European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00029.24G.0305.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen
Spruch:
I. Der Antrag der klagenden Partei, der Oberste Gerichtshof möge den EuGH gemäß Art 267 AEUV anrufen und ihm insbesondere die unter den Punkten 1 bis 6 der Revision genannten Vorlagefragen stellen, wird zurückgewiesen.
II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Zu I.:
Rechtliche Beurteilung
[1] Eine Partei hat nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch, die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union durch das Gericht zu beantragen. Der darauf gerichtete Antrag des Klägers ist damit zurückzuweisen (RS0058452). Ein Vorabentscheidungsersuchen ist im Übrigen aus den nachstehend genannten Gründen nicht erforderlich.
Zu II.:
[2] Die außerordentliche Revision zeigt im Hinblick auf bereits vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine erhebliche Rechtsfrage iSv § 502 Abs 1 ZPO auf und ist daher zurückzuweisen.
[3] 1. Der Oberste Gerichtshof sprach bereits wiederholt aus, dass für das Vorliegen einer echten Fremdwährungsschuld nicht maßgebend sei, in welcher Währung der Kredit ausbezahlt wird, sondern nur ob die fremde Währung die Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers bildet. Wird dem Kreditnehmer in einem solchen Fall die Wahl eingeräumt, sich den (Fremdwährungs-)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, liegt zudem ein Angebot der Bank vor, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt also zum Kreditvertrag ein Geldwechselvertrag hinzu, was einer typischen, nicht juristisch geschulten Person auch erkennbar ist (jüngst etwa 1 Ob 164/23h [Rz 7 mwN]).
[4] 2. Nach den Feststellungen besteht kein Zweifel, dass dem Kläger klar war, einen Fremdwährungskredit in CHF aufzunehmen, den er auch in dieser Währung zurückzuzahlen habe. Die Auszahlung erfolgte vereinbarungsgemäß in Euro, sodass die Ansicht des Berufungsgerichts, es liege ein echter Fremdwährungskreditvertrag und ein mit der Beklagten abgeschlossener Geldwechselvertrag vor, den in gefestigter Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen entspricht.
[5] 3. Die Kreditsumme und damit die Geldschuld der Beklagten ist im vorliegenden Fall in ausländischer Währung (CHF) ausgedrückt, wenn auch im Kreditvertrag nicht ziffernmäßig bestimmt, sondern mittels Bindung an den Gegenwert von 260.000 EUR. Soweit der Kläger dennoch eine mangelnde Bestimmtheit des Kreditvertrags behauptet, weil diesem die genaue Kreditsumme in CHF nicht zu entnehmen sei, übergeht er auch, dass mit der Beklagten ein fixer Wechselkurs (individuell) vereinbart wurde (vgl etwa auch 1 Ob 163/21h). Der Kreditvertrag kam daher – da die Kreditsumme als Hauptleistungspflicht des Kreditgebers und die Rückzahlungspflicht als Hauptleistungspflicht des Kreditnehmers ausreichend bestimmt sind – wirksam zustande. Darauf, ob sich die Bestimmbarkeit der Kreditvaluta (auch) aus einer Kontomitteilung über die Auszahlung der Kreditsumme ergibt (1 Ob 164/23h [Rz 9 mwN]), kommt es im vorliegenden Fall gar nicht an.
[6] 4. Der Oberste Gerichtshof hat in der Beurteilung vergleichbarer Fälle klargestellt, dass bei ausreichender Bestimmtheit des Kreditvertrags der Entfall einzelner Klauseln nicht automatisch dessen Nichtigkeit bewirkt. Entfiele daher die vom Revisionswerber beanstandete „Konvertierungsklausel“, bliebe der Kreditvertrag bestehen und der Kläger hätte den Kredit in der fremden Währung zurückzuzahlen, die er sich allenfalls auch von dritter Seite beschaffen könnte (1 Ob 164/23h [Rz 11 mwN]). Von dieser gefestigten Rechtsprechung abzugehen, bietet die Revision weder mit ihrer Behauptung, der vorliegende Vertrag könne ohne „Wechselkursklausel“ nicht weiter bestehen, noch mit ihren allgemeinen Ausführungen zu Leitsätzen in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs und des EuGH zur Unwirksamkeit von Klauseln in Verbraucherverträgen einen Anlass. Der in der Revision behauptete Widerspruch der hier zugrundegelegten Judikatur mit der Rechtsprechung des EuGH wurde auch bereits in zahlreichen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs verneint (4 Ob 203/22i [Rz 9 mwN]).
[7] 5. Darauf, ob die Berufung des Klägers auf eine Unwirksamkeit des Kreditvertrags rechtsmissbräuchlich wäre, muss mangels einer solchen nicht eingegangen werden.
[8] 6. Zu den Aufklärungspflichten einer Bank bei Abschluss eines Fremdwährungskredits besteht bereits umfangreiche Judikatur (7 Ob 17/19d). Deren Umfang hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (RS0026135 [T5]). Warum die Beklagte den Kläger nicht ausreichend über die „konkrete Tragweite der Fremdwährungsklausel“ sowie die „Folgen einer schweren Abwertung“ aufgeklärt haben soll, ist im Hinblick auf die ihm übermittelten Informationsunterlagen zu den mit einem Fremdwährungskredit verbundenen Risiken und das dazu geführte Beratungsgespräch nicht ersichtlich.
[9] 7. Die Frage der Zulässigkeit der Lückenfüllung, um eine allenfalls nichtige Konvertierungsklausel durch Anwendung des dispositiven Rechts zu ersetzen (hier: § 907b Abs 1 ABGB; § 905a ABGB aF), stellt sich nicht. Die diesbezüglichen unionsrechtlichen Überlegungen des Revisionswerbers können damit dahinstehen. Gleiches gilt für die in der Revision angesprochenen unionsrechtlichen Fragen zu den Folgen der Nichtigkeit oder des Nichtzustandekommens eines Kreditvertrags. Ebenso wenig ist von Relevanz, ob die Konvertierungsklausel unionsrechtlich bestehen kann. Denn auch ihr Wegfall führte aus den dargestellten Gründen nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags. Ein Vorabentscheidungsersuchen ist aus diesen Gründen nicht erforderlich (1 Ob 164/23h [Rz 12 mwN] zu einer weitgehend inhaltsgleichen Revision von vom selben Klagevertreter vertretenen Kreditnehmern).
[10] 8. Der Kläger begehrte hilfsweise auch die Feststellung der Unwirksamkeit (und wiederum hilfsweise der Nichtigkeit) des Geldwechselvertrags, „mit welchem die Kreditvaluta des Kreditvertrages […] von Schweizer Franken in Euro gewechselt wurde“. Er stützt sich auch dazu auf die mangelnde Bestimmtheit, weil „kein Wechselkurs vereinbart worden sei“. Damit übergeht der Kläger aber auch in diesem Zusammenhang wieder die Feststellung zur individuellen Vereinbarung eines konkreten Umrechnungskurses.
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