OGH 3Ob109/20f

OGH3Ob109/20f18.8.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr, Dr. Kodek und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder 1. A*, geboren am * 2002, 2. S*, geboren am * 2007, in Unterhaltssachen vertreten durch das Land Salzburg als Kinder‑ und Jugendhilfeträger, vertreten durch den Bürgermeister der Stadt Salzburg, Kinder‑ und Jugendhilfe, Salzburg, St. Julien Straße 20, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 30. April 2020, GZ 21 R 38/20i‑15, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 13. Dezember 2019, GZ 4 Pu 90/19m‑7, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129562

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts, der in seinem Punkt 1 (Zuspruch eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 490 EUR für A* und 430 EUR für S* sowie Ausspruch über die Anrechnung der bisher geleisteten Beträge) unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wird in Punkt 2 (Abweisung des Mehrbegehrens) aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

 

Begründung:

[1] Den Eltern kommt die Obsorge der beiden Minderjährigen zu. Die Kinder leben im Haushalt der Mutter in Salzburg.

[2] Der Vater lebt und arbeitet seit Februar 2009 in Katar und bezieht dort ein monatliches Durchschnittseinkommen (inkl einer Telefonkommunikationsbeihilfe) von umgerechnet 3.090 EUR. In Katar fallen bei Gehältern keine Steuern an. Weiters wird dem Vater vom Staat Katar eine kostenlose Wohnmöglichkeit und eine kostenlose Krankenversicherung zur Verfügung gestellt.

[3] Der Vater hat noch Sorgepflichten für die Mutter, die monatlich 1.327 EUR verdient, und für eine weitere gemeinsame erwachsene Tochter.

[4] Die in Unterhaltssachen vom Kinder‑ und Jugendhilfeträger vertretenen Minderjährigen begehren, den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 980 EUR (A*) bzw 860 EUR (S*) zu verpflichten. Der Vater arbeite in Katar für die Regierungsstelle K*, die als staatlicher Betrieb der katarischen Tourismusbehörde direkt dem Staatsoberhaupt Katars unterstellt sei. Darüber hinaus werde ihm neben einer vom Staat finanzierten medizinischen Versicherung eine kostenlose Wohnmöglichkeit (Einfamilienhaus) zur Verfügung gestellt. Es sei in Katar üblich, dass Angestellte aus dem Ausland eine kostenlose Wohnung von ihrem Arbeitgeber bekommen. Der Umstand, dass der Staat dem Vater eine kostenlose Wohnungsmöglichkeit bereitstelle, sei so zu werten, dass diese von seinem Dienstgeber zur Verfügung gestellt werde. Der fiktive Mietpreis für das vom Vater kostenfrei bewohnte Einfamilienhaus von 13.000 QR erhöhe die Unterhaltsbemessungsgrundlage, weshalb diese insgesamt 6.156 EUR betrage.

[5] Der Vater hielt dem Antrag – soweit für die dritte Instanz noch von Relevanz – entgegen, dass es sich bei der vom Staat Katar zur Verfügung gestellten Wohnmöglichkeit um keinen Sachbezug handle und dabei auf die Anzahl der neben dem Vater auch darin wohnenden Familienmitglieder abgestellt werde.

[6] Ausgehend vom eingangs zusammengefassten Sachverhalt verpflichtete das Erstgericht den Vater ab 1. Mai 2015 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 550 EUR für A* und 430 EUR für S*, hielt die bisher geleisteten Unterhaltszahlungen des Vaters mit 11.145,45 EUR für A* und 6.282,14 EUR für S* fest und wies das Mehrbegehren der Kinder ab. Seiner Entscheidung legte es eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 3.090 EUR und – unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten des Vaters – einen Prozentunterhalt von 16 % (A*) bzw 14 % (S*) zugrunde. Die unentgeltliche Wohnmöglichkeit sei nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzuberechnen. Es könnten nur Sachleistungen des Dienstgebers berücksichtigt werden. Die Wohnung werde jedoch vom Staat Katar zur Verfügung gestellt.

[7] Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Kinder nicht Folge. Hingegen gab es dem Rekurs des Vaters teilweise Folge. Es reduzierte den Unterhaltsanspruch von A* (wegen eines Rechenfehlers des Erstgerichts) auf 490 EUR und stellte zusätzlich zu den vom Erstgericht festgestellten Beträgen fest, dass der Vater weitere Unterhaltszahlungen von 1.020 EUR für A* und 900 EUR für S* geleistet habe.

[8] Wie das Erstgericht ging auch das Rekursgericht davon aus, dass die kostenfreie Wohnmöglichkeit nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen seien die dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel maßgeblich. Auch eine vergünstigte oder kostenlose Dienstwohnung sei zur Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Eine solche Naturalleistung des Dienstgebers des Vaters liege nicht vor, weil die Rechtssubjekte (Staat Katar, Dienstgeber K*) nicht nach Belieben ausgetauscht werden könnten. Das Rekursgericht erörterte unter Bezugnahme auf das Schrifttum die Problematik einer kostenlosen Wohnmöglichkeit durch Angehörige und die Frage, ob allenfalls auch der Wohnvorteil eines ausbezahlten Eigenheims einzurechnen sei. Beim gegenständlichen Fall liege in Bezug auf die Grenzziehung zwischen einrechenbarer Naturalleistung mit Rechtsanspruch und nicht einzubeziehender bloß freiwilliger Naturalleistung eine gewisse Grauzone vor, weil der Vater offenbar einen Rechtsanspruch gegenüber dem Staat, nicht aber gegenüber seinem Dienstgeber habe. Prima vista würde dieser Leistungsanspruch in die Kategorie der anrechenbaren Naturalleistungen fallen.

[9] Selbst wenn man die kostenlose Wohnmöglichkeit in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbeziehe, wäre für die Kinder aber nichts gewonnen. In einem solchen Fall seien (nur) die ersparten Wohnkosten einzubeziehen. Der Staat Katar gewähre nicht jedermann eine kostenfreie Wohnmöglichkeit, sondern nur einer bestimmten Personengruppe (welche dies sei, könne dahinstehen). Der Vater gehöre zu dieser Gruppe und erspare sich keine Wohnkosten, „weil offensichtlich niemand aus dieser offensichtlich recht großen Gruppe von Personen Wohnungskosten im Staat Katar zahlt“.

[10] Auch gegenüber einem sonstigen Unterhaltspflichtigen erspare sich der Vater keine Kosten, weil in Katar offensichtlich gänzlich andere Lebenshaltungskosten vorlägen. Es sei im Sinne eines „Rosinenpickens“ nicht zulässig, lediglich die den Unterhaltsberechtigten günstig erscheinenden Punkte hervorzuheben und die im Verhältnis zu Österreich höheren Belastungen auszuklammern. Eine Tätigkeit im Ausland sei für einen Arbeitnehmer mit vielerlei Vor‑ und Nachteilen verbunden. Zumeist sei damit ein höherer Verdienst, häufig aber auch höhere Aufwendungen und Entbehrungen verbunden. Demzufolge sei die kostenlose Wohnmöglichkeit bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen.

[11] Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil die Frage der Anrechnung einer kostenlosen Wohnmöglichkeit über den Anlassfall hinausausreiche.

[12] In ihrem Revisionsrekurs beantragen die Minderjährigen, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihren Unterhaltserhöhungsanträgen stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[13] Der Vater beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[14] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[15] 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist in erster Linie die sich aus seinem Gesamteinkommen nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben vom Einkommen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel (RIS‑Justiz RS0013386).

[16] 2. Eine Dienstwohnung ist als geldwerter Naturalbezug (Sachbezug mit Einkommensersatzfunktion) bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen (10 Ob 4/07x; vgl auch 3 Ob 351/97g).

[17] 2.1 Die Kinder haben ihr Vorbringen zur Unterhaltsbemessungsgrundlage ua auch darauf gestützt, dass der Staat Katar auch der Eigentümer der K* sei. Es sei irrelevant, ob die Wohnung dem Vater vom Dienstgeber selbst oder vom Staat als dessen Eigentümer zur Verfügung gestellt werde. Das Rekursgericht hat den Charakter der Wohnung als Dienstwohnung wegen der unterschiedlichen Rechtspersönlichkeit von Dienstgeber und Staat verneint.

[18] 2.2 Es kann dahinstehen, ob die Bereitstellung der kostenlosen Wohnungsmöglichkeit durch den Staat Katar schon deshalb mit dem Naturalbezug einer (vom Dienstgeber bereitgestellten) Dienstwohnung gleichzustellen ist, was die Kinder darauf stützen, dass der Staat Katar auch der Eigentümer der K* sei.

[19] 2.3 Auf das Vorliegen einer Dienstwohnung kommt es hier nämlich nicht an. Entgegen der Rechtsmeinung des Erstgerichts lässt sich aus der Entscheidung 6 Ob 5/04k nicht ableiten, dass nur Sachleistungen des Dienstgebers in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einfließen. Diese Entscheidung bejahte, dass ein Sachbezug aus einem Dienstverhältnis zum Einkommen des Unterhaltsschuldners gehöre, ohne sonstige Zuwendungen außerhalb des Dienstverhältnisses (aber bei einem Rechtsanspruch) von der Einrechnung kategorisch auszuschließen. Nach der Rechtsprechung werden Sachleistungen auch ohne Bestehen eines Dienstverhältnisses berücksichtigt. Das gilt etwa für selbstständig erwerbstätige Unterhaltspflichtige (zB 7 Ob 179/11s [PKW]). Darüber hinaus kann (unter bestimmten Voraussetzungen) bei der Festlegung der Bemessungsgrundlage auch die Zurverfügungstellung von (Sach‑)Leistungen Dritter berücksichtigt werden (vgl zu den eigenen Unterhaltsempfängen des Unterhaltsschuldners: RS0107262; 6 Ob 148/09x = RS0107262 [T23] = RS0109238 [T5]).

[20] 3. Nach der Rechtsprechung fallen auch nicht unmittelbar aus einer Erwerbstätigkeit stammende öffentlich‑rechtliche Leistungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage (RS0047456), soweit sie nicht für einen bestimmten Mehrbedarf (Sonderbedarf) des Unterhaltspflichtigen gewidmet sind (RS0080395).

[21] 3.1 Letzteres gilt nicht für die Zurverfügungstellung einer Wohnung, zumal Wohnkosten (zB Miete, Betriebskosten) Ausgaben des täglichen Lebens und damit Teil der allgemeinen Lebenshaltungskosten sind, die von der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht abzuziehen sind (RS0047508). Wegen dieses allgemeinen Wohnbedarfs deckt eine entsprechende öffentlich-rechtliche Zuwendung keinen Sonderbedarf ab.

[22] 3.2 Dazu korrespondiert die Rechtsprechung, wonach die Wohn‑ bzw Miet‑(zins‑)beihilfe (6 Ob 89/01h; 8 Ob 88/15x; 1 Ob 149/16t) oder ein Wohnkostenzuschuss eines im Ausland eingesetzten Beamten (2 Ob 15/09h) Teil der Unterhaltsbemessungsgrundlage ist. Der Senat schließt sich dieser Ansicht an.

[23] 3.3 Die referierte Judikatur bezieht sich zwar auf staatliche Geldleistungen. Nichts anderes kann aber für Sachleistungen gelten, weil diese ebenso wie ein Geldeinkommen in die Bemessungsgrundlage fallen (RS0109238). Die dem Vater vom Staat Katar zur Verfügung gestellte Wohnmöglichkeit, auf die der Vater – wie das Rekursgericht von der Revisionsrekursbeantwortung unbekämpft angenommen hat – einen Rechtsanspruch hat, stellt eine solche staatliche Sachleistung dar. Es bedarf daher auch keiner näheren Auseinandersetzung mit den vom Rekursgericht aufgeworfenen Rechtsfragen und den entsprechenden Stimmen in der Literatur betreffend die freiwillige Zuwendung einer Wohnung durch Dritte oder die Frage der Wohnkostenersparnis bei einem ausbezahlten Eigenheim.

[24] 3.4 Das Argument des Rekursgerichts, dass sich der Vater mit dem ihm beigestellten Einfamilienhaus keine Wohnkosten erspare, weil eine offensichtlich recht große Gruppe von Personen in Katar keine Wohnkosten zahle, verfängt nicht. Zum einen widerspricht das dem vorherigen Hinweis in der Rekursentscheidung, dass der Staat Katar gerade nicht jedermann eine kostenfreie Wohnmöglichkeit zur Verfügung stelle. Zum anderen betreffen die Kosten einer Wohnung die Grundbedürfnisse eines jeden Menschen, die der Vater in Katar nur deshalb nicht selbst decken muss, weil ihm diese Kosten vom Staat (also von dritter Seite) abgenommen werden. An der mit dieser Entlastung verbundenen erhöhten Leistungsfähigkeit des Vaters sollen nach allgemeinen Grundsätzen aber auch seine unterhaltsberechtigten Kinder partizipieren können.

[25] 3.5 Daraus ist für den hier zu beurteilenden Fall abzuleiten, dass sich der Vater die kostenfrei zur Verfügung gestellte Wohnmöglichkeit grundsätzlich anrechnen lassen muss. Dies geschieht im Allgemeinen durch die Anrechnung eines fiktiven Mietzinses, den der Unterhaltsschuldner für die zur Verfügung gestellte Wohnung zu zahlen hat (vgl Gitschthaler Unterhaltsrecht4 Rz 306/2).

[26] Hat er keinen Einfluss darauf, welche Wohnung ihm zur Verfügung gestellt wird oder überhaupt zur Verfügung steht, ist es angebracht, diesen Umständen bei der Bemessung des Kindesunterhalts dadurch Rechnung zu tragen, dass als Wert der kostenlos zur Verfügung gestellten Wohnungsmöglichkeit der fiktive Mietzins herangezogen wird, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine seinem Lebensstandard entsprechende angemessene kleinere Wohnung zahlen müsste (vgl 10 Ob 4/07x). Der Umstand, dass mit der Aufnahme weiterer Personen in den Haushalt des Vaters die Zuweisung einer größeren Dienstwohnung verbunden ist, kann den Kindern aber nicht entgegengehalten werden. Sofern der Vater für diese Personen sorgepflichtig ist, kommt es ohnedies zu einer Reduktion des Prozentunterhalts der Kinder.

[27] 4.1 Es entspricht bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs im Ausland lebender Kinder eines im Inland wohnenden Elternteils der gefestigten Rechtsprechung, dass die Unterhaltsbeiträge einerseits in einem angemessenen Verhältnis zu den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und zur Kaufkraft in ihrem Heimatland stehen, andererseits die Kinder am Lebensstandard des in Österreich lebenden Verpflichteten teilnehmen sollen. Es ist in diesen Fällen ein „Mischunterhalt“ zu bilden, der sich nach den Bedürfnissen der Unterhaltsberechtigten und dem verbesserten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen richtet (RS0111899). Nichts anderes kann umgekehrt gelten, wenn die Kinder in Österreich leben und es das Wohnsitzland des Unterhaltspflichtigen ist, in dem ein höheres Einkommens‑ und Preisniveau herrscht (8 Ob 30/16v). Ebenso muss aber auch auf den Umstand Rücksicht genommen werden, dass im Aufenthaltsstaat des Unterhaltspflichtigen ein niedrigeres Einkommens- und Preisniveau besteht (10 Ob 26/18y); auch hier wird die Bildung eines den beiderseitigen Verhältnissen adäquaten „Mischunterhalts“ dann erforderlich sein, wenn die nach der österreichischen Rechtsprechung angewendete „Prozentmethode“ aufgrund der besonderen Verhältnisse im Einzelfall unbillig wäre.

[28] 4.2 Auch wenn sich hier wegen eines (allfälligen) unterschiedlichen Einkommens- und Preisniveaus zwischen Österreich und Katar die Frage des „Mischunterhalts“ stellen sollte, berührt dies nicht die Berücksichtigung der Wohnkostenersparnis dem Grunde nach. Zutreffend machen die Kinder geltend, dass in einem ersten Schritt die Unterhaltsbemessungsgrundlage entsprechend der Leistungsfähigkeit nach dem im Ausland erzielten Einkommen des Vaters festzustellen ist, während erst in einem zweiten Schritt die Problematik des Mischunterhalts allenfalls zu prüfen sein wird, der bei höheren Lebenserhaltungskosten zu einem Abschlag von der Unterhaltsbemessungsgrundlage führen kann.

[29] 4.3 Der Berücksichtigung der Wohnmöglichkeit dem Grunde nach kann auch nicht ein Verbot des „Rosinenpickens“ entgegengehalten werden. Ein höheres Preisniveau oder die mit dem Auslandsaufenthalt verbundenen Mehrkosten könnten wohl dazu führen, dass die wegen der Wohnkostenersparnis erhöhte Unterhaltsbemessungsgrundlage letztendlich reduziert wird. Allein der Umstand, dass mit einer Tätigkeit im Ausland höhere Aufwendungen oder Entbehrungen verbunden sein könnten, führt aber nicht dazu, den Bezug von Sachleistungen deshalb pauschal auszublenden, zumal das Rekursgericht auch von „vielerlei Vorteilen“ eines Auslandsaufenthalts spricht.

[30] 4.4 Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich nicht, ob das Einkommens‑ und Preisniveau in Katar höher oder niedriger als in Österreich ist. Dazu fehlt auch jegliches Vorbringen. Auch im Unterhaltsverfahren gilt ungeachtet der dort das Verfahren prägenden Amtswegigkeit, dass jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat. Somit trifft die unterhaltsberechtigten Kinder die Behauptungs‑ und Beweislast zur erhöhten Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (ua etwa wegen der mit dem Aufenthalt in Katar verbundenen Vorteile). Dieser muss wiederum seine geminderte Leistungsfähigkeit (ua etwa wegen höherer Aufwendungen in Katar) behaupten und beweisen (RS0006261 [T2, T6, T8, T14], RS0111084).

[31] 5. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die Entscheidungsgrundlage wie aufgezeigt zu verbreitern haben.

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