OGH 6Ob35/00s

OGH6Ob35/00s29.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günter K*****, vertreten durch Hasch - Spohn - Richter & Partner Anwaltskanzlei KEG in Linz, gegen die beklagte Partei T *****Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Johannes Riedl und Dr. Gerold Ludwig, Rechtsanwälte in Stadt Haag, wegen 300.000 S über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 10. Dezember 1999, GZ 4 R 218/99b-11, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die für das Auftragsverhältnis der Streitteile nach der Vollmacht vom 19. Mai 1987 (jeweils) gültigen Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder (im folgenden nur AAB) lauten, soweit hier relevant:

"§ 8 Haftung

(1) Der Wirtschaftstreuhänder haftet für vorsätzlich und grob fahrlässig verschuldete Veletzung der übernommenen Verpflichtungen.

...

(4) Der Schadenersatzanspruch kann nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem der oder die Anspruchsberechtigten von dem Schaden Kenntnis erlangt haben, spätestens aber innerhalb von drei Jahren nach dem anspruchsbegründenden Ereignis gerichtlich geltend gemacht werden, sofern nicht im Aktiengesetz 1965 andere Verjährungsfristen festgesetzt sind.

..."

Der Kläger, Gesellschafter und Geschäftsführer verschiedener Handelsgesellschaften, übertrug mit Abtretungsvertrag vm 23. Dezember 1988 seine erst am 25. März 1988, somit innerhalb der einjährigen "Spekulationsfrist" des § 30 EStG, erworbenen Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mbH an eine andere Gesellschaft mbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer er gleichfalls war, um 2,7 Mio S. Nachdem die Einkommenssteuer (ESt) des Klägers für 1988 rechtskräftig mit 1,125.109 S festgesetzt worden war, schrieb das zuständige Finanzamt nach einer Betriebsprüfung und Wiederaufnahme des Verfahrens mit Bescheid vom 19. Juni 1992 - zugestellt am 23. Juni 1992 - dem Kläger zufolge Veranlagung des Spekulationsgewinns für 1988 aus der Veräußerung von Geschäftsanteilen eine wesentlich höhere ESt vor. Durch die Berufungsentscheidung der zuständigen Finanzlandesdirektion vom 30. Dezember 1997 - zugestellt am 28. Jänner 1998 - wurde die ESt-Schuld des Klägers für 1988 rechtskräftig festgestellt. Zusätzlich schrieb das Finanzamt dem Kläger mit am 27. Jänner 1998 zugestelltem Bescheid vom 23. Jänner 1998 Aussetzungszinsen für den Zeitraum vom 12. Oktober 1992 bis 23. Jänner 1998 von 312.987 S vor. Wann der Kläger die erhöhte ESt und die Aussetzungszinsen bezahlt hat, steht nicht fest.

Die Vorinstanzen wiesen das auf Schadenersatz (unterlassener Hinweis der beklagten Steuerberatungsgesellschaft auf die höhere Steuerpflicht bei Anteilsveräußerungen innerhalb der sogenannten Spekulationsfrist) gestützte - und mit Klage vom 2. Oktober 1998 gerichtlich geltend gemachte - Klagebegehren wegen Verjährung ab, die erste Instanz wegen der auf sechs Monate verkürzten Verjährungsfrist nach § 8 Abs 4 der AAB, die zweite Instanz auch unter Hinweis auf die vergleichbare Entscheidung 2 Ob 68/95, weil das schadenauslösende Ereignis bereits die Zustellung des Bescheides des Finanzamtes mit der Vorschreibung des entsprechenden (Mehr)Betrages gewesen sei und im Übrigen gesellschaftsrechtliche Umgründungsvorgänge in Handelsunternehmen "zum Betrieb" des Unternehmens iSd § 1 Abs 1 Z 1 KSchG gehörten.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers bringt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.

a) Der Geschäftsführer einer GmbH handelt, wenn er für die juristische Person tätig wird, nicht im eigenen Namen, sondern als deren organschaftlicher Vertreter. Davon zu unterscheiden sind Handlungen eines Geschäftsführers, die er im eigenen Namen mit einem Dritten abschließt (Feil, KSchG3, § 1 Rz 6). So wurde ein Geschäftsführer, der eine persönliche Bürgschaft für Schulden der GmbH übernimmt, mangels eines eigenen Unternehmens als Verbraucher beurteilt (6 Ob 607/91 = EvBl 1992/51; RIS-Justiz RS0065238). Im vorliegenden Fall hat der Kläger seine Geschäftsanteile im eigenen Namen an einen Dritten entgeltlich abgetreten und dazu auch einen Vertrag über Steuerberatungsleistungen mit der beklagten Partei abgeschlossen, aus dessen behaupteter mangelhaften Erfüllung er nunmehr Schadenersatzansprüche geltend gemacht. Der weite Unternehmerbegriff des § 1 KSchG bringt es mit sich, dass nicht immer leicht feststellbar ist, ob jemand Unternehmer ist; derjenige, der den Schutz des KSchG für sich in Anspruch nehmen will, muss daher behaupten und im Bestreitungsfall beweisen, dass die Voraussetzungen für diesen Schutz gegeben sind, und erklären, dass er die Bestimmungen des 1. Hauptstückes des Gesetzes auf ein von ihm abgeschlossenes Rechtsgeschäft angewendet haben will, sofern sich die Eigenschaft als Verbraucher nicht ganz klar aus den Umständen ergibt (stRspr: SZ 55/51; EvBl 1989/116; MietSlg 45.179, je mwN ua; RIS-Justiz RS0065220; Krejci in HBzKSchG 2209 und in Rummel 2 § 1 KschG Rz 44; Apathy in Schwimann 2 § 1 KSchG Rz 2; Feil aaO § 1 Rz 6, 13). Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger im Verfahren selbst als "Geschäftsmann", dem üblichen Synonym für Kaufmann, bezeichnet. Er bezog 1988 Einkünfte aus Kapitalvermögen, als Gewerbebetrieb, aus nicht selbständiger Arbeit als Geschäftsführer und sonstige Einkünfte aus der Veräußerung von Firmenanteilen. Angesichts dieser Umstände wäre der Kläger verpflichtet gewesen, konkret darzulegen, wieso er als Verbraucher iSd KSchG zu beurteilen sei. Der Kläger brachte dazu aber nur vor (ON 4 AS 51), für ihn habe die Begründung des in Frage stehenden steuer- und wirtschaftlichen Beratungs- und Vertretungsverhältnisses nicht zum Betrieb eines Unternehmens gehört, er sei nicht als Unternehmer aufgetreten. Es liege ein Verbrauchergeschäft iSd § 1 KSchG vor, daher sei die Anwendung der AAB unzulässig. Dieses Vorbringen kann nicht als ausreichend konkret beurteilt werden, um davon ausgehen zu können, es habe keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Kläges vorgelegen, die sich in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft als unternehmerisch darstelle. Denn nicht nur die zum Gegenstand des Unternehmens unmittelbar zählenden Geschäfte sind keine Verbrauchergeschäfte, sondern bereits alle Geschäfte, die in irgendeinem auch nur entfernten, aber erkennbaren Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers stehen (Krejci in Rummel 2 § 1 KSchG Rz 22). Geschäfte, die zwischen Unternehmern abgeschlossen werden, fallen nicht unter das KSchG.

Damit bestehen gegen die Geltung der AAB keine Bedenken. Ob der Alleingesellschafter/Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH per se bereits Unternehmer ist (verneinend 8 Ob 202/98h = RdW 1999, 148 = ZIK 1999, 67 im Zusammenhang mit der Zuständigkeit für ein Schuldenregulierungsverfahren; vgl auch Koppensteiner, GmbHG3 § 3 Rz 13), muss hier nicht mehr beurteilt werden.

b) Erhebliche Rechtsfragen im Zusammenhang mit § 8 Abs 4 der AAB iVm § 864a, § 879 Abs 1 und 3 ABGB stellen sich nicht. Die Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird als zulässig erachtet (SZ 68/106; 6 Ob 503/96 = ZVR 1997/34; RIS-Justiz RS00501109). Gleiches gilt für die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist (SZ 51/97; 1 Ob 604/88 = WBl 1988, 402 [dort unrichtig mit 1 Ob 60/88 zitiert]; 1 Ob 7/96; RIS-Justiz RS0034782; Mader in Schwimann 2 § 1502 ABGB Rz 4 mwN).

Fragen nach dem Beginn der kurzen Verjährungsfrist des § 1489 erster Satz ABGB bei einem Schaden, der in einer unzureichenden Aufklärung durch den Steuerberater seine Ursache hatte und zu einem zwar sofort wirksamen (§ 254 BAO, wonach durch Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten wird), aber noch nicht rechtskräftigen Steuerbescheid führte, worauf das Schwergewicht der Revision liegt, stellen sich nicht mehr.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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