OGH 6Ob172/21v

OGH6Ob172/21v15.11.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. K* GmbH, *, 2. MMag. Georg Unger, Rechtsanwalt, *, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K* Gesellschaft mbH (AZ * des Handelsgerichts Wien), beide vertreten durch Schaffer Sternad Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei S*‑Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Bock Fuchs Nonhoff Rechtsanwälte OG in Wien, und deren Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Ö*‑Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Daniel Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 539.689,30 EUR, Rechnungslegung und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. Juni 2021, GZ 38 R 28/21f‑64, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00172.21V.1115.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

 

Begründung:

[1] Die K* Gesellschaft mbH und die K* GesmbH & Co KG haben als Mitmieterinnen mit Mietvertrag vom 31. 7. 1989 samt Sideletter zum Mietvertrag vom 26. 6. und 20. 7. 1989 von der Beklagten ein Geschäftslokal im Einkaufszentrum „S*“ in Bestand genommen. Die Erstklägerin ist Universalrechtsnachfolgerin nach der K* GesmbH & Co KG. Der Zweitkläger ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K* Gesellschaft mbH. Die Erstklägerin betreibt in dem angemieteten Geschäftslokal im Einkaufszentrum ein Bekleidungshandelsgeschäft unter der Marke „K*“.

[2] Die Kläger stellen verschiedene Klagebegehren in Zusammenhang mit Betriebskosten, die in monatlichen Pauschalbeträgen gegen eine jährliche Betriebskostenabrechnung durch die Beklagte beglichen werden.

[3] Die Vorinstanzen verpflichteten die Beklagte zur Zahlung von 83.986,64 EUR und sprachen aufgrund eines Zwischenfeststellungsantrags aus, dass die Überwälzung von Aufwendungen nicht zulässig ist, die für den ordnungsgemäßen Betrieb und eine publikumswirksame Führung des Centers erforderlich sind und nicht unter § 5 Z 3 des Mietvertrags subsumiert werden können.

[4] Ein umfangreiches weiteres Zahlungs-, Feststellungs- und Rechnungslegungsbegehren wiesen die Vorinstanzen ab.

[5] Die außerordentliche Revision der Kläger ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Überwälzung von Betriebskosten

A. Allgemeines

[6] 1. Die Kläger wenden sich gegen die Überwälzung von Grundsteuer, Versicherungsprämien und Kosten für einen Betriebsführer durch die Beklagte; die sei gröblich benachteiligend und nach § 879 Abs 3 ABGB unwirksam.

[7] 1.1. Das Mietverhältnis unterliegt dem Teilanwendungsbereich nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG. Demnach gelten keinerlei Mietzinseinschränkungen, sondern nur die allgemeinen Schranken des Zivilrechts (5 Ob 29/11t [ErwGr 2.2.]). Die Mietzinsbildung richtet sich daher nicht nach dem Mietrechtsgesetz.

[8] 1.2. Nach § 1099 ABGB trägt der Vermieter alle Lasten und Abgaben, wobei unter „Lasten“ im Wesentlichen Betriebskosten und unter „Abgaben“ die unmittelbar die Liegenschaft betreffenden Abgaben, wie etwa die Grundsteuer, zu verstehen sind (vgl Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1099 Rz 1 f). § 1099 ABGB ist nachgiebiges Recht (Höllwerth in GeKo Wohnrecht I § 1099 ABGB Rz 5). Außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG bestimmt sich die Verpflichtung des Mieters zur Tragung der Betriebskosten deshalb nach der mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung. Regelt diese Überwälzungsvereinbarung die vom Mieter zu tragenden Kosten nicht ausdrücklich, sind in der Regel die im MRG aufgezählten Betriebskosten gemeint (2 Ob 60/08z; vgl auch etwa Lovrek aaO Rz 6), was aber nicht gilt, wenn die Parteien die Frage, welche Betriebskosten zu ersetzen sind, geregelt haben. Von der konkreten – auch konkludenten – Vereinbarung ist dann abhängig, welche Betriebskosten zu ersetzen sind, zu welchem Zeitpunkt die Abrechnung vorzunehmen ist und welche (Mindest‑)Formerfordernisse an die Betriebskosten‑Abrechnung zu stellen sind (3 Ob 219/08i).

[9] Nach Lovrek (aaO) ist eine von § 1099 ABGB abweichende Vereinbarung außerhalb des Vollanwendungsbereichs des Mietrechtsgesetzes jedenfalls soweit zulässig, als die Überwälzung der im Mietrechtsgesetz angeführten Betriebskosten vereinbart wird (vgl Lovrek aaO Rz 9).

[10] Nach Pesek (Ist die Überwälzung von Betriebskosten und Wartungspflichten auf den Mieter außerhalb des MRG-Vollanwendungsbereiches [un]-zulässig?, wobl 2021, 253) soll eine vorformulierte Vereinbarung über die Überwälzung von Betriebskosten auf den Mieter dann gegen § 879 Abs 3 ABGB verstoßen, wenn sie nicht sachlich gerechtfertigt werden kann. Eine derartige Abweichung vom dispositiven Recht des § 1099 S 1 ABGB lasse sich aber durchaus rechtfertigen, weil die Gesamtbelastung des Mieters durch eine derartige Vereinbarung nicht steigt, weil die Weiterverrechnung der (bloß) tatsächlich angefallenen Betriebskosten im Hinblick auf die Unterwerfung des Gebrauchsüberlassungsentgelts unter die Valorisierung nach einem Wertmesser den Interessen redlicher Parteien entspreche, weil das dispositive Recht nicht mehr zeitgemäß und weil die Tragung der Betriebskosten durch den Mieter verkehrsüblich sei. Die Weiterverrechnung stehe zwar unter einem Wirtschaftlichkeitsgebot; dass dem Vermieter hinsichtlich des Abschlusses von Verträgen über die Bewirtschaftung der Liegenschaft dennoch ein Ermessensspielraum verbleibt, mache die Überwälzungsvereinbarung aber nicht gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[11] 1.3. Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass jedenfalls dort, wo auch im Vollanwendungsbereich als mietergeschütztem Bereich, in dem typischerweise von einer viel schwächeren Position des Mieters gegenüber dem Vermieter auszugehen sei als in der vorliegenden Konstellation, nicht von einer gröblichen Benachteiligung gesprochen werden könne.

[12] Dies ist nicht zu beanstanden: Die Vertragsparteien sind in der Festlegung der Mietzinshöhe frei und dürfen auch vereinbaren, dass der Mieter die Lasten und Abgaben iSd § 1099 ABGB trägt. Im Ergebnis besteht kein Unterschied, ob die Parteien sich auf einen höheren (pauschalen) Mietzins einigen und der Vermieter die Abgaben und Lasten trägt oder ob ein Mietzins und anteilige Abgaben und Lasten geschuldet werden. Dass grundsätzlich die Überwälzung von im Mietrechtsgesetz genannten Kosten nicht gröblich benachteiligend ist, zeigt schon der Umstand, dass diese auch an den im Mietrechtsgesetz besonders geschützten Mieter weitergegeben werden dürfen. Bei anderen Lasten und Abgaben ist hingegen im Einzelfall zu prüfen, ob deren Überwälzung gröblich benachteiligend ist (vgl auch Lovrek aaO Rz 9).

B. Grundsteuer und Versicherungsprämien

[13] 1.4. Die Kläger meinen, die Beklagte würde Grundsteuer und Versicherungsprämien ohne nähere Begrenzung der Höhe nach überwälzen. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass in den strittigen Vertragsbestimmungen § 5 Z 3 a) (Versicherung) und b) (Grundsteuer) die Tragung eines bloß verhältnismäßigen Anteils normiert ist. Für eine potentiell uferlose Risikoüberwälzung und unangemessene Abweichung vom dispositiven Recht iSd § 879 Abs 3 ABGB gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt. Im Übrigen darf nach § 21 Abs 2 MRG der Vermieter im Vollanwendungsbereich anteilig die öffentlichen Abgaben von der Liegenschaft überwälzen, wovon die Grundsteuer umfasst ist (5 Ob 124/10m).

[14] Der in der Revision genannte Rechtssatz RS0029374, wonach die Überwälzung des Unternehmerrisikos rechtswidrig und die Bestimmungen aufgrund ihrer Abweichung von § 1099 ABGB gröblich benachteiligend seien, ist nicht einschlägig, weil er sich auf die Überwälzung des Unternehmerrisikos vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer bezieht.

[15] § 5 Z 3 a) des Mietvertrags sieht vor, dass der Mieter einen verhältnismäßigen Anteil an den Betriebskosten zu tragen hat, die ua (im Hinblick auf die Versicherung) als Kosten iSd §§ 21 bis 25 MRG, mit Ausnahme der Verwaltungsaufwendungen, und als Kosten für eine erweiterte Leitungswasserschaden-, Glasbruch- und Sturmschadenversicherung definiert werden. Nach § 21 Abs 1 MRG gelten als Betriebskosten ua die Kosten für Feuerversicherung, Haftpflichtversicherung sowie Leitungswasserschädenversicherung und bei Zustimmung der Mieter die Kosten der Glasbruchversicherung gegen Sturmschäden. Die Revision zeigt nicht auf, worin konkret die Vertragsbestimmung gröblich benachteiligend sein soll. Zwar wurde zu 1 Ob 241/06g (Klausel 1) eine Klausel für unwirksam erklärt, mit der mit den Mietern in Formularvordrucken vereinbart wurde, dass sie dem Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung von Verträgen über die angemessene Versicherung des Hauses gegen Glasbruch-, Sturmschäden etc zustimmten bzw bestehenden Vereinbarungen beitreten. Dies wurde jedoch mit einem Verstoß gegen das hier nicht anzuwendende Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG begründet.

[16] Dass auch Kosten für eine Betriebsversicherung, konkret eine Betriebsunterbrechungsversicherung, vorgeschrieben werden, brachten die Kläger in erster Instanz nicht vor; diese Behauptung verstößt somit gegen das Neuerungsverbot. Im Übrigen liefert die Vertragsklausel § 5 Z 3 a) keinen Anhaltspunkt dafür, dass Kosten für eine Betriebsversicherung von den überwälzten Kosten umfasst sein sollen.

C. Betriebsführer

[17] § 5 Z 3 c) des Mietvertrags normiert die anteilsmäßige Tragung einer Reihe von besonderen Aufwendungen, die konkret aufgezählt werden. Am Ende der Bestimmung wird festgehalten, dass die Beklagte sich zur Erbringung derartiger Leistungen dritter Fachunternehmen bedienen darf und als Fachunternehmen ua einen Betriebsführer für das Einkaufszentrum heranziehen wird, dessen Kosten ebenfalls zu den Nebenkosten zählen. Die in der Nebenkostenposition in § 5 Z 3 des Vertrags den konkreten Aufwendungen vorangestellte Bestimmung „Unter den Nebenkosten sind all jene Aufwendungen zu verstehen, die für den ordnungsgemäßen Betrieb und eine publikumswirksame Führung des CENTERS erforderlich sind“ wurde von den Vorinstanzen rechtskräftig für nichtig erklärt, soweit diese Kosten nicht in § 5 Z 3 ausdrücklich genannt sind. Damit wird der mögliche Tätigkeitsbereich eines Betriebsführers in § 5 Z 3 c) konkret definiert, und es besteht nicht die Gefahr einer uferlosen und unkontrollierbaren Subsumption von Aufwendungen unter diese Position.

[18] Von der Zulässigkeit der Überwälzung im Vertrag ist die Frage zu unterscheiden, ob über die einzelnen auf dieser Grundlage abgerechneten Kosten korrekt Rechnung gelegt wurde. Eine im Einzelfall nicht nachvollziehbare Abrechnung berührt nicht die Wirksamkeit der Vertragsbestimmung an sich.

[19] Auf das Argument des Berufungsgerichts, die Mieter würden von den Vorteilen eines Einkaufscenterbetriebs profitieren, indem technische Gebrechen oder Probleme in den Bereichen Brandschutz und Sicherheit sofort behoben werden, sodass es nachvollziehbar und im Sinne eines abgewogenen und gerechten Interessenausgleichs auch geboten sei, dass die Kläger anteilig beispielsweise die Kosten des Betriebsführers übernehmen, geht die Revision nicht ein.

[20] Auch aus der von der Revision zitierten Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs XII 205/09 ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen. Der Bundesgerichtshof ging zwar davon aus, dass im dort zu beurteilenden Fall die unter der Position „Centermanagement“ abgerechneten Kosten nicht umlagefähig seien. Diese Entscheidung lässt sich jedoch nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Einerseits beruhte die Entscheidung auf einer Transparenzprüfung, die das deutsche Recht in § 307 BGB auch in Verträgen zwischen Unternehmen vorsieht; im österreichischen Recht gilt demgegenüber das Transparenzgebot zwischen Unternehmern nicht. Andererseits stützte der BGH seine Entscheidung darauf, dass „nicht ersichtlich [sei], welche Kosten hier einbezogen oder welche Leistungen dem Inhalt nach hiervon umfasst werden sollen“, und dass der Begriff „Center-Manager“ keine Eingrenzung der damit inhaltlich verbundenen Einzelpositionen erlaube. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber im Vertrag ausdrücklich definiert, in welchen Bereichen zu überwälzende Leistungen vom Betriebsführer erbracht werden können. Aus diesem Grund ist auch nicht auf die Stimmen der Literatur (vgl Prader/Walzel von Wiesentreu, Gröbliche Benachteiligung von Bestandnehmern in Einkaufszentren, RdW 2014, 8) einzugehen, die der Verrechnung derartiger Positionen kritisch gegenüberstehen.

II. Abrechnungen

[21] 2.1. Das Mietverhältnis unterliegt dem Teilanwendungsbereich nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG. Die Abrechnung ist daher nach dem ABGB zu beurteilen. Die Rechnungslegungspflicht ergibt sich aus § 1012 ABGB (vgl OLG Wien MietSlg 35.121). Der Auftraggeber hat Anspruch auf eine ordnungsgemäß zusammengestellte, formell vollständige Abrechnung über Einnahmen und Ausgaben, im Einzelnen detailliert und ziffernmäßig mit Angabe des Verwendungszwecks der einzelnen Posten. Nicht durchsetzbar ist hingegen eine materiell vollständige und wahrheitsgemäße Abrechnung (OLG Wien MietSlg 35.121; vgl auch RS0034995).

[22] 2.2. Zweck der Rechnungslegungspflicht ist es, den Auftraggeber (oder sonst Berechtigten) in die Lage zu versetzen, Herausgabeansprüche oder Schadenersatzansprüche gegen den Beauftragten (oder sonst Rechnungslegungspflichtigen) aus der Geschäftsbesorgung und allenfalls auch Ansprüche aus dem Ausführungsgeschäft gegen den Dritten feststellen und geltend machen zu können (RS0019529 [T3]).

[23] Für die Ermittlung des Umfangs der Rechnungslegungspflicht muss nach der Natur des Geschäfts und den Umständen des Falls auf das Verkehrsübliche abgestellt werden (RS0019529 [T1]). Die Rechnungslegung soll ihrem Zweck entsprechend dem Berechtigten eine ausreichende Grundlage dafür liefern, die pflichtgemäße Erfüllung der Aufgaben des Rechnungslegungspflichtigen anhand der verzeichneten Einnahmen und Ausgaben unter Heranziehung der dazugehörigen Belege nach den Gesichtspunkten der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen (RS0035039; vgl etwa auch Apathy/Burtscher in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 1012 ABGB Rz 14; Baumgartner/Torggler in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1012 ABGB Rz 44). Sie umfasst auch alle Angaben, die eine Überprüfung der Rechnung ermöglichen (vgl RS0035036).

[24] In der Entscheidung 7 Ob 93/12w war ein Bestandverhältnis zu beurteilen, das dem Teilanwendungsbereich nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG unterlag. Dort verwies der Oberste Gerichtshof auf die zur Betriebskostenabrechnung im Mietrechtsgesetz entwickelten Grundsätze und stellte klar, dass sich auch bei einem Bestandvertrag über Objekte in einem Einkaufszentrum die formellen und inhaltlichen Anforderungen, die an eine derartige Abrechnung zu stellen sind, grundsätzlich aus dem Zweck der Rechnungslegungspflicht ergeben, nämlich dem Bestandnehmer eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung zu liefern, woraus sich der Überschuss oder die Nachforderung ergibt. Die Abrechnung ist übersichtlich und für einen durchschnittlichen Bestandnehmer nachvollziehbar zu gestalten und mit Belegen zu dokumentieren. Im Regelfall genüge eine Auflistung der Ausgabenposten, die der Bestandnehmer anhand der ihm zur Einsicht aufliegenden Belege überprüfen kann. Es komme auch bei einem Einkaufszentrum nicht auf die materielle Richtigkeit der Abrechnung, sondern auf die formell vollständige und nachvollziehbare Abrechnung an.

[25] Zur Geltendmachung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben nach § 21 Abs 3 und 4 MRG sprach der Oberste Gerichtshof aus, darunter sei deren Bekanntgabe und Nachweis zu verstehen. Es sei nicht erforderlich, dass die Abrechnung richtig sei, also nur solche Beträge gefordert werden, die Betriebskosten sind und dem anzuwendenden Verteilungsschlüssel entsprechen (vgl RS0070049 [T1]).

[26] 2.3. Nach dem Mietvertrag (§ 5 Z 5) steht dem Vermieter das Recht zu, gegen Legung einer Jahresabrechnung ein generelles monatliches Mietzinspauschale vorzuschreiben, das die Anzahlung auf den Hauptmietzins und alle Nebenkosten einschließt. Nachdem die Rechnungslegung den Zweck erfüllen muss, dem durchschnittlichen Mieter darzulegen, woraus sich ein Überschuss oder eine Nachforderung ableitet, muss es ausreichen, wenn aus der Abrechnung hervorgeht, welcher Anteil auf das konkrete Bestandobjekt entfällt. Diese Vorgabe ist hier erfüllt, weil die festgestellten Abrechnungen für die Jahre 2013 bis 2016 nach der Aufstellung sämtlicher Jahresbetriebskosten in der Abrechnung für das konkrete Bestandobjekt jeweils darlegen, welche Fläche das Objekt aufweist und welche Gesamtfläche der Betriebskostenabrechnung zugrunde liegt. Für die Auffassung, dass der Vermieter seiner Rechnungslegungspflicht nur nachkommt, wenn er auch den richtigen Verteilungsschlüssel auswirft, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Überprüfbar bleibt die Rechnungslegung ja auch dann, wenn die Parteien sich über den Anteil uneinig sind. Umgekehrt würde eine – wie hier bestehende – Uneinigkeit über den Verteilungsschlüssel dazu führen, dass der Vermieter nicht korrekt Rechnung legen könnte.

[27] 2.4. Weil für die dem Hauptzahlungsbegehren zugrunde liegenden Jahre 2013 bis 2016 ohnehin eine Abrechnung vorliegt, kommt es auf die Frage, ob der Bestandnehmer berechtigt ist, sämtliche Akontozahlungen zurückzufordern, weil der Vermieter nicht formell korrekt abgerechnet hat, nicht an. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, inwieweit sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VIII ZR 57/04), wonach dem Mieter Vorauszahlungen vollständig zu erstatten sind, wenn der Vermieter seiner Pflicht der Abrechnung der Betriebskosten nicht innerhalb angemessener Frist nachkommt, auf den vorliegenden Fall übertragen lässt. Zumindest im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes geht die österreichische Rechtsprechung im Übrigen davon aus, dass die monatlich geleistete Pauschalrate einen selbstständigen Mietzinsanteil und keine Anzahlung auf die Betriebskosten darstellt (5 Ob 133/11m).

[28] 3.1. Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Stufenklagebegehren mit der Begründung, die Kläger hätten diesen Begehren einen bestimmten Verteilungsschlüssel, nämlich die Nutzfläche ihres Bestandobjekts im Verhältnis zur auf der Gesamtliegenschaft insgesamt vermietbaren Nutzfläche, zugrunde gelegt, für den es im Sachverhalt keine Grundlagen gebe. Ein Zuspruch auf Grundlage eines auf gesonderten Abrechnungskreisen beruhenden Begehrens würde kein Minus, sondern ein Aliud darstellen, das nicht zugesprochen werden könne.

[29] 3.2. Nach § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, das nicht beantragt ist. Das Gericht darf demnach weder ein Plus noch ein Aliud zusprechen (RS0041254 [T5]).

[30] Ob ein Aliud oder ein Minus anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt erachteten Anspruch (RS0041023). Ein Aliud liegt dann vor, wenn die zugesprochene Rechtsfolge eine andere ist als die begehrte. Dabei sind auch die zur Begründung der Rechtsfrage vorgetragenen und zur Entscheidung herangezogenen Tatsachen miteinander zu vergleichen (RS0041027).

[31] Der Frage, wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist, kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0042828). Ob von den Stufenklagebegehren der Kläger auch Zusprüche umfasst wären, die auf der Annahme beruhen, dass dem Verteilungsschlüssel das Verhältnis der an die Kläger vermieteten Nutzfläche zu einer Teilfläche der Liegenschaft und nicht zur auf der Gesamtliegenschaft vermietbaren Nutzfläche zugrunde liegt, bildet keine erhebliche Rechtsfrage (vgl auch RS0041192).

[32] 3.3. Die Kläger brachten vor, der übereinstimmende Parteiwille habe sich auf die Aufteilung im Verhältnis der Nutzfläche ihres Bestandobjekts zur Gesamtnutzfläche aller auf der Liegenschaft vorhandenen vermietbaren Bestandobjekte gerichtet; tatsächlich habe die Beklagte aber nur 25.000 bis 26.000 m² und nicht 34.011,01 bis 34.369,31 m² einbezogen. Gestützt auf dieses Vorbringen begehrten sie, die Beklagte für 2002 bis 2012 und im Eventualbegehren für 2013 bis 2016 zur Rechnungslegung über den Anteil an den von der Beklagten an die Kläger verrechneten Nebenkosten gemäß dem Verhältnis der Nutzfläche ihres Bestandobjekts zur gesamten vermietbaren Nutzfläche und zum Ersatz jenes Schadens zu verpflichten, der dadurch entstand, dass die Beklagte nicht die gesamte vermietbare Nutzfläche ins Verhältnis setzte, sondern nur einen Teil davon.

[33] Den Begehren liegt demnach inhaltlich ein Begehren auf Bekanntgabe der gesamten vermietbaren Nutzfläche zugrunde, ist doch aus der „Rechnungslegung“ mithilfe dieser Information durch eine einfache Schlussrechnung der auf der gewünschten Annahme beruhende Anteil der Kläger errechenbar, der als Prozentsatz im Übrigen auch festgestellt wurde. Von diesem Klagebegehren ist aber gerade nicht die Bekanntgabe einer Fläche oder eines Prozentsatzes umfasst, die/der auf der Annahme beruht, dass zur Fläche des von den Klägern gemieteten Objekts irgendeine andere als die Gesamtfläche ins Verhältnis gesetzt wird; es zielt nur auf die Bekanntgabe und Berechnung des Verteilungsschlüssels anhand dieser Fläche ab. Auch in diesem Punkt ist die Beurteilung des Berufungsgerichts daher nicht zu beanstanden.

III. Verjährung der Rechnungslegungsansprüche

[34] 4. Da die Stufenklagebegehren bereits aus den dargelegten Gründen abzuweisen sind, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Rechnungslegungsansprüche verjährt sind.

IV. Ergebnis

[35] 5. Zusammenfassend bringt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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