European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124282
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Beiden Rechtsmitteln wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil und der angefochtene Beschluss werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und des Rekursverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Begründung:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines 1978 errichteten Geschäftszentrums in L* mit einem für ein Einkaufszentrum üblichen Branchenmix.
Mit „Mietvertrag“ vom 1. August 1994 nahm die Beklagte von der F* OHG, der Rechtsvorgängerin der Klägerin, das Geschäftslokal top Nr 11 im Ausmaß von etwa 188,50 m2 auf 30 Jahre beginnend ab 1. Juli 1994 mit dem Recht in Bestand, unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende des 10., Ende des 15., Ende des 20., und Ende des 25. Jahres mittels eingeschriebenen Briefs aufzukündigen. Sie betrieb dort in der Folge – nach von ihr selbst vorgenommenen und finanzierten Adaptierungen – eine Apotheke. Im „Mietvertrag“ verpflichtete sich die Beklagte, „die Apotheke unter Berücksichtigung der behördlich festgelegten Öffnungszeiten in Betrieb zu halten (Betriebspflicht) und den apothekenrechtlich festgehaltenen Sortimentsrahmen einer Apotheke einzuhalten“.
Am 16. Juli 2015 schloss die Beklagte mit der Errichterin eines neuen Einkaufszentrums im unmittelbaren Nahbereich des Einkaufszentrums der Klägerin einen „Pachtvertrag“ zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke (Pachtfläche 246,13 m2). Darin verpflichtete sich die Beklagte unter anderem, in L* keine weitere öffentliche Apotheke zu führen bzw betreiben zu lassen und die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehende Apotheke im Einkaufszentrum der Klägerin längstens bis zur Eröffnung der neuen Apotheke zu schließen.
Am 23. März 2016 stellte die Beklagte den apothekenrechtlichen Antrag auf Verlegung ihrer Betriebsstätte von ihrem alten Standort im Einkaufszentrum der Klägerin in das neue Einkaufszentrum. Mit Bescheid der Österreichischen Apothekerkammer vom 13. Mai 2016 wurde die Betriebsstättenverlegung genehmigt. Die Verlegung erfolgte auf Betreiben der Beklagten und wurde nicht von der Apothekerkammer wegen Mängeln am alten Standort vorgeschrieben.
Nachdem der Beklagten die Klage zugestellt worden war, kündigte sie mit Schreiben vom 13. Juli 2016 den „Mietvertrag“ mit der Klägerin „mit Wirkung zum 12. Oktober 2016“ vorzeitig auf, wofür sie als wichtige Gründe Folgendes anführte:
– der Verkaufsraum sei viel zu klein und zum bedungenen Gebrauch einer öffentlichen Apotheke untauglich, ein Ansuchen um Geschäftsflächenvergrößerung sei von der Bestandgeberin mehrfach abgelehnt worden;
– keine direkte Anbindung des Bestandgegenstands an die Mall des Einkaufszentrums;
– kein Behindertenstellplatz in unmittelbarer Nähe des Kundeneingangs;
– technische Mängel und Instandhaltungsrückstände, vor allem die Allgemeinbereiche wie die Garage seien sanierungsbedürftig;
– fehlende Attraktivität des Einkaufszentrums mangels Durchführung von längst überfälligen Baumaßnahmen;
– sukzessive Abwanderung von wichtigen Mietern, was zu einer existenzbedrohenden Verschlechterung des Zentrums führe;
– wiederholte Einschüchterungsversuche in Form von verbalen und schriftlichen Beschimpfungen und Drohungen durch den Geschäftsführer der Klägerin, welche endgültig zu einem Wegfall der Vertrauensbasis geführt hätten;
– Weitergabe vertraulicher Informationen aus dem „Mietvertrag“ an Printmedien.
Mit 29. September 2016 schloss die Beklagte ihren Apothekenstandort im Einkaufszentrum der Klägerin und übersiedelte in das neue Einkaufszentrum.
Der Betreiber des neuen Einkaufszentrums stimmt einer Rücksiedelung der Apotheke der Beklagten an den alten Standort nicht zu.
Die Klägerin begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, auf Dauer des zwischen ihr und der F* OHG am 1. August 1994 abgeschlossenen und auf Bestandgeberseite auf die Klägerin übergegangenen „Mietvertrags“ die in Punkt IV. dieses Vertrags vereinbarte Betriebspflicht einzuhalten und folglich die Apotheke im Geschäftslokal Top Nr 11 des Geschäftszentrums *, unter Berücksichtigung der behördlich festgelegten Öffnungszeiten in Betrieb zu halten sowie den apothekenrechtlich festgehaltenen Sortimentsrahmen einer Apotheke einzuhalten, solange dieser „Mietvertrag“ aufrecht sei, wobei dieser – vorbehaltlich einer Auflösung aus wichtigem Grund oder einer Kündigung durch die Klägerin – von der Beklagten nur unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist mittels eingeschriebenen Briefs zum 30. Juni 2019 gekündigt werden könne und in Ermangelung einer solchen Kündigung bis 30. Juni 2024 laufe.
Weiters stellte die Klägerin ein Eventualbegehren, es werde festgestellt, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet sei, auf Dauer des „Mietvertrags“ die vereinbarte Betriebspflicht einzuhalten und folglich die Apotheke unter Berücksichtigung der behördlich festgelegten Öffnungszeiten in Betrieb zu halten sowie den apothekenrechtlich festgehaltenen Sortimentsrahmen einer Apotheke einzuhalten, solange der „Mietvertrag“ aufrecht sei.
Am 19. Oktober 2017 stellte die Klägerin einen Zwischenfeststellungsantrag, im Urteil möge auch festgestellt werden, dass das zwischen den Streitteilen mit „Mietvertrag“ vom 1. August 1994 eingegangene Mietverhältnis über das Geschäftslokal zwischen den Streitteilen nach wie vor aufrecht sei.
Die Klägerin brachte dazu vor, der Rechtsweg sei zulässig. Die Beklagte habe sich gültig verpflichtet, auf Dauer des – weiterhin aufrechten – Bestandvertrags ihre Apotheke in Betrieb zu halten; diese vertragliche Betriebspflichtvereinbarung sei gesondert verhandelt worden. Die Apotheke erfülle für das Einkaufszentrum die Funktion eines Kundenmagneten und Frequenzbringers. Ein außerordentliches Kündigungsrecht der Beklagten bestehe nicht, sei nur vorgeschoben und nachträglich konstruiert. Das Bestandobjekt, das die Beklagte im Rohzustand übernommen hätte und für dessen Innenausbau sie selbst verantwortlich gewesen sei, weise keine Mängel auf. Unmöglichkeit der Vertragserfüllung liege nicht vor.
Die Beklagte erwiderte, die Klägerin habe keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Durchsetzung einer Betriebspflicht. Die Betriebsstättenverlegung sei verwaltungsbehördlich genehmigt worden. Der Rechtsweg sei unzulässig. Das Objekt sei für den Betrieb einer öffentlichen Apotheke baulich und technisch nicht mehr geeignet; ein Apothekenbetrieb sei dort nicht genehmigungsfähig. Die Beklagte sei nunmehr apothekenrechtlich verpflichtet, ihre Apotheke ausschließlich am neuen Standort zu betreiben; die öffentlich‑rechtlichen Bewilligungen für den alten Standort seien eo ipso erloschen, deren Wiedererlangung sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die nunmehrige Bestandgeberin der Beklagten erteile einer Rückverlegung endgültig keine Zustimmung. Die Beklagte könne die begehrte Leistung nicht erbringen, diese sei rechtlich und faktisch dauerhaft unmöglich. Das Bestandverhältnis sei aufgrund außerordentlicher Aufkündigung aus von der Klägerin zu vertretenden wichtigen Gründen mit 12. Oktober 2016 beendet.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt. Unzulässigkeit des Rechtswegs sei nicht gegeben. Gründe für eine vorzeitige Beendigung des Bestandverhältnisses bestünden nicht. Die Parteien hätten eine allgemeine zivilrechtliche Betriebspflicht vereinbart. Unmöglichkeit der Leistung liege nicht vor.
Mit Ergänzungsurteil gemäß § 423 ZPO stellte das Erstgericht auf Antrag der Klägerin fest, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien nach wie vor aufrecht sei. Der Zwischenfeststellungsantrag der Klägerin sei bei Urteilsfällung übersehen worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die Erfüllung der Betriebspflicht sei vereitelt, wenn sie physisch oder rechtlich dauernd (endgültig) unmöglich geworden sei. Dies sei hier im Hinblick auf die in Kürze – zum 30. Juni 2019 – offenstehende ordentliche Kündigungsmöglichkeit und die Verweigerung der Zustimmung durch den neuen Bestandgeber gegeben. Die Beklagte könne diesem gegenüber „zu einem (neuerlichen?) Vertragsbruch […] nicht verhalten“ werden. Da sich das Klagebegehren bereits aufgrund des festgestellten Sachverhalts aus diesem Grund als unberechtigt erwiesen habe, erledige das Berufungsgericht die von der Beklagten erhobenen Mängel- und Tatsachenrügen nicht.
Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Berufungsgericht als 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Aus Anlass der Berufung der Beklagten gegen das Ergänzungsurteil hob das Berufungsgericht dieses auf und wies den Zwischenfeststellungsantrag der Klägerin mangels Präjudizialität zurück, weil es ausgehend von der im Berufungsurteil vertretenen Rechtsansicht auf das Bestehen des Bestandvertrags nicht ankomme.
Die Revision der Klägerin beantragt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Mit ihrem Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Beschluss beantragt die Klägerin erkennbar die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Ergänzungsurteils; hilfsweise wird auch hier ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben; am Rekursverfahren beteiligte sich die Beklagte nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig; der Rekurs ist jedenfalls zulässig (RIS‑Justiz RS0039705).
Beide Rechtsmittel sind im Sinne der Aufhebungsanträge auch berechtigt.
In ihrer Revision führt die Klägerin ins Treffen, es bedürfe keiner Mitwirkung Dritter; ein Verstoß gegen einen nachträglich abgeschlossenen Vertrag mache die Erfüllung des früheren Vertrags ebenso wenig unmöglich wie eine allfällige bloße Weigerung eines Dritten zur Mitwirkung, zumal die Beklagte weder vorgebracht noch bewiesen habe, dass sie alles rechtlich Zumutbare unternommen hätte, um den Dritten zur Mitwirkung zu bewegen. Es lägen weder rechtliche Unmöglichkeit noch nachträgliche selbstverschuldete subjektive Leistungsunmöglichkeit vor.
Im Rekurs führt die Klägerin aus, mangels Unmöglichkeit der begehrten Leistung sei die Ansicht des Berufungsgerichts unrichtig, wonach es an der Präjudizialität des Zwischenfeststellungsantrags fehle.
Dazu wurde erwogen:
1. Die Verpflichtung zu einer Leistung, deren Unmöglichkeit dem Gericht bekannt oder erkennbar ist, darf nicht Inhalt eines Urteilsspruchs sein (RIS‑Justiz RS0034219, RS0001138).
2. Nach § 920 ABGB kann im Fall, dass die Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten oder einen von ihm zu vertretenden Zufall vereitelt wird, der andere Teil entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern oder vom Vertrag zurücktreten.
Der Tatbestand der nachträglichen Erfüllungsvereitelung – einer Leistungsstörung (RIS‑Justiz RS0016422) – ist weiter zu fassen als jener des Unmöglichwerdens. Es fallen die objektive und subjektive Leistungsunmöglichkeit darunter, also sowohl der Fall, dass niemand die Leistung erbringen kann, als auch der Sachverhalt, dass bloß dem Schuldner die Leistungsfähigkeit fehlt. Des Weiteren ist die Unerlaubtheit einzubeziehen, die etwa in Gestalt der nachträglichen Außerverkehrsetzung des Objekts oder des Fehlens der erforderlichen behördlichen Genehmigung auftreten kann (Reidinger in Schwimann/G. Kodek, ABGB4 § 920 Rz 2 mwN; Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 920 Rz 6 f; vgl RIS‑Justiz RS0109498; RS0016928).
Auch das Unerschwinglichwerden bzw Unzumutbarwerden der Leistungserbringung (zB bei grobem Missverhältnis von Aufwand und Leistungswert, von Aufwand und Gegenwert oder bei gesundheitlichem oder wirtschaftlichem Ruin des Schuldners) ist dem Vereitelungstatbestand zu subsumieren (vgl Reidinger aaO; Reischauer aaO Rz 9 ff [12 ff]; P. Bydlinski in KBB5 § 920 ABGB Rz 1 f). Verluste, die jedem Geschäft innewohnen, genügen nicht, es müsste zumindest eine erhebliche Existenzverschlechterung drohen (Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 920 Rz 10; Reischauer aaO Rz 14; vgl RIS‑Justiz RS0034088 [T1]).
Die Vereitelung muss nach Vertragsabschluss eingetreten, dauerhafter Natur und vom Schuldner zu vertreten sein, wobei hier das schuldhafte Herbeiführen der Unmöglichkeit wie deren schlichte Vorhersehbarkeit zuzuordnen sind (Reidinger aaO). Die Erfüllung ist vereitelt, wenn dem Schuldner die Bewirkung der versprochenen Leistung physisch oder rechtlich dauernd (endgültig) unmöglich geworden ist (RIS‑Justiz RS0018391). Unmöglichkeit der Leistungserbringung bedeutet, dass der Leistung ein dauerhaftes Hindernis entgegensteht. Ein solches ist anzunehmen, wenn nach der Verkehrsauffassung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr erbracht werden kann (RIS‑Justiz RS0109496; Reischauer aaO Rz 4; Hödl in Schwimann/Neumayr, ABGB‑TaKomm4 § 920 Rz 3). Der Einwand der Unmöglichkeit der Leistung ist auch bei schuldhafter Verletzung der Vertragspflichten durch den Schuldner an sich nicht ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0109497; RS0011210 [T3] = RS0011215 [T14; vgl auch T16]): Auch die vom Verpflichteten verschuldete Unerschwinglichkeit einer Leistung vernichtet den Erfüllungsanspruch des Gläubigers dann, wenn sie auf dem objektiven Missverhältnis zwischen dem Wert der geschuldeten Leistung und dem zu ihrer Erbringung notwendigen Aufwand beruht (RIS‑Justiz RS0034124; Reidinger aaO Rz 4). Auf die von ihm verschuldete Unmöglichkeit der Leistung kann sich aber der Schuldner jedenfalls so lange nicht berufen, als die Möglichkeit der Wiederbeschaffung gegeben und zumutbar ist (RIS‑Justiz RS0011215). Wenn der Schuldner nacheinander mehrere Verpflichtungen eingegangen ist, bei denen die Erfüllung der einen notwendig zur Vereitelung der Erfüllung der anderen führen musste, braucht sich der in seinen Rechten verletzte Vertragspartner nicht allein aus diesem Grund auf den Schadenersatzanspruch nach § 920 ABGB verweisen zu lassen, sondern er kann weiterhin Erfüllung verlangen (vgl RIS‑Justiz RS0011210).
Ob die Unmöglichkeit der Leistung als eine dauernde (endgültige) anzusehen ist, ist zum Teil Tatfrage, zum Teil auch ein Wertungsproblem (RIS‑Justiz RS0034104; RS0018391 [T1]).
Der sich auf die Unmöglichkeit Berufende hat diese zu behaupten und zu beweisen, weshalb Zweifel darüber zu seinen Lasten gehen (RIS‑Justiz RS0034223; RS0034226).
3. Im vorliegenden Fall macht die Beklagte eine „Doppelverpflichtung“ geltend, indem sie der Klägerin gegenüber zum Betrieb einer Apotheke und dem Betreiber des neuen Einkaufszentrums gegenüber zur Unterlassung eines solchen Betriebs verpflichtet ist. Von den dargelegten Grundsätzen ausgehend kann sich die Beklagte aus diesem Grund nicht auf Unmöglichkeit der Leistung berufen; im Verhältnis zwischen ihr und der Klägerin kommt es daher auf die Frage, ob Letztere ihrem neuen Bestandgeber gegenüber vertragsbrüchig würde, ebenso wenig an wie auf die Zustimmung des neuen Bestandgebers oder deren Verweigerung.
4. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das Klagebegehren auch bei Zugrundelegung des vom Erstgericht (unbekämpft) festgestellten Sachverhalts jedenfalls wegen nachträglicher Unmöglichkeit der Leistung abzuweisen wäre, ist daher nicht tragfähig; dasselbe gilt für den Beschluss des Berufungsgerichts in Ansehung des Zwischenfeststellungsantrags der Klägerin.
5.1. Die Vereitelung iSd § 920 ABGB kann nach dem Gesagten aber auch im Fehlen der erforderlichen behördlichen Genehmigung oder in der Unzumutbarkeit der Gegenleistung liegen, das heißt nach der Rechtsprechung in einem objektiven Missverhältnis zwischen dem Wert der geschuldeten Leistung und dem zu ihrer Erbringung notwendigen Aufwand.
5.2. In diesem Zusammenhang hat sich die Beklagte in erster Instanz einerseits darauf berufen, dass der Bestandgegenstand nunmehr den gesetzlichen Anforderungen an einen Apothekenbetrieb nicht mehr gerecht werde und ein solcher dort apothekenrechtlich nicht mehr genehmigt würde; andererseits wandte sie ein, dass die Kosten einer Rückübersiedlung ihre finanziellen Möglichkeiten überstiegen und diese auch im Hinblick auf die Restdauer des Bestandvertrags unwirtschaftlich seien. Das Fehlen von erstgerichtlichen Feststellungen zu diesen Fragenkreisen hat sie in ihrer Berufung auch gerügt, womit sich das Berufungsgericht aber nicht auseinandergesetzt hat.
5.3. Da das Berufungsgericht – vom Vorliegen von Unmöglichkeit ausgehend – die Rechtsmittel der Beklagten in Ansehung der für das Vorliegen von wichtigen Auflösungsgründen behaupteten Tatsachenumstände (vgl RIS‑Justiz RS0018305, RS0027780) nicht vollständig behandelt hat, sind die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben, die Rechtssache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen und es ist diesem aufzutragen, neuerlich über die Rechtsmittel zu entscheiden.
6.1. Nur wenn sich nach Behandlung der bisher unerledigten Rügen herausstellen sollte, dass die vorzeitige Kündigung aus wichtigem Grund zum 12. Oktober 2016 unwirksam ist, wird die Frage der Unmöglichkeit im Licht der dargestellten Rechtslage zu prüfen sein. Eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage zur Beurteilung der Fragen der apothekenrechtlichen Genehmigungsfähigkeit des Bestandobjekts sowie der Unzumutbarkeit einer Rückübersiedlung wird dann unvermeidlich sein. Letzterer Einwand bezieht sich dabei sowohl darauf, dass der Beklagten die finanziellen Mittel fehlen als auch darauf, dass eine Rückübersiedlung im Hinblick auf die Kosten und die Restdauer des Bestandvertrags unwirtschaftlich sei.
6.2. Das Erstgericht wird sich im – wie dargelegt für den Fall der Unzulässigkeit einer außerordentlichen Kündigung und Aufhebung des Ersturteils durch das Berufungsgericht – fortgesetzten Verfahren mit diesen von der Beklagten behaupteten Umständen, die eine Unmöglichkeit der Leistung begründen sollen, auseinanderzusetzen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben.
Dabei wird zum Einwand der Unwirtschaftlichkeit im Hinblick auf die Restbestanddauer Folgendes zu beachten sein: Die Klägerin hat bereits in der Klage und im Urteilsbegehren die nach der Vertragslage in Betracht kommenden Beendigungsmöglichkeiten und -termine ausdrücklich angesprochen. Die Beklagte beantwortete dies mit einer ausdrücklich und unmissverständlich als außerordentliche Kündigung aus wichtigen Gründen zum 12. Oktober 2016 bezeichneten Beendigungserklärung. Darüber hinaus fehlt es aber bis zum Schluss der Verhandlung in erster Instanz an widerspruchsfreiem Vorbringen der Beklagten, welches Anlass für eine Auslegung ihrer Kündigungserklärung in Richtung einer ordentlichen Kündigung zum 30. Juni 2019 bieten könnte. Im fortzusetzenden erstinstanzlichen Verfahren wird daher die Frage der Unwirtschaftlichkeit angesichts einer Vertragsdauer bis 30. Juni 2024 zu prüfen sein, sofern nicht zwischenzeitlich (wie die Beklagte nunmehr in ihrer Revisionsbeantwortung behauptet) eine wirksame ausdrückliche und schriftliche ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2019 erklärt worden sein sollte.
7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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