European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00184.18I.1220.000
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
1. Das angefochtene Urteil wird in Ansehung des Unterlassungsbegehrens zu Klausel e1) dahin abgeändert, dass es insoweit lautet:
Die beklagte Partei ist schuldig, in ihren Vertragsformblättern die Verwendung folgender oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen oder sich darauf zu berufen:
e1) Alle Unterlagen und Informationen der ORIGINAL E***** THERAPIE sind ausschließlich nur für den Teilnehmer dieser Vereinbarung bestimmt.
2. Im Übrigen wird das angefochtene Urteil bestätigt.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.418,92 EUR (darin enthalten 634,04 EUR USt und 614,70 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine klagebefugte Einrichtung im Sinn des § 29 KSchG; sie macht Unterlassungsansprüche nach § 28 Abs 1 und § 28a KSchG geltend.
Die Beklagte betreibt Studios zur Gewichtsabnahme. Sie ist Unternehmerin im Sinn des § 1 KSchG und tritt im Rahmen ihrer Tätigkeit regelmäßig mit Verbrauchern in geschäftlichen Kontakt. Beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern verwendet sie das Formblatt „Vereinbarungen“, das – soweit im Revisionsverfahren noch relevant – folgende Bestimmungen enthält (die Bezeichnung folgt jener der Vorinstanzen):
„b) Außerdem nimmt [der Teilnehmer] zur Kenntnis, dass es sich bei der ORIGINAL E ***** THERAPIE nicht um eine medizinische Heilbehandlung, sondern um eine Unterstützung bei der Gewichtsreduktion handelt.
e1) Alle Unterlagen und Informationen der ORIGINAL E ***** THERAPIE sind ausschließlich nur für den Teilnehmer dieser Vereinbarung bestimmt.
e2) Die Weitergabe an Dritte verpflichtet zu Schadenersatz.“
Zudem bewirbt die Beklagte auf ihrer Website und in diversen Bezirkszeitungen ihre Leistungen unter anderem mit folgenden Aussagen:
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- ohne Sport
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- ohne Hungern
Diäten können die Hölle sein. Wie sonst sollte man die Heißhungerattacken nennen, die sie immer wieder auslösen? Die e*****-Methode jedoch ist keine dieser Diäten, sondern eine Stoffwechselumstellung. Und das heißt: Hier sind Essen und Sattsein die Schlüssel zum Erfolg.
- ohne Kalorien zählen
Kalorienzählen bedeutet ständiges, zwanghaftes Nachdenken über das Essen. Übergewichtigen macht das schlechte Laune.
…
- ohne Ersatznahrung
e***** achtet beim Abnehmen auf eine Ernährung, die den Stoffwechsel auf Touren bringt und den Körper mit allem versorgt, was er braucht. Gesund. Nährstoffreich, und nachhaltig, Nahrungsergänzungsmittel sind aus diesem Grund überflüssig.
…
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…
Wir ersetzen lediglich ungeeignete Lebensmittel gegen geeignete und vermeiden versteckten Zucker, versteckte Fette und schwere Kohlenhydrate, um so zu einer hocheffizienten Stoffwechsel-optimierten Ernährung zu gelangen. Während der Therapie wird ihr Stoffwechsel aktiviert und auf dem für die Fettverbrennung optimalen Niveau stabilisiert, so dass der berüchtigte Jo-Jo-Effekt bei Gewichtsverlust und erneuter Gewichtszunahme vermieden wird. Ihr Ernährungsverhalten wird in dieser Zeit schrittweise optimiert. Hierzu erhalten Sie leicht in den Alltag zu integrierende Ernährungsziele.“
Die Klägerin begehrte, der Beklagten zu verbieten,
1. im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern den unrichtigen Eindruck zu erwecken, sie biete eine Methode zur Gewichtsreduktion an, bei der man ohne Hungergefühl und ohne auf Kalorien zu achten und sowie ohne Sport sein Gewicht reduzieren und es langfristig halten könne, wenn ihre Methode tatsächlich auf einer Diät beruht, in deren Rahmen im Verlauf von zwölf Stunden fünf kleine Mahlzeiten ausschließlich kalorienarmer Lebensmittel zu fixen Zeitpunkten gegessen werden dürfen, und ein längerfristiger Erhalt der Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost nicht zu erwarten ist;
sowie
2. in ihren Vertragsformblättern die angeführten Klauseln b) und e) oder sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich darauf zu berufen.
Zudem stellte die Klägerin ein Veröffentlichungsbegehren.
Die Unterlassungsansprüche stützte die Klägerin auf Verstöße gegen § 2 UWG und gegen mehrere Bestimmungen des KSchG; zudem berief sie sich auf § 879 Abs 3 ABGB.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und vertrat die Ansicht, dass die beanstandete Geschäftspraktik und die von ihr verwendeten Klauseln rechtskonform und zulässig seien.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Dazu stellte es unter anderem fest, dass die (zur Therapie der Beklagten gehörende) Ernährung im Wesentlichen darauf basiere, dass genaue Zeit-, Mengen- und Gewichtsangaben für eine stark eiweißreiche und kohlenhydratarme Kost vorgegeben seien. Bei Stillstand werde ein Apfeltag (fünf Mahlzeiten bestehend aus je einem Apfel) empfohlen.
Das Berufungsgericht bestätigte die stattgebende Entscheidung des Erstgerichts zu den Klauseln a), c), d), e2) und f). Das auf § 2 UWG gestützte Unterlassungsbegehren sowie jenes zu den Klauseln b) und e1) wies es hingegen ab. Gleichzeitig sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Gegen den klagsabweisenden Teil des angefochtenen Urteils richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, die auf eine vollständige Klagsstattgebung abzielt.
Die Beklagte hat trotz Freistellung durch den Obersten Gerichtshof keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig; sie ist teilweise (in Ansehung der beanstandeten Klausel e1) auch berechtigt.
1. Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er seinen Verträgen zugrunde legt oder in dabei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, kann nach § 28 Abs 1 KSchG auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Verbot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart wurde. § 28a KSchG erweitert den Anwendungsbereich der Verbandsklage auf gesetzwidrige Geschäftspraktiken von Unternehmen im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern. Die Unterlassungsklage ist in dieser Hinsicht berechtigt, wenn der Unternehmer durch seine gesetzwidrige Geschäftspraktik die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt.
2. Allgemein gilt, dass im Verbandsprozess nach § 28 KSchG die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen hat (RIS‑Justiz RS0016590). Zudem ist eine „geltungserhaltende Reduktion“ im Verbandsprozess unzulässig, weshalb auf eine allfällige teilweise Zulässigkeit einer Klausel nicht Rücksicht genommen werden kann (RIS‑Justiz RS0038205). Der Einwand, eine gesetzwidrige Klausel werde in der Praxis anders gehandhabt, ist im Verbandsprozess unerheblich (RIS‑Justiz RS0121943).
Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, so liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RIS‑Justiz RS0016914).
Zur irreführenden Geschäftspraktik nach § 2 UWG:
1. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die von der Beklagten angebotene Therapie sei eine Diät mit entsprechenden Zeit-, Mengen- und Gewichtsangaben. Da der Körper seinen Energiebedarf rasch an die neue Ernährungslage anpassen werde, sei bei Umstellung auf Normalkost keine langfristige Gewichtsreduktion zu erwarten. Die gegenteiligen Werbeaussagen der Beklagten seien irreführend.
Die Beklagte entgegnete, dass sie einen längerfristigen Erhalt der Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost gar nicht auslobe.
Das Erstgericht qualifizierte die Werbeaussagen der Beklagten als irreführend. Von einem Durchschnittsverbraucher könne die Einhaltung einer derart strengen Ernährungsform nicht erwartet werden. Aus diesem Grund sei anzunehmen, dass nach einiger Zeit eine Umstellung auf Normalkost erfolge und erfahrungsgemäß ein Jo‑Jo‑Effekt eintrete.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten (ohne Behandlung der Tatsachenrüge) Folge und wies das auf § 2 UWG gestützte Unterlassungsbegehren ab. Die Klägerin greife die Werbebotschaften der Beklagten unter der Voraussetzung an, dass bei Umstellung auf Normalkost wieder mit einer Gewichtszunahme zu rechnen sei. Klagsverfangen sei daher nur die fehlende Nachhaltigkeit des Gewichtsverlusts bzw die neuerliche Gewichtszunahme bei Umstellung auf Normalkost. Durch die beanstandeten Werbeaussagen bringe die Beklagte aber nicht zum Ausdruck, dass der Abnehmerfolg auch bei Rückkehr zur Normalkost erhalten bleibe. Das von der Klägerin angestrebte Verbot sei daher nicht berechtigt.
In der Revision führt die Klägerin aus, dass das Klagebegehren so zu verstehen sei, wie es im Zusammenhang mit der Klagserzählung gemeint sei. Danach seien die Werbeaussagen der Beklagten irreführend, weil sie tatsächlich eine Diät anbiete und keine Gewichtsreduktion ohne Hungergefühl und Kalorienvorgaben. Außerdem gewährleiste die Methode der Beklagten keine langfristige Gewichtsreduktion bei einer Umstellung auf Normalkost. Demgegenüber schließe die Beklagte den berüchtigten Jo‑Jo‑Effekt ausdrücklich aus. Da die Beklagte über gesundheitsbezogene Angaben oder zumindest über fachliche (ernährungswissenschaftliche) Aussagen täusche, habe sie nach § 1 Abs 5 UWG die Richtigkeit der Werbeaussagen zu beweisen.
2.1 Beim Irreführungstatbestand nach § 2 UWG ist zu prüfen, a) wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt, der eine dem Erwerb solcher Produkte angemessene Aufmerksamkeit aufwendet, die strittige Ankündigung versteht, b) ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und c) ob eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Kaufinteressenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (RIS‑Justiz RS0123292).
2.2 Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass das Klagebegehren so zu verstehen ist, wie es im Zusammenhang mit der Klagserzählung gemeint ist (RIS‑Justiz RS0037440; RS0038852 [T19]). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass nur „die fehlende Nachhaltigkeit des Gewichtsverlusts bzw die neuerliche Gewichtszunahme bei Umstellung auf Normalkost klagsverfangen“ sei, ist verkürzt. Die Klägerin führt vielmehr zutreffend aus, dass nach dem Begehren und der Klagserzählung der beanstandete Eindruck darin bestehen soll, die Beklagte biete eine Methode zur Gewichtsreduktion an, bei der man ohne Hungergefühl, ohne auf die Kalorien zu achten und ohne Sport zu betreiben sein Gewicht reduzieren und dies langfristig halten könne. Diesen Eindrücken der Werbeaussagen werden die wirklichen Begebenheiten entgegengestellt, wonach die Methode der Beklagten tatsächlich auf einer Diät beruhe und eine längerfristige Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost nicht zu erwarten sei.
Die Klägerin hat die Abweichung von den wirklichen Begebenheiten somit konditional (durch die Verknüpfung mit „wenn … tatsächlich“) in ihr Unterlassungsbegehren aufgenommen. Damit hat sie das Prüfkalkül für die behauptete Abweichung von den Tatsachen festgelegt. Die beanstandeten Werbeaussagen sollen deshalb irreführend sein, weil sie mit den angegebenen (Prüf‑)Tatsachen (Vorliegen einer Diät; keine langfristige Gewichtsreduktion nach Umstellung auf Normalkost) nicht übereinstimmen. Eine Überprüfung der Werbeaussagen anhand dieser Tatsachen setzt voraus, dass die Beklagte mit ihren Werbeaussagen einen den (Prüf‑)Tatsachen entgegenstehenden Eindruck verschafft hat.
Das Klagebegehren richtet sich daher sowohl nach seinem Inhalt als auch nach dem zugrunde liegenden Vorbringen der Klägerin dagegen, dass die Beklagte mit dem durch die beanstandeten Werbeaussagen verschafften irreführenden Eindruck keine Methode anpreise, die
1. eine Gewichtsreduktion ohne Diät und
2. eine langfristige Gewichtsreduktion nach Umstellung auf Normalkost bewirke.
Prozessual handelt es sich bei der in Rede stehenden konditionalen Verknüpfung um eine Beschränkung des Klagebegehrens in Bezug auf die Überprüfung mit den realen Gegebenheiten.
2.3 Ob die Beklagte den beanstandeten Eindruck erweckt oder nicht, ist danach zu prüfen, wie ein angemessen gut unterrichteter und kritischer Durchschnittsverbraucher bei einer dem Erwerb des Produkts angemessenen Aufmerksamkeit die Behauptung versteht (RIS‑Justiz RS0114366 [T5]; 4 Ob 144/18g mwN).
3.1 Keine Diät: Die Beklagte erklärt in ihren Werbeaussagen, dass Diäten die Hölle sein können und sie keine dieser Diäten anbietet. Damit grenzt sie ihre Methode ausdrücklich von einer Diät ab. Dies wird durch die Hinweise bekräftigt, dass der Kunde weder hungern noch Kalorien zählen muss, was bei üblichen Diäten aber gemeinhin der Fall ist. Dazu wird weiters erklärt, dass die Therapie der Beklagten darauf ausgelegt ist, den Stoffwechsel für eine optimale Fettverbrennung zu aktivieren.
Die Wendung „ohne hungern und ohne Kalorien zu zählen“ vermittelt beim Durchschnittsverbraucher den Eindruck, dass der Abnehmwillige kein Hungergefühl haben muss, also zumindest so viel und so oft essen kann, dass er gesättigt ist. Ein durchschnittlicher Verbraucher versteht die Behauptung daher dahingehend, dass der Abnehmerfolg ohne nennenswerte Einschränkungen bei Menge und Häufigkeit der Nahrungsaufnahme erreicht werden kann. Damit suggeriert die Beklagte, dass der Abnehmerfolg nicht durch eine Diät mit den für eine solche üblichen Einschränkungen, sondern vor allem durch eine nicht näher definierte Umstellung des „Energiestoffwechsels“ eintritt.
3.2 Diese Behauptungen entsprechen nicht den Tatsachen. Nach den Feststellungen basiert das Programm der Beklagten im Wesentlichen darauf, dass genaue Zeit-, Mengen- und Gewichtsangaben für eine stark eiweißreiche und kohlenhydratarme Kost vorgegeben werden; zudem wird (bei Stillstand) ein Apfeltag empfohlen. Nach der Methode der Beklagten ist daher tatsächlich eine grundlegende Umstellung der Ernährung erforderlich, die sich nicht nur auf die Art und Menge der Nahrungsmittel, sondern auch auf die Zeit und Häufigkeit der Nahrungsaufnahme bezieht. Bei derartigen Vorgaben handelt es sich um solche, die auch für andere Diäten typisch sind. Dementsprechend versteht der Durchschnittsverbraucher unter „Diät“ nicht nur „Fasten“, sondern auch eine grundlegende Ernährungsumstellung (vgl Weidert in Harte‑Bavendamm/Henning‑Bodewig, UWG4 § 5 Rz 152).
3.3 Die beanstandete Werbeaussage, dass die Methode der Beklagten eine Gewichtsreduktion ohne Diät bewirkt, entspricht nicht den Tatsachen und ist daher irreführend.
4.1 Längerfristige Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost: Die Beklagte spricht in ihren Werbeaussagen ausdrücklich das Ziel des Kunden an, das Wunschgewicht langfristig zu halten. Dazu behauptet sie, dass aufgrund des aktivierten Stoffwechsels der berüchtigte Jo‑Jo‑Effekt (bei Gewichtsverlust und erneuter Gewichtszunahme) vermieden wird.
Die Beklagte verbindet mit ihrer Methode somit auch die Nachhaltigkeit der Gewichtsreduktion. Nach den Werbeaussagen ist dafür die Aktivierung des Stoffwechsels verantwortlich. Dies wird auf eine „gesunde, nährstoffreiche und nachhaltige“ Ernährung bzw auf geeignete Lebensmittel (ohne versteckten Zucker, ohne versteckte Fette und schwere Kohlenhydrate) bei gleichzeitigem Ersatz der bisherigen Lebensmittel bezogen.
Ein durchschnittlicher Verbraucher versteht diese Behauptungen dahin, dass der langfristige Abnehmerfolg auf einer anhaltenden Umstellung der Ernährung auf die von der Beklagten empfohlenen und als geeignet bezeichneten Lebensmitteln basiert.
Die Beklagte vermittelt mit ihren Werbeaussagen somit den Eindruck, dass ihre Methode zu einer nachhaltigen Gewichtsreduktion führt; dies bezieht sie auf eine Umstellung auf die empfohlene Ernährung. Den Eindruck, dass ihre Methode eine längerfristige Gewichtsreduktion auch bei Umstellung auf Normalkost bewirkt, verschafft sie hingegen nicht.
4.2 Die Beurteilung führt zum Ergebnis, dass die Beklagte eine nach ihrem Eindruck dem in das Klagebegehren aufgenommenen Prüfkalkül gegenläufige Werbeaussage (längerfristige Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost) nicht gemacht hat. In diesem Punkt ist das– durch die konditionale Verknüpfung eingeschränkte – Unterlassungsbegehren daher nicht berechtigt.
4.3 Der in diesem Zusammenhang von der Klägerin geltend gemachte sekundäre Feststellungsmangel liegt nicht vor. Entgegen ihren Ausführungen folgt auch aus der Erklärung einer Kundin der Beklagten in „tips Ausgabe der 13. Woche 2017“ (Beilage ./C), wonach sie nie das Gefühl hatte, zu hungern, und jetzt mehr und viel besser esse, als in ihrem dicken Leben, nicht, dass die Kundin zur Normalkost zurückgekehrt ist.
Da es schon am verschafften Eindruck einer längerfristigen Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost fehlt, kommt auch der – von der Beklagten in ihrer Berufung bekämpften, vom Berufungsgericht aber nicht überprüften – Feststellung des Erstgerichts, dass bei Rückkehr zur Normalkost mit einer raschen Gewichtszunahme zu rechnen sei, keine Bedeutung mehr zu.
5. In Bezug auf das hier zu beurteilende Unterlassungsbegehren ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die in das Begehren aufgenommenen Abweichungen zu den (Prüf-)Tatsachen (tatsächlich eine Diät; tatsächlich keine längerfristige Gewichtsreduktion nach Umstellung auf Normalkost) kumulativ vorliegen müssen.
Diese Frage betrifft die Auslegung des Unterlassungsbegehrens. Werden in einem in das Unterlassungsbegehren aufgenommenen Konditionalsatz zwei „Bedingungen“ (Abweichungen von den tatsächlichen Gegebenheiten) genannt und mit einem „und“ verknüpft, so müssen auch beide „Bedingungen“ erfüllt sein, um das Unterlassungsgebot zu rechtfertigen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das Klagebegehren nur bei Zutreffen beider „Bedingungen“ (bei einem gegen beide Prüftatsachen abweichenden Eindruck) Erfolg haben kann, ist zutreffend.
Da eine nach dem verschafften Eindruck der zweiten Prüftatsache (keine längerfristige Gewichtsreduktion nach Umstellung auf Normalkost) gegenteilige Werbeaussage nicht vorliegt, wurde das auf § 2 UWG gestützte Unterlassungsbegehren vom Berufungsgericht zu Recht abgewiesen.
Zu Klausel b (keine medizinische Heilbehandlung):
1. Die Klägerin erblickt in dieser Klausel eine unzulässige Beweislastverschiebung nach § 6 Abs 1 Z 11 KSchG und einen unzulässigen Haftungsausschluss nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG. Dem Verbraucher werde durch die unterstellte Erklärung die Möglichkeit genommen, Ansprüche wegen fehlerhafter medizinischer Heilbehandlung zu stellen.
Die Beklagte entgegnete, dass die Klausel lediglich den irrigen Eindruck verhindere, es läge eine medizinische Heilbehandlung vor. Die Klausel schließe aber weder die Geltendmachung von Ansprüchen aus noch belege sie den Verbraucher mit einer Beweislast.
Das Erstgericht bejahte einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG, weil die dem Verbraucher unterstellte Wissenserklärung im Ergebnis den Wirkungen einer Beweislastvereinbarung nahekomme.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Unterlassungsbegehren zu dieser Klausel ab. Auch bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung könne das Berufungsgericht nicht erkennen, welchen Vorteil die Beklagte aus der in Rede stehenden Klausel ziehen könne.
In der Revision führt die Klägerin aus, dass die in der Klausel enthaltene Wissenserklärung bzw Tatsachenbestätigung die Rechtsdurchsetzung des Verbrauchers erschwere und daher gemäß § 6 Abs 1 Z 11 KSchG nichtig sei. Mit der Klausel werde versucht, die Beweislast für das Vorliegen der strengeren Haftungsbestimmungen im Fall einer Heilbehandlung auf den Verbraucher abzuwälzen. Außerdem werde mit der Klausel suggeriert, dass der Kunde keine Ansprüche wegen fehlerhafter medizinischer Heilbehandlung stellen könne. Ein solcher generell formulierter Haftungsausschluss verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.
2. Nach der Rechtsprechung können auch Tatsachenbestätigungen in Form von Wissenserklärungen gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG verstoßen, wenn damit eine unzulässige Verschiebung der Beweislast bewirkt wird. Andernfalls sind solche Klauseln aber unbedenklich, wenn entweder den Verbraucher ohnehin die Beweislast für den bestätigten Umstand trifft (RIS‑Justiz RS0126164; RS0121955) oder es sich gar nicht um eine Tatsachenerklärung handelt (6 Ob 24/11i).
Die von der Klägerin ins Treffen geführten Beweiserleichterungen setzen voraus, dass eine am Patienten angewandte Methode eine medizinische Heilbehandlung ist. Ob eine bestimmte Methode als Heilbehandlung zu qualifizieren ist und damit in den Ärztevorbehalt eingreift, ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen und eine Frage der rechtlichen Beurteilung (RIS‑Justiz RS0118088 [T5]). Will ein Verbraucher aus einem derart unzulässigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit Ansprüche ableiten, so hat er schon nach allgemeinen Grundsätzen das Vorliegen einer medizinischen Heilbehandlung zu behaupten und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0106638, RS0109832 [T7]; vgl auch 3 Ob 55/14f). Der vom Verbraucher mit der Klausel lediglich zur Kenntnis genommene Umstand, dass es sich bei einer Therapie um keine Heilbehandlung handeln soll, bleibt für die Anwendung der dafür maßgebenden Beweislastregeln somit bedeutungslos. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG scheidet daher aus.
3. Nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB nicht verbindlich, nach denen eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz eines Schadens an der Person ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz sonstiger Schäden für den Fall ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, dass er oder eine Person, für die er einzustehen hat, den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat (10 Ob 60/17x mwN).
Worin ein Verstoß gegen diese Bestimmung liegen soll, vermag die Klägerin nicht konkret zu begründen. Die Klausel nimmt mit keinem Wort auf die Haftung der Beklagten Bezug und enthält auch bei kundenfeindlichster Auslegung keine Haftungsfreizeichnung. In der Erklärung (zur Kenntnisnahme), dass keine Heilbehandlung vorliegt, kann nicht ein genereller Haftungsausschluss für Schäden aus einer fehlerhaften Heilbehandlung abgeleitet werden.
Der hier von der Beklagten behauptete Gesetzesverstoß liegt somit nicht vor. Das Unterlassungsbegehren zu dieser Klausel wurde vom Berufungsgericht daher zu Recht abgewiesen.
Zu Klausel e1 (Weitergabeverbot für Unterlagen und Informationen):
1. Die Klägerin brachte vor, dass die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG verstoße, weil sie die Weitergabe der Therapieunterlagen aus nicht näher bestimmten Gründen untersage.
Die Beklagte entgegnete, dass das Weitergabeverbot sachlich gerechtfertigt sei, weil in den Unterlagen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten seien.
Das Erstgericht beurteilte die Klausel als gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel enthalte keine Beschränkung auf eine allfällige Verpflichtung zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen. Bei kundenfeindlichster Auslegung verbiete die Klausel jede Weitergabe an einen Dritten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Unterlassungsbegehren zu dieser Klausel ab. Diese (eigenständige) Klausel stelle nur den Kreis der Leistungsempfänger klar und setze nur die für den Schutz geistiger Leistungen durchaus üblichen Schranken.
In der Revision führt die Klägerin aus, das Weitergabeverbot sei gröblich benachteiligend, weil dieses auch die Weitergabe der Unterlagen zur Überprüfung oder Durchsetzung von Ansprüchen der Kunden erfasse.
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es für das Vorliegen einer eigenständigen Klausel im Sinn des § 6 KSchG darauf ankommt, ob der fraglichen Bestimmung – unabhängig von der Gliederung des Klauselwerks – in materieller Hinsicht ein eigenständiger Anwendungsbereich zukommt (RIS‑Justiz RS0121187). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es sich bei den Klauseln zu e1) und e2) um getrennte Klauseln handelt, ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin tritt dieser Beurteilung auch gar nicht entgegen. Aus diesem Grund kommt ihrem Hinweis auf das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion keine Bedeutung zu.
3.1 Die Beklagte bestreitet nicht, dass mit der Klausel e1) das Verbot der Weitergabe der Therapieunterlagen und der Informationen an Dritte ausgedrückt wird. Sie führt aber ins Treffen, dass die Therapieunterlagen auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthielten und die Klausel daher sachlich gerechtfertigt sei, um Konkurrenten von der Kenntnisnahme dieser Geheimnisse auszuschließen. Zur Rechtfertigung der Klausel beruft sie sich somit (nur) auf den Schutz ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor Mitbewerbern.
3.2 Bei der Beurteilung einer gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB ist zunächst zu prüfen, ob eine Abweichung vom dispositiven Recht vorliegt (RIS‑Justiz RS0014676; RS0016914). Wird dies bejaht, so hat die Klausel nur dann Bestand, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist.
Die Therapieunterlagen werden dem Kunden (entgeltlich) überlassen, sodass sie in sein Eigentum übergehen; diese Unterlagen werden daher vom Kunden „redlich erlangt“. Auch redlich erlangte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind grundsätzlich nur gegen unlautere Ausbeutung geschützt (vgl RIS‑Justiz RS0078348), weshalb die Klausel zum Nachteil der Verbraucher vom dispositiven Recht abweicht.
Es ist daher weiters zu prüfen, ob eine sachliche Rechtfertigung für das allgemeine Weitergabeverbot vorliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung nicht nur die Weitergabe der Therapieunterlagen an Konkurrenten, sondern etwa auch deren unentgeltliche Weitergabe an Familienmitglieder, den Weiterverkauf an Privatpersonen oder die Weitergabe an Rechtsvertreter zur Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen des Kunden erfasst. Wie bereits ausgeführt, stützt sich die Beklagte zur sachlichen Rechtfertigung des Weitergabeverbots nur auf den Schutz ihrer Geheimnisse vor Mitbewerbern. Sachliche Gründe, warum die darüber hinausgehende Einschränkung der Weitergabe zum Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse erforderlich sein soll, hat sie nicht angeführt. Mangels sachlicher Rechtfertigung ist die Klausel daher unzulässig und dem Unterlassungsbegehren auch in dieser Hinsicht stattzugeben.
Ergebnis:
Zusammenfassend war der Revision der Klägerin in Ansehung der Klausel e1) Folge zu geben, die unzulässig ist. Im Übrigen, also in Ansehung der irreführenden Geschäftspraktik nach § 2 UWG und der Klausel b), war die abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts hingegen zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. Im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren ist die Klägerin (auch unter Berücksichtigung des teilweise zu weit gefassten Veröffentlichungsbegehrens) mit rund 70 % ihrer Ansprüche durchgedrungen, im Revisionsverfahren nur mehr mit rund 20 %. Die wechselseitigen Kostenersatzansprüche (die Beklagte hat Anspruch auf Ersatz von 30 % der von ihr im Berufungsverfahren aufgewendeten Pauschalgebühren) wurden saldiert.
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