OGH 6Ob45/18p

OGH6Ob45/18p28.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. E*****, vertreten durch Salburg Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. C*****, 2. W*****, beide vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, 3. R*****, vertreten durch Hasch & Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, wegen 77.500 EUR sA, über die Revisionen der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. November 2017, GZ 1 R 156/17t‑17, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 11. August 2017, GZ 5 Cg 147/16m‑12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00045.18P.0328.000

 

Spruch:

Den Revisionen wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Streitteile sind mit weiteren Personen Miteigentümer der Liegenschaft Z*****straße 1B in W*****, und zwar der Kläger mit 100/3100 Anteilen, der Erstbeklagte mit 240/3100 Anteilen, der Zweitbeklagte mit 100/3100 Anteilen und der Drittbeklagte mit 60/3100 Anteilen. Das Eigentumsrecht besteht seit 2007 aufgrund des Kaufvertrags vom 19. 9. 2007.

Dem Erwerb der Liegenschaft lag ein Bauherrenmodell der P***** Gruppe (in der Folge kurz: Gruppe) zugrunde. Die von dieser Gruppe entwickelten Bauherrenmodelle wurden in mehreren Phasen abgewickelt. Die Mitglieder der Phasen 1 und 2 waren mit Vorarbeiten bezüglich der jeweiligen Projektentwicklung befasst, die Mitglieder der Phase 1 mit grundsätzlichen Projektentwicklungsarbeiten und die Mitglieder der Phase 2 vor allem mit der Akquise weiterer Bauherren (Interessenten). Die Mitglieder der Phasen 1 und 2 wurden als Gründungsmitglieder bezeichnet. Für diese Gründungsmitglieder bestand die Möglichkeit, sich die geleisteten Vorarbeiten bezogen auf das Projekt in Form von anrechenbaren Sacheinlagen abgelten zu lassen. Durch diese von den Gründungsmitgliedern für die einzelnen Mitglieder der Höhe nach bestimmten Sacheinlagen reduzierten sich die zu leistenden Einlagen bei Erwerb der Miteigentumsanteile.

Beim Projekt Z*****straße waren die Beklagten und andere Personen, nicht jedoch der Kläger Gründungsmitglieder der Phase 1. Unter Berücksichtigung der von ihnen geleisteten Vorarbeiten legten die Gründungsmitglieder für die einzelnen Mitglieder das jeweilige Verhältnis der Höhe der Bareinlage und der Sacheinlage fest. Dies führte beim Projekt Z*****straße dazu, dass hinsichtlich der Beklagten ausschließlich Sacheinlagen berücksichtigt wurden, und zwar beim Erstbeklagten 208.000 EUR, beim Zweitbeklagten 87.000 EUR und beim Drittbeklagten 52.200 EUR.

Ein geplantes Bauherrenprojekt der Gruppe konnte in den Phasen 1 und 2 trotz geleisteter Vorarbeiten noch zur Gänze verschwinden. Das Nichtrealisieren eines Projekts erfolgte dabei auf gänzliches Risiko der in diesen Phasen bereits vorhandenen Gründungsmitglieder. Für die schon geleisteten Vorarbeiten erhielten die Gründungsmitglieder der Phasen 1 und 2 im Fall der Nichtrealisierung eines Projekts keine Gegenleistung. In der Phase 3 waren jedoch die Realisierung des Projekts fix und auch die Finanzierung des Projekts gesichert. Dem Kläger war das Phasensystem der Bauherrenmodelle der Gruppe bekannt, wobei er beim Projekt Z*****straße erst in der Phase 3 zum Projekt kam und daher die gesamte errechnete Bareinlage zu leisten hatte.

Der zwischen allen Eigentümern der Liegenschaft Z*****straße abgeschlossene Miteigentümervertrag (Beilage ./A) lautet auszugsweise wie folgt:

 

„Präambel

Die Vertragsteile beabsichtigen, ideelle Miteigentumsanteile an der Liegenschaft … gemeinsam zu erwerben.

§ 1

Vertragsgegenstand und -zweck

Gegenstand dieses Vertrages ist die Regelung der wechselseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsteile als Miteigentümer (nachstehend auch als solche bezeichnet) der Liegenschaft hinsichtlich deren gemeinsamen Nutzung und Verwaltung und der Verteilung der damit verbundenen Aufwendungen und Erträge aller Art. Diesbezüglich gelten grundsätzlich die Bestimmungen der §§ 825 ff ABGB, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird.

Zweck und Zielsetzung der MEG ist es, alles Notwendige vorzukehren, um die gegenständliche Liegenschaft samt jeweiligem Zubehör ertragbringend vermieten zu können.

§ 2

Allgemeine Bestimmungen

[…]

2. Soweit dieser Miteigentümervertrag oder eine gesonderte Beschlussfassung nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, ist für jeden Beschluss die absolute Mehrheit der Miteigentumsanteile erforderlich und ausreichend.

[…]

6. Sollte der Fall eintreten, dass ein oder mehrere Miteigentümer einer sich aus dem Gesellschaftsverhältnis der MEG ergebenden Zahlungsverpflichtung – sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis – nicht nachkommen, kommt es zu einer Subsidiärhaftung der übrigen Miteigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Die übrigen Miteigentümer haben den jeweils auf sie entfallenden Betrag unverzüglich nach Aufforderung durch den gemeinsamen Vertreter bzw. Verwalter entsprechend dieser zu leisten.

[…]

7. Die Miteigentümer verpflichten sich, allfällige Verbindlichkeiten der Miteigentümergemeinschaft, so etwa Deckungslücken (Unterdeckungen) aufgrund von Erhöhungen von Aufwendungen aller Art und/oder Mindereinnahmen aller Art, insbesondere aufgrund von Währungs-, Zins- oder Mieterlösschwankungen oder etwa aus Überschreitungen am gemeinsamen Kreditkonto, aus zusätzlichen Eigenmitteln der Miteigentümer abzudecken, wenn dies vom gemeinsamen Vertreter bzw Verwalter der Miteigentümergemeinschaft oder der Mehrheit der Miteigentumsanteile verlangt wird.

Die Miteigentumsgemeinschaft beginnt mit dem Tag der letzten Unterschriftsleistung auf diesem Vertrag durch eine in der beiliegenden Liste angeführten Person [Anm des Senats: in dieser Liste sind die Miteigentümer mit ihren Anteilen – Vielfachen von 1/3100-stel – aufgeführt] und ist […]

§ 3

Kostentragung, Ertragsaufteilung

1. Die Miteigentümer tragen den von der MEG beschlossenen, wie auch den mit der Verwaltung und Erhaltung der Liegenschaft verbundenen Aufwand anteilig im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile und verpflichten sich, den auf sie jeweils entfallenden Anteil aus eigenen Mitteln oder selbst aufzunehmenden Fremdmitteln unverzüglich aufzubringen […]

2. Die aus der Vermietung eingehenden Mieterträge und sonstigen Erträge werden nach Abdeckung der Kosten sowie Tilgung aller Verbindlichkeiten der MEG im Verhältnis der Miteigentumsanteile aufgeteilt. […]

4. Aus den eingegangenen Mieten wird die MEG im Hinblick auf den zu erwartenden Einnahmenüberschuss laufende Akontozahlungen an die Miteigentümer verteilen.

5. Sofern eine Abdeckung sämtlicher Ausgaben aus den Mieterträgen nicht möglich ist, verpflichtet sich jeder Miteigentümer, den auf ihn entfallenden Anteil innerhalb von 14 Tagen nach Aufforderung durch den gemeinsamen Vertreter bzw. Verwalter auf das Gemeinschaftskonto der MEG einzuzahlen. Dies gilt auch für die Zahlungsverpflichtungen nach § 2 Abs. 6 und 7. [...]

§ 6

Hausverwaltung

Als Hausverwalter für die Liegenschaft wird für die Dauer von fünf Jahren die P***** Immobilienmanagement GmbH, *****, bestimmt […]

§ 7

Vertretung der Miteigentümergemeinschaft

Um die Interessensvertretung der MEG auch in Hinkunft zu gewährleisten, wird die P***** Immobilienmanagement GmbH, *****, zum bevollmächtigten Vertreter und Verwalter der Miteigentümergemeinschaft bestellt. Als Honorar hierfür werden 3 % der laufenden Mieteinnahmen festgelegt […]“

Der Kläger – und auch alle anderen Miteigentümer – schlossen mit der P***** Immobilienmanagement GmbH einen Management- und Geschäftsbesorgungsvertrag ab, mit welchem sich diese verpflichtete, die kaufmännische Betreuung des gesamten Projekts, die technische Betreuung des Abrisses des bestehenden Gebäudes und der Errichtung des neuen Gebäudes, die Finanzierung des gesamten Projekts Z*****straße, Vermietung des neuen Objekts und Zusatzleistungen im Rahmen des Projekts Z*****straße durchzuführen.

 

Der Kläger strebt mit seiner Klage die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von insgesamt 77.500 EUR an die Mitglieder der Miteigentümergemeinschaft Z*****straße auf deren gemeinsames Konto an, und zwar 35.000 EUR hinsichtlich des Erstbeklagten, 25.000 EUR hinsichtlich des Zweitbeklagten und 17.500 EUR hinsichtlich des Drittbeklagten. Die Beklagten hätten vereinbarungswidrig die von ihnen für ihre Anteile aufzubringenden und bar einzuzahlenden Eigenmittel (Erstbeklagter 208.000 EUR, Zweitbeklagter 87.000 EUR, Drittbeklagter 52.000 EUR) nicht geleistet, weil sie von ihnen erbrachte „Sachleistungen“, die für die Gesellschaft einen Wert von 347.000 EUR gehabt hätten, behaupten. Eine derartige Berücksichtigung von Sacheinlagen hätte allerdings im Gesellschaftsvertrag Beilage ./A geregelt werden müssen, was hinsichtlich des Klägers und der anderen Bauherren (Interessenten) der Phase 3 nie erfolgt sei; ein interner Aktenvermerk der Gründungsmitglieder sei den Bauherren gegenüber, die diesen bei Vertragsabschluss nicht gekannt hätten, nicht verbindlich. Jeweils die Hälfte der eingeklagten Beträge sei 2007 und 2008 fällig gewesen.

Die Beklagten wendeten ein, sie hätten als Gründungsmitglieder die Anrechnung der erbrachten Sachleistungen vereinbart, die hinzutretenden Bauherren hätten Rentabilitätsberechnungen zum Projekt erhalten, aus denen die Erbringung von Sachleistungen hervorgegangen sei. Die Berücksichtigung der Sachleistungen sei aufgrund der Dispositions- und Formfreiheit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zulässig und wirksam gewesen; aus dem Miteigentümervertrag Beilage ./A, der beim dritten Investorentreffen am 20. 4. 2007 unterfertigt worden sei, gehe nicht hervor, dass die Gründungsmitglieder die Einlagen in bar hätten erbringen müssen. Es sei vereinbart gewesen, dass die Anteile des Drittbeklagten an der Miteigentümergemeinschaft als Gegenleistung für seine Vorleistungen gewährt werden. Daher seien keine Bareinlagen gefordert worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Voraussetzung für eine Berechtigung des Klagebegehrens wäre das Bestehen eines Fehlbetrags hinsichtlich der den Miteigentumsanteil entsprechenden Einlagen gewesen. Aus dem Miteigentümervertrag ergebe sich keine Verpflichtung der Miteigentümer, diese Einlagen ausschließlich in Form von Geldleistungen zu erbringen. Die Beklagten hätten hinsichtlich des Projekts Z*****straße Sachleistungen erbracht, die durch Entscheidung/Beschluss der Gründungsmitglieder des Projekts in unterschiedlicher Höhe als Sacheinlagen bewertet worden seien.

Das Berufungsgericht gab mit Teilurteil dem Hauptbegehren statt, hob das Ersturteil hinsichtlich des Zinsenbegehrens auf und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation in Bezug auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts.

In der Sache selbst vertrat es die Auffassung, mit Unterzeichnung des Miteigentümervertrags Beilage ./A sei diese als neue Gesellschaft gegründet worden, die „Gründungsgesellschaft“ sei zu diesem Zeitpunkt beendet gewesen. Zwar könnten auch Arbeitsleistungen von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Anteil am Hauptstamm verschaffen, hiefür sei aber eine besondere Vereinbarung der Gesellschafter erforderlich. Eine solche Vereinbarung der Gesellschafter der MEG Z*****straße sei nicht festgestellt worden. Die festgestellte Festlegung der „Sachleistungen“ (Anrechnung und Bewertung von Vorarbeiten im internen Aktenvermerk) durch die Gründungsgesellschafter sei daher für die Miteigentümergemeinschaft nicht bindend, sofern deren Mitglieder nicht zustimmten bzw die Anrechnung und Bewertung der „Sachleistungen“ nicht Eingang in den Gesellschaftsvertrag fänden. Eine entsprechende Bestimmung finde sich nicht im Gesellschafts- bzw Miteigentümervertrag. Das Zustandekommen einer schlüssigen Vereinbarung, auf die sich die Beklagten ohnehin nicht substantiiert berufen hätten, sei nicht anzunehmen. Die allfällige Kenntnis aller späteren Mitglieder der MEG von der Vorgangsweise der Gründungsmitglieder allein genüge hiefür ebenso wenig wie die allfällige Erkennbarkeit von Sacheinlagen aus den Rentabilitätsberechnungen. Aufgrund der Unwirksamkeit der Anrechnung von Sacheinlagen gegenüber der MEG sei eine Verletzung der Beitragspflicht (Nicht- oder Schlechtleistung) anzunehmen. Hierbei sei von Bedeutung, dass der Gesellschaftsvertrag weder den unentgeltlichen noch schlechthin den entgeltlichen Geschäften zugezählt werden könne. Bei unbehebbaren Mängeln einer Sacheinlage sei der betroffene Gesellschafter zum Wertersatz in Geld verpflichtet. Auch eine Minderung sei nur modifiziert möglich; es bestehe auch hier eine Pflicht des Gesellschafters zur Zahlung eines Ersatzbetrags. Der Kläger fordere daher zu Recht eine Geldleistung an die MEG, die entsprechend dem jeweiligen Anteil der Beklagten in den Klagsbeträgen jedenfalls Deckung finde. Es sei demnach nicht entscheidend, dass sich entgegen der Ansicht des Klägers aus den Verträgen, insbesondere dem Miteigentümervertrag Beilage ./A, keine Verpflichtung zur Leistung von Bareinlagen ableiten lasse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig; sie sind auch berechtigt.

1.  Dass die Streitteile in der Rechtsbeziehung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 1175 ff ABGB stehen, ist nicht weiter strittig.

Auch wenn die Vorinstanzen keine konkreten Feststellungen zum Zeitpunkt der Errichtung der „Vorgründungsgesellschaft“ und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Miteigentümervertrags Beilage ./A getroffen haben, so lassen sich der Aktenlage doch zwanglos jeweils Zeitpunkte vor dem 1. 1. 2015 entnehmen (vgl die Feststellung des Erstgerichts, wonach das Eigentumsrecht der Streitteile an der Z*****straße seit September 2007 besteht, weiters die Aussage des Erstbeklagten, wonach das Projekt etwa Mitte 2006 begonnen habe, oder das Vorbringen der Beklagten, wonach der Miteigentümervertrag Beilage ./A am 20. 4. 2007 geschlossen wurde).

Mit 1. 1. 2015 traten die §§ 1175 bis 1216e ABGB in der Fassung des GesbR-RG BGBl I 2014/83 (das zur Gänze neu formulierte 27. Hauptstück des zweiten Teils [„Von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts“]) in Kraft (§ 1503 Abs 5 Z 1 Satz 1 ABGB). Soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind auf „Sachverhalte“, die sich vor dem 1. 1. 2015 ereigneten, die bisher geltenden Bestimmungen des 27. Hauptstücks des zweiten Teils des ABGB weiter anzuwenden (§ 1503 Abs 5 Z 1 Satz 2 ABGB).

Da die anspruchsbegründenden Umstände, auf die sich der Kläger stützt, vor dem 1. 1. 2015 liegen, ist daher das alte Recht anzuwenden (vgl 10 Ob 77/15v; Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ [2017] § 1175 ABGB Rz 7).

Unbeschadet des Vorrangs gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen sieht § 1503 Abs 5 Z 2 ABGB in Bezug auf das „Innenrecht“ (§§ 1182 bis 1196, §§ 1203 bis 1205, §§ 1208 bis 1211, § 1213 und § 1214 Abs 1 ABGB nF) für Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die vor dem 1. 1. 2015 gebildet wurden („Altgesellschaften“),– abweichend vom grundsätzlichen Inkrafttreten der Neuregelung mit 1. 1. 2015 – ein verspätetes Inkrafttreten erst mit 1. 7. 2016 vor, wenn keiner der Gesellschafter bis 30. 6. 2016 erklärt hat, das „alte“ Recht beibehalten zu wollen. Dass von dieser Option im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht wurde, ist jedoch weder festgestellt noch behauptet worden.

2.  Der Kläger ist gemäß der zwingenden Bestimmung des § 1188 ABGB nF berechtigt, im eigenen Namen zugunsten aller Gesellschafter gemeinsam die Erfüllung gesellschaftsbezogener Verpflichtungen eines Gesellschafters einzufordern (actio pro socio; vgl RIS-Justiz RS0113443). Die Bestimmung erfasst insbesondere Ansprüche der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter auf die Erfüllung von Beitragsleistungen (vgl 6 Ob 61/16p).

3.1.  Von den Feststellungen der Vorinstanzen über die Durchführung der von der Gruppe entwickelten Bauherrenmodelle in mehreren Phasen ausgehend vertreten die Beklagten im Revisionsverfahren die Auffassung, beim Kläger habe es sich um einen neu hinzutretenden Gesellschafter gehandelt, der aufgrund der vorhandenen Unterlagen, aus denen sich auch die Eigenmittel samt den bereits berücksichtigten Sachleistungen (gemeint: der Beklagten) ergeben hätten, frei habe entscheiden können, ob er sich an dem Bauherrenmodell zu den gegebenen Parametern beteiligt; mit dem Erwerb der Beteiligung habe er die Bedingungen akzeptiert.

Damit unterstellen die Beklagten das Vorhandensein einer einzigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in den Gründungsphasen 1 und 2 aus den (sachleistungsberechtigten) Gründungsmitgliedern bestanden habe und der in der Phase 3 die (ausschließlich geldleistungspflichtigen) Miteigentümer beigetreten seien, also Gesellschaftsanteile übernommen hätten. Sie übersehen dabei allerdings, dass sie im Verfahren erster Instanz ausdrücklich ausgeführt haben, die „Vorgründungsgesellschaft“ sei von der MEG Z*****straße zu trennen; mit Abschluss des Miteigentümervertrags Beilage ./A sei der Zweck der „Vorgründungsgesellschaft“, künftig eine Miteigentümergesellschaft (MEG) zu gründen, beendet gewesen, weshalb eine Identität oder sonstige ableitbare Rechtsnachfolge zwischen den beiden Gesellschaften nicht bestanden habe (vgl etwa ON 8).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, mit der Unterfertigung des Miteigentümervertrags Beilage ./A sei eine neue Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebildet worden, die „Vorgründungsgesellschaft“ sei zu diesem Zeitpunkt beendet gewesen, ist somit nicht zu beanstanden.

3.2.1.  Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ausdrücklich oder stillschweigend gegründet werden; der Gesellschaftsvertrag bedarf nicht der Schriftform, sondern kann mündlich geschlossen werden (RIS-Justiz RS0022210). Dies gilt auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrags, den Wechsel von Gesellschaftern und den Beitritt neuer (weiterer) Gesellschafter. Es ist den Gesellschaftern dabei anheimgestellt, was sie im Gesellschaftsvertrag einem Mitglied an Beitragsleistungen anrechnen und mit welchem Betrag (RIS-Justiz RS0022120).

3.2.2.  Gemäß § 1182 ABGB aF besteht das Kapital (der Hauptstamm des Vermögens) einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus der Summe aller dem gemeinsamen Geschäftsbetrieb gewidmeten vermögenswerten Einlagen der Gesellschafter (1 Ob 155/05h; Jabornegg/Resch/Slezak in Schwimann/Kodek , ABGB 4 [2014] § 1182 Rz 1; vgl Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ [2017] § 1182 ABGB Rz 25). Zu einer Einlage kann sich ein Gesellschafter nur im Gesellschaftsvertrag oder in einem Nachtrag dazu verpflichten ( Wahle in Klang ² V, 589).

Üblicherweise wird zwischen Bar- und Sacheinlagen unterschieden, je nach dem, ob Geld (auch Buchgeld) oder Sachwerte eingebracht werden. Sachwerte können körperliche und unkörperliche Sachen, aber auch Nutzungsrechte sein (1 Ob 142/70; Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ [2017] § 1182 ABGB Rz 25 mwN).

3.2.3.  Den Gesellschaftern steht es frei, was sie im Gesellschaftsvertrag einem Mitglied als Kapitaleinlage anrechnen wollen und mit welchem Betrag sie dies tun (RIS‑Justiz RS0022120; Jabornegg/Resch/Slezak in Schwimann/Kodek , ABGB 4 [2014] § 1182 Rz 3). Über- und Unterbewertungen sind bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit zulässig ( Jabornegg/Resch/Slezak in Schwimann/Kodek , ABGB 4 [2014] § 1182 Rz 3 mwN). Fehlt eine vertragliche Festsetzung, richtet sich die Anteilsberechnung nach dem Verhältnis der Einlagenwerte im Zeitpunkt der Einbringung (1 Ob 155/05h; Jabornegg/Resch/Slezak in Schwimann/Kodek , ABGB 4 [2014] § 1182 Rz 3). Die Zugehörigkeit einer Sache zum Hauptstamm wird durch die einvernehmliche Widmung begründet (RIS-Justiz RS0022116; Jabornegg/Resch/Slezak in Schwimann/Kodek , ABGB 4 [2014] § 1182 Rz 4). Die Widmung kann auch durch konkludentes Verhalten der Gesellschafter vorgenommen werden ( Jabornegg/Resch/Slezak in Schwimann/Kodek , ABGB 4 [2014] § 1182 Rz 5; Wittmann-Tiwald in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.00 § 1182 Rz 6). In Ermangelung vertraglicher Vereinbarungen hat gemäß dem dispositiven (5 Ob 82/05b) § 1184 ABGB aF jeder Gesellschafter einen gleichen Anteil zum gemeinschaftlichen Hauptstamm beizutragen, wobei dies aber nur bedeutet, dass der Wert der Beiträge gleich hoch sein soll, nicht jedoch, dass jeder dasselbe einzubringen hat (vgl 3 Ob 564/86; Jabornegg/Resch/Slezak in Schwimann/Kodek , ABGB 4 [2014] § 1182 Rz 5). Mangels Vereinbarung sind die geleisteten Beiträge grundsätzlich mit ihrem verkehrsüblichen Wert anzusetzen ( Grillberger in Rummel , ABGB³ [2002] § 1184 ABGB Rz 2; Wittmann-Tiwald aaO § 1184 Rz 4).

4.1.  Die Frage, ob die Beklagten zu einer Bareinlagenleistung jedenfalls in der vom Kläger begehrten Höhe verpflichtet sind, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.

4.2.  Die Beklagten behaupten, die Ergebnisse, die aus den abgeschlossenen, von ihnen und den anderen „Gründungsmitgliedern“ im Stadium der „Vorgründungsgesellschaft“ erbrachten Arbeitsleistungen entstanden seien und die als Grundlage für die weitere Geschäftstätigkeit der MEG haben genutzt werden können, stellten den Gegenstand der Sacheinlagen dieser Mitglieder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar, für die ihnen Kapitalanteile in Höhe von Vielfachen eines 1/3100stel gewährt worden seien. Die Einbringung sei konkludent erfolgt.

4.3.  Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von den „Gründungsmitgliedern“ über die von ihnen einzulegenden Barmittel und Sachwerte sowie die dafür gewährten Kapitalanteile getroffene Festlegung nur dann Inhalt des Gesellschaftsvertrags der MEG sind, wenn alle übrigen Mitglieder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts dem zumindest konkludent zugestimmt haben.

Auch der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Rentabilitätsberechnung keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer dem Maßstab des § 863 ABGB entsprechenden konkludenten Zustimmung bildet, ist nicht entgegenzutreten. Aus der Berechnung lässt sich nicht entnehmen, wer von den „Gründungsmitgliedern“ und in welcher Höhe Geld und/oder einen Sachwert, für die Kapitalanteile gewährt wurden, einzulegen hatte und wie der Sachwert bewertet wurde.

4.4.  Die Beklagten brachten aber vor, die Vorgehensweise hinsichtlich der Sacheinlagen sei den späteren Investoren bekannt gewesen. Die Gründungsgesellschafter hätten im Zug der Bauherrenversammlungen gegenüber den weiteren Investoren deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Entstehung einer Bauherrengemeinschaft üblicherweise von den Vorleistungen diverser Gründungsgesellschafter abhängig sei. In dieser kleineren Bauherrengemeinschaft habe die Vorentwicklung des Projekts stattgefunden, woraus sich in weiterer Folge eine große Bauherrengemeinschaft entwickelte. Diese Vorgangsweise sei für alle Beteiligten transparent und zu deren Vorteil gewesen (ON 4 = AS 12). Das Berufungsgericht hat aber dieses Vorbringen der Beklagten zu Unrecht nicht beachtet. War den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – worauf dieses Vorbringen ausreichend deutlich hinweist – bekannt, dass die Beklagten die Gewährung ihrer Kapitalanteile ohne Verpflichtung zur Leistung einer Bareinlage, sondern im Hinblick allein auf die von ihnen für das Projekt erbrachten Vorleistungen beanspruchten, und wurden den Beklagten daraufhin ihre Kapitalanteile gewährt, wären die Beklagten zu einer Bareinlage nicht verpflichtet.

4.5.  Der Miteigentümervertrag Beilage ./A, der– jedenfalls zum Teil – die gesellschaftsvertragliche Grundlage für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Miteigentümergemeinschaft Z*****straße darstellt, enthält (unter anderem auch hinsichtlich der Streitteile) zwar die jeweils zustehenden (ideellen) Miteigentumsanteile, nicht jedoch die von den „Gründungsmitgliedern“ und den Interessenten zu erbringenden Einlagen; die Vorinstanzen haben diesbezüglich auch keinerlei Feststellungen getroffen. Der Kaufvertrag betreffend die Z*****straße (Beilage ./D) wiederum weist lediglich die auf die einzelnen Miteigentümer entfallenden Kaufpreisanteile aus und enthält die Verpflichtung der Käufer, den Kaufpreis an einen Treuhänder zur Überweisung zu bringen, widrigenfalls der Verkäuferin ein Rücktrittsrecht vom Vertrag eingeräumt wird. Nach § 2 Punkt 7. des Miteigentümervertrags Beilage ./A verpflichteten sich die Miteigentümer, allfällige Verbindlichkeiten der Miteigentümergemeinschaft, so etwa näher bezeichnete Deckungslücken (Unterdeckungen), aus zusätzlichen Eigenmitteln abzudecken; nach § 2 Punkt 6. des Vertrags besteht eine Subsidiärhaftung der übrigen Miteigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile, sollten ein oder mehrere Miteigentümer einer sich aus dem Gesellschaftsverhältnis der Miteigentümergemeinschaft Z*****straße ergebenden Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen.

Diesen vertraglichen Unterlagen, auf die sich der Kläger zur Begründung der von ihm erhobenen Ansprüche primär stützt (vgl etwa ON 7), lassen sich zwar (möglicherweise) die Kapitalanteile der einzelnen Gesellschafter entnehmen, nicht aber deren (allfällige) Verpflichtungen zur Einbringung von Geld- und/oder Sacheinlagen.

4.6.  Allerdings hat der Kläger bereits in der Klage ausdrücklich vorgebracht, es sei „vereinbart [worden], dass für den Anteil des Erstbeklagten Eigenmittel in Höhe von 208.000 EUR, für den Anteil des Zweitbeklagten Eigenmittel in Höhe von 87.000 EUR und für den Anteil des Drittbeklagten [Eigenmittel in Höhe von] 52.000 EUR aufgebracht und von diesen in bar einbezahlt werden“; dies sei vereinbarungswidrig nie geschehen. Da der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht der Schriftform bedarf, sondern auch mündlich geschlossen werden kann, wäre es nicht ausgeschlossen, dass eine wirksame Einzahlungsverpflichtung der Beklagten außerhalb der vorliegenden Vertragsurkunden, also auch mündlich (der Kläger hat sich im Verfahren erster Instanz dazu auf seine Parteienvernehmung berufen), vereinbart wurde.

4.7.  Dies und das unter Punkt 4.4. dargestellte Vorbringen der Beklagten wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren mit den Parteien zu erörtern und hiezu Feststellungen zu treffen haben.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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