OGH 8Ob38/24g

OGH8Ob38/24g26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann-Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers K* R*, vertreten durch Mag. Dagmar Uschan-Volker, Rechtsanwältin in Leoben, gegen den Antragsgegner R* K*, vertreten durch Dr. Agnes Maria Kienast, Rechtsanwältin in Korneuburg, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 10. Jänner 2024, GZ 2 R 104/23b-35, mit dem dem Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Leoben vom 26. Mai 2023, GZ 20 Fam 5/22k-31, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0080OB00038.24G.0626.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist schuldig, dem Antragsteller die mit 938,40 EUR (darin 156,40 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller ist der im 34. Lebensjahr stehende Sohn des Antragsgegners. Beim Antragsteller besteht eine ausgeprägte kombinierte Persönlichkeitsstörung, sodass er weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch auf einem geschützten Arbeitsplatz arbeitsfähig ist. Obwohl in der Vergangenheit viele und verschiedenste fachärztliche, medikamentöse, psychologische und psychotherapeutische Behandlungen stattfanden, kam es zu keiner Besserung des Krankheitsbildes.

[2] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 26. 1. 2012 wurde der Antragsgegner mit Wirkung ab 1. 6. 2012 „bis auf weiteres“ von seiner Unterhaltspflicht befreit. Begründet wurde dies mit dem Einvernehmen der Parteien.

[3] Der Antragsteller begehrte mit Antrag vom 9. 2. 2022 laufenden Unterhalt, zuletzt in Höhe von 747 EUR, und rückständigen Unterhalt ab 1. 2. 2019.

[4] Der Antragsgegner wendete insbesondere ein, dass seit dem Beschluss vom 26. 1. 2012 keine Änderung der Umstände eingetreten sei, weil der Antragsteller bereits damals arbeitsunfähig gewesen sei.

[5] Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zur Zahlung eines laufenden Unterhalts von 710 EUR und von rückständigem Unterhalt ab 1. 2. 2019.

[6] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Beschluss vom 26. 1. 2012 beruhe auf der einvernehmlichen Befreiung des Antragsgegners von seiner laufenden Unterhaltspflicht und komme somit inhaltlich einem Verzicht des Antragstellers auf künftigen Unterhalt gleich. Aufgrund der grundsätzlichen Unverzichtbarkeit des Unterhaltsanspruchs habe es keines Nachweises einer wesentlichen Umstandsänderung bedurft. Zudem sei seit der letzten Unterhaltsvereinbarung eine wesentliche Änderung eingetreten.

[7] Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht nachträglich zur Frage zu, ob bei einer auf dem Einvernehmen eines unterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem volljährigen Kind beruhenden gerichtlichen Beschlussfassung über die künftige Befreiung des Elternteils von seiner Unterhaltspflicht von einem – für das Kind nicht verbindlichen – Verzicht auf künftigen Unterhalt ausgegangen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

[8] Der vom Antragsteller beantwortete Revisionsrekurs des Antragsgegners ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts – nicht zulässig.

[9] 1. Der Revisionsrekurs vermag keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG darzustellen, wenn er eine alternative Begründung des Rekursgerichts, die selbständig tragfähig ist, unbekämpft lässt (RS0118709 [T3]).

[10] 2. Hier zeigt das Rechtsmittel zwar die vom Rekursgericht in seiner Zulassungsentscheidung genannte Rechtsfrage auf; der Revisionsrekurswerber argumentiert, dass eine neuerliche Unterhaltsfestsetzung nur bei einer wesentlichen Änderung der Umstände möglich sei. Die Hilfsbegründung des Rekursgerichts, wonach es zu einer solchen Änderung gekommen ist (vgl dazu RS0053297 [T4]; RS0047398 [T4]; RS0107666; RS0107667; RS0007148; RS0007145), bekämpft er jedoch nicht.

[11] 3. Demnach erweist sich die Frage, ob der „bis auf weiteres“ eingeschränkte Beschluss vom 26. 1. 2012 überhaupt einer Verpflichtung des Antragsgegners zur Leistung von Unterhalt ohne wesentliche Änderung der Umstände entgegenstünde, als nicht präjudiziell.

[12] 4. Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

[13] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 1 AußStrG. Der Antragsteller hat in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Gemäß § 9 Abs 3 RATG sind Ansprüche auf Leistung des Kindesunterhalts mit dem Einfachen der Jahresleistung zu bewerten.

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