OGH 8Ob27/23p

OGH8Ob27/23p21.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn sowie die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers P* L*, vertreten durch Schubeck & Schubeck Rechtsanwälte GbR in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin M* W*, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in Hallein, wegen Benützungsentgelt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 8. März 2023, GZ 22 R 270/22t‑64, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00027.23P.0421.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Beurteilung, ob ehemalige Lebensgefährten durch schlüssiges Handeln eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts geschlossen haben, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Bewegt sich das Rekursgericht im Rahmen der Grundsätze einer ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und trifft es seine Entscheidung ohne krasse Fehlbeurteilung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls, dann liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (RIS‑Justiz RS0044088 [T8, T9]).

[2] Die Vorinstanzen haben das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den Parteien zur Errichtung und Verwaltung des in ihrem Hälfteeigentum stehenden Wohnhauses verneint. Der Hausbau habe der gemeinsamen Wohnversorgung der Familie gedient und sei über diesen in einer Lebensgemeinschaft üblichen Zweck nicht hinausgegangen. Es seien keine darüber hinausgehenden Zwecke vorgelegen und keine für eine Gesellschaft charakteristischen bindenden und durchsetzbaren Organisationsstrukturen.

[3] Mit dieser Beurteilung bewegen sich die Vorinstanzen im Rahmen der ständigen Rechtsprechung, dass es für die Annahme einer schlüssigen Gesellschaftsgründung nicht genügt, dass zwei Personen am Eintritt eines bestimmten Erfolgs interessiert sind oder dass sie in einfacher Rechtsgemeinschaft stehen. Im Zusammenhang mit einer Lebensgemeinschaft ist die konkludente Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts überhaupt nur dann anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die keinen Zweifel an der Absicht darüber aufkommen lassen, dass sich die Lebensgefährten über den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags einig gewesen sind (RS0014571). Es muss nach der Rechtsprechung eine, wenn auch lose, Gemeinschaftsorganisation zwischen den Beteiligten vereinbart sein, die jedem Partner gewisse konkrete Einwirkungsrechte oder Mitwirkungsrechte gibt (RS0022154 [T11, T14]).

[4] Gerade wenn die Rechtsmittelwerberin darlegt, dass die Parteien ihren Hausbau nicht minutiös geplant haben, sondern sich die Aufgabenverteilung und Durchführung im Lauf der Zeit ergeben hat, wobei sie im Vorhinein nicht einmal wussten, wie viel alles kosten würde, zeigt sie damit keine aufzugreifende Unrichtigkeit der Beurteilung der Vorinstanzen auf. Dem Umstand, dass der Antragsteller zur Absicherung seiner eigenen Investitionen von der Antragsgegnerin das Hälfteeigentum an der Liegenschaft übertragen erhielt, haftet für sich kein Charakter einer Gesellschaftsorganisation an. Dagegen wurden gesellschaftstypische Absprachen, etwa über die laufende Verwaltung oder die Verwertung im Falle der Trennung oder des gemeinsamen Auszugs der Streitteile und über die Vermögensauseinandersetzung nach den Feststellungen gerade nicht getroffen. Es besteht ja eine Miteigentumsgemeinschaft hinsichtlich der Liegenschaft.

[5] Das im Rechtsmittel angeführte Argument, dass die Antragsgegnerin für sich im Einzelfall eine gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung für günstiger als eine Zivilteilung des Miteigentums erachten würde, kann nicht eine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Unrichtigkeit der Beurteilung der Vorinstanzen begründen.

[6] 2. Auch mit der Frage, ob die Übereignung des Hälfteanteils der Liegenschaft an den Antragsteller als „Treuhandübereignung“ oder Sicherungsübereignung zu interpretieren wäre, spricht der Revisionsrekurs nur Fragen der Vertragsauslegung im Einzelfall an, die grundsätzlich keine erheblichen Rechtsfragen aufwerfen (RS0044358; RS0042936; RS0112106).

[7] Eine Ausnahme wird nicht dargelegt. Nach dem Sachverhalt wurde anlässlich der Schenkung gerade keine Abrede zwischen den Parteien über eine allfällige Verpflichtung zur Rückstellung des Hälfteanteils an die Antragsgegnerin und über die Bedingungen, unter denen eine solche stattzufinden hätte, getroffen.

[8] 3. Eine prozessuale Aufrechnung von Gegenforderungen sieht die Rechtsprechung im Außerstreitverfahren, wie der Revisionsrekurs auch selbst einräumt, grundsätzlich als unzulässig an (RS0006058). Diesem Verfahren ist ein dreigliedriger Spruch, wie er im streitigen Verfahren bei einem Compensandoeinwand vorgesehen ist, fremd. Die Entscheidung der Vorinstanzen steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Die Ausführungen des Revisionsrekurses, dass die Antragsgegnerin damit zu einem mit einer außergewöhnlichen Aufrechnung verbundenen Anerkenntnis der Forderung des Antragstellers gezwungen wäre, übergehen, dass infolge einer mangelnden Möglichkeit der Geltendmachung im Verfahren, die Zulässigkeit der Einwendung im Oppositionsverfahren begehrt wird (vgl Jakusch in Angst 2 § 35 EO Rz 56 aE mwN; RS0001416). Eine Verpflichtung zur Zahlung bei sonstiger Exekution wurde in die Rechtsgestaltung der Benützungsregelung (vgl RS0013672) auch gar nicht aufgenommen.

[9] Insoweit bedarf es auch keines Eingehens auf die von Klicka (Zur Zulässigkeit der prozessualen Aufrechnung im Außerstreitverfahren, dargestellt an der E OGH 5 Ob 46/21g, wobl 2022, 13) angestellten Überlegungen. Allgemein ist fraglich, woraus sich eine Absicht des Gesetzgebers ergäbe, den Parteien die Möglichkeit zu eröffnen, ihre auf den streitigen Rechtsweg gehörigen Ansprüche (hier: behaupteter Mietzinsrückstand) im Wege einer Compensandoeinwendung in das Außerstreitverfahren zu ziehen. Daraus, dass wie der Revisionsrekurs ausführt, zB die Erbrechtsklage eigens in diese Verfahrensart verwiesen wurde, kann auch der Umkehrschluss gezogen werden, dass sich die Rechtslage und ihre Auslegung durch die Judikatur bei den nicht neu geregelten Materien eben nicht ändern sollte.

[10] 4. Mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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