OGH 6Ob172/17p

OGH6Ob172/17p21.11.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J* GmbH & Co KG, *, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. M* N*, 2. Mag. D* N*, 3. Dr. A* N*, Tschechien, 4. S* N*, alle vertreten durch Dr. Ernst Ortenburger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. Juni 2017, GZ 40 R 93/17y‑33, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120328

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 12a Abs 5 MRG darf der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit „das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen“ zwar ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen verpachten; auch die Veräußerung des Unternehmens ist durch ein Untervermietverbot nicht beschränkbar (Würth/Zingher/Kovanyi Miet‑ und Wohnrecht²³ I [2015] § 11 MRG Rz 1). Die Rechte des Mieters auf Verpachtung bzw Veräußerung des Unternehmens sind zwingend, sodass dem entgegenstehende Weitergabeverbote unwirksam sind und auch nicht durch Konventionalstrafe gesichert werden können (2 Ob 683/86; RIS-Justiz RS0031995; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 12a MRG Rz 6).

Allerdings erfasst § 12a MRG nur die Veräußerung und Weiterführung eines „lebenden Unternehmens“; hat der Mieter hingegen nie irgendeine Geschäftstätigkeit im Bestandobjekt entfaltet, dann ist § 12a MRG nicht anzuwenden (vgl RIS-Justiz RS0070089). Es muss wirklich um die Veräußerung des Unternehmens und nicht um eine verdeckte Weitergabe von Mietrechten gehen (Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 12a MRG Rz 14). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben:

Nach den Feststellungen ist die Klägerin Mieterin des Geschäftslokals, an dem ihr durch Zusatzvereinbarung vom 30. 1. 2014 ein einmaliges Untervermietrecht hinsichtlich eines konkreten Untermieters eingeräumt wurde. Nachdem dieses Untermietverhältnis wieder aufgelöst worden war, meldete die Klägerin zwar selbst ein Handelsgewerbe am Standort des Bestandobjekts an. Dabei handelte es sich aber nach den Ausführungen des Berufungsgerichts, denen die Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision insoweit nicht entgegentritt, um ein Scheingeschäft. Das Handelsgewerbe wird nicht von der Klägerin, sondern einem anderen Unternehmen betrieben; die Klägerin ist also lediglich bemüht, nach außen den Anschein zu erwecken, das Handelsgewerbe am Standort des Bestandobjekts zu betreiben. Tatsächlich hat sie das Geschäftslokal an ein anderes Unternehmen (unter‑)vermietet. Dies ist ihr aufgrund der Unterlassungsvereinbarung vom 2. 10. 2013 verboten.

2. Nach § 27 Abs 1 Z 1 erster Halbsatz MRG sind Vereinbarungen (unter anderem) ungültig und verboten, wenn der neue Mieter ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat; die rechtliche Konstruktion ist bedeutungslos. Wesentlich ist dabei, dass die Leistung in Ausnützung des Vermögenswerts und Seltenheitswerts des Mietobjekts gefordert und gegeben wird und eine gleichwertige Gegenleistung fehlt (RIS-Justiz RS0069888). § 27 Abs 1 Z 1 MRG zu unterstellende Vereinbarungen können sich zwar in den verschiedensten Sachverhalten verkörpern und hinter den mannigfachsten Rechtsformen verbergen (RIS-Justiz RS0069888 [T2]); entscheidend ist aber immer der „wahre“ wirtschaftliche Hintergrund der Transaktion (RIS-Justiz RS0069888 [T8]). Es kommt auch nicht darauf an, ob die Leistung gerade für die Aufgabe des Mietgegenstands (und die Ermöglichung des Abschlusses eines neuen Mietvertrags) gefordert und gegeben wird (RIS-Justiz RS0107273 [T1]). Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für schwerwiegende Verletzungen von Verpflichtungen aus dem Mietvertrag zulässig (5 Ob 117/00t). So hat etwa die Entscheidung 10 Ob 525/87 die Vereinbarung, wonach der Mieter ein „Pönale“ zu zahlen habe, wenn er den Mietvertrag vor einem bestimmten Zeitpunkt kündigt, nicht beanstandet. Die Literatur wiederum vertritt die Auffassung, ein unzulässiger Verstoß gegen ein Untermiet- oder sonstiges Weitergabeverbot begründe einen Anspruch auf Unterlassung; daneben komme auch eine vereinbarte Vertragsstrafe in Betracht (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ [2013] § 11 MRG Rz 8; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 I § 11 MRG Rz 3).

Damit ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei kein Fall einer nach § 27 Abs 1 Z 1 erster Halbsatz MRG verbotenen Zahlung gegeben, durchaus vertretbar. Anders als in der in der außerordentlichen Revision zitierten Konstellation, wonach der neue Mieter aus Anlass des Abschlusses des Mietvertrags einer Schuld beitreten soll (RIS-Justiz RS0114262), wird hier der Klägerin durch die vereinbarte Konventionalstrafe keine zusätzliche Leistung abverlangt, sondern vielmehr – dem Wesen einer Vertragsstrafe entsprechend – eine vertraglich übernommene Unterlassungsverpflichtung (konkret: einer tatsächlichen Untervermietung) bestärkt (vgl RIS‑Justiz RS0032072 [T1], RS0111949). Eine solche Verstärkung des Erfüllungsdrucks einer insoweit unstrittig zulässigen Verpflichtung ist im Gläubigerinteresse rechtlich durchaus schutzwürdig (RIS‑Justiz RS0032072 [T3]).

3. Die Klägerin begehrt die Feststellung sämtlicher Bestimmungen der Unterlassungs- und Verpflichtungsvereinbarung vom 2. 10. 2013 als nichtig/rechtsunwirksam und begründet ihr Feststellungsinteresse damit, dass die Beklagten die Vertragsstrafe bereits (zwischenzeitig auch teilweise erfolgreich; vgl die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung des Berufungsgerichts vom 7. 6. 2017 im Verfahren AZ 5 C 41/16y) geltend gemacht haben. Die Begründung hiefür lag jedoch in der (tatsächlich unzulässigen) Untervermietung der Geschäftsräumlichkeit an das andere Unternehmen.

Soweit sich die Unterlassungs- und Verpflichtungsvereinbarung umfänglicher (auch) auf die Verpachtung und/oder Weitergabe der Rechte an der Geschäftsräumlichkeit bezieht, ist auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verweisen, wonach eine Feststellungsklage grundsätzlich nur dann zulässig ist, wenn ein konkreter aktueller Anlass besteht, der zur Hintanhaltung einer tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine alsbaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht; solange sich der rechtserzeugende Sachverhalt nicht vollständig konkretisiert hat, ist eine Feststellungsklage nicht gerechtfertigt (RIS‑Justiz RS0039071 [T1]).

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