European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00014.24F.0528.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Parteien schlossen im Juli 2005 einen endfälligen Fremdwährungskredit über Schweizer Franken (CHF) im Gegenwert von 104.000 EUR mit einem Laufzeitende 15. September 2025. Die Beklagte eröffnete für den Kläger anlässlich des Vertragsabschlusses ein Schweizer‑Franken‑Konto und zählte ihm den Kreditbetrag zu, indem sie 103.999,98 EUR auf sein Euro‑Girokonto gutbuchte. Der Betrag entsprach bei Zuzählung (Umrechnungskurs 1,562800 EUR/CHF) dem Gegenwert von 162.531,20 CHF, wie auf dem Kontoauszug des Kreditkontos ausgewiesen. Der Kläger widersprach diesem Betrag nicht.
[2] Der Kreditvertrag enthält – soweit für das Revisionsverfahren wesentlich – folgende Bestimmung:
„1. Die B* stellte Ihnen einen Fremdwährungskredit in CHF (Schweizer Franken) mit der Möglichkeit, zum Zeitpunkt einer jeden Tranchenfälligkeit in Euro zu tauschen, auf Roll‑over‑Basis im Gegenwert von maximal 104.000 EUR (in Worten [...]) zur Verfügung. Die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils am Zuzähltag gültigen Devisengeldkurs auf Basis B*‑Fixing und steht Ihnen mit Valuta vier Banktage später auf ihrem Euro‑Konto [...] zur Verfügung.“
[3] Der Kläger erhielt bei Unterzeichnung des Kreditvertrags eine Risikoinformation für Fremdwährungsfinanzierungen. Ihm war bekannt, dass ein Wechselkursrisiko besteht. Die Beklagte verrechnete neben dem im Vertrag genannten Konvertierungsentgelt von 0,125 %, mindestens jedoch 5,80 EUR, auch 0,007 Kurspunkte bei jeder Umrechnung von EUR zu CHF als Devisenhandelsspanne und behielt sich diese ein. Die Devisenhandelsspanne ist im Risikoinformationsblatt erwähnt.
[4] Der Kläger begehrte die Feststellung, seine dem Fremdwährungskreditkonto zugrunde liegende Schuld an Kapital bei der Beklagten betrage 104.000 EUR, in eventu entspreche dem tatsächlich zugezählten Eurobetrag, in eventu das Fremdwährungskreditverhältnis sei nichtig und „die aus dessen Rückabwicklung zugrundeliegende Schuld des Klägers bei der Beklagten an Kapital betrage 104.000 EUR“, in eventu sie entspreche dem tatsächlich zugezählten Eurobetrag, in eventu die Zahlung von 162.531,20 CHF samt Zinsen Zug um Zug gegen Rückerstattung von 104.000 EUR, sowie Zahlung von 29.673,36 EUR sA. Er stützt sich im Wesentlichen auf die Missbräuchlichkeit und Intrasparenz der im Kreditvertrag vorgesehenen Konvertierungsklauseln. Sollte das Gericht von einer echten Fremdwährungsschuld und einem zusätzlichen separaten Geldwechselvertrag ausgehen, sei jedenfalls der Geldwechselvertrag nichtig.
[5] Das Erstgericht wies alle Klagebegehren ab.
[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es ging von einem echten Fremdwährungskredit aus, bei dem der Kläger das Wahlrecht erhalten habe, sich den Kreditbetrag in Euro auszahlen zu lassen. Dies sei ein Angebot der Bank gewesen, zusätzlich zum Geldkreditvertrag einen (entgeltlichen) Geldwechselvertrag abzuschließen. Da der Kläger nicht verpflichtet sei, die Umwechslung bei der Beklagten vorzunehmen und das zur Bestimmung des Umrechnungskurses angewendete Devisenfixing einem bei allen Großbanken und Bankengruppen in Österreich bestehenden Handelsbrauch entspreche, der sich bereits zur allgemeinen Verkehrssitte entwickelt habe, erfordere auch das Unionsrecht nicht ein „Durchschlagen“ der Nichtigkeit des Geldwechselvertrags auf den Fremdwährungskredit. Selbst wenn die beanstandeten Klauseln entfielen und eine Anwendung des dispositiven Rechts (§ 907b ABGB) nicht in Betracht käme, könnte die Kreditrückzahlung ohne Konvertierung der Fremdwährung erfolgen. Das Argument, bei Anwendbarkeit des Trennungsmodells sei jedenfalls der Geldwechselvertrag wegen Intransparenz und Missbräuchlichkeit der Konvertierungsklauseln nichtig, übersehe, dass der Kläger im Weg der ihm übergebenen „Risikoinformation“ über das Kurs‑, Zins‑und Devisenrisiko informiert gewesen sei. Er habe gewusst, dass durch Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der devisenrechtlichen Kundmachungen eine für ihn nachteilige Situation entstehen könne, er aber die Abrechnung des Kreditkontos in Schweizer Franken unbeanstandet gelassen habe. Mit Stattgebung dieses Eventualbegehrens könnte der Kläger das bewusst von ihm übernommene Wechselkursrisiko daher nachträglich auf die Bank abwälzen. Das Eventualbegehren berücksichtige überdies nur Teilaspekte der Rückabwicklung, weil die Auszahlung der Kreditvaluta in Euro nicht der einzige Umtauschvorgang geblieben sei.
[7] Die Revision ließ das Berufungsgericht mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[8] Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[9] 1. Der Kläger wendet sich formell gegen das Urteil des Berufungsgerichts im gesamten Umfang. In seiner Zulassungsbeschwerde und auch der Ausführung der Revision selbst befasst er sich allerdings inhaltlich nur mit der Abweisung des auf die Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags gestützten Eventualzahlungsbegehrens. Nähere Ausführungen zu den übrigen vom Berufungsgericht behandelten Streitpunkten fehlen. Einzugehen ist daher im Weiteren nur auf die Fragen der Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags und dessen bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung. Der Kläger meint dazu eine erhebliche Rechtsfrage zu erkennen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rückabwicklung des Geldwechselvertrags bei Auszahlung des Fremdwährungskredits fehle. Da das Berufungsgericht eine Lückenfüllung durch dispositives Recht als zulässig erachtet habe, sei es von höchstgerichtlicher Rechtsprechung (4 Ob 236/22t) abgegangen. Dem ist entgegenzuhalten:
[10] 2.1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p; 1 Ob 164/23h; 1 Ob 29/24g), dass bei Vereinbarung der Wahlmöglichkeit für den Kreditnehmer, sich den (Fremdwährungs‑)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, ein Angebot der Bank vorliegt, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro ausbezahlen, tritt zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu, was auch einer typischen nicht juristisch geschulten Person erkennbar ist.
[11] 2.2. Ebenso durch die Rechtsprechung geklärt ist (RS0133254), dass der Geldwechselvertrag über das Wechseln von Fremdwährung in Euro Kauf ist; für die Bank ist die ausländische Währung Ware, die sie gegen Zahlung von Euro (als Kaufpreis) kauft oder verkauft.
[12] 2.3. Dem typischen, auch nicht juristisch geschulten Kunden ist dabei erkennbar, dass Unternehmer das nicht umsonst machen und dass Banken bei einem Geldwechsel immer einen anderen Kurs in Ansatz bringen, je nachdem, ob sie Euro in Fremdwährung umwechseln oder umgekehrt, dass sie also mit dem Wechseln von Geld ebenso Gewinn anstreben (8 Ob 37/20d; 6 Ob 154/21x [Rz 1]).
[13] 2.4. Zu welchem Preis (Kurs) eine Bank bereit ist einem Kunden den kreditierten Fremdwährungsbetrag in Euro umzuwechseln, darf sie aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen. Ein Verbot, dass Banken selbst den Markt beobachten, und anhand dessen letztlich versuchen, objektiv den aktuellen Briefkurs (Devisenkaufkurs) einzuschätzen, besteht nicht. Referenzkurse der EZB über das Verhältnis des Euro zu anderen Währungen sind nur unverbindliche Richtkurse. Dass ein hausinternes Devisenfixing bei allen Großbanken und Bankengruppen in Österreich ein Handelsbrauch ist, der sich zu einer allgemeinen Verkehrssitte entwickelt hat, entspricht bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung (8 Ob 37/20d).
[14] 3.1. Grundsätzlich stand es dem Kläger hier nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Berufungsgerichts frei, die Umrechnung zu einem ihm ungünstig erscheinenden Kurs abzulehnen, sich den Fremdwährungskreditbetrag auszahlen zu lassen und mit einem Dritten einen Geldwechselvertrag zu besseren Konditionen abzuschließen (8 Ob 37/20d; 6 Ob 154/21x). Ein Recht der Bank zur einseitigen willkürlichen Festlegung des Wechselkurses besteht ohnedies nicht (4 Ob 3/22b). Eine willkürliche oder unsachliche Berechnung des Wechselkurses durch die Beklagte hat er nicht behauptet und hat das Verfahren nicht ergeben.
[15] 3.2. Der Kläger erfuhr bei Zuzählung des Fremdwährungskreditbetrags die Höhe des Wechselkurses und er disponierte über den ihm zur Verfügung gestellten Eurobetrag, ohne Einwände gegen den Wechselkurs zu erheben. Dass dieser von der Beklagten selbst gebildet wurde, war für ihn aufgrund des Hinweises auf das bankinterne Fixing klar; ein Entgelt in Form des Aufschlags aus dem Titel „Devisenhandelsspanne“ grundsätzlich durch das Risikoinformationsblatt bekannt.
[16] 3.3. Warum die Konvertierungsklausel in Bezug auf die (erstmalige) Auszahlung des Fremdwährungskreditbetrags in Euro nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG missbräuchlich sein soll, zumal sie insoweit kein einseitiges Preisänderungsrecht des Unternehmers vorsieht und der Kläger den Euro-Betrag erhalten hat, den er wollte, wird aus den Revisionsausführungen nicht klar. Eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB kann schon deshalb nicht vorliegen, weil die Klausel (jedenfalls in Bezug auf den Geldwechselvertrag) die Hauptleistung betrifft. Die vom Revisionswerber zum Nachweis der Missbräuchlichkeit zitierte Judikatur zur Unwirksamkeit von Entgeltänderungsklauseln nach dem – hier nicht anwendbaren – ZaDiG (vgl RS0129620) betrifft andere Sachverhalte und ist nicht einschlägig. Dass Art 3 Abs 3 iVm Anhang Z 2 lit c RL 93/13/EWG (Klauselrichtlinie) Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen vom Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Pendants zu den hier (allenfalls) einschlägigen Bestimmungen des KSchG in Z 1 lit j und lit l ausnimmt, sei nur ergänzend erwähnt (vgl hiezu auch Kietaibl, FX‑Kredit: Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei Nichtigkeit des Geldwechselvertrags, ÖBA 2023, 708). Weshalb das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen wäre, ist daher nicht zu erkennen.
[17] 4.1. Die Frage der ausreichenden Transparenz der Konvertierungsklausel bedarf keiner vertieften Erörterung, weil es der Anwendung dieser Klausel auf den (ersten) Geldwechselvertrag gar nicht bedarf.
[18] 4.2. Der Kläger kannte nach den Feststellungen sowohl den ihm zur Verfügung gestellten Fremdwährungsbetrag in CHF als auch den Wechselkurs. Auch dass er um diesen Fremdwährungsbetrag als Kaufpreis (gerundet) 104.000 EUR erwerben wollte, war ihm klar. Auch über das zu verrechnende Konvertierungsentgelt und die Devisenhandelsspanne war er informiert. Allenfalls bestehende Unklarheiten über das in der Konvertierungsklausel erwähnte „B*‑Fixing“ ändern nichts daran, dass er sowohl den zu erwerbenden Betrag in EUR als auch den dafür aufzuwendenden Kaufpreis in CHF und auch die dafür auflaufenden Spesen exakt wusste. Transparenzfragen stellen sich in diesem Zusammenhang daher nicht.
[19] 5.1 Soweit die außerordentliche Revision mit einzelnen zur Frage der (Un‑)Zulässigkeit der Lückenfüllung durch dispositives Recht in Verbraucherverträgen ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs sowie mit der Rechtsprechung des EuGH dazu argumentiert, erübrigt sich mangels Relevanz für die gegenständliche Entscheidung eine nähere Auseinandersetzung. Die vom Kläger gegen die Entscheidung 3 Ob 76/22f, die eine vergleichbare Konvertierungsklausel als ausreichend transparent wertete, ins Treffen geführten Argumente bedürfen daher keiner weiteren Erörterung. Die Entscheidung 4 Ob 236/22t, die aufgrund der Vorabentscheidung durch den EuGH zu C‑625/21 (Gupfinger Einrichtungsstudie GmbH) erging, befasste sich mit Vertragslücken, die aufgrund des zwingenden Entfalls einer missbräuchlichen Vertragsklausel entstehen, die nicht durch dispositives Recht geschlossen werden dürfen, und ist nicht einschlägig. Auch des angeregten Vorabentscheidungsersuchens bedarf es aus diesem Grund nicht.
[20] 5.2. Die Frage, ob es sich beim (ersten) Geldwechselvertrag anlässlich der Umwechslung der Kreditvaluta und den weiteren Geldwechselverträgen anlässlich der Zinszahlungen um rechtlich selbständige Verträge handelt und letztere daher bei der Rückabwicklung des ersten Geldwechselvertrag nicht zu berücksichtigen wären, kann ebenfalls dahinstehen, weil es darauf für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falls nicht ankommt.
[21] 6. Damit war die Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).
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