OGH 4Ob58/14d

OGH4Ob58/14d23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** K*****, vertreten durch Dr. Gerald Haas und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer und Dr. Andreas Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR) und Veröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 13. Jänner 2014, GZ 30 R 35/13g‑123, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 9. September 2013, GZ 20 Cg 303/08g‑117, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00058.14D.0423.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger vermietet Spielautomaten. Er wirft der Beklagten vor, sie betreibe Glücksspielautomaten, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprächen. Darauf stützt er einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch).

In Lokalen, die unter dem Firmenschlagwort der Beklagten betrieben werden, sind Glücksspielautomaten aufgestellt, auf denen unter anderem folgende Spiele gespielt werden können:

Würfelsymbolspiel: Bei dem Spiel werden auf dem Bildschirm Würfel dargestellt, mittels Spielwahltaste kann der Spieler vor dem Spielstart ein Würfelsymbol auswählen. Durch das Drücken der Start-Taste wird maximal 50 Cent vom Guthaben des Spielers abgezogen und dann das jeweilige Würfelspiel gestartet, wobei der rechte Würfel optisch und zufallsgesteuert gedreht wird. Ausgangsmöglichkeiten:

• Sind die Würfelsymbole gleich, wird das Würfelspiel ohne weitere Einsatzleistung fortgesetzt, indem automatisch wiederum ein zufallsabhängig gesteuertes Spiel gestartet wird.

• Zeigt das rechte Würfelsymbol ein „?“, gibt es einen Sofortgewinn bis maximal 20 EUR.

• Sind die Symbole unterschiedlich, ist das Spiel beendet, „Game over“ wird angezeigt und der Einsatz ist verloren.

Jedes Würfelsymbolspiel ist somit ein für sich selbst einsatzpflichtiges, abgeschlossenes Spiel, das mittels eines Zufallsmechanismus über Gewinn und Verlust entscheidet.

Action/Active/Super Game: Die Spiele haben einen Einsatz von maximal 10 Cent und einen Gewinn von maximal 10 EUR. Die Spiele werden auf dem Action/Active/Super Game Display angezeigt und können nur nach dem Gewinnen eines Basisspiels gespielt werden. Nach Betätigen der Start/Nehmen-Taste wird der Einsatz vom Kredit abgebucht und das Spiel gestartet. Die zwölf Felder des Spielrades werden im Uhrzeigersinn einzeln beleuchtet, wobei das Licht nach einem Zufallsmechanismus auf einem Feld stehen bleibt, je nach dem Symbol auf dem Feld gewinnt oder verliert der Spieler. Durch Drücken der Auszahl-Taste kann das Anbot zur Spielteilnahme abgelehnt werden.

Gamble Feature: Mit dieser Funktion wird dem Spieler die Möglichkeit angeboten, durch Drücken der Risiko-Taste die Dauer eines laufenden Spieles zu verlängern und ohne weiteren Einsatz auf einen Gewinn von maximal 20 EUR zu kommen. Durch das Drücken der Start/Nehmen-Taste wird das Gamble Feature nicht gestartet, ein allfälliges Ergebnis wird auf den Kredit übertragen und gutgebucht.

Automatik-Start-Taste: Durch die Automatik-Start-Taste läuft ein Spiel nach dem anderen ab, bis die Taste noch einmal gedrückt wird, oder kein Kredit mehr vorhanden ist. Die Folge von Spielen wird ebenfalls unterbrochen, wenn es bei einem Spiel einen Gewinn gibt. Durch nochmaliges Drücken der Automatik-Start-Taste kann die Spielserie jederzeit unterbrochen werden. Die Spieldauer eines Spiels beträgt etwa eine Sekunde.

Für den Spieler ist jeweils Beginn und Ende des Spiels erkennbar. Der maximale Einsatz pro Spiel beträgt 50 Cent, der maximale Gewinn 20 EUR.

Mit der zuletzt mit Schriftsatz vom 16. September 2009 geänderten Klage begehrt der Kläger, der Beklagten zu verbieten,

„in Österreich außerhalb von konzessionierten Casinos Ausspielungsapparate, die unter das Glücksspielmonopolgesetz fallen, aufzustellen, bereit zu halten oder die Aufstellung durch Dritte zuzulassen oder zu betreiben, soweit es sich um Apparate handelt, bei denen pro Spiel ein Einsatz von mehr als 0,50 Euro möglich ist, oder ein Gewinn von mehr als 20,-- Euro in Aussicht gestellt wird oder ermöglicht wird, oder auf denen Serien- oder Parallelspiele möglich sind, insbesondere wenn der Einsatz von 0,50 Euro durch die Maschine im Rahmen eines vorgeschalteten „Wahlvorgangs“ sei es als sogenannter „Wiener Würfel“ oder durch sonstige einfach oder automatisch zu betätigende Wahltasten oder im Rahmen von Actionspielen über das zulässige Ausmaß hinaus, vervielfacht werden kann oder Parallelspiele gespielt werden können oder der Einsatz bzw. Gewinn nur verschlüsselt dargestellt werden, wie insbesondere bei den Geräten oder Spielen mit der Bezeichnung Magic Games II (auch: Magic Gaminator 42) und Admiral XXXL Gaminator 42.“

Die Beklagte betreibe zahlreiche Wettbüros mit der Genehmigung für das „kleine Glücksspiel“, bei dem der Einsatz nach § 4 GSpG (gemeint idF vor der Novelle 2010, BGBl I 2010/73) pro Spiel mit 50 Cent und der Gewinn pro Spiel mit 20 EUR limitiert seien. Mit vorgeschalteten Würfelspielen und sogenannten Supergames umgehe die Beklagte diese Grenzen. Die Glücksspielautomaten zögen Geldscheine ein und buchten den Einsatz des einzelnen Spiels automatisch ab; der Spieler merke oft gar nicht, dass er mehr als 50 Cent einsetze. Innerhalb weniger Minuten könnten Einsätze von 200 bis 500 EUR verspielt werden. Es sei bei Testbesuchen möglich gewesen, in 16 Minuten 600 EUR zu verspielen, was bedeute, dass 1200 Spiele mit einem Einsatz von jeweils 50 Cent erforderlich seien; für ein einzelnes Spiel verbliebe eine durchschnittliche Dauer von 0,8 Sekunden. In dieser Geschwindigkeit seien einzelne gesondert gestartete Spiele nicht möglich. Dies gelte insbesondere für die Anwendung der „Automatik-Startfunktion“. Wegen der Praxis der Beklagten würden die Glücksspielautomaten des Klägers, die die gesetzlichen Grenzen beachten, nicht mehr nachgefragt.

Die Beklagte wendet ein, dass eine andere Konzerngesellschaft die beanstandeten Automaten betreibe und sie selbst daher nicht passiv legitimiert sei. Dem Kläger fehle das rechtliche Interesse, weil er die Klage nur auf Ersuchen Dritter erhoben habe; der Unterlassungsanspruch sei verjährt. Abgesehen davon verstießen die Automaten nicht gegen das Glücksspielgesetz. Sie seien „mehrfach lizenziert und genehmigt“. Die Wertgrenzen des § 4 GSpG (gemeint ebenfalls idF vor der Nov 2010) würden beachtet. Es sei zulässig, auf einem Automaten ein Guthaben von mehr als 50 Cent gutzubuchen und auf dieser Grundlage ein mehrfaches Spielen zu ermöglichen, sofern Beginn und Ende eines Spiels klar erkennbar seien. Die Grenze des § 4 Abs 2 GSpG würde nur dann überschritten, wenn die Aktivierung eines Spielvorgangs einen höheren Einsatz als 50 Cent erforderte, was aber nicht der Fall sei. Auch die Automatikfunktion sei zulässig, weil der Spieler jederzeit durch Drücken eines Knopfs diese Funktion aktivieren und deaktivieren könne. Der nach dem Wiener Veranstaltungsgesetz eingerichtete „Spielapparatebeirat“ habe die Glücksspielautomaten geprüft und typisiert. Die von der Beklagten verwendeten Glücksspielautomaten seien von zuständigen Verwaltungsbehörden genehmigt worden; sie zu verwenden könne daher nicht unlauter sein.

Das Erstgericht schloss seine Verhandlung am 12. August 2013 und wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und nahm zudem als erwiesen an, dass „die von der Beklagten angebotenen Spiele [...] behördlich genehmigt und vom Wiener Spielapparatebeirat begutachtet und empfohlen“ seien; weiters sei ein gegen die Beklagte geführtes strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingestellt worden. Daraus folge, dass die strittigen Automaten aufgrund einer vertretbaren Rechtsansicht betrieben worden seien. Eine vereinzelte höchstgerichtliche Entscheidung, die Schadenersatzansprüche eines Spielers betroffen habe (6 Ob 118/12i), könne daran nichts ändern. Auf die Fragen der Aktiv- und der Passivlegitimation komme es daher nicht an.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der Rekurs zulässig sei.

Wegen des Schlusses der Verhandlung am 12. August 2013 sei das Glücksspielgesetz idF der Novelle 2010 anwendbar. Nach § 5 Abs 5 lit b Z 3 dieses Gesetzes müsse jedes Spiel zumindest zwei Sekunden dauern und vom Spielteilnehmer gesondert ausgelöst werden. Dagegen verstießen die beanstandeten Geräte, weil durch die Automatikfunktion eine Reihe von Spielen ohne gesonderte Auslösung abliefe. Allerdings gingen die Streitteile offenbar von der Anwendbarkeit von § 4 GSpG idF vor der Nov 2010 aus. Dies beruhe offenbar auf § 50 Abs 25 Z 2 GSpG idgF, wonach Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs 2 GSpG idF vor der Nov 2010 zugelassen wurden, längstens bis zum 31. Dezember 2014 betrieben werden dürften. § 4 Abs 2 GSpG aF habe vorgesehen, dass Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten nicht unter das Monopol fielen, wenn der Einsatz des Spielers 50 Cent und der Gewinn 20 EUR nicht übersteige. Diese Beträge seien pro Spiel zu verstehen, wobei dieser Begriff wiederum aus Sicht des Spielers zu bestimmen sei. Auf den maschinellen Vorgang, der auf mehreren hintereinander ablaufenden „Spielen“ beruhe, komme es bei richtiger Auslegung nicht an. Denn die gesetzlichen Regelungen hätten den Zweck, die nachteiligen Folgen von Glücksspiel zu begrenzen; sie sollten verhindern, dass durch zu große Gewinnversprechen der Leichtsinn und Wagemut der Menschen in quantitativ ins Gewicht fallender Weise ausgenutzt würden. Jedenfalls die Automatikfunktion verstoße gegen § 4 GSpG aF, ebenso aber auch die Entgegennahme eines Guthabens zur Ermöglichung von (dann getrennt auszulösenden) Serienspielen. Eine vertretbare Rechtsansicht liege angesichts des eindeutigen Zwecks der Norm und höchstgerichtlicher Judikatur, wonach Serienspiele gegen das Glücksspielmonopol verstießen, nicht vor. Eine Rechtsansicht werde nicht allein dadurch lauterkeitsrechtlich vertretbar, dass sie von Verwaltungsbehörden ohne zivilrechtliche (lauterkeitsrechtliche) Kompetenz oder in Kommentaren vertreten werde. Denn sonst fiele „faktisch jede Prüfkompetenz durch die für den Vollzug des Lauterkeitsrechts zuständigen Zivilgerichte weg“. Daher trage der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht, was zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führe. Im fortgesetzten Verfahren seien die Aktiv- und Passivlegitimation, das Wettbewerbsverhältnis und der Verjährungseinwand zu prüfen. Der Rekurs sei zulässig, weil die Auslegung des Begriffs „Spiel“ über den Einzelfall hinaus Bedeutung habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich ein Rekurs der Beklagten, mit dem sie die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung anstrebt. Sie gesteht zu, dass die Automatikfunktion gegen das neue Recht verstoße. Der beanstandete Sachverhalt sei aber nach altem Recht zu beurteilen, ausschließlich darauf habe sich das Vorbringen des Klägers bezogen. Außerdem lägen nach altem Recht genehmigte Spielautomaten vor, die aufgrund der Übergangsvorschriften bis Ende 2014 auch nach neuem Recht betrieben werden dürften. Die Zivilgerichte seien an die Genehmigungsbescheide gebunden; eine andere Beurteilung missachte die Trennung von Justiz und Verwaltung. Zudem sei die Auffassung, die Automaten hätten nicht gegen § 4 GSpG aF verstoßen, auch abgesehen von den Genehmigungen (zumindest) mit gutem Grund vertretbar.

Der Kläger hält dem in der Rekursbeantwortung entgegen, dass das neue Recht anzuwenden sei. Bescheide, mit denen die beanstandeten Spielautomaten konkret zugelassen worden wären, gebe es nicht. Die Konzessionsverleihung nach § 15 Abs 1c Wiener Veranstaltungsgesetz berechtige den Konzessionsinhaber lediglich eine im Bescheid angeführte Anzahl an Münzspielautomaten aufzustellen. In einem solchen Bescheid würden keine Aussagen über die Automaten selbst getroffen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Das Berufungsgericht hat im Ansatz richtig angenommen, dass es auf das Vorliegen einer vertretbaren Rechtsansicht ankommt und das Verhalten der Beklagten grundsätzlich nach neuem Recht zu beurteilen ist.

1.1. Ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm ist als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. Der Unterlassungsanspruch setzt ferner voraus, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen (4 Ob 225/07d = SZ 2008/32 - Wiener Stadtrundfahrten; RIS-Justiz RS0123239). Maßgebend für die Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung sind der eindeutige Wortlaut und Zweck der angeblich übertretenen Norm sowie gegebenenfalls die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und eine beständige Praxis von Verwaltungsbehörden (4 Ob 225/07b - Wiener Stadtrundfahrten; RIS-Justiz RS0077771 [T76]; zuletzt etwa 4 Ob 20/13i = wbl 2013, 418 - Vertretungsvorbehalt der Rechtsanwälte; 3 Ob 115/13b = ÖBl 2014, 38 [Anzenberger] = ecolex 2014, 255 [Tonninger] - Ö3 Eurowuchteln; 4 Ob 166/13k = ÖBl‑LS 2014/13 ‑ Bleaching).

1.2. Der Senat hat im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 mehrfach ausgesprochen, dass ein in die Zukunft wirkendes Verbot nur dann erlassen oder bestätigt werden kann, wenn das beanstandete Verhalten im Zeitpunkt der Entscheidung auch nach der neuen Rechtslage unlauter ist (RIS-Justiz RS0123158; 4 Ob 156/08g = wbl 2009, 206 ‑ Stiftung Warentest 4 Ob 39/10d = ecolex 2011, 142 - Billigstzeitung). Eine Parallelprüfung nach altem Recht kann unterbleiben, wenn das beanstandete Verhalten nach Inkrafttreten des neuen Rechts fortgesetzt wurde (4 Ob 76/12y = wbl 2012, 590 = ecolex 2012, 993 [Tonninger] ‑ Media‑Analyse II; RIS-Justiz RS0123158 [T5]). Nichts anderes kann gelten, wenn sich zwar nicht die lauterkeitsrechtliche Bestimmung, wohl aber die dem Rechtsbruchtatbestand zugrunde liegende Norm geändert hat. Auch hier ist ein Verbot nur möglich, wenn das beanstandete Verhalten auch nach neuer Rechtslage unzulässig ist. Hat der Beklagte - wie hier nach den für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr maßgebenden Verhältnissen bei Schluss der Verhandlung erster Instanz - sein Verhalten auch unter Geltung des neuen Rechts fortgesetzt, ist eine Parallelprüfung nach altem Recht nicht erforderlich. Das auf das Vorliegen unzulässiger Serienspiele gerichtete Sachvorbringen der Beklagten kann auch unter die nun geltende Rechtslage subsumiert werden.

2. Die Beklagte gesteht im Rekurs zu, dass die die „Automatik-Startfunktion“ - also das Auslösen mehrerer „Spiele“, die bis zu einer Unterbrechung oder zum Aufbrauchen des Guthabens ohne weiteres Tätigwerden des Spielers ablaufen - gegen § 5 Abs 5 lit a Z 3 und lit b Z 3 GSpG idgF verstößt. Danach muss jedes Spiel zumindest zwei Sekunden dauern und vom Spielteilnehmer „gesondert ausgelöst“ werden. Beide Bedingungen sind bei Möglichkeit einer „Automatik-Startfunktion“ auch dann nicht erfüllt, wenn man unter „Spiel“ - wie von der Beklagten vertreten - jeden einzelnen maschineninternen Spielvorgang versteht. Hingegen ist nicht erkennbar, weshalb es (auch) nach neuem Recht unvertretbar sein sollte, Spielern das Aufbuchen eines Guthabens zu ermöglichen, das mit jeweils gesondert auszulösenden und als solchen unbedenklichen Spielen aufgebraucht werden kann. Das Berufungsgericht hat diese Auffassung zwar nicht unplausibel mit dem Gesetzeszweck begründet; im Wortlaut der Bestimmung findet sie aber keine Deckung. Damit ist insofern - vorbehaltlich anderslautender Entscheidungen der zur Durchsetzung des Glücksspielrechts primär zuständigen Verwaltungsgerichte - keine unvertretbare Rechtsansicht anzunehmen.

3. In Bezug auf die „Automatik-Startfunktion“ sind allerdings die Übergangsvorschriften der GSpG-Novelle 2010, BGBl I 73, zu beachten.

3.1. Nach § 60 Abs 25 Z 2 GSpG idgF dürfen

„Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz [dh vor der Novelle 2010] zugelassen worden sind, […] längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 betrieben werden (Übergangszeit). Wenn in einem Bundesland die nach § 5 Abs 1 höchstzulässige Anzahl an Glücksspielautomaten zum 31. Dezember 2009 um mehr als das Doppelte überschritten worden ist, dürfen in diesem Bundesland Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2015 betrieben und bis dahin an bereits bestehenden Standorten und im bestehenden Ausmaß auch verlängert werden.“

Die Regierungsvorlage zur Nov 2010 (657 BlgNR 24. GP 10) führt dazu aus, dass Glücksspielautomaten einen „Vertrauensschutz“ bis Ende 2014 genössen. Eine Verlängerung um ein Jahr hätten jene „Erlaubnisländer“, die Ende 2009 die höchstzulässige Automatenanzahl nach diesem Bundesgesetz um mehr als das Doppelte überschritten hätten. Spielautomaten, die nach altem Recht aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen bewilligt waren, fallen daher nicht unter § 5 GSpG idgF.

3.2. Das Erstgericht hat zwar festgestellt, dass die von der Beklagten angebotenen „Spiele [...] behördlich genehmigt und vom Wiener Spielapparatebeirat begutachtet und empfohlen“ worden seien. Diese Feststellung trägt die Abweisung allerdings noch nicht, weil es nach der dargestellten Bestimmung nicht um die (abstrakte) Genehmigung von Spielen, sondern um die konkrete Bewilligung von bestimmten Spielautomaten - hier also von solchen mit „Automatik-Startfunktion“ - geht. Liegen insofern Bewilligungen vor, wäre deren inhaltliche Richtigkeit (Zulässigkeit) freilich nicht mehr zu prüfen. Denn ein von der Verwaltungsbehörde genehmigtes Verhalten kann nicht lauterkeitsrechtlich wegen angeblicher Rechtswidrigkeit des von ihr erlassenen Bescheids verboten werden (RIS-Justiz RS0077861 [T2, T3, T10], RS0077771 [T37, T61, T64; zuletzt etwa 4 Ob 157/12k = wbl 2013/19 [Lettner] - Schutzzone im Bauland, und 4 Ob 41/13b, beide mwN). Die Beklagte durfte daher aus lauterkeitsrechtlicher Sicht auf allenfalls vorliegende Bewilligungen vertrauen. Auf die Auslegung von § 4 Abs 2 GSpG aF als solchem käme es in diesem Fall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an. Fehlten demgegenüber einschlägige Bewilligungen, wäre das Verhalten der Beklagten wegen Unanwendbarkeit der Übergangsbestimmung ausschließlich am neuen Recht zu messen; § 4 GSpG aF wäre auch in diesem Fall unerheblich.

4. Damit hat es im Ergebnis bei der Aufhebung zu bleiben. Im fortgesetzten Verfahren ist aber zunächst zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Bewilligungen für die vom Kläger beanstandeten Automaten vorliegen. Dazu wird die Beklagte ein konkretes Vorbringen zu erstatten haben, das mit dem Kläger zu erörtern sein wird; in weiterer Folge sind dazu erforderlichenfalls Beweise aufzunehmen. Die weiteren vom Berufungsgericht genannten Fragen sind nur zu prüfen, wenn keine den Betrieb der beanstandeten Geräte deckenden Bewilligungen vorliegen. Jedenfalls nicht berechtigt ist das Klagebegehren nach dem derzeitigem Stand des Verfahrens, soweit es über die oben erörterte Problematik der „Automatik-Startfunktion“ hinausgeht. Ein abweisendes Teilurteil ist aber wegen der komplizierten Formulierung des Begehrens, das auch bei einer Teilstattgebung im Sinn des berechtigterweise Gewollten klarer gefasst werden müsste, nicht zweckmäßig. Dem Kläger steht es frei, sein Begehren eingangs der fortgesetzten Verhandlung vor dem Erstgericht entsprechend einzuschränken.

5. Aus diesen Gründen muss der Rekurs der Beklagten scheitern. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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