European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00011.22I.0627.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nichtFolge gegeben.
Begründung:
[1] Die Erblasserin verstarb 2019 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung.
[2] Gesetzliche Erben sind zwei Cousinen sowie Großcousinen und Großcousins. Mit notariellem Schenkungsvertrag übertrug eine Cousine die ihr zukommende Erbschaft je zur Hälfte auf ihre Söhne I* und J*. Auch die andere Cousine schenkte die ihr zukommende Erbschaft dem I*. Ein Großcousin schlug die ihm zukommende Erbschaft ohne Wirkung für seine Nachkommen, zu denen ua D* gehört, aus. Weitere Miterbin ist S*.
[3] Teil des Nachlasses ist ein Erbhof iSd § 1 AnerbenG. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Bestimmung des Anerben.
[4] I* (Erstantragsteller), J* (Zweitantragsteller), S* (Drittantragstellerin) und D* (Viertantragsteller) beantragten – nach Abgabe bedingter Erbantrittserklärungen – die Feststellung als Anerbe und Zuweisung des Erbhofs, wobei der Zweit- und die Drittantragstellerin ihre anerbenrechtlichen Ansprüche letztlich nicht mehr weiter verfolgen, sodass nur mehr zu prüfen ist, wer von den verbliebenen Bewerbern als Anerbe in Betracht kommt (RS0050291 [T2]).
[5] Der Erstantragstellerführt aus, eine rechtsgeschäftliche Übertragung des „Anerbenrechts“ auf ihn als gesetzlichen Erben sei möglich. Die bisherige Rechtsprechung habe bloß die Unübertragbarkeit auf Personen betroffen, denen keine gesetzliche Erbenstellung zukomme. Bei einer möglichen Rückabwicklung der Erbschaftsschenkung könnte die Geschenkgeberin ihre Erbschaft auch ausschlagen, sodass sie als gesetzliche Erben erbberechtigt wären. Eine Differenzierung zwischen einer Ausschlagung der Erbschaft und einer Erbschaftsschenkung an gesetzliche Erben sei daher nicht geboten. Aus dem Grundsatz, niemand könne mehr erben, als der Erblasser zu vererben habe, folge aber, dass der Viertantragsteller als gesetzlicher Erbe des die Erbschaft Ausschlagenden nicht als Anerbe in Betracht komme, weil der Ausschlagende selbst mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 3 AnerbenG nicht zum Anerben berufen worden wäre.
[6] Der Viertantragsteller bringt vor, sämtliche Voraussetzungen des § 3 AnerbenG zu erfüllen. Ob sein Vater, der die Erbschaft ohne Wirkung für seine Nachkommen ausgeschlagen habe, Anerbe geworden wäre, sei unerheblich. Seine Ausschlagung beseitige den Berufungsgrund ex tunc und bewirke, dass das Erbrecht nicht dem Ausschlagenden, sondern ihm als seinem Nachkommen angefallen sei. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Anerbenrechts im Wege einer Erbschaftsschenkung oder eines Erbschaftskaufs auf den Erstantragsteller komme hingegen aufgrund der Höchstpersönlichkeit des Anerbenrechts nicht in Betracht.
[7] Das Erstgericht bestimmte – im zweiten Rechtsgang – den Übernahmspreis des Erbhofs mit 57.362 EUR (1.), wies die Anträge der Erst- bis Drittantragsteller auf Feststellung als Anerben und Zuweisung des Erbhofs ab (2.), stellte den Viertantragsteller als Anerben fest und wies ihm den Erbhof gegen Bezahlung des Übernahmspreises zu (3.). Dem Viertantragsteller sei aufgrund der Erbschaftsausschlagung seines Vaters die Erbschaft mit dem Tod der Erblasserin angefallen. Er nehme daher als Miterbe an der Auswahl des Anerben nach § 3 Abs 1 AnerbenG teil, ohne dass es auf die Anerbenstellung seines Vaters ankomme. Durch die Erbschaftsschenkung sei das „Hofübernahmerecht“ der Miterbin auf den Erst- und Zweitantragsteller übergegangen, weil diese als deren Söhne auch bei einer Ausschlagung der Erbschaft zum Zug gekommen wären und insoweit eine Gleichbehandlung geboten sei.Der Erst- und Zweitantragsteller seien – anders als der Viertantragsteller – anderweitig versorgt und auf die Übernahme des Erbhofs nicht angewiesen. Der Drittantragstellerin fehle es an einer landwirtschaftlichen Ausbildung.
[8] Das Rekursgericht gab dem vom Erstantragsteller erhobenen Rekurs nicht Folge und schloss sich den rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts im Zusammenhang mit der Wirkung der Ausschlagung der Erbschaft an. Die – im ersten Rechtsgang im Einklang mit dem Erstgericht und von diesem beibehaltene – Rechtsansicht zur Übertragbarkeit der Anerbenstellung auf den Erstantragsteller im Wege einer Erbschaftsschenkung hielt das Rekursgericht hingegen nicht (mehr) aufrecht. Vielmehr führte es unter Hinweis auf die Höchstpersönlichkeit des Anerbenrechts aus, dieses sei unter Lebenden nicht übertragbar. Nur im Rahmen der von der Rechtsprechung genannten Grenzen – Verzicht, Ausschlagung oder Tod – könne der potentielle Anerbe ausscheiden und sein gesetzlicher Erbe an seine Stelle treten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob bei einer Ausschlagung der Erbschaft nur die Anerbeneigenschaft des nachfolgenden (gesetzlichen) Erben und nicht auch des Ausschlagenden maßgebend sei, keine eindeutige höchstgerichtliche Entscheidung vorliege.
[9] Gegen diesen Beschluss richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Erstantragstellers mit dem Abänderungsantrag, ihn als Anerben festzustellen und ihm gegen Bezahlung des feststehenden Übernahmspreises den Erbhof zuzuweisen.
[10] Der Viertantragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[11] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig,aber nicht berechtigt.
[12] Der Revisionsrekurswerber argumentiert, bereits aus der Entscheidung 6 Ob 212/07f sei aufgrund des Hinweises auf § 4a Abs 2 letzter Satz AnerbenG abzuleiten, dass die gesetzlichen Erben nur dann zum Zug kämen, wenn der Ausschlagende nach § 3 AnerbenG Anerbe geworden wäre. Die gesetzlichen Erben des Ausschlagenden träten nicht in Konkurrenz mit den anderen Miterben. Vielmehr müsste der Anerbe – vorausgesetzt der Ausschlagende wäre Anerbe geworden – unter dessen Erben gemäß § 3 AnerbenG bestimmt werden. Sollte der Entscheidung jedoch zu entnehmen sein, dass es auf die Rechtsstellung des Ausschlagenden als Anerben nicht ankomme, werde damit gegen den allgemeinen Grundsatz verstoßen, dass niemand mehr erben könne, als der Erblasser zu vererben habe. Auch eine Erbschaft könne gemäß § 805 ABGB nur ausgeschlagen werden, wenn der Ausschlagende Erbe gewesen wäre. Ebenso könne im Rahmen eines Erbschaftskaufs nur eine wenigstens angefallene Erbschaft veräußert werden. Aus dem Umstand, dass sich die aufgrund eines Erbverzichts nach § 551 ABGB begünstigten Nachkommen die bezahlte Abfindung anrechnen lassen müssten, sei ebenfalls zu folgern, dass es sich bloß um ein vom Ausschlagenden abgeleitetes Recht handle. Wäre dieser nicht zum Anerben bestimmt worden, könnten daher auch seine gesetzlichen Erben nicht zum Zug kommen. Überdies lasse sich auch aus der restriktiv auszulegenden Ausnahmeregelung des § 4a Abs 2 AnerbenG nicht ableiten, allgemein einem nicht geeigneten Anerben die Möglichkeit zu verschaffen, das (potentielle) Anerbenrecht weiterzugeben, setze die Bestimmung doch das Vorliegen der Anerbeneigenschaft voraus. Lasse man die Teilnahme des aufgrund einer Erbschaftsausschlagung zum Zug kommenden gesetzlichen Erben unabhängig von der Anerbenstellung des Ausschlagenden zu, seien gerade die nach der Rechtsprechung zu vermeidenden Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet.
Dazu hat der erkennende Fachsenat erwogen:
[13] 1. Zu klären ist, wie sich bei gesetzlicher Erbfolge die Repräsentation eines Miterben durch seine Nachkommen – hier aufgrund Ausschlagung der Erbschaft ohne Wirkung für die Nachkommen – auf die Frage auswirkt, unter welchen Personen der Anerbe nach § 3 AnerbenG zu bestimmen ist.
[14] Nach Ansicht des Erstantragstellers sei zunächst fiktiv zu ermitteln, wer unter den ursprünglichen Miterben Anerbe würde. Dieser könne dann sein „Recht“ – auch durch Erbschaftsschenkung – auf seine gesetzlichen Erben übertragen. Nur unter diesen Erben sei dann der Anerbe zu bestimmen.
[15] Der Viertantragsteller nimmt demgegenüber an, dass (jedenfalls) im Fall einer Erbausschlagung ohne Wirkung für die Nachkommen diese Nachkommen an die Stelle des Ausschlagenden treten und mit den übrigen gesetzlichen Erben an der Auswahl des Anerben teilnehmen.
[16] Aus den nachstehend dargelegten Gründen trifft die Ansicht des Viertantragstellers zu.
2. Zunächst ist zur Klarstellung Folgendes festzuhalten:
[17] 2.1 Die Bestimmungen über die Auswahl des Anerben bei mehreren gesetzlichen Erben des Verstorbenen (§§ 3 bis 6 AnerbenG) schaffen keinen eigenen Erbrechtstitel, sondern setzen die Existenz mehrerer Miterben voraus, unter denen der Anerbe zu bestimmen ist. Nur ein Miterbe nach dem Verstorbenen kann Anerbe sein (Schramm in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG II § 3 AnerbenG Rz 1). Der nach § 3 AnerbenG berufene Anerbe hat das Recht, den Erbhof zum Übernahmspreis aus der Verlassenschaft „herauszukaufen“. Der Übernahmspreis tritt an die Stelle des Erbhofs (RS0050219). Der Anerbe, dem der Erbhof zugewiesen wurde, bleibt weiterhin Erbe und partizipiert mit seiner Erbquote ebenfalls am Übernahmspreis und am sonstigen erbhoffreien Vermögen (6 Ob 109/11i 3.1.;Prankl, Probleme der Transmission des Hofübernahmerechts beim Ehegattenerbhof, NZ 2021/127, 471). Die Zuweisung des Erbhofs, die die Abgabe einer Erbantrittserklärung voraussetzt, schafft den Rechtstitel für den Eigentumserwerb durch den Anerben, der mit dem Übernahmspreis Schuldner der Verlassenschaft wird. Der Eigentumserwerb wird erst durch die Einantwortung bewirkt. Die Zuweisung verändert für alle Verfahrensbeteiligten bindend den Aktivstand der Verlassenschaft (Schramm aaO § 10 AnerbenG Rz 1).
[18] 2.2 Im vorliegenden Fall ist nicht zu klären, ob und gegebenenfalls wem ein nach § 3 AnerbenG bestimmter Anerbe seine Rechtsstellung als Hofübernehmer übertragen kann, ob also Ausnahmen vom Grundsatz bestehen, dass das Recht des berufenen Anerben auf Zuweisung des Erbhofs nach ständiger Rechtsprechung (RS0121349) und herrschender Lehre (Eccher in Schwimann/Kodek 5, § 10 AnerbenG Rz 4 mwN; Kathrein, Anerbenrecht, § 3 AnerbenG Rz 1; Welser, Erbrechts-Kommentar § 537 ABGB Rz 9) höchstpersönlich ist. Vielmehr geht es um die Festlegung des Kreises jener Miterben, unter denen – bei Ausschlagung eines Miterben – der Anerbe nach § 3 AnerbenG zu bestimmen ist.
[19] 3. Dazu hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 212/07f Pkt 5.5 bereits Folgendes festgehalten:
„Verzichtet ein potenzieller Anerbe auf sein Erbrecht (und damit auf sein Hofübernahmerecht [vgl Eccher in Schwimann, ABGB³ III [2006] § 10 Rz 1; 6 Ob 153/03y]), entschlägt er sich der Erbschaft oder stirbt er während des Verlassenschaftsverfahrens nach dem ersten Erblasser, treten seine gesetzlichen Erben an seine Stelle und nehmen an der Auswahl nach § 3 AnerbenG teil (vgl § 4a Abs 2 letzter Satz AnerbenG ['An die Stelle des Kindes treten dessen gesetzliche Erben, unter denen der Anerbe des ganzen Erbhofs nach § 3 zu bestimmen ist.']).“
[20] In der genannten Entscheidungbejahte der Oberste Gerichtshof das Recht der Nichte des Erblassers als gesetzliche Erbin ihrer (potentiell) als Anerbin in Betracht kommenden Mutter, die die Erbschaft ohne Wirkung für die Nachkommen ausgeschlagen hatte, an der Auswahl nach § 3 AnerbenG teilzunehmen. Zur Begründung führte er aus, die jüngere Lehre halte auch Transmission schon vor Einantwortung für zulässig, soweit der Transmissar selbst zum Hofübernehmer berufen bzw der Erbhof im Verlassenschaftsverfahren bereits zugeteilt sei, und begründe diesmit eineranalogen Anwendung des § 4a Abs 2 AnerbenG und § 19 Abs 2 Tiroler HöfeG, der Verfügungsfreiheit des Hofübernehmers unter Lebenden und von Todes wegen nach erfolgter Einantwortung sowie der Überlegung, auf die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens könne es nicht ankommen. Dieser Gedanke sei verallgemeinerungsfähig. Umso mehr – insoweit ist die Argumentation des Senats zu ergänzen – könne daher die gesetzliche Erbin einer die Erbschaft (nur für sich) ausschlagenden Miterbin an der Auswahl des Anerben teilnehmen. Damit werde verhindert, dass die Frage der Hofübernahme einerseits vom Todeszeitpunkt des potenziellen Anerben des ersten Erblassers und andererseits von der Art des Ausscheidens dieses potenziellen Anerben abhängig gemacht wird, was auch Missbrauchsmöglichkeiten einschränke. Überdies sei im besseren Maß gewährleistet, dass tatsächlich die nach dem Anerbengesetz maßgeblichen Auswahlkriterien und nicht Zufälligkeiten bei der Auswahl des Anerben Beachtung fänden.
[21] 4. DerErstantragstellerversteht das zu 6 Ob 212/07f erzielte Ergebnis dahin, dass nur unter der Voraussetzung, dass der Ausschlagende zum Anerben bestimmt worden wäre, dessen gesetzliche Erben (Repräsentanten) an der Auswahl nach § 3 AnerbenG teilnähmen und die Auswahl nur unter diesen – unter Ausschluss der übrigen Miterben – zu erfolgen hätte.
[22] 4.1 Dies lässt sich aus der Entscheidung – mag diese zur Maßgeblichkeit der potentiellen Anerbeneigenschaft des Ausschlagenden auch nicht explizit Stellung nehmen – aber schon deshalb nicht ableiten, weil die Auswahl letztlich zwischen der Nichte des Erblassers als Repräsentantin ihrer ausschlagenden Mutter und dem Neffen des Erblassers als weiteren Miterben zu erfolgen hatte. Wäre die (potentielle) Zuweisung des Erbhofs an die Ausschlagende maßgeblich gewesen, hätte es keiner weiteren, vom Obersten Gerichtshof aber gerade für erforderlich erachteten Prüfung im Verhältnis zwischen der Nichte und dem Neffen bedurft.
[23] 4.2 Der in Klammer enthaltene Hinweis auf den Wortlaut des § 4a Abs 2 AnerbenG, auf den sich der Revisionsrekurs stützt,war in der Entscheidung 6 Ob 212/07f (Pkt 5.5.) lediglich als Belegstelle für eine auch im Anerbenrecht grundsätzlich als möglich erachtete – dort wie hier aber nicht zu beurteilende – Transmission der Anerbenstellung zu verstehen, nicht aber dahin, dass die Wertungen dieser Bestimmung auch auf Repräsentationsfälle (analog) anzuwenden und daher die Anerbeneigenschaft des Ausschlagenden maßgeblich und die Auswahl dann nur zwischen dessen Repräsentanten unter Ausschluss der (übrigen) Miterben zu treffen wäre. Das folgt aus dem besonderen Regelungszweck des § 4a Abs 2 AnerbenG. Die Bestimmung fingiert im Fall des gleichzeitigen Todes der Miteigentümer eines Elternteil-Kind-Hofes die bereits erfolgte Übernahme durch das Kind, sodass der Anerbe (nur) unter dessen gesetzlichen Erben nach § 3 AnerbenG auszuwählen ist (vgl Schrammin Gitschthaler/Höllwerth AußStrG II § 4a AnerbenG Rz 3). Diese Lösung soll den Intentionen der Hofeigentümer bei der Begründung des Miteigentums entsprechen. Diese gehen in aller Regel davon aus, dass das Kind nach dem Tod des Elternteils Übernehmer des ganzen Erbhofs werde und dass nach ihm dessen gesetzliche Erben an die Reihe kommen werden. Der unvorhergesehene Tod beider Miteigentümer solle diese Wünsche nicht vereiteln (6 Ob 218/06m Pkt 4.). Ein vergleichbarer Sachverhalt, der eine analoge Anwendung dieser Grundsätze rechtfertigen könnte, liegt bei einer Erbschaftsausschlagung aber nicht vor. Soweit der Revisionsrekurs zur Begründung des von ihm angestrebten Ergebnisses mit § 4a Abs 2 AnerbenG argumentiert, kann diesen Überlegungen daher nicht gefolgt werden.
[24] 5. Vielmehr ist jedenfalls für den vorliegenden Repräsentationsfall am Ergebnis der Entscheidung 6 Ob 212/07f festzuhalten.
[25] 5.1 Bei einer Ausschlagung der Erbschaft kommt es – sofern diese nicht mit Wirkung für die Nachkommen erfolgt – wie bei Erbunwürdigkeit oder Enterbung zu einem Eintritt (Repräsentation) der gesetzlichen Erben (Welser, Erbrechts-Kommentar § 734 ABGB Rz 1). Repräsentation ist keine Vererbung des Erbrechts (Welser aaO § 537 ABGB Rz 1). Die Ausschlagung bewirkt, dass die Erbschaft dem Ausschlagenden als nicht angefallen gilt, sodass anzunehmen ist, das Recht sei schon mit dem Tod des Erblassers dem Nachberufenen angefallen (RS0025116). Mag die Möglichkeit des Erblassers, autonom zu bestimmen, ob seine Nachkommen von der Ausschlagung erfasst sein sollen (RS0007909 [T2]), auch Ausdruck bloß materieller Repräsentation, dh Ableitung des Rechts vom Vormann (vgl Welser aaO § 734 Rz 3) sein, ändert dies nichts daran, dass die Repräsentanten – anders als Transmissare – kraft ihrer eigenen verwandtschaftlichen Rechtsbeziehung als gesetzliche Erben (auch) des Erblassers zum Zug kommen und der Anfall des Erbrechts und damit des Rechts, an der Auswahl nach § 3 AnerbenG teilzunehmen, ihnen bereits mit dem Tod des Erblassers als angefallen gilt.
[26] 5.2 Transmissare haben hingegen kein unmittelbares Erbrecht nach dem Erblasser. Sie müssen weder gesetzliche Erben des Erblassers noch des Transmittenten sein. Der Inhalt ihres Rechts bestimmt sich nach dem Recht, das der Erbe hatte (Welser aaO § 537 ABGB Rz 4 f; Apathy/Neumayr in KBB 6 § 537 ABGB Rz 3; Werkusch‑Christ in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.09 § 537 Rz 3). Der Transmissar ist Erbe des Transmittenten und nicht des ersten Erblassers (6 Ob 171/07a). Er handelt daher im Verlassenschaftsverfahren nach dem ersten Erblasser auch nur als Vertreter des ruhenden Nachlasses des Transmittenten (RS0012253).
[27] Die Rechtsstellung von Transmissaren und Repräsentanten ist daher nicht vergleichbar.
[28] 5.3 Die vom Revisionsrekurs angestellten Überlegungen, es liege auch bei der Ausschlagung nur ein „abgeleitetes“ Recht des Repräsentanten vor, der nicht mehr erben könne als sein Vormann, sind auch aufgrund folgender teleologischer Erwägungen nicht stichhältig.
[29] 5.3.1 Zweck des Anerbenrechts ist es, unter den gesetzlichen Erben des Erblassers einen geeigneten Nachfolger für den Hof zu finden. Zu den gesetzlichen Erben zählen aber eben auch die Repräsentanten des Ausschlagenden. Würde man sie von der Teilnahme an der Auswahl nach § 3 AnerbenG ausschließen oder diese davon abhängig machen, ob der Ausschlagende zum Hofübernehmer berufen worden wäre, würde man den Kreis der gesetzlichen Erben, unter denen die Auswahl getroffen werden kann, unter Umständen erheblich einschränken. Der Intention des Anerbenrechts entspricht es vielmehr, wenn der Repräsentant, sollte er im Vergleich zu den sonstigen Miterben besser geeignet sein, zum Hofübernehmer bestimmt wird. Die vom Revisionsrekurswerber intendierte Lösung hätte zur Folge, dass bei Ausschlagung der Erbschaft durch einen hypothetisch zum Anerben Berufenen und Vorhandensein sowie grundsätzlicher Eignung eines Repräsentanten dieser noch besser geeignete Miterben von der Auswahl nach § 3 AnerbenG gänzlich ausschlösse. Dies wäre mit der Intention des Anerbenrechts, unter den vorhandenen gesetzlichen Erben den am besten geeigneten Übernehmer zu finden, nicht vereinbar.
[30] 5.3.2 Auch das Argument des Revisions-rekurswerbers, der mit der Entscheidung 6 Ob 212/07f intendierte Zweck, Missbrauchsmöglichkeiten möglichst einzuschränken, werde konterkariert, gewährte man den gesetzlichen Erben eines nicht als Anerben in Betracht kommenden Ausschlagenden die Möglichkeit, an dessen Stelle an der Auswahl nach § 3 AnerbenG teilzunehmen, geht auf dieser Grundlage fehl. Eine (bloße) Ausschlagung eines (mangels persönlicher Eignung oder wegen anderweitiger Versorgung nicht zum Zug kommenden) Miterben und der Eintritt des Repräsentanten in die Auswahl nach § 3 AnerbenG stellt noch keine dem Anerbenrecht zuwiderlaufende Missbrauchsmöglichkeit dar. Vielmehr wird damit dem Zweck des Anerbenrechts entsprochen, unter den vorhandenen und zur Hofübernahme bereiten Miterben den am besten geeigneten Nachfolger zu finden. Dass die konkrete Ausschlagung der Erbschaft tatsächlich rechtsmissbräuchlich erfolgt sein soll, behauptet der Revisionsrekurswerber letztlich auch gar nicht.
6. Als Ergebnis ist daher festzuhalten:
[31] Schlägt ein gesetzlicher Erbe die Erbschaft ohne Wirkung für seine Nachkommen aus, nehmen seine gesetzlichen Erben als Repräsentanten an der nach § 3 AnerbenG zu treffenden Auswahl teil. Ob der Ausschlagende zum Hofübernehmer bestimmt worden wäre, ist unerheblich.
[32] 7. Dass der Revisionsrekurswerber bei der Auswahl nach § 3 AnerbenG gegenüber dem Viertantragsteller zum Zug käme, behauptet er nicht mehr. Es kann daher dahin stehen, ob eine Erbschaftsschenkung an einen gesetzlichen Erben des Erblassers, der im Falle einer Ausschlagung der Erbschaft den Geschenkgeber repräsentiert hätte, zur Teilnahme des Beschenkten an der Auswahl nach § 3 AnerbenG führt.
[33] 8. Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.
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