OGH 1Ob204/19k

OGH1Ob204/19k19.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Mag. Korn und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj F* F*, geboren am * 2003, über den Revisionsrekurs des Vaters DI (FH) R* K*, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 9. August 2019, GZ 20 R 92/19g‑100, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 14. Juni 2019, GZ 1 Pu 179/10v‑89, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127068

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

Der Vater war zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 250 EUR für sein Kind verpflichtet. Über Antrag des Kindes erhöhte das Erstgericht die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. 9. 2017 um 206 EUR auf monatlich 456 EUR.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, der nur die Unterhaltserhöhung für den Zeitraum 1. 9. 2017 bis 30. 6. 2019 bekämpfte, nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss erhob der Vater erkennbar einen von ihm selbst verfassten Revisionsrekurs, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vorlegte.

Diese Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage.

Rechtliche Beurteilung

1. Ein Revisionsrekurs ist (außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG) jedenfalls unzulässig (§ 62 Abs 3 AußStrG), wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und – wie hier – das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den (ordentlichen) Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.

2. Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 AußStrG (RIS‑Justiz RS0007110 [T32]). Die Ermittlung des Werts des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN (§ 59 Abs 3 AußStrG). Er bestimmt sich beim Unterhalt grundsätzlich nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36‑fachendes monatlichen Unterhalts. Sind aber – wie im vorliegenden Fall – nur Teilbeträge eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums Gegenstand des Rekursverfahrens, bildet deren Summe den Wert des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz (RS0046547 [T1]; RS0111964 [T3]). Gegenstand des Rekursverfahrens war die Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbeitrags um 206 EUR im Zeitraum 1. 9. 2017 bis 30. 6. 2019, gegen die sich der Vater zur Wehr gesetzt hatte. Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts beträgt daher 4.532 EUR (22 Monate á 206 EUR) und übersteigt somit 30.000 EUR nicht.

3. Davon ausgehend wäre das Rechtsmittel nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, weil im Streitwertbereich des § 63 Abs 1 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Solange das Rekursgericht nicht auf eine Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs entschieden hat, ist der Oberste Gerichtshof sowohl betreffend die Fragen der Zulässigkeit und der Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses als auch dessen inhaltlicher Berechtigung funktionell unzuständig (RS0109623 [T20]). Der Rechtsmittelschriftsatz ist also nach der dargestellten Rechtslage nicht direkt dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

4. Mangels funktioneller Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs, über das Rechtsmittel des Vaters zu entscheiden, kann auch dessen Verspätung nicht wahrgenommen werden (RS0109516 [T11]). Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Vater am 27. 8. 2019 zugestellt. Seine an das Rekursgericht adressierte Eingabe langte dort am 10. 9. 2019 ein. Das Rekursgericht verfügte die Weiterleitung an das zuständige Erstgericht (§ 63 Abs 2 AußStrG), wo die Eingabe am 16. 9. 2019 eintraf. Die Tage des Postlaufs sind auch im Außerstreitverfahren nur dann nicht in die Frist einzurechnen, wenn das Rechtsmittel an das zuständige Gericht adressiert ist. Ein Rechtsmittel, das – wie hier – beim falschen Gericht überreicht wird, ist nur dann rechtzeitig, wenn es innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht einlangt (RS0006096 [T2]). Das war hier nicht der Fall, weil die 14‑tägige Rechtsmittelfrist (§ 63 Abs 2, § 65 Abs 1 AußStrG) schon am 10. 9. 2019 geendet hatte. Die Verspätung des Revisionsrekurses kann vom Erstgericht wahrgenommen werden (§ 67 AußStrG; 3 Ob 173/13g).

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