OGH 2Ob155/16g

OGH2Ob155/16g14.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Vizepräsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *, vertreten durch Kosesnik‑Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 36.000 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juli 2014, GZ 4 R 129/14s‑23, mit dem infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. April 2014, GZ 39 Cg 88/12b‑15, aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120267

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, dass die Entscheidung wie folgt lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, es binnen drei Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt, und/oder in dabei verwendeten Vertragsformblättern die nachstehend genannten oder sinngleiche Klauseln zu verwenden; sie ist weiters schuldig, es ab sofort zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen:

1. Abweichende Bedingungen des Bestellers erkennt A*.de nicht an, es sei denn, A*.de hätte ausdrücklich schriftlich ihrer Geltung zugestimmt.

2. Falls Sie aktuell oder in Zukunft von A*.de angebotene Dienstleistungen und Services nutzen (z.B. A* MP3 Music Service oder Prime), gelten zusätzlich zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen diejenigen Richtlinien und Geschäfts‑ oder Nutzungsbedingungen, die für den jeweiligen Service Anwendung finden. Diese Regelungen gehen für den Fall, dass sie im Widerspruch zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor.

3. Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E‑Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache widerrufen.

4. Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde, zur Lieferung von Audio‑ oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten.

5. Falls A*.de ohne eigenes Verschulden zur Lieferung der bestellten Ware nicht in der Lage ist, weil der Lieferant von A*.de seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt, ist A*.de dem Besteller gegenüber zum Rücktritt berechtigt. In diesem Fall wird der Besteller unverzüglich darüber informiert, dass das bestellte Produkt nicht zur Verfügung steht. Die gesetzlichen Ansprüche des Bestellers bleiben unberührt.

6. Bei Zahlung auf Rechnung sowie in sonstigen Fällen bei berechtigtem Anlass prüft und bewertet A*.de die Datenangaben der Besteller und pflegt einen Datenaustausch mit anderen Unternehmen innerhalb des A*‑Konzerns, Wirtschaftsauskunfteien und ggf. der B* GmbH & Co. KG, *, Deutschland.

7. Kommt der Besteller in Zahlungsverzug, so ist A*.de berechtigt, Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem von der Europäischen Zentralbank bekannt gegebenen Basiszinssatz p.a. zu fordern. Falls A*.de ein höherer Verzugsschaden nachweisbar entstanden ist, ist A*.de berechtigt, diesen geltend zu machen.

8. Bei Zahlung auf Rechnung wird zuzüglich eventuell anfallender Versandkosten für den Komplettversand einmalig eine Gebühr von 1,50 EUR inklusive Mehrwertsteuer pro Lieferung berechnet. Der Besteller wird vor Vertragsschluss stets gesondert darüber informiert, ob diese Gebühr anfällt.

9. Für die Entscheidung über die Nutzung der Zahlungsart Rechnungskauf verwenden wir – neben eigenen Daten – Wahrscheinlichkeitswerte zur Beurteilung des Ausfallrisikos, welche wir von der B* GmbH & Co. KG, * sowie der i* GmbH, * beziehen. Die Berechnungen der Wahrscheinlichkeitswerte basieren auf einem wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahren. Die genannten Unternehmen werden ferner zur Validierung der von Ihnen angegebenen Adressdaten eingesetzt.

10. Ein Recht zur Aufrechnung steht dem Besteller nur zu, wenn seine Gegenansprüche rechtskräftig festgestellt oder von A*.de unbestritten sind. Außerdem ist er zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts nur insoweit befugt, als sein Gegenanspruch auf dem gleichen Vertragsverhältnis beruht.

11. Entscheidet sich der Nutzer, auf A*.de Inhalte (z.B. Kundenrezensionen) einzustellen, gewährt er A*.de eine für die Dauer des zugrunde liegenden Rechts zeitlich und örtlich unbeschränkte und ausschließliche Lizenz zur weiteren Verwendung der Inhalte für jegliche Zwecke online wie offline.

12. Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN‑Kaufrechts.

Die klagende Partei wird ermächtigt, den Spruch der über das Unterlassungs- und das Veröffentlichungsbegehren ergehenden Entscheidung binnen sechs Monaten ab deren Rechtskraft einmal auf Kosten der beklagten Partei im redaktionellen Teil einer bundesweit erscheinenden Samstagausgabe der „Kronen-Zeitung“ zu veröffentlichen, und zwar in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, in Fettdruckumrandung und mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 30.914,91 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen und des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (darin 4.317 EUR Barauslagen, 4.483,32 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Sie betreibt ein Versandhandelsunternehmen und wendet sich über ihre deutschsprachige Website auch an Verbraucher in Österreich. Hier hat sie keine Niederlassung. Ihren im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Verträgen legte sie jedenfalls bis Mitte 2012 Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde, die unter anderem die im Spruch angeführten zwölf Klauseln enthielten (die Nummerierung erfolgt nach dem Klagebegehren). Die Klauseln 1 bis 11 regelten materiell‑rechtliche Fragen, Klausel 12 betraf das anwendbare Recht und lautete wie folgt: „Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN‑Kaufrechts.“

Der Kläger ist ein nach § 29 KSchG klagebefugter Verein. Er beantragt, der Beklagten zu untersagen, die genannten oder sinngleiche Klauseln im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Österreich zu verwenden oder sich darauf zu berufen, weiters begehrt er die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils in einer österreichweit erscheinenden Tageszeitung. Sein Begehren stützt er auf österreichisches Recht, da die Rechtswahl in Klausel 12 unwirksam sei.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Begehrens und die Ermächtigung zur Veröffentlichung des abweisenden Urteils. Aufgrund von Klausel 12 sei luxemburgisches Recht anwendbar; die Klauseln seien aber auch bei Anwendung österreichischen Rechts unbedenklich. Jedenfalls unanwendbar sei österreichisches Datenschutzrecht; die Klauseln 6, 9 und 11 seien daher nach luxemburgischem Recht zu beurteilen und danach zulässig.

Das Erstgericht gab dem Klagebehren zu den Klauseln 1 bis 7 und 9 bis 12 statt und ermächtigte den Kläger insofern zur Urteilsveröffentlichung. Das Begehren zu Klausel 8 wies es ebenso ab wie den Antrag der Beklagten auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Es nahm an, dass die in Klausel 12 enthaltene Rechtswahl unzulässig sei und prüfte die Klauseln daher – abgesehen von der von ihm angenommenen Anwendbarkeit luxemburgischen Datenschutzrechts – nach österreichischem Recht. Danach sei nur die Klausel 8 zulässig, die anderen seien zu verbieten. Bei jenen Klauseln, bei denen die Klägerin (auch) eine Verletzung des – tatsächlich nicht anwendbaren – österreichischen Datenschutzrechts geltend gemacht habe, ergebe sich die Unzulässigkeit (auch) aus einem Verstoß gegen das Transparenzgebot in § 6 Abs 3 KSchG.

Das Vorbringen der Parteien und die Erwägungen des Erstgerichts zu den Klauseln 1 bis 11 werden bei der Prüfung der einzelnen Klauseln dargestellt (unten 4.).

Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil infolge Berufungen beider Parteien auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu.

Nach Art 6 Abs 2 Rom I-VO sei eine Rechtswahl grundsätzlich auch in Verbrauchersachen iSv Art 6 Abs 1 Rom I-VO möglich, sie dürfe nur nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz zwingender Bestimmungen des Rechts des Staates seines gewöhnlichen Aufenthalts entzogen werde. Im vorliegenden Fall sei daher zunächst zu prüfen, ob eine wirksame Rechtswahl vorliege, was nach Art 3 Abs 5 iVm Art 10 Abs 1 Rom I-VO nach luxemburgischem Recht zu beurteilen sei. Dieses Recht sei zu ermitteln; sei die Rechtswahl danach wirksam, habe die Prüfung der Klauseln in Form eines Günstigkeitsvergleichs mit dem österreichischen Recht zu erfolgen. Der Rekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Bedeutung von Rechtswahlklauseln in Verbandsklageverfahren fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich ein Rekurs des Klägers. Er hält daran fest, dass die Klauseln ausschließlich nach österreichischem Recht zu beurteilen seien, und strebt auf dieser Grundlage eine zur Gänze stattgebende Sachentscheidung an, hilfsweise beantragt er eine Aufhebung in die zweite Instanz.

Die Beklagte beantragt in der Rekursbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses, hilfsweise eine abweisende Entscheidung in der Sache. Sie teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass zunächst die Wirksamkeit der Rechtswahl geprüft werden müsse. Ergebe sich daraus die Anwendbarkeit luxemburgischen Rechts, könne österreichisches Recht nur im Weg eines Günstigkeitsvergleichs zur Prüfung der Klauseln herangezogen werden; jedenfalls sei aber nur luxemburgisches Datenschutzrecht anzuwenden, woraus sich die Zulässigkeit der Klauseln 6, 9 und 11 ergebe. Die übrigen Klauseln seien auch nach österreichischem Recht unbedenklich.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist auch berechtigt.

1. Der Senat ersuchte den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zur Frage des anwendbaren Rechts (2 Ob 204/14k). Dieser entschied mit Urteil vom 28. Juli 2016, C‑191/15 , VKI/Amazon EU Sàrl, wie folgt:

1. Die [Rom I-VO] und die [Rom II-VO] sind dahin auszulegen, dass unbeschadet des Art 1 Abs 3 beider Verordnungen das auf eine Unterlassungsklage im Sinne der [RL 2009/22/EG , UnterlassungsklagenRL], die sich gegen die Verwendung vermeintlich unzulässiger Vertragsklauseln durch ein in einem Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen richtet, das im elektronischen Geschäftsverkehr Verträge mit Verbrauchern abschließt, die in anderen Mitgliedstaaten, insbesondere im Staat des angerufenen Gerichts, ansässig sind, anzuwendende Recht nach Art 6 Abs 1 [Rom II‑VO] zu bestimmen ist, während das bei der Beurteilung einer bestimmten Vertragsklausel anzuwendende Recht stets anhand der [Rom I‑VO] zu bestimmen ist, unabhängig davon, ob diese Beurteilung im Rahmen einer Individualklage oder einer Verbandsklage vorgenommen wird.

2. Art 3 Abs 1 der [RL 93/13/EWG , KlauselRL] ist dahin auszulegen, dass eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Gewerbetreibenden enthaltene Klausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde und nach der auf einen auf elektronischem Weg mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden ist, in dem der Gewerbetreibende seinen Sitz hat, missbräuchlich ist, sofern sie den Verbraucher in die Irre führt, indem sie ihm den Eindruck vermittelt, auf den Vertrag sei nur das Recht dieses Mitgliedstaats anwendbar, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art 6 Abs 2 der Verordnung Nr. 593/2008 auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts genießt, das ohne diese Klausel anzuwenden wäre; dies hat das nationale Gericht im Licht aller relevanten Umstände zu prüfen.

3. Art 4 Abs 1 lit a der [RL 95/46/EG , DatenschutzRL] ist dahin auszulegen, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch ein im elektronischen Geschäftsverkehr tätiges Unternehmen dem Recht jenes Mitgliedstaats unterliegt, auf den das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ausrichtet, wenn sich zeigt, dass das Unternehmen die fragliche Datenverarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung vornimmt, die sich in diesem Mitgliedstaat befindet. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob dies der Fall ist.

2. Aufgrund dieser Entscheidung ist die in Klausel 12 enthaltene Wahl luxemburgischen Rechts unwirksam. Dies führt zur Prüfung der Klauseln 1 bis 11 nach österreichischem Recht.

2.1. Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Verwendung der Klauseln im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern, deren gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich liegt. Der Unterlassungsanspruch als solcher ist daher schon nach Art 6 Abs 1 Rom II-VO nach österreichischem Recht als dem Recht des Marktortes zu beurteilen. Dies betrifft etwa Fragen der Reichweite des Unterlassungsanspruchs (Verbot von „sinngleichen“ Klauseln) und der Wiederholungsgefahr. Davon getrennt ist zu prüfen, nach welchem Recht die Frage der Missbräuchlichkeit der einzelnen Klauseln zu beurteilen ist. Dieses Recht ist nach der Entscheidung des EuGH durch Anwendung der Rom I-VO zu ermitteln.

2.2. Unstrittig ist, dass die Beklagte Verträge mit Verbrauchern schließt, ihre Tätigkeit (auch) auf Österreich ausrichtet und die angestrebten Verträge in den Bereich dieser Tätigkeit fallen. Daher ist die Verbraucherschutzvorschrift des Art 6 Rom I-VO anwendbar. Die objektive Anknüpfung nach Abs 1 dieser Bestimmung führte zur Anwendung österreichischen Rechts. Davon kann zwar nach Art 6 Abs 2 Rom I-VO mit Rechtswahl iSv Art 3 Rom I-VO abgewichen werden. Die Rechtswahl kann aber nach dieser Bestimmung nicht dazu führen, dass in Österreich ansässigen Verbrauchern der Schutz zwingender Bestimmungen des österreichischen Rechts entzogen würde.

2.3. Klausel 12 enthält eine Wahl luxemburgischen Rechts. Wäre sie wirksam, so wäre auf Verträge mit in Österreich ansässigen Verbrauchern grundsätzlich luxemburgisches Recht anzuwenden; die Klauseln müssten daher jedenfalls den Bestimmungen dieses Rechts entsprechen. Allerdings blieben die Verbraucher durch die zwingenden Bestimmungen des österreichischen Rechts geschützt. Im Ergebnis wäre die Verwendung von Klauseln daher jedenfalls dann zu untersagen, wenn sie gegen solche Bestimmungen des österreichisches Rechts verstießen. Es kann offen bleiben, ob auf dieser Grundlage in einem Verbandsprozess tatsächlich – was die Beklagte annimmt – immer auch eine Prüfung nach luxemburgischem Recht erfolgen müsste. Denn behauptet der Kläger nur einen Verstoß gegen zwingendes österreichisches Recht, liegt nahe, nur diesen Verstoß zu prüfen. Wird er bejaht, ist unerheblich, ob die Klausel auch nach dem gewählten Recht unzulässig wäre oder nicht.

2.4. Auf diese Frage kommt es hier aber nicht an. Denn aus Punkt 2 der Vorabentscheidung ergibt sich, dass eine Rechtswahlklausel missbräuchlich iSv Art 3 Abs 1 KlauselRL (RL 93/13/EWG ) ist, wenn sie keinen Hinweis auf den ergänzenden Schutz durch Anwendung der zwingenden Bestimmungen des Verbraucherstaatrechts enthält (Rott, Das IPR der Verbraucherverbandsklage, EuZW 2016, 733 [735 f]; Mankowski. Verbandsklagen, AGB-Recht und Rechtswahlklauseln in Verbraucherverträgen, NJW 2016, 2705 [2708]; Dorfmayr/Komuczky, Anwendbares Recht bei der Kontrolle von AGB im Verbandsprozess, ZfRV 2016, 268 [272]). Zwar ist die Wirksamkeit der Rechtswahlklausel nach Art 3 Abs 5 iVm Art 10 Abs 1 Rom I-VO grundsätzlich nach dem gewählten Recht zu beurteilen, hier also nach luxemburgischem Recht. Dieses Recht ist aber, da Luxemburg der Europäischen Union angehört, richtlinienkonform auszulegen (Stadler, Die AGB-Kontrolle von Rechtswahlklauseln – Der Fall „Amazon“, VbR 2016, 168 [171]). Das Fehlen eines Hinweises auf den Schutz durch die zwingenden Bestimmungen des Verbraucherrechts muss daher auch nach diesem Recht zur Qualifikation der Klausel als missbräuchlich führen. Das hat nach der Rechtsprechung des EuGH zur Folge, dass diese Klausel – als „unverbindlich“ bzw „nichtig“ – nicht anzuwenden ist (C‑618/10 , Banco Español de Crédito SA; C‑472/10 , Nemzeti Fogyasztóvédelmi Hatóság). Auf die Frage, ob sich aus Art 10 Abs 2 Rom I‑VO oder aus anderen Gründen (auch) die Maßgeblichkeit des österreichischen Rechts für die Prüfung der Missbräuchlichkeit der Rechtswahlklausel ergeben könnte (vgl etwa Stadler, VbR 2016, 171; Reichholf, Überlegungen zum Günstigkeitsprinzip gemäß Art 6 Abs 2 Rom I-VO, VbR 2017, 17 [20 f]), kommt es unter diesen Umständen nicht an.

2.5. Im vorliegenden Fall enthalten die AGB der Beklagten daher keine wirksame Wahl luxemburgischen Rechts. Damit sind die strittigen Klauseln gemäß Art 6 Abs 1 Rom I-VO nach österreichischem Recht zu beurteilen; ein Günstigkeitsvergleich ist von vornherein nicht erforderlich. Dem Senat ist bewusst, dass dies einem international tätigen Unternehmen die Verwendung einheitlicher Geschäftsbedingungen erschwert. Das ist allerdings auf den kollisionsrechtlichen Verbraucherschutz nach der Rom I-VO zurückzuführen, wobei auch eine wirksame Rechtswahl wegen Art 6 Abs 2 Rom I-VO nichts an der Maßgeblichkeit der zwingenden Bestimmungen des Verbraucherstaatrechts änderte. Abhilfe könnte hier – nach dem Scheitern des Projekts eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts (Verordnungsvorschlag KOM [2011] 635 endg) – nur eine Änderung der Rom I-VO oder eine umfassende Vereinheitlichung des europäischen Verbraucherschutzrechts schaffen.

2.6. Zum Teil anderes gilt nur für die Klauseln 6, 9 und 11.

(a) Zwar ist Art 6 Abs 1 Rom I-VO auch auf diese Klauseln anwendbar, sodass auch sie grundsätzlich nach österreichischem Recht zu beurteilen sind. Soweit ihre Zulässigkeit aber von der Vorfrage abhängt, ob das darin genannte Verhalten der Beklagten gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt, ist die speziellere Bestimmung des Art 4 Abs 1 lit a DatenschutzRL (RL 95/46/EG ) maßgebend. Diese Regelung hat der EuGH dahin ausgelegt, dass das Ausrichten einer Tätigkeit auf einen Mitgliedstaat nur dann zur Anwendung von dessen Datenschutzrecht führt, wenn das belangte Unternehmen die strittige Datenverarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung vornimmt, die sich in diesem Mitgliedstaat befindet (C‑191/15 , Punkt 3 des Spruches). Das trifft hier nicht zu, da die Beklagte über keine Niederlassung in Österreich verfügt.

(b) Art 4 Abs 1 lit a DatenschutzRL ist zwar im Streit zwischen Privaten nicht unmittelbar anwendbar. Die Auslegung dieser Bestimmung durch den EuGH ist jedoch bei der Anwendung der (einseitigen) Kollisionsnorm in § 3 Abs 1 DSG zu beachten. Daraus folgt die Unanwendbarkeit des österreichischen Datenschutzrechts. Wegen des einseitigen Charakters von § 3 Abs 1 DSG lässt sich aus dem bloßen Wortlaut dieser Bestimmung nicht ableiten, welches andere Datenschutzrecht stattdessen maßgebend ist. Es liegt zwar nahe, diese Bestimmung (ebenso wie Art 4 RL 95/46/EG ) allseitig zu verstehen, sodass im vorliegenden Fall auf die Frage der Zulässigkeit der angekündigten Datenverarbeitung– bis zum Geltungsbeginn der Datenschutz-Grundverordnung (VO [EU] 2016/679) – luxemburgisches Recht anzuwenden wäre (M. Müller, Amazon and Data Protection Law – The End of the Private/Public Divide in EU conflict laws? EuCML 2016, 215 [217 f]). Das ist hier aber irrelevant, weil die betroffenen Klauseln schon aus anderen Gründen zu untersagen sind (näher unten 4.6., 4.9. und 4.11.).

3. Bei der Prüfung der Klauseln 1 bis 11 sind nach ständiger Rechtsprechung folgende Grundsätze zu beachten:

3.1. Wer im geschäftlichen Verkehr in AGB, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann gemäß § 28 Abs 1 KSchG von einem nach § 29 KSchG berechtigten Verband auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Unterlassungsgebot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist. Der Unterlassungsanspruch nach § 28 Abs 1 KSchG ist nicht allein auf die Kontrolle und Durchsetzung der Verbote des § 6 KSchG und des § 879 ABGB beschränkt, sondern umfasst auch die Verletzung weiterer zivilrechtlicher wie auch öffentlich-rechtlicher Vorschriften (RIS-Justiz RS0110990 [T4]). Darunter fällt auch der Verstoß gegen Bestimmungen des jeweils anwendbaren Datenschutzrechts (zuletzt etwa 7 Ob 73/15h und 2 Ob 20/15b).

3.2. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist nach § 879 Abs 3 ABGB nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Mit dieser Bestimmung wurde ein bewegliches System geschaffen, in dem einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ berücksichtigt werden kann (RIS‑Justiz RS0016914). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, hat sich am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RIS-Justiz RS0014676 [T7, T13, T43]). Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn es dafür keine sachliche Rechtfertigung gibt. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RIS-Justiz RS0016914 [T3, T4, T32], RS0014676 [T21]).

3.3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist.

Dieses Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte dadurch abgehalten wird oder ihm unberechtigte Pflichten abverlangt werden (RIS-Justiz RS0115217 [T8], RS0115219 [T9]). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen also so gestaltet sein, dass der Verbraucher durch ihre Lektüre klare und verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition erhält (RIS-Justiz RS0115217 [T14]). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RIS‑Justiz RS0115217 [T12], RS0115219 [T12]). Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittsverbrauchers (RIS-Justiz RS0126158).

3.4. Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 6 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks. Zwei unabhängige Regelungen können in einem Punkt oder sogar in einem Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RIS-Justiz RS0121187 [T1]).

3.5. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung von Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen. Es ist von der Auslegungsvariante auszugehen, die für die Kunden der Beklagten die nachteiligste ist (RIS‑Justiz RS0016590, RS0038205 [T4, T11]). Auf eine teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen kann nicht Rücksicht genommen werden; für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RIS-Justiz RS0038205 [T1]).

4. Auf dieser Grundlage ist das Unterlassungsbegehren auch zu den Klauseln 1 bis 11 berechtigt.

4.1. Klausel 1 lautet:

Abweichende Bedingungen des Bestellers erkennt A*.de nicht an, es sei denn, A*.de hätte ausdrücklich schriftlich ihrer Geltung zugestimmt.

(a) Nach Auffassung des Klägers verstößt diese Klausel gegen § 10 Abs 3 KSchG und gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG. Die Beklagte wendet ein, dass die Klausel aus dem Zusammenhang gerissenen ist. Sie folge auf die Regelung, dass für die Geschäftsbeziehung der Beklagten mit ihren Kunden die allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer zum Zeitpunkt der Bestellung geltenden Fassung maßgebend seien. Die Klausel regle daher nicht ergänzende Erklärungen des Unternehmers, sondern die allgemeine Frage, welche Bedingungen anwendbar seien. § 10 Abs 3 KSchG sei dafür nicht einschlägig. Das Erstgericht bejahte einen Verstoß gegen § 10 Abs 3 KSchG und untersagte die Klausel.

(b) Die Beurteilung des Erstgerichts trifft zu.

§ 10 Abs 3 KSchG bestimmt, dass die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers oder seiner Vertreter zum Nachteil des Verbrauchers vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann. Damit soll verhindert werden, dass der Unternehmer dem Verbraucher mündliche Zusagen macht, deren Gültigkeit er nachträglich unter Berufung auf eine Klausel in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestreitet (RIS-Justiz RS0121954). Der Inhalt und die Rechtsfolgen der vom Formerfordernis betroffenen Erklärung sind in diesem Zusammenhang nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Nachteiligkeit erheblich; eine vereinbarte Schriftform könnte etwa für Erklärungen des Unternehmers zulässig sein, die – wie etwa die Androhung einer Vertragsauflösung – ausschließlich nachteilige Rechtsfolgen für den Verbraucher auslösen (4 Ob 59/09v; RIS-Justiz RS0121954 [T4]). Das trifft bei der hier strittigen Zustimmung des Unternehmers zu Geschäftsbedingungen des Verbrauchers nicht zu. Auch sonst ist nicht erkennbar, weshalb § 10 Abs 3 KSchG auf diese für den Verbraucher zweifellos nachteilige Klausel nicht anwendbar sein sollte.

4.2. Klausel 2 lautet:

Falls Sie aktuell oder in Zukunft von A*.de angebotene Dienstleistungen und Services nutzen (z.B. A* MP3 Music Service oder Prime), gelten zusätzlich zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen diejenigen Richtlinien und Geschäfts‑ oder Nutzungsbedingungen, die für den jeweiligen Service Anwendung finden. Diese Regelungen gehen für den Fall, dass sie im Widerspruch zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor.

(a) Der Kläger behauptet einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil für den Verbraucher unklar bleibe, welche Bedingungen im konkreten Fall anwendbar seien. Insbesondere müsse der Verbraucher bei Nutzung von Zusatzdiensten mögliche Widersprüche zwischen den vorliegenden und anderen Geschäftsbedingungen prüfen. Die Beklagte wendet ein, dass ein Verweis auf andere Klauselwerke nicht jedenfalls zur Intransparenz führe. Im konkreten Fall habe sie so vorgehen müssen, weil die Geschäftsbedingungen sonst unübersichtlich geworden wären. Durch den angesprochenen Vorrang der besonderen Bedingungen sei für den Verbraucher klar, welche Regelung im konkreten Fall gelte. Das Erstgericht nahm Intransparenz an, weil die betroffenen „Dienstleistungen und Services“ sowie die rechtliche Qualifikation der diesbezüglichen „Richtlinien und Geschäfts‑ oder Nutzungsbedingungen“ unklar seien und der Verbraucher aufgrund des Vorrangs der besonderen Bedingungen prüfen müsse, ob Widersprüche bestünden oder nicht.

(b) Die Beurteilung des Erstgerichts trifft zu.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach den pauschalen Verweis auf ergänzende Bedingungen als intransparent angesehen (6 Ob 17/16t; 1 Ob 88/14v; 6 Ob 16/01y). Ein solcher Verweis führt typischerweise dazu, dass sich der Verbraucher aus verschiedenen AGB jene Regelungen heraussuchen muss, die auch für das konkrete Vertragsverhältnis gelten (1 Ob 88/14v; 6 Ob 17/16t). Die in der Klausel enthaltene Vorrangregelung ändert nichts an dieser Intransparenz, zwingt sie den Verbraucher doch dazu, im Einzelfall zu beurteilen, ob Bestimmungen der verschiedenen AGB im Widerspruch zueinander stehen oder nicht (6 Ob 17/16t). Dazu kommt im konkreten Fall die Unklarheit darüber, was – im Unterschied zu „Geschäfts‑ oder Nutzungsbedingungen“ – unter „Richtlinien“ für bestimmte Dienste und Services zu verstehen ist und unter welchen Umständen diese Bedingungen und Richtlinien „Anwendung“ finden.

4.3. Klausel 3 lautet:

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E‑Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache widerrufen.

(a) Der Kläger behauptet einen Verstoß gegen § 5e Abs 1 KSchG idF vor dem FAGG, weil diese Bestimmung – anders als § 3 KSchG – für den Widerruf keine bestimmte Form vorsehe. Dass § 5e Abs 1 S 2 KSchG von Absenden spreche, regle den Sonderfall des schriftlichen Widerrufs, schließe aber eine mündliche Erklärung nicht aus. Die Beklagte wendet ein, dass Art 6 Abs 1 FernabsatzRL den Mitgliedstaaten ermöglicht habe, die Einzelheiten des Widerrufs zu regeln, insbesondere könnten sie, wie sich auch aus § 355 Abs 1 BGB ergebe, Schriftform vorsehen. § 5e Abs 1 KSchG sei in diesem Sinn zu verstehen. Das Erstgericht nahm aufgrund des Wortlauts von § 5e Abs 1 KSchG und der praktisch einhelligen Auffassung im Schrifttum an, dass der Widerruf formfrei möglich sein müsse.

(b) Die Auffassung des Erstgerichts trifft auch unter Bedachtnahme auf die inzwischen erfolgte Änderung der Rechtslage durch das FAGG zu.

§ 5e KSchG wurde durch die am 13. Juni 2014 in Kraft getretenen Regelungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes (FAGG) ersetzt. § 13 Abs 1 FAGG sieht nun ausdrücklich vor, dass die Rücktrittserklärung an keine bestimmte Form gebunden ist. Die Änderung der Rechtslage erfordert – wie in der Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ (RIS‑Justiz RS0123158) – eine doppelte Prüfung (6 Ob 169/15v): Grundsätzlich ist der Unterlassungsanspruch nach der Sach- und Rechtslage bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0037619). Ein in die Zukunft wirkendes Verbot kann aber nach ständiger Rechtsprechung nur dann erlassen oder bestätigt werden, wenn das beanstandete Verhalten auch nach der (neuen) Rechtslage im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung rechtswidrig ist (4 Ob 156/08g; 4 Ob 39/10d; 4 Ob 58/14d [jeweils zum Lauterkeitsrecht]; 6 Ob 169/15v [zu § 28 KSchG]).

Die zweitgenannte Voraussetzung ist hier wegen der ausdrücklichen Anordnung in § 13 Abs 1 FAGG jedenfalls erfüllt. Damit kommt es – wovon auch beide Rechtsmittelschriften ausgehen – ausschließlich darauf an, ob das Verhalten auch nach der Rechtslage bei Schluss der Verhandlung erster Instanz einen Unterlassungsanspruch begründete. Das trifft hier zu: § 5e Abs 1 KSchG idF vor dem FAGG sah keine besondere Formpflicht vor. Dies entsprach dem damit umgesetzten Art 6 Abs 1 der FernabsatzRL (RL 97/7/EG ), der ebenfalls keine Formpflicht enthielt. Es kann dahinstehen, ob das nationale Recht dennoch – aufgrund von EG 14 FernabsatzRL, wonach die Mitgliedstaaten „weitere Bedingungen und Einzelheiten für den Fall der Ausübung des Widerrufsrechts“ festlegen konnten – eine Formpflicht anordnen konnte. Denn mangels solcher Anordnung ist jedenfalls im österreichischen Recht nach allgemeinen Grundsätzen (§ 883 ABGB) von Formfreiheit auszugehen (ebenso Krejci in Rummel 3 §§ 5a–5i KSchG Rz 29; Kathrein/Schoditsch in KBB4 § 5e KSchG Rz 1; Apathy in Schwimann³, § 5e KSchG Rz 2; Hammerl in A. Kosesnik-Wehrle/Hammerl/Kolba/Langer, KSchG³ § 5e KSchG Rz 3; anders nur H. Kosesnik-Wehrle in H. Kosesnik‑Wehrle/Lehofer/Mayer, KSchG2 § 5e KSchG Rz 4). Aus § 5e Abs 1 S 2 KSchG aF war nichts Gegenteiliges abzuleiten, weil aus einer ergänzenden Regelung für eine bestimmte Form des Rücktritts nicht folgt, dass dem Verbraucher nur diese Form zur Verfügung stünde.

4.4. Klausel 4 lautet:

Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde, zur Lieferung von Audio‑ oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten.

(a) Der Kläger behauptet einen Verstoß gegen § 5f Abs 1 Z 5 iVm § 5e Abs 1 KSchG idF vor dem FAGG. Die Ausnahme für Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte (§ 5f Abs 1 Z 5 KSchG) gelte nicht bei Verträgen über periodische Druckschriften. Die Beklagte wendet ein, dass sie ohnehin keine periodischen Druckschriften anbiete. Zudem handle es sich nur um eine unbedeutende Gegenausnahme zu einer Ausnahme, weswegen deren Nichtaufnahme in die Klausel zu keiner spürbaren Irreführung des Verbrauchers führe. Das Anführen irrelevanter Ausnahmen schaffe intransparente „Papierdrachen“. Das Erstgericht folgte dem Standpunkt des Klägers und untersagte die Klausel.

(b) Die Auffassung des Erstgerichts trifft auch unter Bedachtnahme auf die inzwischen erfolgte Änderung der Rechtslage durch das FAGG zu.

Sowohl nach § 5f Abs 1 Z 5 KSchG idF vor dem FAGG als auch nach § 18 Abs 1 Z 9 FAGG ist die in Klausel 4 genannte Ausnahme vom Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht) bei Verträgen über den laufenden Bezug der darin genannten Druckwerke nicht anwendbar. Insofern gibt daher die Klausel die Rechtslage nicht bloß unvollständig, sondern schlicht falsch wieder. Sie steht im Widerspruch zum zwingenden Recht, weil damit eine uneingeschränkte Ausnahme für Druckwerke vereinbart wird. Daran hat die Beklagte auch dann kein schützenswertes Interesse, wenn sie solche Verträge derzeit nicht anbietet (wofür sie allerdings in erster Instanz keinen Beweis angeboten hat). Jedenfalls unter dieser Voraussetzung kommt es nicht darauf an, ob sich die Klausel im Einzelfall negativ auf Verbraucher auswirken kann oder nicht (RIS-Justiz RS0116915).

4.5. Klausel 5 lautet:

Falls A*.de ohne eigenes Verschulden zur Lieferung der bestellten Ware nicht in der Lage ist, weil der Lieferant von A*.de seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt, ist A*.de dem Besteller gegenüber zum Rücktritt berechtigt. In diesem Fall wird der Besteller unverzüglich darüber informiert, dass das bestellte Produkt nicht zur Verfügung steht. Die gesetzlichen Ansprüche des Bestellers bleiben unberührt.

(a) Der Kläger bezweifelt nicht die Zulässigkeit eines solchen „Selbstbelieferungsvorbehalts“ (teilweise auch als „Selbstlieferungsvorbehalt“ bezeichnet), also der Vereinbarung eines Rücktrittsrechts für den Fall der Nichtbelieferung des Unternehmers durch einen eigenen Lieferanten. Die konkrete Klausel gehe aber zu weit, weil sie die Beklagte bei jeder Vertragsverletzung ihrer Lieferanten zum Rücktritt berechtige, auch wenn keine sachliche Rechtfertigung iSv § 6 Abs 2 Z 1 KSchG vorliege. Bei kundenfeindlicher Auslegung erfasse die Klausel eine bloß geringfügige Lieferverzögerung, eine unterbliebene Einwirkung der Beklagten auf ihren Lieferanten oder eine Vertragsverletzung, die in keinem Zusammenhang mit dem Verbrauchergeschäft stehe. Die Beklagte stützt sich auf die Zulässigkeit eines Selbstbelieferungsvorbehalts. Eine Vertragsverletzung des Lieferanten sei ohnehin nur dann relevant, wenn sie ohne Verschulden der Beklagten zur Unmöglichkeit der Leistung führe. Das treffe bei einem vorwerfbaren Verhalten der Beklagten (Nichteinwirken auf den Lieferanten) oder bei der Verletzung von nicht mit dem Verbrauchergeschäft zusammenhängenden Pflichten nicht zu. Das Erstgericht folgte dem Standpunkt des Klägers und untersagte die Klausel.

(b) Die Ansicht des Erstgerichts trifft zu.

Nach § 6 Abs 2 Z 1 KSchG ist eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbestimmung nicht verbindlich, wenn der Unternehmer ohne sachliche Rechtfertigung vom Vertrag zurücktreten kann. Der Kläger bestreitet nicht die Auffassung der Beklagten, dass das Unterbleiben der Belieferung durch einen Vertragspartner des Unternehmers eine sachliche Rechtfertigung sein kann. Die Frage, ob ein solcher Selbstbelieferungsvorbehalt überhaupt wirksam vereinbart werden kann, ist daher nicht weiter zu prüfen. Der Beklagten ist auch zuzugestehen, dass einige der vom Kläger genannten Fälle zweifellos nicht von der Klausel erfasst werden. Denn der Rücktritt ist danach auch bei einer Vertragsverletzung des Lieferanten nur dann zulässig, wenn die Beklagte ihre eigenen Pflichten (a) ohne eigenes Verschulden und (b) gerade wegen dieser Vertragsverletzung durch den Lieferanten nicht erfüllen kann. Das ist bei einem unterbliebenen Einwirken auf den Lieferanten (was ein Verschulden der Beklagten begründete) oder bei einer Vertragsverletzung des Lieferanten, die in keinem Zusammenhang mit der Erfüllung des Vertrags zwischen der Beklagten und dem Verbraucher steht, nicht der Fall.

Der Kläger weist allerdings zutreffend darauf hin, dass die Klausel auch kurzfristige Lieferverzögerungen durch einen Lieferanten der Beklagten erfasst. Insofern ist das Rücktrittsrecht tatsächlich überschießend, was im Übrigen auch der BGH in der von der Beklagten zitierten Entscheidung zum vergleichbaren § 10 Z 3 dAGBG (nunmehr § 308 Z 3 BGB) festhält (VIII ZR 342/81 NJW 1983, 1320; ebenso Wurmnest in MüKo BGB7 § 308 Rz 7; Becker in BeckOK BGB § 308 Rz 24, jeweils mwN). Denn die Klausel ermöglichte der Beklagte ein Lösen vom Vertrag, obwohl sie ihn mit nur geringer Verzögerung erfüllen könnte. Dafür fehlt jede sachliche Rechtfertigung. Auf einer ähnlichen Wertung beruht auch die Entscheidung 3 Ob 12/09z (Punkt III.12.), wonach nur der endgültige Untergang eines Leasingobjekts den Leasinggeber zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen kann. Zwar ist der Sachverhalt dieser Entscheidung nicht ganz mit dem vorliegenden vergleichbar, weil dort die Sachgefahr den Leasingnehmer traf, sodass dieser – anders als ein Verbraucher bei Nichtleistung durch die Beklagte – ohnehin das Entgelt (Leasingraten) zahlen musste. Allerdings kann der Entscheidung der allgemeine Grundsatz entnommen werden, dass auch dann ein rechtlich geschütztes Interesse am Festhalten an einem Vertrag bestehen kann, wenn dieser vorläufig nicht zum gewünschten Erfolg führt. Das gilt auch im vorliegenden Fall.

Die beanstandete Klausel erfasst daher auch Sachverhalte, in denen ein Rücktritt des Unternehmers sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Schon deswegen hat das Unterlassungsbegehren Erfolg.

4.6. Klausel 6 lautet:

Bei Zahlung auf Rechnung sowie in sonstigen Fällen bei berechtigtem Anlass prüft und bewertet A*.de die Datenangaben der Besteller und pflegt einen Datenaustausch mit anderen Unternehmen innerhalb des A*‑Konzerns, Wirtschaftsauskunfteien und ggf. der B* GmbH & Co. KG, *, Deutschland.

(a) Nach Auffassung des Klägers verstößt die Klausel gegen § 8 Abs 1 DSG. Weiters sei sie intransparent, weil der Verbraucher nicht erkennen könne, welche Daten zu welchem Zweck welchem Empfänger übermittelt würden. Die Beklagte wendet ein, dass die Zulässigkeit der Datenverarbeitung und damit auch die Klausel nach luxemburgischem Recht zu beurteilen sei. Gegen das luxemburgische Datenschutzgesetz verstoße sie aus näher dargestellten Gründen nicht. Sie sei auch nicht intransparent iSv § 6 Abs 3 KSchG. Das Erstgericht folgte zwar dem Standpunkt des Klägers, dass luxemburgisches Datenschutzrecht anwendbar sei. Auch dagegen habe die Klausel aber verstoßen. Zudem sei sie intransparent iSv § 6 Abs 3 KSchG.

(b) Jedenfalls die letztgenannte Begründung des Erstgerichts trifft zu.

Zwar ergibt sich aus der Vorabentscheidung des EuGH, dass die Zulässigkeit der in der Klausel angekündigten Datennutzung nach luxemburgischem Recht zu beurteilen ist (oben 2.6.). Diese Prüfung ist aber entbehrlich, weil sich die Unzulässigkeit der Klausel schon aus § 6 Abs 3 KSchG ergibt. Zwar ist eine Formulierung grundsätzlich unbedenklich, wenn sie keine Willenserklärung des Verbrauchers enthält, sondern bloß dessen Aufklärung dient (10 Ob 28/14m [Klausel 1]; 4 Ob 130/03a [Klausel 10]; 5 Ob 217/16x [Klausel 16]). Bei der gebotenen kundenfeindlichen Auslegung ist die vorliegende Klausel aber dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die darin genannte Datenübermittlung informiert wird, sondern dass er ihr – durch Akzeptieren der AGB – auch zustimmt. Dabei ist aber weder klar, welchen sonstigen „berechtigten Anlass“ es für die in der Klausel genannten Maßnahmen geben kann, mit welcher Zielsetzung die Daten „bewertet“ werden und mit welchen anderen Unternehmen und zu welchem Zweck ein „Datenaustausch“ erfolgt. Damit bleibt für den Verbraucher völlig unklar, welchen Maßnahmen er durch den Vertragsabschluss mit der Beklagten zustimmt. Dabei ist unerheblich, ob diese Maßnahmen nach dem anwendbaren Datenschutzrecht zulässig sind oder nicht. Denn das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG bezieht sich auf die strittige Klausel, nicht auf das vom Datenschutzrecht geregelte tatsächliche Verhalten der Beklagten. Dass die Klausel aufgrund luxemburgischen Datenschutzrechts in genau dieser Form erforderlich gewesen wäre, hat die Beklagte nicht behauptet. Auf die Frage, wie ein solcher Normenkonflikt zu lösen wäre, kommt es daher nicht an.

4.7. Klausel 7 lautet:

Kommt der Besteller in Zahlungsverzug, so ist A*.de berechtigt, Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem von der Europäischen Zentralbank bekannt gegebenen Basiszinssatz p.a. zu fordern. Falls A*.de ein höherer Verzugsschaden nachweisbar entstanden ist, ist A*.de berechtigt, diesen geltend zu machen.

(a) Der Kläger bringt vor, dass die Klausel auch bei bloß objektivem Verzug anwendbar sei und daher sowohl in Bezug auf die Verzugszinsen als auch auf den allenfalls höheren Verzugsschaden in gröblich benachteiligender Weise vom dispositiven Recht abweiche. Weiters sei die Klausel unklar, weil es keinen von der EZB bekannt gegebenen „Basiszinssatz“ gebe. Die Beklagte wendet ein, dass ein unverschuldeter Zahlungsverzug „denkunmöglich“ sei. Auch bei objektivem Verzug sei die Vereinbarung höherer als der gesetzlichen Verzugszinsen (§ 1000 ABGB) möglich; beim derzeitigen Zinsniveau übersteige der vereinbarte Zinssatz den gesetzlichen nur um 1 %, was nicht gröblich benachteiligend sei. Die Regelung zum höheren Verzugsschaden könne nicht dahin ausgelegt werden, dass dieser auch ohne Verschulden des Verbrauchers zustehe. Der Begriff „Basiszinssatz“ sei allgemein verständlich; es wäre vielmehr intransparent gewesen, den an sich zutreffenden Begriff „Hauptrefinanzierungssatz“ zu verwenden. Das Erstgericht folgte dem Standpunkt des Klägers und untersagte die Klausel.

(b) Die Ansicht des Erstgerichts trifft zu.

Satz 1 der Klausel ist jedenfalls intransparent, da tatsächlich kein „Basiszinssatz“ existiert, der von der EZB bekannt gegeben wird. Tatsächlich veröffentlicht die Österreichische Nationalbank (ebenso wie die deutsche Bundesbank) einen nationalen „Basiszinssatz“, dessen Berechnung sich aus § 1 Abs 1 1. Euro-JuBeG iVm § 1 Basis- und Referenzzinssatzverordnung (BGBl II 27/1999 idF BGBl II 309/2002) ergibt. Dieser Basiszinssatz wird danach zwar anknüpfend an den Hauptrefinanzierungssatz der EZB ermittelt; er ist damit aber nicht identisch. Zudem ist der Hauptrefinanzierungssatz nicht der einzige von der EZB veröffentlichte Leitzins; daneben existieren noch der Einlagesatz und der Spitzenrefinanzierungssatz.

Auf dieser Grundlage ist die Auffassung der Beklagten, „Basiszinssatz“ würde als Synonym für den damit gemeinten Hauptrefinanzierungssatz der EZB verstanden, nicht nachvollziehbar. Vielmehr würde ein Verbraucher, der aufgrund der Klausel die Richtigkeit der ihm vorgeschriebenen Verzugszinsen überprüfen wollte, schon daran scheitern, dass er keinen „Basiszinssatz“ der EZB ermitteln könnte. An der Intransparenz der Klausel besteht daher kein Zweifel.

Weiters trifft zu, dass die Klausel auch Fälle einer unverschuldeten Zahlungsverzögerung erfasst. Zwar dürfte die Klausel auf der bundesdeutschen Rechtslage aufbauen, wonach „Verzug“ Verschulden voraussetzt (§ 286 Abs 4 BGB; Ernst in MüKo BGB7 § 286 Rz 106 mwN). Nach österreichischem Verständnis liegt Verzug aber schon bei einer objektiven, also unverschuldeten Verzögerung vor (vgl P. Bydlinski in KBB5 § 918 Rz 1; Reidinger in Schwimann/Kodek 4 § 918 Rz 27; Reischauer in Rummel 3 § 918 Rz 2). Weshalb ein unverschuldeter Zahlungsverzug „denkunmöglich“ sein soll, legt die Beklagte nicht nachvollziehbar dar.

Da Satz 1 der Klausel schon wegen Intransparenz zu verbieten ist, kann dahinstehen, ob die von § 1333 Abs 1 iVm § 1000 ABGB abweichende Berechnung der Verzugszinsen für den Fall fehlenden Verschuldens als gröblich benachteiligend anzusehen ist (für die Zulässigkeit höherer Verzugszinsen ohne Differenzierung nach dem Verschulden 7 Ob 217/16m [Klausel 6]; 9 Ob 31/15x [Klausel 30]). Jedenfalls unzulässig ist auf dieser Grundlage aber die in Satz 2 der Klausel vorgesehene Verpflichtung zum Ersatz zusätzlicher Schäden, die den Verbraucher nach dem Wortlaut der Bestimmung auch ohne Verschulden träfe. Diese Erfolgshaftung weicht massiv vom dispositiven Recht ab und führte daher zu einer gröblichen Benachteiligung iSv § 879 Abs 3 ABGB (7 Ob 173/10g [Klausel 26]; 3 Ob 12/09z [Klausel 16]; 7 Ob 84/12x [Klausel 17]).

4.8. Klausel 8 lautet:

Bei Zahlung auf Rechnung wird zuzüglich eventuell anfallender Versandkosten für den Komplettversand einmalig eine Gebühr von 1,50 EUR inklusive Mehrwertsteuer pro Lieferung berechnet. Der Besteller wird vor Vertragsschluss stets gesondert darüber informiert, ob diese Gebühr anfällt.

(a) Nach Auffassung des Klägers verstößt diese Klausel gegen § 27 Abs 6 ZaDiG. Diese Bestimmung richte sich nach der Rechtsprechung des EuGH nicht nur an Zahlungsdienstleister, sondern erfasse auch das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Kunden. Soweit man in der Gebühr eine Abgeltung für die Bonitätsprüfung und Kreditierung erblickte, wäre sie zumindest bei mehrfacher Vorschreibung aufgrund gleichzeitiger Bestellung mehrerer Waren gröblich benachteiligend. Die Beklagte wendet ein, dass die Klausel nicht unter das ZaDiG falle. Es handle sich um einen bloßen Aufwandersatz, der nicht dazu diene, das Ausfallrisiko auszugleichen. Das Erstgericht verneinte die Anwendbarkeit des ZaDiG und wies das Begehren zu dieser Klausel ab.

(b) Die Klausel ist im Ergebnis unzulässig.

Nach § 27 Abs 6 S 2 ZaDiG ist das Erheben von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Fall der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments unzulässig. Dieses Verbot bindet auch den Zahlungsempfänger, als Zahlungsinstrument gilt auch das Erteilen eines Überweisungsauftrags durch einen vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein oder im Onlinebanking (EuGH C‑616/11 , T‑Mobile; 10 Ob 27/14i JBl 2014, 655 [P. Bydlinski]). Die Bestimmung verstößt nicht gegen österreichisches Verfassungsrecht (10 Ob 27/14i); der den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Art 52 der RL 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt zustehende weite Ermessensspielraum (C‑616/11 , T‑Mobile) ist durch das vollständige Verbot von Entgelten für die Nutzung bestimmter Zahlungsinstrumente nicht überschritten (10 Ob 27/14i).

Nun ist zwar richtig, dass die in der Klausel genannte „Zahlung auf Rechnung“ nicht unmittelbar unter den Begriff des „Zahlungsinstruments“ in § 3 Z 21 ZaDiG fällt. Allerdings weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass eine „Zahlung auf Rechnung“ in aller Regel mit der Erteilung eines Überweisungsauftrags an eine Bank verbunden ist, während Zahlungen bei der Beklagten sonst üblicherweise durch Kreditkartenüberweisung oder Einziehung erfolgen. In der Sache liegt damit ein nach § 27 Abs 6 ZaDiG unzulässiges Entgelt für die Nutzung bestimmter Zahlungsinstrumente vor. Dies führt zur Unzulässigkeit der Klausel, ohne dass auf die weiteren Argumente des Klägers einzugehen wäre.

4.9. Klausel 9 lautet:

Für die Entscheidung über die Nutzung der Zahlungsart Rechnungskauf verwenden wir ‑ neben eigenen Daten ‑ Wahrscheinlichkeitswerte zur Beurteilung des Ausfallrisikos, welche wir von der B* GmbH & Co. KG, * sowie der i* GmbH, * beziehen. Die Berechnungen der Wahrscheinlichkeitswerte basieren auf einem wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahren. Die genannten Unternehmen werden ferner zur Validierung der von Ihnen angegebenen Adressdaten eingesetzt.

(a) Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Klausel intransparent sei, weil sie dem Verbraucher nicht offen lege, welche Methoden zur Ermittlung des Ausfallrisikos herangezogen würden. Weiters verstoße die Klausel gegen § 8 Abs 1 Z 2 DSG. Die Beklagte wendet ein, dass die in der Klausel genannte Datenverarbeitung nach dem anwendbaren luxemburgischen Datenschutzrecht auch ohne Zustimmung des Kunden zulässig sei. Die statistischen Methoden zur Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit seien hochkomplex und könnten schon aus diesem Grund nicht offen gelegt werden. Das Erstgericht untersagte die Klausel, weil zwar luxemburgisches Datenschutzrecht anwendbar sei, die Klausel aber auch gegen § 6 Abs 3 KSchG verstoße.

(b) Die Ansicht des Erstgerichts trifft zu.

Zwar ist auf die Datenverarbeitung als solche luxemburgisches Recht anzuwenden (oben 2.6. und 4.6.). Klausel 9 ist aber – wie schon Klausel 6 – dahin zu verstehen, dass der Kunde der darin genannten Datenverarbeitung zustimmt. Worauf sich diese Zustimmung konkret bezieht, ist mangels näherer Beschreibung der „mathematisch-statistischen Verfahren“ und der dabei verwendeten Daten unklar. Wenn zutrifft, dass das Vorgehen der Beklagten nach luxemburgischem Recht auch ohne Zustimmung der Kunden zulässig ist, dann ist kein rechtlich geschütztes Interesse der Beklagten erkennbar, dies auch durch eine unklare Vertragsklausel abzusichern. Gleiches gilt für die „Validierung“ von Adressdaten in Satz 3 der Klausel.

4.10. Klausel 10 lautet:

Ein Recht zur Aufrechnung steht dem Besteller nur zu, wenn seine Gegenansprüche rechtskräftig festgestellt oder von A*.de unbestritten sind. Außerdem ist er zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts nur insoweit befugt, als sein Gegenanspruch auf dem gleichen Vertragsverhältnis beruht.

(a) Nach Auffassung des Klägers verstößt die Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 7 und Z 8 KSchG. Die Beklagte bestreitet nicht die Unzulässigkeit der Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit (§ 6 Abs 1 Z 8 KSchG), wendet aber ein, dass im zweiten Satz auch bei kundenfeindlicher Auslegung keine nach § 6 Abs 1 Z 7 KSchG unzulässige Einschränkung eines Zurückbehaltungsrechts zu erkennen sei. Denn jeder zur Zurückbehaltung berechtigende Gegenanspruch müsse „zwangsläufig“ auf demselben Vertragsverhältnis beruhen. Das Erstgericht untersagte die Klausel, weil Fälle denkbar seien, in denen ein Verbraucher einen Aufwand auf eine Sache gemacht habe, der einen Anspruch (nur) nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag begründe. Auch insofern stehe ihm ein Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB zu, wobei der dadurch gesicherte Anspruch aber nicht auf dem „gleichen Vertragsverhältnis“ beruhe.

(b) Die Ansicht des Erstgerichts trifft zu.

Es hat einen Fall beschrieben, in dem ein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf eine Sache (§ 471 ABGB) nicht auf dem „gleichen Vertragsverhältnis“ beruht wie jenem, aufgrund dessen der Verbraucher jene Sache innehatte, die er nun – bestünde kein Zurückbehaltungsrecht – aus welchem Grund auch immer zurückzugeben hätte. Dieser Fall ist zwar faktisch ebenso unwahrscheinlich wie das Geltendmachen eines solchen Zurückbehaltungsrechts durch einen Verbraucher an sich. Wenn die Beklagte aber eine vertragliche Regelung dieser Frage für erforderlich hält, ist sie an § 6 Abs 1 Z 7 KSchG gebunden. Ihr Hinweis auf § 309 Z 2 lit b BGB verkennt, dass diese Bestimmung eine Einschränkung des nach § 273 BGB bestehenden Zurückbehaltungsrechts zulässt (Wurmnest in MüKo BGB7 § 308 Rz 16), während § 6 Abs 1 Z 7 KSchG jedes gesetzliche Zurückbehaltungsrecht – insbesondere also jenes nach § 471 ABGB – umfassend absichert.

4.11. Klausel 11 lautet:

Entscheidet sich der Nutzer, auf A*.de Inhalte (z.B. Kundenrezensionen) einzustellen, gewährt er A*.de eine für die Dauer des zugrunde liegenden Rechts zeitlich und örtlich unbeschränkte und ausschließliche Lizenz zur weiteren Verwendung der Inhalte für jegliche Zwecke online wie offline.

(a) Nach Auffassung des Klägers verstößt die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB, § 8 DSG und § 6 Abs 3 KSchG. Der Beklagten werde ohne sachliche Rechtfertigung das Recht eingeräumt, vom Verbraucher eingestellte Inhalte ohne jede Beschränkung zu nutzen. Die Klausel sei auch intransparent, weil der Begriff der „Inhalte“ ebenso unklar sei wie deren mögliche Verwendung für „jegliche“ Zwecke. Ersterer erfasse bei kundenfeindlicher Auslegung auch sensible Daten wie Name und Anschrift. Die Beklagte wendet ein, dass die Verbraucher ihre „Inhalte“ jederzeit löschen könnten. Weiters sei die Nutzung der „Plattform“ auch ohne Einstellen von „Inhalten“ möglich; es handle sich dabei um ein freiwilliges Verhalten der Kunden. Österreichisches Datenschutzrecht sei nicht anwendbar, nach luxemburgischem Recht sei die Klausel zulässig. Das Erstgericht untersagte die Klausel, weil die Klausel derart weit formuliert sei („Inhalte“; „zeitlich und örtlich unbeschränkt“), dass ein Durchschnittsverbraucher die Reichweite seiner Einwilligung nicht erfassen könne.

(b) Die Ansicht des Erstgerichts trifft im Ergebnis zu.

Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Klausel wäre zwar wieder nach luxemburgischem Recht zu beurteilen (oben 2.6. und 4.6.). Unabhängig davon hat aber aufgrund des Vorbringens des Klägers auch eine Prüfung nach § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG zu erfolgen. Beide Bestimmungen sind eindeutig verletzt.

Die Klausel ist jedenfalls intransparent. Sie erfasst nach ihrem Wortlaut nicht näher bestimmte „Inhalte“, die vom Verbraucher „eingestellt“ wurden. Der Hinweis auf die diesbezügliche „Entscheidung“ des Kunden legt zwar nahe, dass es sich dabei nicht um jene Daten handelt, die bei einer Bestellung zwingend anzugeben sind (also insbesondere nicht um Name und Anschrift); dies stimmt mit der beispielhaften Nennung von „Kundenrezensionen“ überein, die offenbar den Begriffskern der „Inhalte“ bilden. Offen bleibt aber, welche sonstigen „Inhalte“ die Klausel erfasst. Weiters erteilt der Kunde in Bezug auf diese „Inhalte“ für die Dauer des zugrunde liegenden Rechts eine „unbeschränkte“ und „ausschließliche“ Lizenz zur Nutzung für „jegliche“ Zwecke. Davon ist zweifellos das Zurverfügungstellen (§ 18a UrhG) von eingegebenen Inhalten auf der Website der Beklagten erfasst; weitere Nutzungsformen, die offenbar ebenfalls lizenziert werden, bleiben aber ungenannt. Damit ist es für den Kunden tatsächlich nicht möglich, die Reichweite seiner Erklärung abzuschätzen.

Unabhängig davon ist die Klausel auch gröblich benachteiligend. Die von der Beklagten genannte Möglichkeit eines Löschens von Inhalten – der Kunde bleibe „Herr seiner Daten“ – lässt sich der Klausel nicht entnehmen; ganz im Gegenteil wird der Beklagten für die „Dauer des zugrunde liegenden Rechts“ eine auch zeitlich unbeschränkte Lizenz eingeräumt. Beim „zugrunde liegenden Recht“ kann es sich wohl nur um das Urheberrecht an Textbeiträgen und eingestellten Lichtbildwerken oder Grafiken handeln; dieses erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 60 Abs 1 UrhG). Die Lizenz ist „ausschließlich“, was bei kundenfeindlicher Auslegung dahin verstanden werden muss, dass eine Eigennutzung durch den Einsteller für die Dauer der Lizenz ausgeschlossen ist. Es wird also ein Werknutzungsrecht iSv § 24 Abs 1 UrhG begründet. Dieser umfassenden Rechteeinräumung, die ausschließlich im Interesse der Beklagten liegt, steht keine erkennbare Gegenleistung gegenüber. Jedenfalls unter diesen Umständen ist die Klausel – unabhängig von ihrer Intransparenz – auch als gröblich benachteiligend einzustufen.

5. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Urteilsveröffentlichung (§ 30 KSchG iVm § 25 Abs 3 UWG).

5.1. Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RIS-Justiz RS0121963). Wird die rechtswidrige Handlung im Internet begangen, so kann auf Urteilsveröffentlichung im Internet erkannt werden (RIS-Justiz RS0116975). Suchen aber voraussichtlich nicht alle ehemaligen Kunden eines Unternehmens, die ein objektives Interesse an der Information über dessen Geschäftspraktiken haben, neuerlich die Internetseiten dieses Unternehmens auf, so ist ein Unterlassungsurteil im Regelfall nicht nur dort, sondern auch in einem Printmedium zu veröffentlichen (4 Ob 18/08p SZ 2008/66; RIS‑Justiz RS0123550; zuletzt etwa 6 Ob 228/16x).

5.2. Im vorliegenden Fall ist notorisch, dass die Beklagte auch in Österreich einer der Marktführer im Internethandel ist. Die bekämpften Bedingungen lagen daher einer Unzahl von Verbraucherverträgen zugrunde. Dies rechtfertigt eine Urteilsveröffentlichung mit hoher Reichweite. Eine Veröffentlichung auf der Website der Beklagten reicht dafür nicht aus, weil diese nur für eine bestimmte Zeit wahrnehmbar wäre. Damit wäre nicht sichergestellt, dass tatsächlich eine hohe Anzahl der betroffenen Kunden davon Kenntnis erlangte. Der Kläger ist daher zur Urteilsveröffentlichung in einer österreichweit erscheinenden Zeitung zu ermächtigen.

6. Auf dieser Grundlage ist das Klagebegehren spruchreif. Das Ersturteil ist im stattgebenden Teil wiederherzustellen, dem Unterlassungsbegehren ist auch in Bezug auf Klausel 8 stattzugeben. Der Unterlassungsanspruch erfasst den Geschäftsverkehr der Beklagten mit Verbrauchern mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich (Art 6 Abs 1 Rom I-VO); das auf den Wohnsitz abstellende Begehren des Klägers ist in diesem Sinn umzuformulieren. Für das Verbot des Verwendens der Klauseln ist eine Leistungsfrist von drei Monaten zu setzen, nicht jedoch für das Verbot, sich darauf zu berufen (6 Ob 235/15z mwN). Über das nur für den Fall einer (Teil‑)Abweisung gestellte Veröffentlichungsbegehren der Beklagten ist mangels Eintritts dieser Bedingung nicht zu entscheiden.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die zur Gänze unterlegene Beklagte ist auch zum Ersatz der Kosten des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof verpflichtet. Für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gebührt nach TP 3 C III RATG der doppelte Betrag der Entlohnung nach TP 3 C II RATG. Schriftsätze im Verfahren vor dem EuGH sind nach der bisherigen Rechtsprechung ebenfalls nach TP 3 C RATG zu honorieren (1 Ob 332/97y; 17 Ob 7/10v; 10 Ob 27/14i). Mangels ausdrücklicher Regelung gründet sich diese Rechtsprechung offenbar auf eine Analogie zu TP 3 C I RATG. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur Rechtsmittelschriftsätze. Diesen ist zwar eine Äußerung im schriftlichen Verfahren vor dem EuGH gleichzuhalten, nicht aber ein (wenngleich begründeter) Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eine Bekanntgabe der Teilnahme daran. Solche Schriftsätze sind zwar in der Verfahrensordnung des EuGH vorgesehen, sodass sie im konkreten Fall zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist allerdings nur als „sonstiger Schriftsatz“ nach TP 2 I 1 e RATG zu honorieren, die Bekanntgabe der Teilnahme an der Verhandlung als Mitteilung an das Gericht nach TP 1 I a RATG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte