European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00155.21G.0907.000
Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 29 EUR ab 1. 10. 2020 an seine minderjährige Tochter.
[2] Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
[3] Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Vater nach der Aktenlage durch Hinterlegung zugestellt, wobei die Abholfrist am 5. 5. 2021 begann.
[4] Dagegen erhob der Vater einen von ihm am 21. 5. 2021 persönlich überreichten Revisionsrekurs, der – auch nach Erteilung eines Verbesserungsauftrags und der Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags – nicht von einem Rechtsanwalt unterfertigt ist. Das Erstgericht legte den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
[5] Diese Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage.
[6] 1. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht – wie hier – den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei – was das Erstgericht in seinem Verbesserungsauftrag vom 27. 5. 2021 noch erkannt hat – gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung) stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.
[7] 2. Im Unterhaltsverfahren bemisst sich der Wert des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands nach § 58 Abs 1 JN mit dem Dreifachen der Jahresleistung des strittigen monatlichen Unterhalts (RIS‑Justiz RS0103147 [T2]; RS0122735 [T1]). Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts beträgt 1.044 EUR (36 Monate á 29 EUR) und übersteigt somit 30.000 EUR nicht.
[8] Demgemäß wäre der Oberste Gerichtshof nur dann zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen, wenn das Rekursgericht einem Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs stattgegeben hätte, was bisher nicht der Fall war.
[9] 3. Mangels funktioneller Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs, über das Rechtsmittel des Vaters zu entscheiden, müssen sowohl der Umstand, dass dieses (nach der Aktenlage) erst nach Ablauf der 14‑tägigen Rechtsmittelfrist des § 65 Abs 1 AußStrG überreicht wurde, als auch die mangelnde Unterfertigung durch einen im Revisionsrekursverfahren zwingend beizuziehenden Rechtsanwalt (§ 6 Abs 1 AußStrG) derzeit unberücksichtigt bleiben (vgl RS0120898). Eine Zurückweisung des Rechtsmittels durch den Obersten Gerichtshof kommt mangels funktioneller Zuständigkeit nicht in Betracht, der Akt ist vielmehr dem Erstgericht zurückzustellen.
[10] Eine Verspätung des Rechtsmittels und die unterlassene Verbesserung (Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt) können vom Erstgericht wahrgenommen werden (§ 67 AußStrG; 1 Ob 204/19k mwN [verspätetes Rechtsmittel]; RS0120077 [T2: unterlassene Verbesserung]).
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