OGH 3Ob55/14f

OGH3Ob55/14f25.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch DDr. Ruth Hörtnagl, Rechtsanwältin in Fulpmes, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Dr. Anton Triendl, Mag. Clemens Braun, Rechtsanwälte in Innsbruck, und dem Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei DDr. M*****, vertreten durch Mag. Friedrich Hohenauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 10.000 EUR sA (Revisionsinteresse: 3.900 EUR sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2013, GZ 4 R 206/13t‑56, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Telfs vom 10. Mai 2013, GZ 10 C 654/11h‑49, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00055.14F.0625.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach einer vom Berufungsgericht durchgeführten Beweiswiederholung steht folgender Sachverhalt fest:

Die Klägerin wollte sich ihre beiden rechts‑ und linksseitig gelegenen Lücken im Unterkiefer durch einen Zahnersatz versorgen lassen. Sie wurde aufgrund einer Werbeeinschaltung auf den beklagten Zahntechnikermeister aufmerksam. Die erste Beratung der Klägerin durch den Beklagten erfolgte im März 2010.

Der Beklagte klärte die Klägerin darüber auf, dass sie eine zahnmedizinische Untersuchung vornehmen lassen müsse, bevor die zahntechnischen Arbeiten erledigt werden könnten. Er bot ihr drei Varianten für die Herstellung von Brücken an und erläuterte auch die Preisunterschiede. Der Beklagte schaute zwar in den Mund der Klägerin, wies sie jedoch darauf hin, dass er als Techniker nicht abschätzen könne, ob die neben den Zahnlücken befindlichen Zähne allenfalls zu instabil seien, sodass ein weiterer Zahn benötigt werde. Abdrücke des Kieferbereichs fertigte der Beklagte nicht an. Er erklärte der Klägerin, dass das Einsetzen der Brücken von dem Nebenintervienten, einem Zahnarzt, vorgenommen werde und avisierte die Klägerin bei diesem.

Die Klägerin erschien erstmals am 11. August 2010 beim Nebenintervenienten. Dieser klärte sie über die Möglichkeiten für die Versorgung ihrer Lücken im Unterkiefer auf. Dabei wurden die Varianten Teilprothesen, Implantate oder Brücken besprochen. Der Nebenintervenient wies die Klägerin darauf hin, dass Brücken die am wenigsten geeignete Option seien, da diese in ihrem Fall auf beiden Seiten an den Weisheitszähnen befestigt werden müssten und die Spannweite zwischen den beiden Brückenzähnen der Brücke relativ groß sei. Aus medizinischer Sicht wäre die Ideallösung ein Implantat gewesen. Das wäre aber die teuerste und zeitaufwändigste Variante gewesen. Diese Variante lehnte die Klägerin aus Kostengründen ab. Eine Teilprothese schlug sie aus, da man dabei die entsprechenden Befestigungshäkchen gesehen hätte. Da die Klägerin einen festsitzenden Zahnersatz haben wollte, einigte sie sich mit dem Nebenintervenienten schließlich darauf, dass bei ihr zwei Brücken eingesetzt werden sollten.

Am 7. September 2010 leistete die Klägerin eine Anzahlung in der Höhe von 1.000 EUR an den Beklagten. Am 13. September 2010 unterschrieb sie die ihr vom Beklagten vorgelegte „Auftragsvereinbarung und Patienteninformation“, die festhält, dass für die zahntechnische Arbeit bei 6 Zähnen ein Gesamtpreis von 3.500 EUR, für jeden weiteren Zahn 580 EUR vereinbart wird und dass als Zahnarzt (Wahlarzt) der Nebenintervenient konsultiert werden soll.

Der Nebenintervenient fertigte in weiterer Folge einen Abdruck des rechten Unterkieferbereichs der Klägerin an. Dafür präparierte er den Weisheitszahn und zwei vordere Zähne als Pfeiler, indem er diese schliff. Von dieser Situation stellte er eine Abformung her, die er dem Beklagten über die Klägerin zukommen ließ. Vor der Präparation führte der Nebenintervenient sowohl ein Röntgen als auch einen Klopf- und einen Vitaltest durch. Dabei stellte sich heraus, dass die Zähne ‑ mit Ausnahme der wurzelbehandelten Zähne, zu denen die Weisheitszähne nicht zählten ‑ vital waren. Der Nebenintervenient führte auch eine Beurteilung der Gegenzähne und des Gegenkiefers durch. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass durch das Einsetzen der Brücke Beschwerden für die Klägerin entstehen würden. Es gab auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es Probleme hinsichtlich der Festigkeit oder Beweglichkeit der zu präparierenden Zähne geben könnte. Nach erfolgter Präparation wurde das Gebiss der Klägerin vom Nebenintervenienten vorübergehend durch ein in dessen Praxis erstelltes Provisorium versorgt.

Auf Basis des vom Nebenintervenienten hergestellten Abdrucks fertigte der Beklagte die erste Brücke an, die die Klägerin am 1. Dezember 2010 abholte und dem Nebenintervenienten brachte. Der Nebenintervenient setzte die Klägerin dabei nochmals darüber in Kenntnis, dass diese Lösung zwar gerade noch vertretbar, aber aus ästhetischen und medizinischen Gründen nicht ideal sei. Die Klägerin meinte lediglich „was solls“. Darauf setzte der Nebenintervenient die vom Beklagten angefertigte Brücke lege artis mit temporärem Zement ein und schliff die Keramik minimal ab, sodass die Brücke passgenau war und sich beim Einsetzen keine Schwierigkeiten ergaben. Auch längere Zeit danach teilte die Klägerin dem Nebenintervenienten nicht mit, dass sie Probleme mit der Brücke habe.

Um den 18. Dezember 2010 wurde nach derselben Prozedur auch der Abdruck des linken Unterkieferbereichs der Klägerin vom Nebenintervenienten präpariert und ebenfalls ein Provisorium befestigt. Der Nebenintervenient erklärte der Klägerin, dass es dringlich sei, das Provisorium herauszunehmen und die Brücke einzusetzen, weil die Zähne durch ein Provisorium wegen der Anschlussstellen empfindlich sein würden und ein nicht vollständig abschließendes Provisorium eine Eintrittspforte für Keime darstelle.

Nachdem die Klägerin den Abdruck dem Beklagten gebracht hatte, rief dieser den Nebenintervenienten an und teilte ihm mit, dass der Abdruck nicht ganz stimme. In der Folge wiederholte der Nebenintervenient den Abdruck des linken Unterkiefers der Klägerin. Dieser Abdruck wurde vom Beklagten schließlich für in Ordnung befunden.

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen 2010 stellte der Beklagte schließlich die (zweite) Brücke her. Nachdem die Klägerin auch diese Brücke vom Beklagten abgeholt und dem Nebenintervenienten überbracht hatte, kontaktierte der Nebenintervenient den Beklagten und teilte ihm mit, dass die Farbe der Brücke nicht schön sei und die Brückenränder nicht passten. Der Beklagte fertigte daher, nachdem der Nebenintervenient einen neuen Abdruck vom linken Unterkieferbereich der Klägerin genommen hatte, eine neue Brücke an. Diese stand Anfang Jänner 2011 zur Abholung bereit. Da die Klägerin jedoch mit den vereinbarten Ratenzahlungen im Rückstand war, erklärte der Beklagte, ihr diese (zweite) Brücke erst auszuhändigen, wenn die nächste Ratenzahlung geleistet worden sei. Die Klägerin trug daher das um den 18. Dezember 2010 vom Nebenintervenienten im linken Unterkiefer eingesetzte Provisorium länger als die übliche Dauer von zwei bis drei Wochen. Zu diesem Zeitpunkt klagte die Klägerin bereits über Schmerzen, wobei deren Ursache nicht festgestellt werden kann.

Nach Korrespondenz eines von der Klägerin eingeschalteten Anwalts wurde zwischen den Streitteilen am 19. Jänner 2011 eine neue Ratenvereinbarung geschlossen, die einen neuen Gesamtpreis von 4.740 EUR festlegt, der damit begründet wurde, dass nach Konsultation des Nebenintervenienten aus medizinischer Sicht jede Brücke um einen weiteren Zahn (+ 1.160 EUR) und einen Stiftaufbau (+ 80 EUR) erweitert werden müsse, wobei überdies auf die Notwendigkeit regelmäßiger Zahnarztkontrollen und einer entsprechenden Mundhygiene sowie darauf verwiesen wurde, dass der Nebenintervenient der ausführende Zahnarzt und in medizinischer und technischer Hinsicht der Ansprechpartner der Klägerin sei.

Ebenfalls am 19. Jänner 2011 übergab der Beklagte der Klägerin nach Erhalt einer Rate von 400 EUR die von ihm neu hergestellte Brücke für den linken Unterkiefer.

Insgesamt bezahlte die Klägerin für die beiden Brücken 3.900 EUR an den Beklagten.

Nachdem die Klägerin die zweite Brücke für ihren linken Unterkiefer geholt und zum Nebenintervenienten gebracht hatte, zeigte sich dieser erneut unzufrieden damit, da der Anschluss nicht passgenau war.

Der Nebenintervenient besprach mit der Klägerin, dass diese Brücke als Provisorium eingesetzt wird und sie entweder einen neuen Zahntechniker nehmen oder versuchen könne, sich mit dem Beklagten darüber zu einigen, dass er eine weitere Brücke (gemeint: für den linken Unterkieferbereich) herstelle.

Die Klägerin machte den Beklagten nicht darauf aufmerksam, dass auch mit der neu hergestellten zweiten Brücke für den linken Unterkiefer etwas nicht in Ordnung sei.

Der Nebenintervenient setzte auch die linke Brücke im Unterkiefer der Klägerin lege artis ein und schliff dabei ebenfalls die Keramik ab, wobei klar war, dass diese Brücke nur als Provisorium dienen kann.

Die Klägerin hatte stets alle erforderlichen Termine beim Nebenintervenienten wahrgenommen. Sie erschien auch nach dem Einsetzen der Brücke im linken Unterkiefer noch einige Male bei diesem, da sie Probleme mit den Zähnen, kleinere Zahnfleischentzündungen und Entzündungen an den Zahnwurzeln beider Weisheitszähne hatte. Zunächst klagte sie hauptsächlich über Beschwerden auf der linken Seite, dann jedoch auch über Schmerzen an der rechten Seite.

Zwischen dem Nebenintervenienten und der Klägerin wurde schließlich besprochen, dass beide Brücken und die Weisheitszähne entfernt werden sollten. Entgegen der Anweisung und der Empfehlung des Nebenintervenienten ließ die Klägerin die Entfernung der Brücken und der Weisheitszähne nicht sofort vornehmen.

Am 9. März 2012 zeigte sich die Brücke im rechten Unterkiefer der Klägerin regulär, jedoch mit kleineren Mängeln am buccovervikalen Randschluss. Auch bei der Brücke im linken Unterkiefer waren am 9. März 2012 bedeutende Mängel wegen mangelhafter Passgenauigkeit ersichtlich; insbesondere war ein größerer Spalt zwischen der Brücke und dem Weisheitszahn gegeben. Darüber hinaus lagen eine Zahnlockerung sowie Okklusionsmängel vor.

Die Entfernung der Brücken und der Weisheitszähne erfolgte schließlich im April 2012. Daraufhin war die Klägerin sofort beschwerdefrei.

Die mangelnde Passgenauigkeit der Brücken und die damit einhergehenden Beschwerden und Schmerzen der Klägerin sind auf die mangelhafte Arbeit des Beklagten zurückzuführen.

Die Klägerin stellte den Betrag von 5.900 EUR (bezahlter Werklohn von 3.900 EUR sowie das mit Schreiben der Klagevertreterin vom 12. April 2011 eingeforderte Schmerzengeld in Höhe von 2.000 EUR) gegenüber dem Beklagten per 27. April 2011 fällig.

Die Klägerin begehrt mit der am 17. Juni 2011 eingebrachten und in der Folge ausgedehnten (S 20 in ON 44) Klage 10.000 EUR sA vom Beklagten. Sie habe den Beklagten am 13. September 2010 mit der Herstellung zweier Brücken beauftragt. Die vom Beklagten angefertigten Brücken seien beide nicht fach‑ und sachgerecht erstellt worden. Die Klägerin habe auf beiden Seiten Schmerzen. Auch nach durchgeführten Verbesserungsversuchen habe die zweite Brücke nicht gepasst. Die vom Beklagten geleistete Arbeit sei insgesamt wertlos. Der Beklagte habe den Nebenintervenienten beigezogen. Die Klägerin habe das Auftragsverhältnis ausschließlich mit dem Beklagten geschlossen. Sie habe den Nebenintervenienten vorher überhaupt nicht gekannt. Die Zahlung der prothetischen Versorgung habe die Klägerin ausschließlich an den Beklagten geleistet. Der Klägerin stehe infolge der Wertlosigkeit der vom Beklagten geleisteten Arbeit ein Anspruch auf Rückzahlung des bezahlten Werklohns von 3.900 EUR sowie ein angemessenes Schmerzengeld von 6.100 EUR zu.

Der Beklagte wendet ein, er habe die zahntechnischen Arbeiten auftragsgemäß sowie fach‑ und sachgerecht durchgeführt. Nur mit diesen sei er beauftragt worden. Die zahnmedizinische Versorgung sei durch den Nebenintervenienten erfolgt, welchen die Klägerin konsultiert habe und mit dem die Klägerin in einem direkten Vertragsverhältnis gestanden sei. Dass der Beklagte seine Arbeit sachgerecht durchgeführt habe, zeige auch die Vereinbarung vom 19. Jänner 2011, die die Klägerin nicht getroffen hätte, wären die nun behaupteten Probleme aufgetreten. In dieser Vereinbarung liege ein Anerkenntnis des Zahlungsanspruchs des Beklagten, der einen Rückforderungsanspruch der Klägerin ausschließe. Hinsichtlich ihrer Schmerzengeldansprüche müsse sich die Klägerin an den Nebenintervenienten wenden. Die Klägerin habe überdies ihre Schadensminderungspflicht verletzt.

Die Klägerin schulde einen weiteren Werklohn von 820 EUR, den der Beklagte compensando gegen die Klageforderung einwendete.

Der im Verfahren auf Seiten des Beklagten beigetretene Nebenintervenient brachte vor, er habe die Klägerin ordnungsgemäß lege artis behandelt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab, wobei es mehrere ‑ vom Berufungsgericht aufgrund der durchgeführten Beweiswiederholung nicht übernommenen ‑ Negativfeststellungen traf, die sich dahin zusammenfassen lassen, dass die Ursache der den Brücken anhaftenden Mängel ebenso wenig festgestellt werden könne wie der Zeitpunkt ihrer Entstehung. Es sei auch nicht feststellbar, auf welche Ursache die erlittenen Schmerzen zurückzuführen seien und welche Ursache für die Entzündung der Weisheitszähne bestanden habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin hinsichtlich eines Teils des Zinsenbegehrens nicht Folge und bestätigte das Ersturteil in diesem Umfang. Diese Teilabweisung ist in Rechtskraft erwachsen.

Im Übrigen gab das Berufungsgericht der Berufung der Klägerin Folge, änderte das Ersturteil im Umfang der Abweisung des Begehrens auf Rückzahlung des Werklohns von 3.900 EUR sA mittels Teilurteil im Sinne einer Klagestattgebung ab, wobei es aussprach, dass die Klageforderung mit 3.900 EUR zu Recht bestehe und die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Das klageabweisende Urteil in Ansehung des von der Klägerin begehrten Schmerzengeldes von 6.100 EUR sA hob das Berufungsgericht auf und verwies die Rechtssache insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht zusammengefasst die Auffassung, dass die vorliegende Vertragskonstruktion (Direktbeauftragung des Beklagten durch die Klägerin) dem Ärztevorbehalt nach § 4 Zahnärztegesetz (ZÄG) idF BGBl I 2008/57 widerspreche, weil Zahntechniker ihre Aufträge unmittelbar von den Zahnärzten und Dentisten erhalten müssten. „Arztferne“ Tätigkeiten könnten nur dann der ärztlichen Hilfe zugeordnet werden, wenn der einschreitende Nichtarzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung zu einem Arzt stehe. So sei auch die Herstellung eines Zahnersatzes durch einen Zahntechniker gegenüber dem Sozialversicherungsträger nur erstattungsfähig, wenn sie vom Zahnarzt (Dentisten) angeordnet worden sei und in der ärztlichen Leistung aufgehe. Das sei hier nicht der Fall. Offensichtlich sei nicht der Beklagte in einer „qualifizierten Verantwortungsbeziehung“ zum Nebenintervenienten gestanden, sondern umgekehrt der Nebenintervenient in einer derartigen Beziehung zum Beklagten, der daher für das Verhalten des Nebenintervenienten gemäß § 1313a ABGB hafte. Der Nebenintervenient habe auch seine medizinischen Tätigkeiten gegenüber der Klägerin nicht gesondert in Rechnung gestellt. Der Verstoß gegen den Ärztevorbehalt führe zur absoluten Nichtigkeit des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrags. Diese absolute Nichtigkeit sei von Amts wegen wahrzunehmen, auch wenn sich die Klägerin im Verfahren darauf nicht gestützt habe. Die Klägerin sei daher zur Rückforderung von 3.900 EUR sA berechtigt.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision gegen sein Teilurteil über einen vom Beklagten gemäß § 508 Abs 1 ZPO gestellten Abänderungsantrag nachträglich mit der Begründung für zulässig, dass Rechtsprechung dazu fehle, ob sich der Beklagte durch die von ihm gewählte Vertragskonstruktion arztfremde Tätigkeiten angemaßt habe.

Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts wendet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das Klagebegehren (erkennbar: den mit Teilurteil zugesprochenen Teil des Klagebegehrens) im Sinne einer Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin und der Nebenintervenient beteiligten sich am Revisionsverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

In der Revision macht der Beklagte geltend, dass den Feststellungen nicht zu entnehmen sei, dass der Nebenintervenient „Subunternehmer“ des Beklagten sei. Ebensowenig lasse sich aus den Feststellungen ableiten, dass in der Werklohnrechnung des Beklagten die zahnmedizinische Versorgung durch den Nebenintervenientie mitberücksichtigt sei. Allein aus dem Umstand, dass der Beklagte zunächst direkt Kontakt mit der Klägerin aufgenommen und diese sodann an den Nebenintervenienten weitergeleitet habe, ergebe sich noch keine Nichtigkeit des Werkvertrags.

Dazu wurde erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand des Revisionsverfahrens ausschließlich das Begehren der Klägerin auf Rückzahlung des Werklohns ist. Der in Ansehung des Schmerzengeldbegehrens gefasste Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist ‑ mangels Zulässigerklärung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof ‑ unbekämpfbar (RIS‑Justiz RS0109580) und blieb auch unbekämpft.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der zwischen den Streitteilen geschlossene Vertrag sei wegen Verstoßes gegen den Ärztevorbehalt absolut nichtig, ist unzutreffend.

2.1 § 4 ZÄG in der Fassung BGBl I 2008/57 (in Kraft getreten mit 10. 4. 2008 [Einfügung der Z 4a in § 4 Abs 3]) besagt:

(1) Angehörige des zahnärztlichen Berufes sind zur Ausübung der Zahnmedizin berufen.

(2) Der zahnärztliche Beruf umfasst jede auf zahnmedizinisch‑wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit einschließlich komplementär- und alternativmedizinischer Heilverfahren, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird.

(3) Der Angehörigen des zahnärztlichen Berufs vorbehaltene Tätigkeitsbereich umfasst insbesondere

1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Krankheiten und Anomalien der Zähne, des Mundes und der Kiefer einschließlich der dazugehörigen Gewebe,

2. die Beurteilung von den in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung zahnmedizinisch-diagnostischer Hilfsmittel,

3. die Vornahme operativer Eingriffe im Zusammenhang mit den in Z 1 angeführten Zuständen,

4. die Behandlung von den in Z 1 angeführten Zuständen,

4a. die Vornahme von kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen, sofern diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern,

5. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und zahnmedizinisch-diagnostischen Hilfsmitteln im Zusammenhang mit den in Z 1 angeführten Zuständen,

6. die Vorbeugung von Erkrankungen der Zähne, des Mundes und der Kiefer einschließlich der dazugehörigen Gewebe und

7. die Ausstellung von zahnärztlichen Bestätigungen und die Erstellung von zahnärztlichen Gutachten.

(4) Darüber hinaus umfasst der Tätigkeitsbereich des zahnärztlichen Berufes

1. die Herstellung von Zahnersatzstücken für den Gebrauch im Mund,

2. die Durchführung von technisch-mechanischen Arbeiten zwecks Ausbesserung von Zahnersatzstücken und

3. die Herstellung von künstlichen Zähnen und sonstigen Bestandteilen von Zahnersatzstücken

für jene Personen, die von dem/der Angehörigen des zahnärztlichen Berufs behandelt werden.

2.2 In den Vorbehaltsbereich der Zahnärzte fällt eine Tätigkeit, wenn sie ein gewisses Maß an „Rationalität“ aufweist und für die Durchführung der Tätigkeit ein durch das zahnmedizinische Studium typischerweise vermitteltes umfassendes Wissen erforderlich ist oder die Tätigkeit auf medizinisch‑wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und es sich bei der Tätigkeit um das Untersuchen, Beurteilen, Behandeln und Vorbeugen von Krankheiten oder Anomalien der Zähne, des Mundes, des Kiefers, der Gewebe oder um die Durchführung dafür notwendiger operativer Eingriffe oder um das Verordnen von Heilmitteln, Heilbehelfen oder zahnmedizinisch‑diagnostischen Hilfsmitteln solche Zustände handelt (Sparl, [Medizin‑]Rechtliche Fragen der Zahnmedizin [2009] 34 ff; vgl auch 4 Ob 87/12s).

2.3 Der Lehrberuf des Zahntechnikers ist ein Gewerbe nach § 94 Z 81 GewO, das den Zahntechniker zur Herstellung und Reparatur von Zahnersatz befugt (RIS‑Justiz RS0051570; 4 Ob 87/12s). Das Berufsprofil nach § 2 sowie das Berufsbild nach § 3 der Zahntechniker‑Ausbildungsordnung (1998) sehen jedoch keine Tätigkeiten am Patienten vor. Daraus wurde abgeleitet, dass das Abdrucknehmen und Anpassen von Zahnersatzstücken und Gebissen im menschlichen Mund ohne Anordnung und ständiger Aufsicht eines Zahnarztes vom Zahntechniker nicht ausgeübt werden dürfen (4 Ob 87/12s).

2.4 Allerdings hat im hier zu beurteilenden Fall der Beklagte weder einen Zahnabdruck noch eine Anpassung der Brücken vorgenommen. Der ‑ unstrittige ‑ Umstand, dass der Beklagte mit der Klägerin einen Werkvertrag (5 Ob 514/91; vgl auch RIS‑Justiz RS0021759 und Sparl, Medizinrechtliche Fragen der Zahnmedizin 56) schloss, begründet noch keinen Verstoß gegen den Ärztevorbehalt des § 4 Abs 3 ZÄG.

Gegenteiliges lässt sich auch der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen, die im sozialversicherungsrechtlichen Kontext erging und selbständig von einem Zahntechniker erbrachte Leistungen dahin qualifizierte, dass sie nicht der Leistung des Zahnarztes als Kassenleistung zugeordnet werden können (10 ObS 260/92 = SZ 65/160; RIS‑Justiz RS0084068).

2.5 Nach den Feststellungen schaute der Beklagte der Klägerin bei dem Erstgespräch zwar „in den Mund“, klärte sie aber ausdrücklich dahin auf, dass sie eine zahnmedizinische Untersuchung vornehmen lassen müsse, bevor die zahntechnischen Arbeiten erledigt werden könnten. Er verwies sie daher an den Nebenintervenienten.

2.6 Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die eigentlichen Beratungsgespräche über die Art der Gebisssanierung zwischen den Streitteilen geführt wurden und die Klägerin erst im Anschluss daran bei der Untersuchung durch den Nebenintervenienten diesem die bereits getroffene Entscheidung mitgeteilt habe, woraus das Berufungsgericht ableitete, dass nicht der Beklagte in einer „qualifizierten Verantwortungsbeziehung“ zum Nebenintervenienten gestanden sei, ist sachverhaltsfremd: Nach den Feststellungen klärte der Nebenintervenient die Klägerin am 11. August 2010 über die Möglichkeit der Versorgung ihrer Lücken im Unterkiefer auf und besprach sämtliche Alternativen, wobei die Klägerin die Ideallösung (Implantate) aus Kostengründen ablehnte und sich aus optischen Gründen gegen eine Teilprothese entschied. Sie entschloss sich daher dazu, dass bei ihr zwei Brücken eingesetzt würden. Die Annahme, die Klägerin habe bereits beim Erstgespräch mit dem Nebenintervenienten über die Art der Behandlung eine Entscheidung getroffen, lässt sich mit diesen Feststellungen nicht vereinbaren. Schließlich war es auch der Nebenintervenient, der die Abdrücke, die sonstige zahnmedizinische Behandlung samt Röntgen vornahm und die Brückenprovisorien einsetzte.

2.7 Der festgestellte Sachverhalt bietet auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass ‑ wie es das Berufungsgericht meinte ‑ der Nebenintervenient „Erfüllungsgehilfe“ des Beklagten gewesen sei. Die Klägerin nahm zahnmedizinische Leistungen durch den Nebenintervenienten in Anspruch. Ob und wie der Nebenintervenient diese Leistungen verrechnete, ist für die Frage, ob die Tätigkeit des Beklagten gegen den Ärztevorbehalt des § 4 Abs 3 ZÄG verstieß, nicht entscheidend, wenngleich zuzugestehen ist, dass die gewählte Vorgangsweise nicht den üblichen Gepflogenheiten entspricht, die darin bestehen, dass der Zahnarzt aufgrund des mit dem Patienten geschlossenen Behandlungsvertrags den Zahntechniker mit der Herstellung von Zahnersatzstücken beauftragt und dessen Leistung dem Patienten direkt verrechnet. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Leistungen des Beklagten gegenüber der Klägerin darauf beschränkten, mit ihr nach einer Erstinformation einen Werkvertrag über die Herstellung zweier Brücken zu schließen, wobei die Klägerin vor Abschluss dieses Werkvertrags vom Nebenintervenienten untersucht und über die Möglichkeiten zur Versorgung ihrer Lücken aufgeklärt wurde.

2.8 Da der Beklagte somit mit Ausnahme der Herstellung der Brücken keine Leistungen gegenüber der Klägerin erbrachte und die Herstellung der Brücken nicht vom Ärztevorbehalt des § 4 Abs 3 ZÄG erfasst ist, ist eine absolute Nichtigkeit des zwischen den Streitteilen geschlossenen Werkvertrags zu verneinen.

Es bedarf daher keines Eingehens darauf, ob bei Bejahung eines Verstoßes gegen den Ärztevorbehalt der zwischen den Streitteilen geschlossene Werkvertrag tatsächlich absolut nichtig wäre, wie es das Berufungsgericht meint.

3. Damit ist aber für den Beklagten nichts gewonnen, weil der Rückforderungsanspruch der Klägerin bezogen auf den bezahlten Werklohn aus anderen Gründen berechtigt ist.

3.1 Die Klägerin stützte diesen Anspruch erkennbar auf Wandlung. Zwar ist grundsätzlich der Gewährleistungsberechtigte für das Vorliegen der Voraussetzungen einer sofortigen Inanspruchnahme der sekundären Gewährleistungsbehelfe (hier: Wandlung) behauptungs‑ und beweispflichtig (5 Ob 191/05g; 8 Ob 14/08d ‑ je zur Preisminderung). Allerdings hat der Beklagte im Verfahren nicht bestritten, dass der Klägerin ‑ sollte ihr der Nachweis der Mangelhaftigkeit der Brücken gelingen ‑ ein Recht auf Wandlung (und nicht bloß auf Preisminderung) zusteht.

3.2 Der Beklagte hat vielmehr das Rückforderungsbegehren der Klägerin einerseits mit dem Vorbringen bestritten, er habe seine Leistungen fach‑ und sachgerecht erbracht und sich andererseits darauf berufen, dass die Klägerin durch den Abschluss der Ratenvereinbarung den Werklohnanspruch des Beklagten „anerkannt“ habe.

Dass die Brücken vom Beklagten mangelhaft hergestellt wurden, stellte das Berufungsgericht allerdings nach Beweiswiederholung fest.

Von einem Anerkenntnis der Klägerin im Zusammenhang mit der getroffenen Ratenvereinbarung kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Mangelhaftigkeit der Brücken bereits konkret in ihren Ausmaßen bekannt war. Vielmehr war zu diesem Zeitpunkt die zweite Brücke noch nicht einmal übergeben.

3.3 Da somit der Klägerin aufgrund der vom Berufungsgericht nach Beweiswiederholung getroffenen Feststellungen der Nachweis der Mangelhaftigkeit des vom Beklagten erstellten Werks gelungen ist und der Beklagte gar nicht in Abrede stellt, dass unter Zugrundelegung der Mangelhaftigkeit das Wandlungsbegehren der Klägerin berechtigt ist, ist das Teilurteil des Berufungsgerichts im Ergebnis zu bestätigen. Wegen der Wertlosigkeit der hergestellten Brücken für die Klägerin ‑ die mittlerweile entfernt wurden ‑ ist auch die weitere, im Verfahren kompensando eingewendete Werklohnforderung des Beklagten nicht berechtigt.

Da über die Werklohnforderung des Beklagten endgültig und abschließend abgesprochen wurde und das Revisionsverfahren nur dieses Begehren betrifft, war gemäß §§ 40, 50 ZPO auszusprechen, dass der Beklagte die Kosten seiner erfolglosen Revision selbst zu tragen hat.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte