OGH 6Ob116/20g

OGH6Ob116/20g15.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin A*****, vertreten durch Dr. Peter Ozlberger, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Thaya, gegen die Antragsgegner 1. B*****, 2. A*****, dieser vertreten durch Dr. Gerhard Rößler Rechtsanwalt KG in Zwettl, wegen Akteneinsicht gemäß § 22 AußStrG iVm § 219 Abs 2 ZPO, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 5. Februar 2020, GZ 2 R 151/19x‑11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00116.20G.0915.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Antragstellerin begehrte Einsicht in den Akt betreffend das zwischen den Antragsgegnern geführte Aufteilungsverfahren. Sie und ihre Schwester (die Erstantragsgegnerin) seien die einzigen Verwandten in direkter Linie nach der am 17. 3. 2019 verstorbenen Großmutter L*****, die ihr umfangreiches Vermögen verschenkt habe, wobei die Antragstellerin davon nichts erhalten habe. Begünstigte sei aber zumindest zum Teil die Erstantragsgegnerin gewesen. Aufgrund dieser Schenkungen habe die Antragstellerin einen Anspruch auf Zahlung eines Schenkungspflichtteils. Um diesen konkretisieren und beweisen zu können, benötige sie nähere Angaben zum Umfang der Schenkungen. Es sei davon auszugehen, dass der Aufteilungsakt näheren Aufschluss über die Schenkungen und deren Höhe geben werde. Sie habe somit ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht.

Die Erstantragsgegnerin sprach sich gegen die beantragte Akteneinsicht aus. Der Zweitantragsgegner äußerte sich nicht.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht ab. Selbst bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses habe die Akteneinsicht zu unterbleiben, soweit berechtigte Interessen anderer Personen, insbesondere der Parteien des Verfahrens, überwiegen. Der durch das ErbRÄG 2015 neu eingeführte § 786 ABGB gewähre den Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch gegenüber Geschenknehmern auf Auskunft über hinzurechnungspflichtige Geschenke. Eine Einsicht in den Aufteilungsakt bildete demgegenüber einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre der Verfahrensparteien, zumal dieser auch den Zweitantragsgegner betreffe, gegenüber dem überhaupt kein Informationsanspruch bestehe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Mit § 786 ABGB habe der Gesetzgeber unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass er ein Informationsinteresse des Hinzurechnungsberechtigten gegenüber dem Geschenknehmer als berechtigt anerkenne. Allerdings stünden der beantragten Akteneinsicht selbst bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der Einsicht überwiegende Interessen anderer Personen im Sinne des § 22 AußStrG iVm § 219 Abs 2 ZPO entgegen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Gewährung von Akteneinsicht durch das Gericht gleichzeitig als Verarbeitung im Sinne der Legaldefinition des Art 4 Z 2 DSGVO zu qualifizieren sei („Offenlegung durch Übermittlung“), sofern sie im Zusammenhang mit „personenbezogenen Daten“ im Sinne des Art 4 Z 1 DSGVO stehe. Das Recht auf Datenschutz sei bei der Beurteilung gemäß § 219 ZPO zu beachten. Berechtigte Geheimhaltungsinteressen Dritter könnten sich auch auf ihr Vermögen beziehen. Dabei habe in die Interessenabwägung einzufließen, ob der Einsichtswerber sich seine Informationen auch auf andere Weise beschaffen könne. Im konkreten Fall sei das Interesse des Zweitantragsgegners als weiterer Partei des Aufteilungsverfahrens, dass Informationen über die Vermehrung seines Vermögens Dritten nicht zugänglich werden, als berechtigt anzuerkennen. Dazu komme, dass die Antragstellerin gegenüber der Erstantragsgegnerin als potentieller Geschenknehmerin einen Auskunftsanspruch gemäß § 786 ABGB habe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur dazu fehle, ob die berechtigten Interessen Dritter im Sinne des § 219 ZPO gegenüber dem rechtlichen Interesse an Auskunft auch dann zu berücksichtigen seien, wenn sich der Dritte trotz Aufforderung in erster Instanz nicht geäußert habe. Außerdem fehle höchstgerichtliche Judikatur dazu, inwiefern sich das Inkrafttreten der DSGVO auf die Beurteilung der Voraussetzungen für die Gewährung von Akteneinsicht nach § 219 Abs 2 ZPO auswirke, sofern es sich um die Einsicht in personenbezogene Daten, die keine „sensiblen Daten“ im Sinne des Art 9 Abs 1 DSGVO sind, handelt.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Auf die vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfragen geht der Revisionsrekurs nicht ein (vgl RS0102059). Vielmehr wendet sich der Revisionsrekurs lediglich gegen die – regelmäßig einzelfallbezogene – Interessenabwägung durch die Vorinstanzen.

2. Soweit der Revisionsrekurs darauf verweist, dass sich der Zweitantragsgegner am Verfahren erster Instanz nicht beteiligt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass es jedenfalls keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründen kann, wenn die Vorinstanzen seine Interessen dennoch geprüft haben. Ein Verfahrensmangel kann nämlich immer nur in einem „Zu wenig“ und nicht in einem „Zu viel“ liegen (vgl RS0125622). Abgesehen davon, dass der Antrag dem Zweitantragsgegner nicht mit einem Beisatz nach § 17 AußStrG zur Stellungnahme übermittelt wurde, ist dem Revisionsrekurs auch entgegenzuhalten, dass selbst die Anwendung dieser Bestimmung zu keiner Zustimmungs‑ oder Anerkenntnisfiktion geführt und somit keine „echte“ Säumnisentscheidung ermöglicht hätte, weil die rechtlichen Voraussetzungen des Antrags stets uneingeschränkt auf der Grundlage des Akteninhalts zu prüfen sind, auch wenn sich der Antragsgegner nicht äußert (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 17 Rz 82 und 92 mwN; RS0006941 [T10, T12]). Dass aus dem bloßen Schweigen in der Regel keine Zustimmung abgeleitet werden kann, entspricht auch einem im materiellen Recht anerkannten allgemeinen Grundsatz (vgl RS0014124; RS0014146; RS0014347 ua).

3. Gemäß § 22 AußStrG sind im Verfahren außer Streitsachen die Bestimmungen der ZPO über die Akten sinngemäß anzuwenden. Damit sind § 219 ZPO und § 170 Geo über die Akteneinsicht sinngemäß anzuwenden (RS0005803 [T6]). Nach § 219 Abs 2 ZPO können mit Zustimmung beider Parteien auch dritte Personen Einsicht in Akten nehmen und auf ihre Kosten Abschriften (Kopien) und Auszüge (Ausdrucke) erhalten, soweit dem nicht überwiegende berechtigte Interessen eines anderen oder überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des Art 23 Abs 1 DSGVO entgegenstehen. Fehlt eine solche Zustimmung, so steht einem Dritten die Einsicht und Abschriftnahme überdies nur insoweit zu, als er ein rechtliches Interesse glaubhaft macht. Nachdem im vorliegenden Fall keine Zustimmung erteilt wurde, ist das rechtliche Interesse zu prüfen.

4.1. Das rechtliche Interesse an der Akteneinsicht muss konkret gegeben sein; die Einsichtnahme und Abschriftnahme muss Bedeutung für die rechtlichen Verhältnisse des Dritten haben und die Kenntnis des betreffenden Akteninhaltes muss sich auf die privatrechtlichen oder öffentlich‑rechtlichen Verhältnisse des Dritten günstig auswirken, sei es auch nur dadurch, dass er instandgesetzt wird, die Beweislage für sich günstiger zu gestalten (RS0037263). Dabei genügt es, wenn der Akteninhalt den Rechtskreis des Antragstellers auch nur mittelbar berührt; angezeigt ist insoweit eine weitherzige Handhabung (RS0037263 [T5]).

4.2. Ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht gemäß § 219 Abs 2 ZPO kann durch die Verfolgung oder Abwehr von Ansprüchen, aber auch in der Verteidigung in einer Strafsache begründet sein; in diesem Zusammenhang kann der Dritte auch ein rechtliches Interesse daran haben, für ihn ungünstige Umstände zu erkennen (RS0037263 [T21]). Ein bloß allgemeines öffentliches Interesse an Information sowie ein reines Informationsbedürfnis des Einsichtsbegehrenden selbst reichen hingegen nicht aus; das rechtliche Interesse muss ein in der Rechtsordnung gegründetes und von ihr gebilligtes Interesse sein, das über das bloß wirtschaftliche Interesse oder über Interessen der Information, der Pietät, des Anstands oder der Ethik hinausreicht (RS0079198). Von der die Akteineinsicht beantragenden Person darf jedoch nicht mit einem Hinweis auf das Verbot des Ausforschungsbeweises verlangt werden, die Kenntnis der Tatsachen genau anzugeben, die sie sich aus der Akteineinsicht erwartet, liegt doch dem Antrag auf Akteneinsicht notwendigerweise ein Ausforschungsinteresse zugrunde (RS0037263 [T16]).

4.3. Im Bereich des Außerstreitverfahrens erfährt das Recht des am Verfahren nicht Beteiligten auf Akteneinsicht insoweit eine Modifikation, als auf Wesen und Zweck des Verfahrens Bedacht zu nehmen ist: Die Eigenart der in diesem Verfahren abzuwickelnden Angelegenheiten liegt nämlich darin, dass vielfach Familien- oder Vermögensverhältnisse offengelegt werden, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und daher schützenswert sind (RS0008863 [T1]).

4.4. Ein bloß wirtschaftliches Interesse reicht für die Akteneinsicht nicht aus (RS0037263 [T2]). So berühren etwa Informationen, die allenfalls der Beurteilung der Erfolgsaussichten eines möglichen Regressprozesses dienlich sein können, ausschließlich wirtschaftliche Interessen (RS0037263 [T14]). Auch das (wirtschaftliche) Interesse, vor den übrigen Gläubigern zum Zug zu kommen, ist nicht zu schützen (RS0079198 [T2]).

5. Liegt die Zustimmung der Parteien zur Akteneinsicht nicht vor, dann ist eine zweistufige Prüfung vorzunehmen: Zunächst ist zu prüfen, ob ein rechtliches Interesse des Dritten, der Einsicht begehrt, besteht; erst wenn dieses bejaht wird, ist die Abwägung vorzunehmen, ob das Recht des Dritten dasjenige der Verfahrensparteien überwiegt (RS0079198 [T6]). Dabei kommt es darauf an, ob die Akteneinsicht des Dritten unbedingt nötig ist oder ob sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre darstellt (vgl 10 Ob 89/07x). Ob die Voraussetzungen für eine Akteneinsicht Dritter erfüllt sind, ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt daher grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage dar (RS0079198 [T5]). Eine Ausnahme gälte daher nur dann, wenn dem Rekursgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RS0079198 [T14]).

6.1. Mit den datenschutzrechtlichen Aspekten der Akteneinsicht befasste sich der Senat bereits in der Entscheidung 6 Ob 45/19i. Demnach ist die Gewährung von Akteneinsicht durch das Gericht als Verarbeitung im Sinne der Legaldefinition des Art 4 Z 2 DSGVO zu qualifizieren („Offenlegung durch Übermittlung“), sofern sie im Zusammenhang mit „personenbezogenen Daten“ im Sinne des Art 4 Z 1 DSGVO steht. Die DSGVO ist daher auf die Gewährung von Akteneinsicht durch ein österreichisches Gericht anzuwenden, wenn die Akteneinsicht Informationen umfasst, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (vgl Art 4 Z 1 DSGVO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 219 Abs 2 ZPO allgemein das Recht auf Datenschutz, Familien- und Privatleben schützt. Das Recht auf Datenschutz ist daher bei der Beurteilung gemäß § 219 ZPO zu beachten. Ist der Schutz personenbezogener Daten einer natürlichen Person betroffen, ist konkret auf den von der DSGVO gewährten Schutzumfang abzustellen.

6.2. Die Entscheidung 2 Ob 52/18p hatte die Einsicht in einen Verlassenschaftsakt zum Gegenstand. Die Einschreiterin brachte vor, die Tochter und Erbin des verstorbenen Neffen der Erblasserin zu sein. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die von diesem im Verlassenschaftsverfahren nach der Erblasserin abgegebene Entschlagungserklärung rechtlich als Geschenk angesehen werden und je nach Wert dieses Geschenks eine Pflichtteilsverkürzung für sie bedeuten könne, habe sie ein rechtliches Interesse auf Einsicht in den Verlassenschaftsakt nach der Erblasserin. Der 2. Senat führte aus, wer berechtigt sei, die Hinzurechnung bestimmter Schenkungen zu verlangen, habe in Bezug auf diese gemäß § 786 ABGB idF des ErbRÄG 2015 einen Auskunftsanspruch gegen die Verlassenschaft, die Erben und den Geschenknehmer. Diese Bestimmung bringe gegenüber der früheren Rechtslage insofern eine Änderung, als der Auskunftsanspruch nunmehr ausdrücklich gesetzlich geregelt wurde. Damit habe der Gesetzgeber unzweifelhaft ausgedrückt, dass er das in Rede stehende Informationsinteresse des Hinzurechnungs-berechtigten gegenüber dem Geschenknehmer als berechtigt anerkenne. Wenn daher aus einem Akt, in dem der Geschenknehmer Partei sei, Aufschluss über eine hinzuzurechnende Schenkung zu erhalten sei, sei das rechtliche Interesse des Hinzurechnungsberechtigten an der Akteneinsicht zu bejahen. Der Umstand, dass der Einsichtswerberin gegen die Ersatzerbin ein Auskunftsanspruch gemäß § 786 ABGB zustehe, führe nicht zur Beurteilung, dass ihr generell der verfahrensökonomischere Weg der Akteneinsicht verwehrt wäre. Lediglich im Rahmen der Prüfung, ob berechtigte Interessen Dritter überwiegen, könnte die Einsichtswerberin auf ein Auskunftsbegehren gemäß § 786 ABGB verwiesen werden. Derartige überwiegende berechtigte Interessen eines anderen oder überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 26 Abs 2 erster Satz DSG 2000 bestünden jedoch im Anlassfall nicht, weil ein Geheimhaltungsinteresse der Ersatzerbin – wie sich aus dem bereits erörterten § 786 ABGB ergebe – vom Gesetz gerade nicht geschützt sei. Es gebe auch keine weiteren Parteien (weitere Erben, Pflichtteilsberechtigte oder Vermächtnisnehmer), deren Interesse an der Geheimhaltung über die Vermehrung ihres Vermögens geschützt werden müsste.

7.1. Im vorliegenden Fall ließ das Rekursgericht die Frage, ob der Antragstellerin tatsächlich ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht zukommt offen, weil – im Sinne der oben dargestellten zweistufigen Prüfung – jedenfalls die berechtigten Interessen der Verfahrensparteien dem Begehren auf Akteneinsicht entgegenstünden.

7.2. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Antragstellerin im Hinblick auf die Entscheidung 2 Ob 52/18p ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht zukommt, ist daraus für ihren Rechtsstandpunkt nichts zu gewinnen. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Interessenabwägung ist nämlich nicht zu beanstanden:

7.3. Eine Einsicht in den Akt über die Aufteilung des Vermögens aus der Ehe zwischen den Antragsgegnern erscheint im Hinblick auf das von der Antragstellerin erstattete Vorbringen zu einer Schenkung von Vermögenswerten der Großmutter an die Erstantragstellerin überschießend, zumal es im Aufteilungsverfahren grundsätzlich um das in der Ehe errungene Vermögen und nicht um Schenkungen einer Dritten geht, die gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG zudem gar nicht der Aufteilung unterliegen. Die Akteneinsicht würde der Antragstellerin damit in erster Linie Kenntnis über die Vermögenswerte aus der Ehe der Antragsgegner verschaffen, was aber keinen Bezug zu einem Pflichtteilsanspruch der Antragstellerin hätte.

7.4. Hinzu kommt, dass am seinerzeitigen Aufteilungsverfahren auch der Zweitantragsgegner beteiligt war, der zur Antragstellerin in keinerlei Beziehung steht. Schließlich hat das Rekursgericht zutreffend berücksichtigt, dass der Antragstellerin ein Auskunftsanspruch nach § 786 ABGB gegen die Erstantragsgegnerin zusteht, was ein Begehren auf Akteneinsicht nach der Entscheidung 2 Ob 52/18p zwar nicht von vornherein ausschließt, aber bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist. Von letzterer Entscheidung, in der das Recht auf Akteneinsicht bejaht wurde, unterscheidet sich der vorliegende Fall ganz maßgeblich, da es sich nicht um ein Verlassenschaftsverfahren, sondern um ein Aufteilungs-verfahren handelt, das somit einen ganz anderen Gegenstand hat, und an dem auch der Zweitantragsgegner als ebenfalls durch das Grundrecht auf Datenschutz geschützte Partei beteiligt war. Das Verfahren über die nacheheliche Aufteilung gehört zu den Familiensachen, die grundsätzlich besonders schützenswert sind (vgl RS0008863 [T1]).

7.5. Dass die Erstantragsgegnerin unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hätte, hat die Antragstellerin in erster Instanz nicht behauptet. Dass die Antragstellerin ohne Akteneinsicht weniger günstige Aussichten hat, ihren Pflichtteilsanspruch zu beweisen, mag zutreffen, ist aber Ergebnis der gesetzlichen Beweislastregeln und erklärt noch nicht, warum ihr Interesse an der Akteneinsicht jedenfalls höher zu bewerten sein sollte als das Grundrecht auf Datenschutz des Zweitantragsgegners. Das Empfinden, vom Erblasser gerecht oder ungerecht behandelt worden zu sein, was Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl der Betroffenen habe, ist kein in der Rechtsordnung geschütztes Recht und kann somit ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht nicht begründen (vgl RS0079198).

7.6. Eine bloß teilweise Akteneinsicht wurde nicht begehrt (vgl 1 Ob 97/06f) und erscheint bei einem Akt über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens wohl auch praktisch nicht vorstellbar, zumal eine Einsicht stets Rückschlüsse auch auf das Vermögen des Zweitantragsgegners zulassen wird (vgl auch 2 Ob 9/17p ErwGr 3.3).

8. Zusammenfassend bringt der Revisionsrekurs somit keine Rechtsfragen der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass er spruchgemäß zurückzuweisen war.

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