OGH 6Ob151/20d

OGH6Ob151/20d25.11.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. P*, 2. Dr. S*, 3. Mag. E*, alle vertreten durch Dr. Stefan Geiler und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Genehmigung von Rechtsgeschäften gemäß § 17 Abs 5 PSG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller und der K.* Privatstiftung, FN *, vertreten durch Dr. Stefan Geiler und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 10. Juni 2020, GZ 6 R 96/20m‑19, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 23. April 2020, GZ 74 Fr 19037/19d‑15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130175

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Antragsteller begehren – soweit noch Gegenstand des Verfahrens dritter Instanz – die Genehmigung eines zwischen der Privatstiftung und der Rechtsanwaltskanzlei U* und Partner abgeschlossenen Mandatsvertrags gemäß § 17 Abs 5 PSG.

Die Vorinstanzen wiesen den darauf gerichteten Antrag ab. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, es liege keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rekurslegitimation des Stiftungsvorstands und der Organmitglieder im Verfahren nach § 17 Abs 5 PSG und zu den „notwendigen Beteiligungsverhältnissen“ vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG geltend gemacht wird.

1. Zur Genehmigungspflicht

1.1. Nach § 17 Abs 5 PSG bedürfen Rechtsgeschäfte einer Privatstiftung – wenn diese, wie hier, keinen Aufsichtsrat hat – mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts.

Damit regelt § 17 Abs 5 PSG Insichgeschäfte, mit denen ein Vertreter rechtsgeschäftliche Wirkungen für und gegen den Vertretenen durch Willenserklärung an sich selbst erzeugt (vgl RS0031257). § 17 Abs 5 PSG geht aber weiter und erfasst nicht nur Insichgeschäfte im eigentlichen Sinn, sondern darüber hinaus auch Geschäfte, bei denen das betroffene Vorstandsmitglied zwar im eigenen Namen kontrahiert, aber nicht es selbst, sondern andere Vorstandsmitglieder die Privatstiftung bei diesem Rechtsgeschäft vertreten (RS0031257 [T1]; 6 Ob 35/18t).

Darüber hinaus ist § 17 Abs 5 PSG analog auf jene Fälle anzuwenden, in denen die Privatstiftung nicht mit einem Vorstandsmitglied persönlich, sondern mit einer Gesellschaft, bei der ein Vorstandsmitglied einziger Gesellschafter und Geschäftsführer ist, Rechtsgeschäfte abschließt (RS0131522; 2 Ob 52/16k).

Schließlich ist der Anwendungsbereich des § 17 Abs 5 PSG ausdehnend auf all jene Fälle anzuwenden, in denen der Geschäftsabschluss zumindest wirtschaftlich einem solchen mit dem Mitglied des Stiftungsvorstands gleichkommt. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist dabei die Frage, ob im Einzelfall eine Interessenkollision zu befürchten ist. Letztlich sollen alle Fälle erfasst sein, in denen die Gefahr besteht, dass ein Vorstandsmitglied aufgrund seiner Stellung ein dem Wohl der Privatstiftung abträgliches Geschäft abschließt (RS0131522 [T1]; 6 Ob 35/18t; 6 Ob 233/09x).

1.2. Der vorliegende Antrag ist auf die Genehmigung des Abschlusses eines Mandatsvertrags zwischen der Privatstiftung und einer in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen Rechtsanwaltskanzlei, der eines der Mitglieder des Stiftungsvorstands als Gesellschafter angehört, gerichtet.

1.3. Gesellschaften bürgerlichen Rechts besitzen – auch nach dem GesbR‑ReformG BGBl I 83/2014 (5 Ob 216/17a) – keine Rechtspersönlichkeit (RS0022490; Riedler in KBB6 § 1175 ABGB Rz 5; Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1175 ABGB Rz 16). § 1175 Abs 2 ABGB idF GesBR‑RG hält nunmehr ausdrücklich fest, dass die GesbR nicht rechtsfähig ist.

Auch dann, wenn die Gesellschafter im Sinn des § 1176 Abs 1 ABGB eine Außengesellschaft vereinbarten und gemeinsam im Geschäftsverkehr auftreten, sind sie selbst die Zurechnungssubjekte der Rechte und Pflichten gegenüber Dritten. Das heißt, die Gesellschafter sind auch Vertragspartner des Dritten (RS0022132 [T2, T3]; RS0022490 [T1]; 6 Ob 117/13v).

1.4. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, hier handle es sich daher um ein Rechtsgeschäft der Privatstiftung (auch) mit dem Zweitantragsteller persönlich, sodass es jedenfalls der Genehmigungspflicht des § 17 Abs 5 PSG unterfalle, steht mit der dargestellten Rechtslage im Einklang.

1.5. Entgegen dem Rechtsmittelvorbringen liegt hier kein Fall einer analogen, sondern ein Fall der direkten Anwendung des § 17 Abs 5 PSG vor. Der Umstand, dass auch die zwei weiteren Gesellschafter der Rechtsanwalts‑GesbR Vertragspartner der Privatstiftung werden, ändert nichts daran, dass hier ein Vertrag zwischen der Privatstiftung und einem Mitglied ihres Stiftungsvorstands vorliegt.

Das Vorbringen, der Geschäftsabschluss zwischen der Privatstiftung und einem dem Stiftungsvorstand angehörenden GesbR‑Gesellschafter im Zuge des Geschäftsbetriebs der GesbR dürfe nicht anders behandelt werden als der Vertragsabschluss mit einer Kapitalgesellschaft, der ein Mitglied des Stiftungsvorstands als Gesellschafter angehört, lässt die Unterschiede in der Vermögens‑ und Haftungsordnung, die sich aus der Rechtsfähigkeit der Kapitalgesellschaft im Gegensatz zur mangelnden Rechtspersönlichkeit der GesbR ergeben, gänzlich außer Acht.

Während Kapitalgesellschaften selbständig Träger von Rechten und Pflichten sind (s nur § 61 Abs 1 GmbHG; § 1 AktG) und für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur das Gesellschaftsvermögen haftet (§ 61 Abs 2 GmbHG; § 48 AktG), ist das Gesellschaftsvermögen der GesbR stets Vermögen der Gesellschafter, auch wenn es der Gesellschaft gewidmet wurde (vgl Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1178 ABGB Rz 1). Gesellschaftsbezogene Verbindlichkeiten sind – da die GesbR mangels Rechtsfähigkeit selbst keine Verbindlichkeiten haben kann – stets Verbindlichkeiten der Gesellschafter, die dafür mit ihrem der Gesellschaft gewidmeten Vermögen und ihrem Privatvermögen haften (Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1199 ABGB Rz 5).

1.6. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gefahr einer Interessenkollision, der durch § 17 Abs 5 PSG abgeholfen werden soll, beim Vertragsabschluss zwischen der Privatstiftung und einem GesbR‑Gesellschafter, der dem Stiftungsvorstand angehört, im Zuge des Geschäftsbetriebs der GesbR, schlechthin nicht bestehe. Mit der Behauptung, der vorliegende Fall sei dem Vertragsabschluss der Privatstiftung mit einer Kapitalgesellschaft, an der ein Mitglied des Stiftungsvorstands beteiligt ist, gleich zu halten, zeigen die Rechtsmittelwerber daher keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2. Zur Genehmigung

2.1. Eine Vereinbarung darf nach § 17 Abs 5 PSG nur genehmigt werden, wenn ihr Abschluss im Interesse der Privatstiftung liegt und somit deren Wohl entspricht (RS0121199; vgl RS0048176). Es ist jedenfalls zu prüfen, ob durch das Rechtsgeschäft die Verfolgung des Stiftungszwecks und des Stifterwillens in Zukunft mit ausreichender Sicherheit gewährleistet oder das Funktionieren der Privatstiftung eingeschränkt sind, ob die Gefahr von Missbrauch oder Schädigung der Privatstiftung besteht und ob sonstige Interessen der Privatstiftung beeinträchtigt werden. Dabei ist kein strenger Maßstab zu Grunde zu legen (RS0121199).

2.2. Die Frage der Genehmigung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 58/11i).

2.3. Ein Vertrag über anwaltliche Beratungsleistungen zwischen der Privatstiftung und einem Mitglied des Stiftungsvorstands kann grundsätzlich dem Wohl der Privatstiftung dienen (vgl 6 Ob 155/06x). Maßgeblich für die Genehmigungsfähigkeit ist dabei die Vertragsgestaltung im Einzelfall. Der Entscheidung 6 Ob 155/06x lag ein Mandatsvertrag zugrunde, der keine Haftungsbeschränkungen enthielt.

2.4. Die Rechtsmittelwerber vertreten die Auffassung, die Haftungsfreizeichnung für leichte Fahrlässigkeit sei außerhalb von Verbrauchergeschäften stets zulässig und jedenfalls im Verkehr mit Wirtschaftstreuhändern üblich, sie müsse daher auch Rechtsanwälten offen stehen.

2.5. Zu 6 Ob 35/00s billigte der Oberste Gerichtshof in einem Unternehmergeschäft die Einschränkung der Haftung auf grobes Verschulden in den Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder (AAB). In der Rechtsprechung wurde seither allerdings klargestellt, dass ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltener Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit gröblich benachteiligend im Sinn des – auch in Vertragsverhältnissen zwischen Unternehmern anzuwendenden (RS0119324 [T6]; Bollenberger/P. Bydlinski in KBB6 § 879 Rz 22; Krejci in Rummel, ABGB4 § 879 Rz 372) – § 879 Abs 3 ABGB sein kann (4 Ob 179/02f; 4 Ob 221/06p). Dabei kommt es im Sinn eines beweglichen Systems auf Ausmaß, Grund und sachliche Rechtfertigung der zu Lasten des Vertragspartners des Verwenders vorgenommenen Abweichung vom dispositiven Recht ebenso an wie auf das Ausmaß der verdünnten Willensfreiheit und den Umstand, ob eine Freizeichnung – wie hier – auch im Fall der Verletzung vertraglicher Hauptleistungspflichten zum Tragen kommt (4 Ob 221/06p; vgl Völkl/Völkl, Beraterhaftung² [2014] Rz 5/4). Für Beraterverträge wird zudem vertreten, es sei auch zu berücksichtigen, ob sich ein Haftungsausschluss etwa durch eine Verminderung des Preises im Austauschverhältnis niedergeschlagen habe; außerdem soll es auf die Häufigkeit der Verwendung solcher Ausschlüsse am jeweiligen Markt und auf die Versicherbarkeit des Berufsausübungsrisikos ankommen (Völkl/Völkl, Beraterhaftung² Rz 5/11, 5/12).

2.6. Im vorliegenden Verfahren wird die Wirksamkeit des Haftungsausschlusses nicht in Zweifel gezogen. Die dargestellten Erwägungen machen aber deutlich, dass auch in Verträgen zwischen Unternehmern enthaltene Haftungsausschlüsse im Hinblick auf die angemessene Ausgestaltung der beiderseitigen Vertragspositionen besondere Aufmerksamkeit verdienen.

2.7. Das Rekursgericht ging davon aus, dass die in den Allgemeinen Auftragsbedingungen der Rechtsanwaltskanzlei enthaltene Haftungsbeschränkung auf grobes Verschulden im ausschließlichen Interesse des Beauftragten stehe und die Antragsteller die Üblichkeit einer solchen Vereinbarung in Mandatsverträgen mit Rechtsanwälten nicht bescheinigt hätten. Es sei auch nicht bescheinigt worden, dass es nicht möglich gewesen wäre, einen anderen Rechtsanwalt ohne eine derartige Haftungsbeschränkung zu beauftragen.

2.8. Die Rechtsmittelwerber bringen vor, es komme nicht darauf an, ob ein Anbieter gefunden werden könne, der Rechtsanwaltsleistungen ohne eine entsprechende Haftungseinschränkung anbiete. Damit wird aber noch nicht aufgezeigt, dass die Beurteilung, wonach der Abschluss der konkreten Vereinbarung dem Wohl der Gesellschaft wegen des Haftungsausschlusses nicht entspreche, im vorliegenden Einzelfall den dem Rekursgericht eingeräumten Ermessensspielraum überschreite.

2.9. Die Rechtsmittelwerber stehen auf dem Standpunkt, die „Verkürzung der Kommunikationswege“ zwischen der Stiftung und dem Rechtsanwalt nütze der Gesellschaft, weil dadurch der Zeitaufwand für die rechtliche Beratung verringert werde.

Das ändert aber nichts daran, dass der Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit eine Schlechterstellung der Privatstiftung gegenüber dem gesetzlichen Haftungsregime bewirkt. Die Rechtsmittelwerber verweisen auch in dritter Instanz nur auf die ABB der Wirtschaftstreuhänder; sie gehen damit auf die Ausführungen des Rekursgerichts, wonach sich die vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht auf anwaltliche Dienstleistungen bezogen hätten, nicht ein.

Damit steht dem Vorteil der verkürzten Kommunikationswege der evidente Nachteil des Haftungsausschlusses für leicht fahrlässig begangene Kunstfehler entgegen, für den im Verfahren außer der – nicht bescheinigten – Üblichkeit keine Gründe angeführt wurden.

Bei dieser Sachlage begründet es keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, dass die Vorinstanzen dem Vertrag wegen der Haftungsfreizeichnung die Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG versagten. Eine Ermessensüberschreitung wird von den Rechtsmittelwerbern nicht aufgezeigt.

2.10. Ob auch die vom Rekursgericht problematisierte Höhe der vereinbarten Stundensätze der Genehmigung der Vereinbarung nach § 17 Abs 5 PSG entgegen steht, muss daher nicht erörtert werden.

2.11. Die Zustimmung des Stifters vermag – wie bereits das Rekursgericht ausführte – die Genehmigung durch das Gericht nicht zu ersetzen (vgl 6 Ob 58/11i).

3.1. Auf die vom Rekursgericht bezeichneten erheblichen Rechtsfragen kommt es für die Lösung des vorliegenden Falls nicht an. Das Rekursgericht bejahte die Rechtsmittellegitimation der Mitglieder des Stiftungsvorstands sowohl als Vertreter der Privatstiftung als auch als Organmitglieder, vermisste dazu jedoch höchstgerichtliche Rechtsprechung. Die Rechtsmittellegitimation der Mitglieder des Stiftungsvorstands bedarf hier aber schon deshalb keiner weiteren Erörterung, weil keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts nach § 17 Abs 5 PSG aufgezeigt wird, sodass der außerordentliche Revisionsrekurs bereits aus diesem Grund zurückzuweisen ist. Auf die weitere vom Rekursgericht angesprochene Frage der Beteiligungsverhältnisse des Mitglieds des Stiftungsvorstands an einer mit der Privatstiftung kontrahierenden Gesellschaft kommt es bei der GesbR nicht an. Die Genehmigung des Vertrags zwischen der Privatstiftung und einer GmbH & Co KG ist nicht Gegenstand des Verfahrens dritter Instanz.

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