OGH 1Ob155/21g

OGH1Ob155/21g7.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj D***** I*****, geboren ***** 2010, wegen Unterhalts, infolge des „außerordentlichen Revisionsrekurses“ des Vaters N***** I*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. April 2021, GZ 42 R 10/21p‑15, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 30. November 2020, GZ 30 Pu 141/17d‑8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00155.21G.0907.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 29 EUR ab 1. 10. 2020 an seine minderjährige Tochter.

[2] Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[3] Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Vater nach der Aktenlage durch Hinterlegung zugestellt, wobei die Abholfrist am 5. 5. 2021 begann.

[4] Dagegen erhob der Vater einen von ihm am 21. 5. 2021 persönlich überreichten Revisionsrekurs, der – auch nach Erteilung eines Verbesserungsauftrags und der Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags – nicht von einem Rechtsanwalt unterfertigt ist. Das Erstgericht legte den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

[5] Diese Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage.

[6] 1. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht – wie hier – den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei – was das Erstgericht in seinem Verbesserungsauftrag vom 27. 5. 2021 noch erkannt hat – gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung) stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.

[7] 2. Im Unterhaltsverfahren bemisst sich der Wert des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands nach § 58 Abs 1 JN mit dem Dreifachen der Jahresleistung des strittigen monatlichen Unterhalts (RIS‑Justiz RS0103147 [T2]; RS0122735 [T1]). Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts beträgt 1.044 EUR (36 Monate á 29 EUR) und übersteigt somit 30.000 EUR nicht.

[8] Demgemäß wäre der Oberste Gerichtshof nur dann zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen, wenn das Rekursgericht einem Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs stattgegeben hätte, was bisher nicht der Fall war.

[9] 3. Mangels funktioneller Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs, über das Rechtsmittel des Vaters zu entscheiden, müssen sowohl der Umstand, dass dieses (nach der Aktenlage) erst nach Ablauf der 14‑tägigen Rechtsmittelfrist des § 65 Abs 1 AußStrG überreicht wurde, als auch die mangelnde Unterfertigung durch einen im Revisionsrekursverfahren zwingend beizuziehenden Rechtsanwalt (§ 6 Abs 1 AußStrG) derzeit unberücksichtigt bleiben (vgl RS0120898). Eine Zurückweisung des Rechtsmittels durch den Obersten Gerichtshof kommt mangels funktioneller Zuständigkeit nicht in Betracht, der Akt ist vielmehr dem Erstgericht zurückzustellen.

[10] Eine Verspätung des Rechtsmittels und die unterlassene Verbesserung (Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt) können vom Erstgericht wahrgenommen werden (§ 67 AußStrG; 1 Ob 204/19k mwN [verspätetes Rechtsmittel]; RS0120077 [T2: unterlassene Verbesserung]).

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