OGH 5Ob113/22m

OGH5Ob113/22m29.8.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin P* GmbH *, vertreten durch Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen Löschung einer Dienstbarkeit, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 7. April 2022, AZ 2 R 28/22s, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00113.22M.0829.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ *, KG *. Die Vorinstanzen wiesen den Antrag auf Löschung der auf dieser Liegenschaft zu C‑LNR 1a einverleibten Dienstbarkeit der unentgeltlichen Saalbenützung für den „C*verein in S*“ ab.

[2] Die Antragstellerin zeigt in ihrem dagegen gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

[3] 1. Das Grundbuchgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Ein Grundbuchsgesuch kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt in formaler Beziehung unbedenklich erscheint und auch zur materiell‑rechtlichen Frage keine Zweifel aufkommen lässt (RIS‑Justiz RS0060878).

[4] 2. Die Vorinstanzen wiesen insbesondere darauf hin, dass die behauptete Rechtsidentität zwischen dem bücherlich berechtigten „C*verein in S*“ und dem „K*verein S*“, dessen Auflösung die Antragstellerin durch Urkunden belegte, weder offenkundig noch anhand öffentlicher Urkunden erwiesen sei. Aus den mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen ist – entgegen der Behauptung im außerordentlichen Revisionsrekurs – nicht ohne jeden Zweifel nachvollziehbar, dass es sich bei dem im Jahr 1971 aufgelösten Verein um den Rechtsnachfolger des aufgrund eines Kaufvertrags aus dem Jahr 1921 servitutsberechtigten Vereins handelt. Die Entscheidung ist daher nicht korrekturbedürftig.

[5] 3.1 Soweit die Revisionsrekurswerberin argumentiert, die Dienstbarkeit sei aufgrund eines mehr als 100 Jahre alten Titels im Grundbuch einverleibt worden und daher anzunehmen, dass die damals dem Verein zugehörigen Personen nicht mehr lebten, ist ihr entgegenzuhalten, dass mangels nachvollziehbarer Rechtsidentität des aufgelösten Vereins mit dem berechtigten Verein unklar ist, ob allenfalls eine (andere) Rechtsnachfolgerin für die im Grundbuch genannte juristische Person existiert. Die im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen einer allfälligen Nachtragsabwicklung nach dem Vereinsgesetz 1951 wegen des „Vermögenswerts“ der Dienstbarkeit sind damit nur theoretischer Natur und einer Behandlung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugänglich (vgl RS0111271 [T2] ua).

[6] 3.2 Auch die Behauptung, die Dienstbarkeit sei „durch Untergang der Sache“ erloschen, weil große Teile des Gebäudes inzwischen umgebaut und der Saal abgerissen worden sei, vermag die beantragte Löschung nicht zu begründen. Die beantragte Einverleibung der Löschung muss sich – wie das Rekursgericht bereits ausführte – aus den beigebrachten Urkunden ergeben; der streng formelle Charakter des Grundbuchsverfahrens verbietet es, eine Eintragung bloß aufgrund von Schlussfolgerungen aus Urkunden zu bewilligen (vgl RS0060878 [T4]). Bei einer Abtragung eines Bauwerks geht die damit verbundene Dienstbarkeit nicht unter (vgl RS0015001), sondern sie ruht nur bis zu einer Wiederherstellung der Sache (vgl RS0012162 [T3]; vgl auch RS0012164). Darauf, dass sich die Antragstellerin auf einen angeblichen Nichtgebrauch der Dienstbarkeit über mehr als 50 Jahre in ihrem Antrag nicht stützte, weshalb dieses Vorbringen dem § 122 Abs 2 GBG widerspricht, hat das Rekursgericht ebenfalls bereits hingewiesen.

[7] 3.3 Soweit das Rechtsmittel auf die Möglichkeit einer amtswegigen Löschung nach § 131 Abs 1 GBG Bezug nimmt, ist anzumerken, dass diese nur angeregt und die Verweigerung nicht angefochten werden kann (vgl RS0060931; RS0060928).

[8] 4. Eine Wiederholung des Grundbuchsgesuchs auf der Grundlage der bislang vorgelegten Urkunden kommt nicht in Betracht, weshalb die Prüfung weiterer Abweisungsgründe grundsätzlich unterbleiben kann (RS0060544). Lediglich der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass § 87 Abs 1 GBG in formaler Hinsicht verlangt, dass die Urkunden, aufgrund derer eine Eintragung erfolgen soll, im Original beizulegen sind. Diese Voraussetzung bezieht sich auf Grundbuchsurkunden, also solche, die in materieller und formeller Hinsicht die konstitutiven Voraussetzungen der vorzunehmenden Grundbuchshandlung enthalten (RS0061070; RS0061050). Der Bescheid über die Auflösung des „K*vereins S*“ ist zwar als öffentliche Urkunde geeignet, den Nachweis für diesen Umstand zu erbringen, allerdings mangelt es aufgrund der Vorlage einer schlichten Kopie an der erforderlichen Form (vgl RS0061010 [T21]).

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