European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00024.24H.0618.001
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Parteien schlossen im Oktober 2007 einen endfälligen Fremdwährungskredit über Schweizer Franken (CHF) im Gegenwert von 51.000 EUR mit einem Laufzeitende 15. September 2027. Die Klägerin erhielt vor Unterzeichnung des Kreditvertrags ein Risikoinformationsblatt für Fremdwährungsfinanzierungen. Ihr war bekannt, dass ein Wechselkursrisiko besteht. Die Beklagte eröffnete für dieKlägerin anlässlich des Vertragsabschlusses ein Schweizer‑Franken‑Kreditkonto und zählte diesem den Kreditbetrag zu, indem sie 50.082,02 EUR auf ihr Euro‑Verrechnungskonto gutbuchte. Der Betrag entsprach bei Zuzählung (Umrechnungskurs 1,683800 EUR/CHF) dem Gegenwert von 84.328,07 CHF, was auf dem Kontoauszug des Kreditkontos auch ausgewiesen wurde. Der Umrechnungskurs wurde durch bankinternes Devisen‑Fixing der Beklagten festgelegt. Die Klägerin widersprach diesem Betrag nicht.
[2] Die Klägerin begehrte die Feststellung, ihre dem Fremdwährungskreditkonto zugrunde liegende Schuld an Kapital bei der Beklagten betrage 51.000 EUR, in eventu entspreche dem tatsächlich zugezählten Eurobetrag, in eventu das Fremdwährungskreditverhältnis sei nichtig und „die aus dessen Rückabwicklung zugrundeliegende Schuld des Klägers bei der Beklagten an Kapital betrage 51.000 EUR“, in eventu sie entspreche dem tatsächlich zugezählten Eurobetrag, in eventu die Zahlung von 84.328,07 CHF samt Zinsen Zug um Zug gegen Rückerstattung von 51.000 EUR. Sie stützte sich im Wesentlichen auf Missbräuchlichkeit und Intransparenz der im Kreditvertrag vorgesehenen Konvertierungsklauseln. Eventualiter wurde das Klagebegehren auf die Nichtigkeit des Geldwechselvertrags gestützt. Die dem Geldwechselvorgang zugrunde liegende intransparente Konvertierungsklausel führe zum Entfall des Geldwechselvertrags sowie zu dessen Rückabwicklung.
[3] Das Erstgericht wies alle Klagebegehren ab.
[4] Das Berufungsgerichtbestätigte diese Entscheidung. Es ging von einem echten Fremdwährungskredit aus, bei dem die Klägerin das Wahlrecht erhalten habe, sich den Kreditbetrag in Euro auszahlen zu lassen. Dies sei ein Angebot der Bank gewesen, zusätzlich zum Geldkreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Das bankinterne Devisen‑Fixing sei ein Handelsbrauch, der sich zu einer allgemeinen Verkehrssitte verdichtet habe. Dessen Zulässigkeit habe der Oberste Gerichtshof bereits bestätigt. Für die Klägerin habe aufgrund des Hinweises in der Risikoinformation nicht zweifelhaft sein können, dass im Fall einer Geldumwechslung Konvertierungskosten und Spesen anfielen. Die beanstandete Konvertierungsklausel sei keine Preisänderungsklausel und werde von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG inhaltlich nicht erfasst.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig:
[6] 1. Das Rechtsmittel der Klägerin befasst sich inhaltlich nur mit der Abweisung des auf Rückabwicklung des (ersten, ursprünglichen) Geldwechselvertrags gerichteten (letzten) Eventualbegehrens. Nähere Ausführungen zu den übrigen vom Berufungsgericht behandelten Streitpunkten fehlen. Im Folgenden ist daher nur auf die Frage der Nichtigkeit des ersten Geldwechselvertrags und dessen begehrte bereicherungsrechtliche Rückabwicklung einzugehen.
[7] 2. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p; 1 Ob 164/23h; 1 Ob 29/24g), dass bei Vereinbarung der Wahlmöglichkeit für den Kreditnehmer, sich den (Fremdwährungs‑)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, ein Angebot der Bank vorliegt, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro ausbezahlen, tritt zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu, was auch einer typischen nicht juristisch geschulten Person erkennbar ist.
[8] 3.1. Ein amtliches (offizielles) Devisen‑Fixing existiert seit der Einführung des Euro nicht mehr. Die Beklagte legt der Währungsumrechnung ein eigenes Devisen‑Fixing (Bank‑Fixing) zugrunde, das sie – einer in Bankenkreisen seit Jahrzehnten geübten, gerichtsbekannten Verkehrssitte (einem Handelsbrauch) entsprechend – nach tagesaktuellen Devisenkursen errechnet. Der Oberste Gerichtshof hat in ähnlichen Fällen ein bankenübliches Devisen‑Fixing bereits für zulässig erkannt (vgl bloß 3 Ob 76/22f [ErwGr B.1.]). Die Revision der Klägerin zeigt keine Gründe auf, die ein Abgehen von dieser Judikatur nahelegen. Eine willkürliche oder unsachliche Berechnung des Wechselkurses durch die Beklagte wurde weder behauptet noch hat sich eine solche im Verfahren ergeben.
[9] 3.2. Die in der Revision zum Nachweis der Missbräuchlichkeit der Klausel zitierte Judikatur zur Unwirksamkeit von Entgeltänderungsklauseln nach dem – hier nicht anwendbaren – ZaDiG betreffen andere Sachverhalte und sind daher nicht einschlägig (vgl RS0129620).
[10] 3.3. Warum die beanstandete Konvertierungsklausel gegen § 6 Abs 1 Z 5 bzw § 6 Abs 2 Z 3 KSchG verstoßen und daher missbräuchlich sein soll, vermag die Klägerin nicht nachvollziehbar zu erklären. Die Klausel sieht kein einseitiges Preisänderungsrecht der beklagten Bank vor.
[11] 3.4. Unionsrechtlich ist zudem maßgebend, dass die Klausel‑RL 93/13/EWG in ihrem Anhang (Z 2 lit c iVm Z 1 lit j und lit l) Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt.
[12] 3.5. Die Intransparenz der beanstandeten Konvertierungsklausel bezieht die Klägerin (im Zusammenhang mit dem Devisen‑Fixing) auch darauf, dass der Aufschlag auf den Umrechnungskurs nicht konkret benannt worden sei. Allerdings ist nach der Rechtsprechung dem typischen, auch nicht juristisch geschulten Kunden durchaus erkennbar, dass Banken unternehmerisch tätig sind und bei einem Geldwechsel einen anderen Kurs in Ansatz bringen, je nachdem, ob sie Euro in Fremdwährung umwechseln oder umgekehrt, dass sie also auch mit dem Wechseln von Geld einen Gewinn anstreben (8 Ob 37/20d; 6 Ob 154/21x [Rz 1]). Die Klägerin war schon durch die Hinweise in den Vertragsurkunden der Beklagten auf das bankinterne Devisen‑Fixing darüber informiert, dass der Wechselkurs von der Beklagten selbst gebildet wurde und sich die zu verrechnenden Konvertierungskosten aus einer Handelsspanne („Differenz zwischen Devisengeldkurs und Devisenbriefkurs“) sowie den im Einzelnen angeführten Spesen errechnete. Auch über das Wechselkursrisiko wurde die Klägerin hinreichend aufgeklärt.
[13] 4. Insgesamt zeigt die außerordentliche Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb sie zurückzuweisen war (vgl zu ähnlichen Konvertierungsklauseln 3 Ob 79/24z; 5 Ob 14/24f; 4 Ob 227/23w). Da den unionsrechtlichen Überlegungen der Klägerin vor allem zur Unzulässigkeit der Lückenfüllung durch dispositives Recht keine Bedeutung zukommt, war die Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht aufzugreifen.
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