OGH 5Ob136/18p

OGH5Ob136/18p18.7.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Dr. K*, 2. H*, vertreten durch Mag. Günter Petzelbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Mai 2018, AZ 47 R 24/18d, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 9. Jänner 2018, TZ 4864/2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E122541

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Antragsteller sind verheiratet und jeweils Eigentümer von halben Mindestanteilen, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 und am KFZ‑Stellplatz 52 verbunden ist.

Sie begehrten unter Vorlage des als Schenkungsvertrag überschriebenen Notariatsakts vom 19. 11. 2015 (die Schenkungsurkunde selbst trägt das Datum 20. 11. 2015), des Nachtrags zum Schenkungsvertrag vom 6. 12. 2017, der nicht als Notariatsakt errichtet wurde, und anderer Urkunden die Einverleibung des Eigentums der Zweitantragstellerin an den halben Mindestanteilen des Erstantragstellers.

Der Notariatsakt vom 20. 11. 2015 lautet auszugsweise:

„ I.

Der Geschenkgeber ist außerbücherlicher Hälfteeigentümer von noch nicht näher bestimmten Anteilen mit welchen Wohnungseigentum an Top 2 und Kfz‑Stellplatz 52 verbunden ist [...]

II.

Der Geschenkgeber schenkt der Geschenknehmerin die in Punkt 1. näher bezeichneten Liegenschaftsanteile samt allem rechtlichen und physischen Zubehör. Die Geschenknehmerin nimmt die Schenkung an. [...].

Der Geschenkgeber behält für sich das lebenslängliche Wohnungsrecht gemäß § 509 ABGB an der Liegenschaft zurück [...]

III.

[…] Festgehalten wird, dass die oben genannte Liegenschaft durch Begehung, Schlüsselübergabe und Übergabe der Verwaltungsunterlagen bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages übergeben wurde.

VII.

Herr [Anm.: der Erstantragsteller] erteilt seine ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund dieser Urkunde ob der noch zu bestimmenden Anteile an der Liegenschaft [...] das Eigentumsrecht für Frau [Anm.: die Zweitantragstellerin] einverleibt werden kann. [...]“

Der nicht als Notariatsakt verfasste Nachtrag vom 6. 12. 2017 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Der Schenkungsvertrag vom 20. 11. 2015 wird ergänzt und neu gefasst wie folgt:

Punkt I.

Der Geschenkgeber ist Eigentümer von 138/55452 Anteilen [...], mit welchen Wohnungseigentum an W 2 […] untrennbar verbunden ist sowie 8/55452 Anteilen [...] mit welchen Wohnungseigentum an KFZ-Stellplatz 52 1. UG untrennbar verbunden ist [...].

Punkt 7.

Herr [Anm.: der Antragsteller] erteilt seine ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund dieser Urkunde […] das Eigentumsrecht für [Anm.: die Zweitantragstellerin] einverleibt werden kann. [...]“

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Gesuchs durch das Erstgericht. Das Objekt der Schenkung sei im Schenkungsvertrag vom 19. 11. 2015 nicht genügend bestimmt bezeichnet, weil die geschenkten Miteigentumsanteile nicht eruierbar seien, sodass auch die Aufsandungserklärung unbestimmt bleibe und der Schenkungsvertrag nicht den Erfordernissen des § 32 Abs 1 lit a und b GBG entspreche. Nach § 1 Abs 1 lit d NotAktG bedürften Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe des Schenkungsgegenstands zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. Zwar sei auch bei ideellen Liegenschaftsanteilen eine wirkliche Übergabe möglich; die in Punkt III des Schenkungsvertrags [Anm.: gemeint vom 20. 11. 2015] enthaltene Klausel genüge diesen Erfordernissen nicht, weil es auch hier an der erforderlichen bestimmten Bezeichnung mangle. Zur Gültigkeit des Schenkungsvertrags sei daher die Notariatsaktsform erforderlich. Im Übrigen würden der Schenkungsvertrag und Nachtrag aufgrund der Änderung bzw Ergänzung hinsichtlich des Schenkungsgegenstands eine Einheit darstellen, weshalb auch der Nachtrag dem § 1 Abs 1 lit d NotAktG entsprechen müsse.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zur Klarstellung zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Wohnungseigentum wird gemäß § 5 Abs 3 WEG 2002 durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben. Ein wohnungseigentumstaugliches Objekt wird demnach erst durch die Einverleibung des Wohnungseigentums aufgrund eines in § 3 Abs 1 WEG geregelten Titels zu einem Wohnungseigentumsobjekt (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 5 WEG Rz 9). Ein „außerbücherliches“ Wohnungseigentum gibt es hingegen nicht (5 Ob 38/14w; Wieger in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht² § 5 WEG Rz 20).

2.1 Gemäß § 2 Abs 6 WEG ist Wohnungseigentumsbewerber derjenige, dem schriftlich, sei es auch bedingt oder befristet, von einem Wohnungseigentumsorganisator die Einräumung von Wohnungseigentum an einem bestimmten Objekt zugesagt wurde.

2.2 Bei Abschluss des Notariatsakts war zugunsten der Antragsteller zu TZ 3002/2014 die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG an W 2 und dem KFZ-Abstellplatz 1. UG/52 im Rang 2099/2014 angemerkt. Wohnungseigentum war an den genannten Objekten daher noch nicht begründet.

3.1 Eine solche Anmerkung ist auf Antrag des Wohnungseigentumsbewerbers oder des Wohnungseigentums-organisators im Grundbuch einzutragen. Sie bekundet die Tatsache, dass einer bestimmten Person die Einräumung von Wohnungseigentum an einem bestimmten Objekt zugesagt wurde (5 Ob 239/11z mwN; 5 Ob 6/16t mwN; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 40 WEG Rz 3) und bezweckt die (frühzeitige) grundbücherliche Sicherung des Wohnungseigentumsbewerbers, besonders die Sicherung seines Ranges zum Schutz gegen nachfolgende Veräußerung oder Belastung (5 Ob 139/16a; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 40 WEG Rz 6). Die danach angemerkten Wohnungseigentumsbewerber sind jedoch noch nicht Buchberechtigte. Die Anmerkung schafft daher nicht das Recht selbst, sondern nur die Anwartschaft auf einen bestimmten Rang des späteren Bucheintrags (5 Ob 279/05y; 5 Ob 70/15b; 5 Ob 24/18t ua).

3.2 Als Wohnungseigentumsbewerber kam dem Erstantragsteller kein Verfügungsrecht über den Gegenstand der Schenkung zu. Da niemand mehr Rechte übertragen kann als er besitzt (§ 442 ABGB; RIS‑Justiz RS0105991), konnte er mit dem Notariatsakt der Zweitantragstellerin auch keine Eigentumsrechte rechtswirksam übertragen. Entgegen der auch noch im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung der Antragsteller ist dieser Schenkungsvertrag daher kein „Rechtsgrund (Titel) der Übereignung der Wohnung“. Die Objekte W 2 und der KFZ-Abstellplatz 52 waren als Wohnungseigentumsobjekte rechtlich noch nicht existent und konnten daher auch nicht Gegenstand einer rechtlichen Verfügung durch den Erstantragsteller sein. Der darauf gerichtete Schenkungsvertrag entfaltete damit ebenso wie die darin enthaltene Aufsandungserklärung zunächst keine Rechtswirkung.

3.3 Damit war der Nachtrag zum Notariatsakt erforderlich, um den zunächst unwirksamen Vertrag überhaupt in Wirksamkeit zu setzen. Er ist essentieller Teil des Notariatsakts, soll dieser Titelurkunde sein, und bildet mit diesem eine Einheit (vgl RIS-Justiz RS0121908 [T1]).

4.1 Nach § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es kann nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt auch bezüglich der materiell-rechtlichen Frage keinerlei Zweifel aufkommen lässt (RIS-Justiz RS0060878). Durch den Inhalt der Urkunden erweckte, nicht restlos beseitigte Zweifel haben zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (RIS-Justiz RS0060573; RS0060878).

4.2 Nach § 1 Abs 1 lit d NotAktsG bedürfen Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. Die „wirkliche Übergabe“ im Sinn des § 943 ABGB muss nach außen erkennbar und so beschaffen sein, dass aus ihr der Wille des Schenkers hervorgeht, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (RIS-Justiz RS0011383; Bollenberger in KBB5 § 943 ABGB Rz 5). Der Ausdruck „wirkliche Übergabe“ bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens (RIS-Justiz RS0011295 [T2]; RS0018908 [T1]).

4.3 Grundsätzlich genügt im Grundbuchsverfahren dazu ein Hinweis in der Vertragsurkunde, dass die „Übergabe“ bereits erfolgt ist. Konkrete Übergabsakte müssen nicht dargestellt werden. Ein Notariatsakt ist dann entbehrlich (RIS-Justiz RS0018923). Bestehen aber aufgrund des Urkundeninhalts Zweifel, ob der Schenker die Liegenschaft tatsächlich „real“ aus der Hand gegeben hat, ist das Ansuchen auf Einverleibung des Eigentums des Geschenknehmers abzuweisen, wenn der Vertrag nicht in Form eines Notariatsakts abgeschlossen wurde (5 Ob 172/15b).

4.4 Um die Frage der Übertragung der Gewahrsame und damit der wirklichen Übergabe zu beantworten, ist auf den Wortlaut des Schenkungsvertrags abzustellen (5 Ob 82/15t mwN). In Punkt III. des Notariatsakts wird festgehalten, dass die „obengenannte Liegenschaft durch Begehung, Schlüsselübergabe und Übergabe der Verwaltungsunterlagen“ vor Vertragserrichtung übergeben worden sei. Eine wirkliche Übergabe ist zwar auch bei ideellen Miteigentumsanteilen möglich (5 Ob 21/94; Hagleitner in Kodek, Grundbuchsrecht² § 26 Rz 22), doch war zum damaligen Zeitpunkt Wohnungseigentum noch nicht begründet, sodass auch eine Übergabe von Mindestanteilen, verbunden mit Wohnungseigentum nicht stattfinden konnte. Unklar muss damit bleiben, was hier übergeben worden sein soll, zumal die Möglichkeit besteht, dass die Objekte, auf die sich das Schenkungsversprechen bezieht, noch gar nicht errichtet waren. Ob nach Begründung von Wohnungseigentum durch Einverleibung je eines halben Mindestanteils für die Antragsteller, verbunden mit Wohnungseigentum an den Objekten W 2 und KFZ-Abstellplatz 52 eine Übergabe im Sinn des § 943 ABGB erfolgte, geht aus dem Nachtrag vom 6. 12. 2017, der den Gegenstand der Schenkung erst nennt, nicht hervor. Das führt zur Abweisung des Begehrens, weil der Nachtrag zum Schenkungsvertrag nicht in Form eines Notariatsakts abgeschlossen wurde.

5. Da die Antragstellung auf der Basis der hier geltend gemachten vertraglichen Grundlagen nicht erfolgreich wiederholt werden kann, kommt es auf den weiteren vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgrund nicht mehr an (vgl RIS-Justiz RS0060544). Damit kann dahin stehen, ob die vom Rekursgericht aufgezeigte Diskrepanz (Notariatsakt vom 19. 11. 2015; Schenkungsvertrag vom 20. 11. 2015) eine Abweisung tragen könnte, oder ob der Begriff des Wohnungsrechts für sich genommen den Bestimmtheitskriterien des § 12 Abs 1 GBG entspricht (dazu RIS-Justiz RS0111929 [T1]; RS0011822 [T4]).

6. Dem Revisionsrekurs ist damit ein Erfolg zu versagen.

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