungsklauseln nach dem – hier nicht anwendbaren – ZaDiG (vgl RS0129620) betrifft andere Sachverhalte und ist nicht einschlägig. Dass Art 3 Abs 3 iVm Anhang Z 2 lit c RL 93/13/EWG (Klauselrichtlinie) Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen vom Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Pendants zu den hier (allenfalls) einschlägigen Bestimmungen des KSchG in Anhang Z 1 lit j und lit l der Klauselrichtlinie ausnimmt, sei nur ergänzend erwähnt (vgl hiezu auch Kietaibl, FX‑Kredit: Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei Nichtigkeit des Geldwechselvertrags, ÖBA 2023, 708 [710]). Weshalb das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen wäre, ist daher nicht zu erkennen.
[16] 4.1. Die Frage der ausreichenden Transparenz der Konvertierungsklausel bedarf keiner vertieften Erörterung, weil es der Anwendung dieser Klausel auf den (ersten) Geldwechselvertrag gar nicht bedarf.
[17] 4.2. Der Kläger kannte nach den Feststellungen sowohl den ihm zur Verfügung gestellten Fremdwährungsbetrag als auch den Wechselkurs. Auch dass er um diesen Fremdwährungsbetrag als Kaufpreis (gerundet) 150.000 EUR erwerben wollte, war ihm klar. Auch über das zu verrechnende Konvertierungsentgelt war er informiert. Allenfalls bestehende Unklarheiten über das in der Konvertierungsklausel erwähnte „Bank-Fixing“ ändern nichts daran, dass er sowohl den zu erwerbenden Betrag in EUR als auch den dafür aufzuwendenden Kaufpreis in CHF und auch die dafür auflaufenden Spesen exakt wusste. Transparenzfragen stellen sich in diesem Zusammenhang daher nicht.
[18] 5.1. Soweit die außerordentliche Revision mit einzelnen zur Frage der (Un‑)Zulässigkeit der Lückenfüllung durch dispositives Recht in Verbraucherverträgen ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs sowie mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dazu argumentiert, erübrigt sich mangels Relevanz für die gegenständliche Entscheidung eine nähere Auseinandersetzung. Die vom Kläger gegen die Entscheidung 3 Ob 76/22f, die eine vergleichbare Konvertierungsklausel als ausreichend transparent wertete, ins Treffen geführten Argumente bedürfen daher keiner weiteren Erörterung. Die Entscheidung 4 Ob 236/22t, die aufgrund der Vorabentscheidung durch den EuGH zu C‑625/21 (Gupfinger Einrichtungsstudie GmbH) erging, befasste sich mit Vertragslücken, die aufgrund des zwingenden Entfalls einer missbräuchlichen Vertragsklausel entstehen, die nicht durch dispositives Recht geschlossen werden dürfen, und ist nicht einschlägig. Auch des angeregten Vorabentscheidungsersuchens bedarf es aus diesem Grund nicht.
[19] 5.2. Die Frage, ob es sich beim (ersten) Geldwechselvertrag anlässlich der Umwechslung der Kreditvaluta und den weiteren Geldwechselverträgen anlässlich der Zinszahlungen um rechtlich selbständige Verträge handelt und letztere daher bei der Rückabwicklung des ersten Geldwechselvertrags nicht zu berücksichtigen wären, kann ebenfalls dahinstehen, weil es darauf für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falls nicht ankommt.
[20] 6. Damit war die Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).
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