OGH 8Ob67/21t

OGH8Ob67/21t29.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn sowie die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Y* B*, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, und der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei 1. Dr. V* E*, 2. W* E*, 3. B* K*, 4. P* N*, 5. G* K*, 6. C* J*, 7. A* G*, 8. P* P*, 9. Dr. C* K*, 10. Dkfm. D* S*, 11. Dr. F* F*, 12. D* R*, 13. Mag. T* M*, 14. G* L*, 15. W* E*, 16. Dr. C* C*, 17. Mag. G* H*, 18. R* M*, 19. Mag. Dr. C* M*, 20. T* H*, 21. F* F*, 22. Mag. E* H*, 23. R* K*, 24. H* O*, 25. O* P*, 26. S* R*, 27. Ing. Mag. B* S*, 28. E* B*, 29. I* G*, 30. M* S*, 31. P* S*, 32. Ing. N* C*, 33. W* H*, 34. C* K*, 35. C* R*, 36. C* S*, 37. Mag. V* P*, 38. S* W*, alle vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, 39. G* K*, vertreten durch Dr. Martin Brenner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G* B*, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei F*, vertreten durch Beck & Dornhöfer & Partner Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen Feststellung und 7.351,56 EUR, über die Revisionen der klagenden Partei und der 39. Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2021, GZ 13 R 111/20a‑65, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 30. April 2020, GZ 2 C 970/17w‑56, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0080OB00067.21T.0629.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Den Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

A. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des bereits in Rechtskraft erwachsenen Zuspruchs nunmehr als Teilurteil lautet:

„1. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem zwischen dem Kläger und der Beklagten abgeschlossenen Bestandvertrag vom 1. 9. 1970 um ein den Bestimmungen der §§ 29 ff MRG unterliegendes Mietvertragsverhältnis handelt und dementsprechend die mit Schreiben vom 16. 10. 2018 von der Beklagten gegenüber dem Kläger außergerichtlich ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 843,26 EUR binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das auf Zahlung weiterer 6.508,30 EUR gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.“

B. Im Umfang des Mehrbegehrens, es wolle mit Wirkung zwischen den Streitteilen festgestellt werden, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche Schäden haftet, welche dieser infolge der zwischen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei (F* bzw deren Tochtergesellschaft E*) abgeschlossenen Verträge im Frühjahr 2018 und infolge des prätorischen Vergleichs zwischen der Beklagten und der F* vom 15. 1. 2019, abgeschlossen vor dem Bezirksgericht Eisenstadt zu AZ 2 C 44/19x, entstehen, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

C. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die beklagte Gemeinde ist Bestandnehmerin eines ab 1. 1. 1969 befristet bis 31. 12. 2018 geschlossenen, als Pachtvertrag bezeichneten Bestandvertrags über ein Seeuferareal. Liegenschaftseigentümer und Bestandgeber war der Rechtsvorgänger der Nebenintervenientin auf Beklagtenseite bzw zuletzt diese.

[2] Der klagende Verein ist aufgrund eines als Subpachtvertrag bezeichneten Vertrags mit der Beklagten seit 1. 1. 1971 Unterbestandnehmer eines Teils dieses Areals zum Zweck der Errichtung und des Betriebs eines Yachtclubs. Die Befristung des Hauptbestandvertrags war dem Kläger bekannt. Er errichtete die nötigen Gebäude und Einrichtungen des Yachtclubs, inbesondere Aufschüttungen, ein Clubhaus mit Regattabüro, Sanitäranlagen, Steganlagen und 60 Kabanen, mit eigenen Mitteln und Krediten, ohne Wohnbauförderung oder finanzielle Zuschüsse der Beklagten bzw des Liegenschaftseigentümers.

[3] Die Nebenintervenienten auf Klagsseite berufen sich auf Superädifikatseigentum an auf dem Yachtclubareal errichteten Kabanen.

[4] Die Beklagte und die Grundeigentümerin führten zunächst ergebnislos Gespräche über eine Fortsetzung des Hauptbestandvertrags über den 31. 12. 2018 hinaus. Da sich die Beklagte aber nicht im Stande sah, die anstehenden notwendigen Investitionen zur Sanierung der Seebadanlage zu tragen, schloss sie mit der Nebenintervenientin auf Beklagtenseite im Jahr 2018 eine Vereinbarung, mit der sie das ursprüngliche Vertragsende anerkannte und sich zur Räumung des Areals bis 31. 12. 2018 verpflichtete, weiters schlossen dieVertragsparteien beim Erstgericht einen prätorischen Räumungsvergleich.

[5] Mit Schreiben vom 16. 10. 2018 erklärte die Beklagte unter Verweis auf die Beendigung des Hauptpachtvertrags gegenüber dem Kläger die Kündigung des Unterbestandverhältnisses zum 31. 12. 2018.

[6] In der Klagewird die Feststellung begehrt, dass es sich bei dem zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Bestandvertrag um ein dem Anwendungsbereich des MRG, insbesondere den §§ 29 f MRG unterliegendes Mietverhältnis handle, in eventu dass es sich bei dem genannten Bestandvertrag um ein dem Sportstättenschutzgesetz unterliegendes Mietverhältnis handle, in jedem Fall dass die mit Schreiben vom 16. 10. 2018 von der Beklagten gegenüber dem Kläger außergerichtlich ausgesprochene Kündigung unwirksam sei und die beklagte Partei für sämtliche dem Kläger aus den Vereinbarungen über die Beendigung des Hauptbestandverhältnisses entstehenden Schäden hafte. Zusätzlich wird ein Zahlungsbegehren von 7.351,56 EUR für aufgelaufene vorprozessuale Vertretungskosten des Klägers erhoben.

[7] Das Erstgericht wies die Feststellungsbegehren zur Gänze ab. Dem Zahlungsbegehren gab es unangefochten mit 843,26 EUR unter Abweisung des Mehrbegehrens statt.

[8] Nach dem zum Zeitpunkt des Abschlusses des „Pachtvertrags“ geltenden § 1 Abs 3 MG idF BGBl I 1967/281 seien vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes Geschäftsräume ausgenommen, die nach dem 31. 12. 1967 durch Neu-, Um-, Auf-, Ein- oder Zubau ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen wurden. Dies treffe auf die vom Kläger errichteten Anlagen und Gebäude zu.

[9] Der Vertragsgegenstand unterliege auch nicht dem in § 1 Abs 1 SportstättenschutzG definierten Anwendungsbereich, zumal die Beklagte selbst nur Bestandnehmerin sei, der Kläger keine gemeinnützige Tätigkeit verrichte und auch die Bestandflächen nur zum geringsten Teil tatsächlich der Ausübung des Segelsports, im Übrigen aber gesellschaftlichen und Erholungszwecken dienten.

[10] Die Kündigung sei daher wirksam. Der Umstand, dass die Beklagte sich gegen die Beendigung des Hauptbestandvertrags durch Fristablauf nicht zur Wehr gesetzt habe, begründe keine schuldhafte Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten gegenüber dem Kläger, zumal ihr eine Fortsetzung wegen der anstehenden Sanierungskosten nicht zumutbar gewesen wäre. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorpachtrechts bei Neuvergabe seien nicht vorgelegen.

[11] Das Zahlungsbegehren sei teilweise berechtigt, weil die Beklagte ihre nebenvertragliche Verpflichtung zur Information ihres Unterbestandnehmers über die getroffenen Aufhebungsvereinbarungen verletzt und dadurch den Aufwand notwendiger Vertretungskosten in der zugesprochenen Höhe verursacht habe.

[12] Das Berufungsgericht gab den gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmitteln des Klägers und der Nebenintervenienten auf Klagsseite keine Folge. Es billigte im Wesentlichen die Rechtsausführungen des Erstgerichts, erklärte aber die ordentliche Revision für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendung der mietrechtlichen Kündigungsschutzbestimmungen auf Bestandverhältnisse von Sportvereinen über Sportanlagen nicht ersichtlich sei.

[13] Die gegen diese Entscheidung erhobenen Revisionen des Klägers und der 39. Nebenintervenientin auf Klagsseite sind zulässig, weil die Vorinstanzen bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer Vollausnahme aus dem MRG teilweise von den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen sind.

[14] Die Beklagte und ihre Nebenintervenientin haben jeweils Revisionsbeantwortungen erstattet, mit denen sie die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung begehren.

[15] Die Revisionen sind teilweise berechtigt.

I. Revision des Klägers

1. Anwendung des MRG

Rechtliche Beurteilung

[16] 1.1. Grundsätzlich bezieht sich die Geltung des MRG auf die Miete von Räumen und erfasst nicht die Miete von unbebauten Flächen (RIS‑Justiz RS0066883; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht23 MRG § 1 [Stand: 1. 4. 2015, rdb.at] Rz 31; H. Böhm/Prader in GeKo Wohnrecht I § 1 MRG [Stand 1. 10. 2017, rdb.at] § 1 Rz 31 ff; Prader, MRG6.04 [Stand 1. 4. 2022, Manz Wohnrecht in rdb.at] § 1 Rz 2).

[17] Soweit die Revision auf die Rechtslage nach dem im Zeitpunkt des Abschlusses des Unterbestandvertrags geltenden MietenG abzielt, ist sie auf die Übergangsregelung in § 49 Abs 1 MRG zu verweisen, die mit 31. 12. 1988 abgelaufen ist (vgl auch §§ 43 und 58 MRG).

[18] 1.2. Es trifft zu, dass der Fall der Flächenmiete in der Rechtsprechung zum MRG dann per Analogie der Raummiete gleichgestellt wird, wenn Grundflächen zur Errichtung von Superädifikaten vermietet oder untervermietet werden (H. Böhm/Prader aaO Rz 39; RS0069255; 3 Ob 148/00m [mobile Garagen]; 9 Ob 47/04h wobl 2005/109 [Schauer] = MietSlg 56.221 [Fernsehlokalsendeanlage]; 7 Ob 31/06v [Schirmbar mit Windschutzverglasung]; 5 Ob 144/08z [Tankstelle mit Servicestation], RS0020986; 10 Ob 1/12p wobl 2013/1 [Hausmann] [Erholungsheim]), sofern die geplanten Gebäude innerhalb vereinbarter oder angemessener Zeit errichtet werden (9 Ob 512/95). Im Kernbereich geht es hier um Mietverträge, die zwar über eine noch leere Fläche geschlossen wurden, deren eigentlicher und wesentlicher Zweck aber in der Nutzung der zu errichtenden Geschäftsräume liegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Verwendung der vom Mieter auf den Grundflächen errichteten Geschäftsgebäude für den Gebrauch des gesamten Bestandobjekts selbstständige Bedeutung zukommt und diese im Verhältnis zur Funktion der unbebauten Grundflächen nicht gänzlich in den Hintergrund tritt (RS0066883 [T2]; Würth in Rummel ABGB³ § 1 MRG Rz 2a).

[19] 1.3. Nach den Feststellungen haben die Parteien des Bestandvertrags vereinbart, dass der Kläger das gemietete Areal für seine Zwecke adaptiert und Gebäude errichtet; dass diese Gebäude für die Erfüllung des Vereinszwecks ohne selbstständige Bedeutung wären und gänzlich in den Hintergrund treten würden, kann nach dem Sachverhalt nicht die Rede sein, auch wenn der unbebaut gebliebene Teil der Bestandfläche wesentlich größer sein mag. Die Voraussetzungen für die analoge Anwendung des MRG auf das Bestandobjekt liegen daher im Sinn der ständigen Rechtsprechung vor.

[20] 1.4. Der Oberste Gerichtshof hat allerdings auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass im Fall der Gleichstellung der Vermietung einer Grundfläche zwecks Errichtung eines Superädifikats zu Wohn‑ oder Geschäftszwecken mit der Raummiete nach § 1 MRG auch die Ausnahmeregelungen des § 1 Abs 2 Z 4 MRG sinngemäß herangezogen werden müssen (RS0020986 [T6]; 10 Ob 62/11g; vgl 4 Ob 157/18v).

[21] Die Beklagte beruft sich auf den Vollausnahmetatbestand nach § 1 Abs 2 Z 4 MRG für Wohnungen oder Wohnräume, die vom Mieter bloß als Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung gemietet werden. Dagegen wendet der Revisionswerber ein, dass er als juristische Person grundsätzlich keine eigenen Erholungs- und Freizeitinteressen verfolgen könne, sondern mit der Anmietung des Geländes für Sport‑ und Erholungszwecke seiner Mitglieder seine geschäftliche Tätigkeit ausgeübt habe.

[22] Nach der ständigen Rechtsprechung kommt es für die Frage, ob ein Bestandgegenstand als Geschäftsraum zu werten ist, darauf an, zu welchem Zweck er bei Abschluss des Mietvertrags in Bestand gegeben bzw genommen wurde (RS0044863; RS0066884; RS0069605; RS0070039).

[23] Eine vom Mieter verfolgte geschäftliche Tätigkeit muss nicht zwingend auf Gewinn gerichtet sein, sondern kann auch bei einer Tätigkeit im öffentlichen Interesse, bei Verfolgung humanitärer, geistiger oder kultureller Ziele oder zur Erreichung eines statutengemäßen Vereinszwecks vorliegen (3 Ob 576/84 [3 Ob 577/84] – Flugplatz mwN). Voraussetzung ist eine auf Dauer angelegte, wenn auch nicht auf Gewinn gerichtete Organisation, die nach dem Vertragszweck über die Privatsphäre hinausgeht (vgl 1 Ob 1/12p; RS0068501 [T2]).

[24] Verneint wurde der geschäftliche Zweck nur in Fällen, in denen das Bestandobjekt ausschließlich dem privaten Gebrauch eines sehr beschränkten Personenkreises dienen sollte (RS0066768; MietSlg 19.177). Die Nutzung der Anlagen des Klägers ist zwar grundsätzlich auf dessen Mitglieder beschränkt, es werden jedoch auch befristete entgeltliche Saisonmitgliedschaften angeboten oder dem Vereinszweck dienende Veranstaltungen wie Regatten durchgeführt.

[25] Die Revision ist daher im Recht, dass die vereinbarte Nutzung des Bestandobjekts zur Erfüllung der statutengemäßen Zwecke eines Segelclubs als geschäftliche, wenn auch nicht auf Gewinn gerichtete Tätigkeit anzusehen ist, die den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 4 MRG nicht begründet.

[26] Auf andere Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 MRG hat sich die Beklagte nicht berufen.

[27] 1.5. Der Umstand, dass das Hauptbestandverhältnis zwischen der Beklagten und der Nebenintervenientin bereits beendet ist, steht dem Feststellungsinteresse des Klägers als Unterbestandnehmer schon insoweit nicht entgegen, als die stattgebende Entscheidung noch als eine rechtliche Voraussetzung für den im vorliegenden Verfahren ebenfalls verfolgten Schadenersatzanspruch Bedeutung hat.

[28] 1.6. Nach ständiger Rechtsprechung kann das Gericht dem Urteilsspruch eine klare und deutlichere, vom Begehren allenfalls sogar abweichende Fassung geben, falls sich diese im Wesen mit dem Begehren deckt (RS0041254). Dabei ist nicht nur der Wortlaut des Begehrens, sondern auch das erkennbare Rechtsschutzziel der Klage zu beachten (RS0039010). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Zusammenhang des Klagsvorbringens, dass der Kläger (nur) die Feststellung der Anwendbarkeit der Kündigungsbestimmungen des MRG anstrebt und sich sein Begehren nicht auch auf den Vollanwendungsbereich des Gesetzes bezieht.

[29] 2. Im Punkt der teilweisen Abweisung des Zahlungsbegehrens auf Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten bemängelt die Revision der Klägerin, dass der Streitwert für die Kosten der Akteneinsicht in „den Exekutionsakt“ unrichtig berechnet worden sei.

[30] Mit den näheren Ausführungen der Vorinstanzen, insbesondere der Begründung, dass die festgestellten und dem Teilzuspruch zugrundeliegenden Tätigkeiten der Klagevertretung noch vor Einleitung des Exekutionsverfahrens erbracht wurden, setzt sich die Revision dabei nicht auseinander. Im Übrigen konnte das Erstgericht nicht feststellen, welche sonstigen Leistungen die Klagevertreter für den Kläger erbracht haben. Der Revision gelingt es damit nicht, eine unrichtige rechtliche Beurteilung in Ansehung des Zahlungsbegehrens aufzuzeigen.

[31] 3. Den Revisionsausführungen zur begehrten Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten aufgrund der mit der Nebenintervenientin 2018 geschlossenen neuen Verträge und des Räumungsvergleichs ist vorauszuschicken, dass der Grundeigentümerin als betreibender Partei gegenüber der hier Beklagten als Verpflichteter aufgrund des prätorischen Vergleichs bereits 2019 die zwangsweise Räumung der Yachtclubflächen sowie die Exekution gemäß § 353 EO zur Entfernung der darauf errichteten Gebäude bewilligt wurden. Die vom Kläger in der Folge gegen die betreibende Grundeigentümerin angestrengte Exszindierungsklage, die bewilligten Exekutionen für unzulässig zu erklären, blieb in allen Instanzen erfolglos (3 Ob 71/21v).

[32] 3.1. Mit einer weiteren Klage gegen die Beklagte sowie die Grundeigentümerin begehrte der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit bzw Unwirksamkeit der von diesen 2018 geschlossenen Verträge und des prätorischen Vergleichs, in eventu deren Anfechtung, sowie die Feststellung, dass er selbst in die Rechtsposition der Beklagten eingetreten sei. Auch diese Begehren wurden abgewiesen.

[33] Der Oberste Gerichtshof wies die Revision des Klägers zurück (4 Ob 88/21a) und führte in diesem Beschluss unter Bezugnahme auf die Entscheidung 3 Ob 71/21v insbesondere aus:

2.2. Kollusives Zusammenwirken der Beklagten liegt nicht vor, weil die einvernehmliche Auflösung des Hauptbestandvertrags nicht zum Zweck erfolgte, den Kläger zu schädigen, sondern nach den Feststellungen zu legitimen Zwecken.

2.3. Die in das Gebiet der Tatsachenfeststellung fallende Frage, ob ein Scheinvertrag vorliegt, ist ebenso zu verneinen wie die Frage, ob die dem Räumungsvergleich zugrunde liegenden Willenserklärungen nicht dem wahren Willen der Vergleichsparteien entsprochen haben; die Tatsacheninstanzen haben ausdrücklich festgestellt, dass der Räumungsvergleich nicht bloß zum Schein abgeschlossen wurde.

2.4. Verletzt der Hauptbestandnehmer vertragliche oder gesetzliche Verständigungspflichten, so würde dies nichts an der in § 568 ZPO angeordneten Rechtsfolge ändern. (...)

2.6. Rechtsmissbrauch durch Zuwiderhandeln gegen das eigene Vertragsverhalten liegt nicht vor, zumal dem Kläger die 50‑jährige Vertragsdauer von Anfang an bekannt war und vorgenommene Investitionen nach dieser langen Zeit vertretbar als amortisiert anzusehen sind.

[34] Diese Ausführungen haben grundsätzlich auch auf Grundlage der im vorliegenden Verfahren getroffenen Feststellungen Bestand.

[35] Die Beurteilung, dass die Tatsache und der Inhalt der im Jahr 2018 erfolgten Vertragsabschlüsse zwischen der Beklagten und deren Nebenintervenientin sowie auch aus dem, dass sich prätorischen Räumungsvergleich – der sich als Konsequenz der Beendigung des Hauptbestandverhältnisses darstellt – kein rechts‑ oder sittenwidriges kollusives Vorgehen ergibt (vgl 4 Ob 88/21a) sowie, dass der Beklagten die Aufrechterhaltung des Bestandverhältnisses aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zumutbar war, bewegt sich im Rahmen des den Gerichten zustehenden Beurteilungsspielraums.

[36] Dem Kläger war die Befristung des Hauptbestandverhältnisses auf 50 Jahre bereits bei Abschluss des Untermietvertrags bekannt. Es wurde auch ausdrücklich in seinem Untermietvertrag die Kündbarkeit festgehalten, auf die die Gemeinde nur für die Dauer des „aufrechten“ Bestands ihrer eigenen Hauptbestandverhältnisse verzichtete. Er musste daher von Beginn an damit rechnen, dass es nach Ablauf dieser Frist zur Beendigung des Unterbestandverhältnisses kommen könnte. Die Beklagte hat als politische Gemeinde öffentliche Mittel zu verwalten. Ein Vertrauen des Klägers darauf, dass sie in seinem Interesse den Hauptbestandvertrag auch nach Ablauf der langen Vertragsdauer ungeachtet wirtschaftlich nicht vertretbarer Belastungen infolge notwendiger Erhaltung und Sanierung der Anlagen jedenfalls aufrechterhalten würde bzw könnte, war weder sachlich begründet noch schutzwürdig.

[37] Einen Hinweis darauf, dass die Nebenintervenientin allenfalls zur lediglich anteiligen Beendigung des Hauptbestandverhältnisses unter Aufrechterhaltung nur des die Yachtclubfläche betreffenden Teils bereit gewesen wäre, wenn die Beklagte sich darum bemüht hätte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

[38] 3.2. Die Formulierung des auf Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten gerichteten Klagebegehrens ist, was in den Vorinstanzen bisher nicht erörtert wurde, jedoch undeutlich. Es ist nicht mit der für eine abschließende rechtliche Beurteilung hinreichenden Eindeutigkeit erkennbar, auf welchen möglichen Schaden aus welchem Rechtsgrund sich das Begehren bezieht.

[39] Die behaupteten Gründe der Kollusion und Sittenwidrigkeit der Beendigung des Hauptbestandvertrags und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Vereinbarungen sowie des Räumungsvergleichs mangels Rechtswidrigkeit und Verschuldens entfallen nach der dargestellten Rechtslage als Grundlage für den behaupteten Schadenersatzanspruch.

[40] Die aus welchen Gründen immer eintretende Beendigung der Hauptmiete bedeutet allerdings nur, dass sich der bloße Untermieter gegenüber dem Vermieter auf keinen Rechtstitel mehr berufen kann. Das Verhältnis zwischen Hauptmieter und dessen Untermieter bildet ein abgesondert vom Hauptmietverhältnis bestehendes Schuldverhältnis (RS0101134 [T2]). Ein Unterbestandvertrag verpflichtet den Unterbestandgeber, dem Unterbestandnehmer während aufrechter Vertragsdauer die ungestörte Benützung des Bestandobjekts zu ermöglichen. In gleicher Weise wie der Bestandgeber dem Bestandnehmer bei Verschulden – über die Zinsbefreiung hinaus – für jeden durch Vernachlässigung seiner Pflichten schuldhaft verursachten Schaden, insbesondere auch durch vorzeitige Beendigung des Bestandverhältnisses, haftet, ist in Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass der Unterbestandgeber, der sein Bestandrecht freiwillig aufgibt, dem Unterbestandnehmer zum Schadenersatz verpflichtet ist, allerdings nur sofern ihm nicht ohnedies gegenüber dem Unterbestandnehmer ein Anspruch auf Vertragslösung zugestanden wäre (RS0020673; Höllwerth in GeKo Wohnrecht I, § 1098 ABGB [Stand 1. 10. 2017, rdb.at] Rz 84; vgl § 30 Abs 2 Z 12 MRG). Die Voraussetzungen der Auflösung sind auch gegen den Unterbestandgeber einzuhalten und zu beachten, auch bei der Gestaltung des zeitlichen Ablaufs.

[41] Ausgehend von der nach § 33 MRG zu beurteilenden Unwirksamkeit der nur außergerichtlich ausgesprochenen Kündigung des Unterbestandverhältnisses kann sich der Kläger grundsätzlich auf einen noch aufrechten Untermietvertrag berufen und sind Schadenersatzansprüche aus dessen Verletzung denkmöglich.

[42] Inwieweit der Kläger mit seinem Feststellungsbegehren solche Ansprüche geltend macht, bedarf zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung einer Erörterung und Verfahrensergänzung in erster Instanz. Dabei wird auch zu relevieren sein, ob diese Ansprüche gegebenenfalls noch nicht bezifferbar sind und ein Feststellungsinteresse in Betracht kommt.

II. Revision der 39. Nebenintervenientin

[43] 1. Auch die Nebenintervenientin unterbreitet in ihren Revisionsausführungen umfangreiches Vorbringen zu § 568 ZPO und der Möglichkeit, gegen den Afterbestandnehmer einen Räumungstitel zu erwirken, die im Zusammenhang mit dem hier gegenständlichen Klagebegehen der Relevanz entbehren (inhaltlich vgl 3 Ob 71/21v).

[44] 2. Mit ihren Ausführungen zum analogen Anwendungsbereich der Kündigungsbestimmungen des MRG ist die Nebenintervenientin auf die Erledigung der Revision des Klägers zu verweisen.

[45] III. Zusammenfassend war den Revisionen daher im spruchgemäßen Umfang teilweise Folge zu geben.

[46] Da dem zum ersten Spruchpunkt gestellten Hauptbegehren stattgegeben wird, entfällt eine Entscheidung über das Eventualbegehren (RS0037585).

[47] Die Kostenentscheidung hat sich das Erstgericht gemäß § 52 Abs 3 ZPO vorbehalten.

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