OGH 1Ob105/17y

OGH1Ob105/17y28.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** B***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 14.510 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 22. März 2017, GZ 5 R 64/16w‑18, mit dem das Zwischenurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 14. März 2016, GZ 22 Cg 48/15y‑13, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00105.17Y.0628.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

Anfang 2012 beauftragte der Geschäftsführer der Klägerin J***** P***** mit der Errichtung einer Schwimmbadüberdachung auf seiner Liegenschaft. Bei der Vorbesprechung an Ort und Stelle nahm P***** den im Eigentum der Klägerin stehenden Zweiachsanhänger wahr. In der Folge begann P***** mit der Errichtung einer Ziegelmauer. Anlässlich eines Werkerbringungstermins fragte dieser den Geschäftsführer der Klägerin, ob er den Anhänger ausleihen dürfe, um damit ein Fahrzeug aus Kärnten abzuholen, und äußerte: „Können Sie den Hänger mir herrichten? Wenn ich fertig bin mit dem Bau, können wir das abrechnen.“ Hierauf vereinbarte der Geschäftsführer der Klägerin mit J***** P*****, dass jener den Anhänger für einen PKW‑Transport verwenden kann und danach zurückzustellen habe. Dieser schlug vor, die Kosten der Miete des Anhängers mit seinen Forderungen gegenzurechnen, wenn er das beim Geschäftsführer der Klägerin zu errichtende Bauwerk fertiggestellt habe. Die Genannten vereinbarten die Abrechnung der Mietkosten bei Fertigstellung der Baulichkeit.

Nachdem die Klägerin den reparaturbedürftigen Anhänger instandgesetzt, die TÜV‑Überprüfung durchgeführt und diesen zum Verkehr angemeldet hatte, holte ihn J***** P***** Ende Juni 2012 im Betrieb der Klägerin ab. Er war in Kenntnis der üblichen Vermietpreise und der ‑praxis der Klägerin. Im Vorfeld der „Ausleihe bzw Anmietung“ hat der Geschäftsführer der Klägerin mit J***** P***** weder besprochen noch vereinbart, dass der Anhänger in dessen Eigentum übergehen könnte. Zu keinem Zeitpunkt schlossen die Klägerin und J***** P***** einen Kaufvertrag über den Anhänger. Als der Geschäftsführer nach ca zehn bis 14 Tagen die Rückstellung des Anhängers bei ihm urgierte, vertröstete ihn dieser und sicherte zu, „die Sache zeitnah [zu] erledigen“. Infolge einer Diskussion um die Nichtbezahlung weiteren Werklohns durch den Geschäftsführer der Klägerin setzte J***** P***** die Werkerbringung der Schwimmbadüberdachung nicht mehr fort. Bis zu jenem Zeitpunkt hatte er lediglich eine Mauer errichtet.

Anfang Juli 2013 erstattete der Geschäftsführer der Klägerin Anzeige gegen J***** P***** wegen mutmaßlicher Veruntreuung des Anhängers. Nach der Anzeigeerstattung hatte der Geschäftsführer keinen persönlichen Kontakt mehr zu ihm. E‑Mail‑Nachrichten, die dieser ihm sendete, leitete der Geschäftsführer an die Polizei weiter. Aufgrund der Anzeige leitete die Staatsanwaltschaft W***** gegen J***** P***** ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der wertqualifizierten Veruntreuung und des schweren Betrugs ein. Der Polizeibericht über das Ergebnis der in Auftrag gegebenen Nachtragserhebungen enthält folgende Ausführungen: „Ein Kaufvertrag zwischen [dem Geschäftsführer der Klägerin] und J***** P***** bezüglich des angeführten Zwei‑Achsanhängers existiert nicht, da der Anhänger lediglich an P***** entliehen wurde. Laut [dem Geschäftsführer] wäre eine Übergabe in das Eigentum des P***** erst bei Endabrechnung nach vereinbarungsgemäßem Abschluss des Bauvorhabens möglich gewesen. Dazu sei es jedoch nicht gekommen.“

Am 13. 8. 2013 stellte die Staatsanwaltschaft W***** das Ermittlungsverfahren gemäß § 190 Z 2 StPO ein. Ungeachtet der Verfahrenseinstellung schrieb die Polizei nach Rücksprache mit der Bezirkshauptmannschaft das am Fahrzeug angebrachte amtliche Kennzeichen im EKIS aus.

Am 13. 12. 2013 überprüften Polizeibeamte einen Kastenwagen mit slowakischem Kennzeichen und den – an dieses Zugfahrzeug angehängten – Anhänger, auf dem das als entfremdet ausgeschriebene Kennzeichen angebracht war. Die einschreitenden Polizeibeamten montierten die Kennzeichentafeln ab und stellten sie sicher. Unmittelbar danach teilte ein Polizist dem Geschäftsführer der Klägerin telefonisch mit, dass der Anhänger aufgefunden worden sei und im umzäunten Hofbereich der Polizeiinspektion verwahrt werde. Der Geschäftsführer schilderte dem Polizisten, den Anhänger im Sommer 2012 an P***** verliehen zu haben. Da jener das Fahrzeug nicht zurückgestellt habe, habe er ihm eine Rechnung ausgestellt. P***** habe jedoch geäußert, der Anhänger gehöre ihm. Bei diesem Telefonat begehrte der Geschäftsführer der Klägerin erstmals die Ausfolgung des Anhängers und äußerte, diesen am (kommenden) Wochenende abholen zu wollen. Hierauf forderte der Polizist den Geschäftsführer zur Übermittlung von Eigentumsnachweisen in Form des Zulassungs‑ und Typenscheins auf und teilte mit, vor Ausfolgung mit der Staatsanwaltschaft Rücksprache halten zu müssen. Am selben Tag faxte der Geschäftsführer den Typen‑ und Zulassungsschein des Anhängers an die Polizeiinspektion. Die von ihm am Sendebericht als Gedächtnisprotokoll angebrachten handschriftlichen Notizen lauten unter anderem: „Damit der Anhänger an mich ausgefolgt werden kann.“ Der vorgelegte Zulassungsschein weist die Klägerin als Zulassungsbesitzerin seit dem 29. 6. 2012 und als Abmeldedatum den 29. 8. 2013 aus.

Noch am selben Tag (13. 12. 2013) ordnete die Journalstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft K***** gegenüber der Polizeiinspektion – offenkundig aufgrund des ihr von der Polizei fernmündlich vorab berichteten Sachverhalts – die Sicherstellung des Anhängers an. Zugleich leitete diese Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen J***** P***** wegen des Verdachts der wertqualifizierten Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB ein. Der der Staatsanwaltschaft K***** am 14. 12. 2013 zugekommene Aktenvermerk der Polizeiinspektion vom Tag zuvor weist folgenden Inhalt auf: „J***** P***** ist verdächtig bzw wird [vom Geschäftsführer der Klägerin] beschuldigt, sich im Juni 2012 von ihm einen Zweiachsanhänger der Marke … für eine angebliche Fahrzeugüberstellung entliehen und diesen bis dato nicht wieder zurückgebracht zu haben. [Der Geschäftsführer] hat diesen Anhänger am 29. 6. 2012 auf seine Firma [Klägerin] angemeldet, das amtliche Kennzeichen … wurde am Anhänger angebracht. J***** P***** hat diesen Zweiachsanhänger bis dato in Verwendung, zwischenzeitlich hat er den Anhänger auf dem Areal des … Frachtenbahnhofs … widerrechtlich abgestellt, sodass … eine Unterlassungsklage gegen den Zulassungsbesitzer eingebracht wurde. Der Anhänger war zu dieser Zeit mit dem Zugfahrzeug mit dem slowakischen Kennzeichen … gekoppelt. Durch die Veruntreuung des gegenständlichen Anhängers durch J***** P***** ist dem [Geschäftsführer der Klägerin] eine amtliche Abmeldung nicht möglich, bis dato ist ihm dadurch ein finanzieller Schaden in der Höhe von ca 23.600 EUR erwachsen.“

Am 14. 12. 2013 übernahm der Geschäftsführer der Klägerin in der Polizeiinspektion die schriftliche Ausfertigung der Sicherstellungsanordnung. Nachdem die Polizeiinspektion die Sicherstellungsanordnung am selben Tag auch mittels E‑Mail an P***** übermittelt hatte, antwortete dieser mit E‑Mail vom 15. 12. 2013, dass die Staatsanwaltschaft W***** „die Anzeige des [Geschäftsführers der Klägerin]“ eingestellt habe, der Geschäftsführer der „P. *****“ mehr als 60.000 EUR schulde und ersucht werde, „die Sicherstellung des Eigentums der P. ***** s.r.o. nicht vorzunehmen“.

Die die Verfahrensführung am 16. 12. 2013 übernehmende Staatsanwältin hielt im Aktenvermerk vom selben Tag fest, dass ihr von einem Polizisten mitgeteilt worden sei, dass das Ermittlungsverfahren gegen P***** gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt worden sei und am 14. 8. 2013 die Ausschreibung des Anhängers widerrufen worden sei. Die Ausschreibung des behördlichen Kennzeichens sei nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft W***** trotzdem veranlasst worden, weil der Anzeiger [Geschäftsführer der Klägerin] die Abmeldung des Anhängers durchführen habe wollen und dies nur nach Ausschreibung möglich gewesen sei. Die Staatsanwältin ordnete am selben Tag an, dass die Sicherstellung des Anhängers mit sofortiger Wirkung aufgehoben werde, und beauftragte die zuständige Polizeiinspektion mit dessen Ausfolgung an J***** P*****. Zugleich übermittelte die Staatsanwaltschaft K***** den von ihr gegen ihn geführten Ermittlungsakt „zur allfälligen Fortführung des Ermittlungsverfahrens … gemäß § 193 Abs 2 Z 2 StPO“ der Staatsanwaltschaft W*****.

Auf der Grundlage der Aufhebung der Sicherstellungs‑ und der Ausfolgungsanordnung der Staatsanwaltschaft K***** folgte die Polizei den Anhänger am 19. 12. 2013 an J***** P***** aus. Am 20. 12. 2013 erhob die Klägerin Einspruch wegen Rechtsverletzung nach § 106 StPO gegen die Ausfolgung des Anhängers an P***** als offenkundig Nichtberechtigten, der sein Eigentum am Fahrzeug nicht nachweisen habe können. Die Sicherstellung wäre sohin aufrecht zu erhalten gewesen.

Am 31. 12. 2013 übermittelte die Staatsanwaltschaft K***** der Staatsanwaltschaft W***** den Abschlussbericht der Polizeiinspektion vom 19. 12. 2013. Darin wird der Geschäftsführer der Klägerin als „Opfer“ der Straftat („Kennzeichenentfremdung“) genannt. Die Staatsanwaltschaft W***** sah weder aufgrund des von der Staatsanwaltschaft K***** geführten Ermittlungsverfahrens noch in Ansehung der polizeilichen Berichterstattung einen Grund zur Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 193 Abs 2 Z 2 StPO.

Mit Beschluss vom 9. 1. 2014 stellte das Landesgericht W***** fest, dass die Klägerin durch die Ausfolgung des Anhängers an J***** P***** in ihrem subjektiven Recht verletzt worden sei. Das Gericht wies zugleich den Antrag auf „Aufrechterhaltung der Sicherstellung“ zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Staatsanwaltschaft K***** hätte erkennen müssen, dass J***** P***** offensichtlich nicht Berechtigter bezüglich des Anhängers gewesen sei. Nach der Aktenlage habe die Ermittlungsbehörde am 16. 12. 2013 [zum Anordnungszeitpunkt] die berechtigte Person nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand feststellen können, weshalb eine gerichtliche Hinterlegung nach § 1425 ABGB anzudenken gewesen wäre.

Dem Sicherstellungsantrag der Klägerin vom 28. 3. 2014, der Anhänger war zu diesem Zeitpunkt auf einem Parkplatz abgestellt, kam die Staatsanwaltschaft W***** mit der Begründung nicht nach, dass eine Sicherstellung mangels anhängigem Strafverfahren unzulässig sei.

Die Klägerin hat den Anhänger bislang nicht zurückerhalten. Sie hätte diesen zwischen dem 20. 12. 2013 und dem 31. 7. 2014 an eine bestimmte Person vermieten können.

Hätte die Ermittlungsbehörde am 16. 12. 2013 die Ausfolgung des Anhängers an die Klägerin angeordnet bzw hätte die Staatsanwaltschaft K***** oder die Staatsanwaltschaft W***** weitere Erhebungen zur Berechtigung der sichergestellten Fahrzeuge gepflogen, oder hätte die Staatsanwaltschaft dessen gerichtliche Hinterlegung gemäß § 1425 ABGB beantragt, wäre der Anhänger nicht an J***** P***** ausgefolgt worden und er hätte diesen nicht fortgesetzt der Klägerin entziehen können. Vielmehr wäre das Fahrzeug (letztlich) an die Klägerin (infolge deren Berechtigung bzw der Nichtberechtigung des P*****) auszufolgen gewesen.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Titel der Amtshaftung die Zahlung von 14.910 EUR sA. Sie betreibe unter anderem das Gewerbe der Fahrzeugvermietung. Im Juni 2012 habe sie ihren Anhänger J***** P***** aufgrund einer mündlichen Abrede zur Durchführung eines Transports zur Verfügung gestellt. Vereinbart sei gewesen, dass dieser ein Bauvorhaben abzuschließen gehabt habe und eine Übertragung des Eigentums am Anhänger danach möglich gewesen wäre. Bis zu jenem Zeitpunkt sei die kostenpflichtige Vermietung des Anhängers vereinbart gewesen. P***** habe den Anhänger vereinbarungswidrig nicht an die Klägerin zurückgestellt bzw den Kaufpreis nicht bezahlt. Ihr Geschäftsführer habe ihn daher wegen des Verdachts der Veruntreuung des Fahrzeugs angezeigt. Nachdem P***** wahrheitswidrig angegeben habe, die Klägerin habe ihm gegenüber Schulden, weshalb er den Anhänger behalte, habe die Staatsanwaltschaft W***** das Ermittlungsverfahren ohne weitere Überprüfung eingestellt. Im Zuge eines neuen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft K***** gegen diesen sei der Anhänger später aufgefunden und über Anordnung sichergestellt worden. Obgleich festgestanden sei, dass P***** weder rechtmäßig Eigentum noch redlichen Besitz am Anhänger gehabt habe, habe die Staatsanwaltschaft K***** diesem den Anhänger ausgefolgt. Der Ermittlungsbehörde sei die Klärung der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse am sichergestellten Anhänger leicht möglich gewesen, erliege im Ermittlungsakt doch ein Kurzbrief der Polizeiinspektion, aus dem hervorgehe, dass der Geschäftsführer der Klägerin drei Zahlungsbelege über an J***** P***** geleistete Zahlungen vorgelegt habe und ein Kaufvertrag mit dem Genannten nicht bestehe. Außerdem hätte der Geschäftsführer – wäre er rechtzeitig informiert worden – jederzeit den Typenschein des Fahrzeugs als Eigentumsnachweis vorlegen können. Richtigerweise hätte der Anhänger der Klägerin als Zulassungsbesitzerin und Eigentümerin ausgefolgt werden müssen; zumindest aber hätte sie rechtzeitig von der beabsichtigten Aufhebung der Sicherstellung verständigt bzw hätte das Fahrzeug verwahrt werden müssen. Im Übrigen habe die Staatsanwaltschaft K***** die Aufhebung der Sicherstellung bereits am 16. 12. 2013 angeordnet, ohne der Klägerin vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft W***** sei irrelevant, weil die Sicherstellung des Anhängers (auch) zur Klärung zivilrechtlicher Ansprüche erfolgt sei. Infolge Einspruchs wegen Rechtsverletzung gegen die Aufhebung der Sicherstellung und die Ausfolgung des Anhängers habe das Landesgericht W***** festgestellt, dass die Klägerin dadurch in ihrem subjektiven Recht verletzt worden sei, weil der Anhänger wegen offensichtlicher Nichtberechtigung J***** P*****s gemäß § 1425 ABGB gerichtlich zu hinterlegen und die betroffenen Personen davon zu verständigen gewesen wären. Zumindest der seinerzeit vorliegende Aktenvermerk der Polizeiinspektion vom 13. 12. 2013 hätte beim einschreitenden Organ der Staatsanwaltschaft K***** erste Zweifel über die Berechtigung P*****s zur Innehabung des Anhängers hervorrufen müssen. Die Klägerin sei ihrer Rettungspflicht nachgekommen. Ihr Geschäftsführer habe von der Sicherstellung des Anhängers erstmals am Nachmittag des 13. 12. 2013 durch einen Anruf der Polizeiinspektion erfahren und fernmündlich die Ausfolgung des Anhängers begehrt. Als Voraussetzung dafür habe der Polizist die Übermittlung von Unterlagen zur Eigentumsbescheinigung verlangt; dieser Aufforderung habe der Geschäftsführer am selben Tag entsprochen. Zudem habe die Klägerin am 28. 3. 2014 erneut die Sicherstellung des Fahrzeugs durch die Staatsanwaltschaft K***** begehrt. Spätestens nach Ausforschung der ausgeschriebenen Kennzeichen hätte die Ermittlungsbehörde ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen J***** P***** einleiten müssen, in dem dieser sowie der Geschäftsführer der Klägerin zu ermitteln gewesen wären. Durch die rechtswidrige Ausfolgung des Anhängers habe die Ermittlungsbehörde J***** P***** ermöglicht, das Fahrzeug ins Ausland zu bringen und es an einem nicht näher bekannten Ort verborgen zu halten. Dadurch sei der Anhänger der rechtmäßigen Verfügungsgewalt der Klägerin entzogen und ihr die bestimmungsgemäße Vermietung verunmöglicht worden.

Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, die Herausgabe des Anhängers an J***** P***** sei nicht rechtswidrig gewesen. Vielmehr hätte die Sicherstellung des Fahrzeugs gar nicht erfolgen dürfen, weil das Ermittlungsverfahren gegen P***** bereits früher gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt worden sei. Die Journalstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft K***** habe am 13. 12. 2013 um 16:30 Uhr mündlich die Sicherstellung des Anhängers zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche angeordnet, nachdem ein Polizist sie informiert gehabt habe, dass J***** P***** verdächtig sei, den abgestellten Anhänger, auf dem das zur Sachfahndung ausgeschriebene Kennzeichen angebracht gewesen sei, veruntreut zu haben. Am 16. 12. 2013 habe die für eine weitere Verfahrensführung zuständige Staatsanwältin – ohne vorangehende Einholung einer Stellungnahme des Geschäftsführers der Klägerin – mündlich die Aufhebung der Sicherstellung und die Ausfolgung des Anhängers an J***** P***** angeordnet; dies sei erfolgt, nachdem sie davon Kenntnis erlangt habe, dass die Staatsanwaltschaft W***** ein wegen des identen Sachverhalts geführtes Ermittlungsverfahren am 13. 8. 2013 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt gehabt habe. Gleichzeitig habe die Staatsanwaltschaft K***** die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft W***** zum dort anhängig gewesenen Verfahren gemäß § 193 Abs 2 Z 2 StPO übermittelt. Die Staatsanwaltschaft W***** habe das Ermittlungsverfahren jedoch nicht fortgeführt. Die nach Anzeige der Klägerin von der Staatsanwaltschaft W***** angeordneten polizeilichen Erhebungen hätten ergeben, dass der Anhänger J***** P***** leihweise zur Verfügung gestellt worden sei; diesbezüglich habe der Geschäftsführer der Klägerin der Ermittlungsbehörde keinen Leihvertrag vorlegen können. Zumal dieser keine konkreten Angaben zum Leihvertrag habe machen können, sei im Dunkeln geblieben, was hinsichtlich der Leihe des Anhängers konkret vereinbart gewesen sei. Außerdem habe der Geschäftsführer der Klägerin angegeben, dass eine Übergabe des Anhängers in das Eigentum von J***** P***** erst bei Endabrechnung nach vereinbarungsgemäßem Abschluss des Bauvorhabens möglich gewesen wäre. Im Ermittlungsverfahren sei offen geblieben, wann das Bauvorhaben abgeschlossen worden und ob eine Endabrechnung erfolgt sei. Ferner habe J***** P***** in einer E‑Mail vom 11. 6. 2013 an die Klägerin geäußert, den Anhänger zur Gänze bezahlt zu haben. Die Staatsanwaltschaft W***** habe das Ermittlungsverfahren gegen J***** P***** letztlich mangels Tatbeweises eingestellt. Vor der Ausfolgung des sichergestellten Anhängers seitens der Staatsanwaltschaft K***** an J***** P***** habe diese bereits einen Ausfolgungsantrag gestellt gehabt, während die Klägerin die Ausfolgung nicht begehrt habe und damit ihre Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG verletzt habe. Die Klägerin könne aus der Aufhebung der Sicherstellung und Rückstellung des Anhängers an P***** keine Ansprüche ableiten, weil die Sicherstellung außerhalb des Ermittlungsverfahrens erfolgt sei. Da die Sicherstellung rechtsgrundlos erfolgt sei, sei der Anhänger nach deren Aufhebung an jene Person zurückzustellen gewesen, in deren Gewahrsame er sich zum Zeitpunkt der Sicherstellungsmaßnahme befunden habe. Ein Ausnahmefall von diesem Grundsatz nach § 114 Abs 2 StPO sei nicht vorgelegen. Da der Geschäftsführer der Klägerin zugestanden habe, dass der Anhänger nach Eintritt von Bedingungen in das Eigentum des P***** übergehen hätte sollen, und aus den Ermittlungsakten der Inhalt des Leihvertrags nicht hervorgegangen sei, hätten die Organe der Staatsanwaltschaft K***** nicht erkennen können, dass P***** „offensichtlich nicht berechtigt“ gewesen sei, zumal dieser nach der Aktenlage mit der Klägerin einen zivilrechtlichen Vertrag über den Anhänger gehabt habe. Die allfällige Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises oder der Miete durch P***** sei kein Grund, den Anhänger nicht an ihn auszufolgen; dies selbst dann, wenn der Anhänger offensichtlich nicht ihm gehört habe.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die Anordnung der Sicherstellung des Anhängers am 13. 12. 2013 sei nicht zu Unrecht erfolgt. Die Staatsanwaltschaft K***** habe sowohl die Sicherstellung als auch deren Aufhebung und die Ausfolgung des Fahrzeugs im Rahmen des gegen J***** P***** eingeleiteten Ermittlungsverfahrens angeordnet. Überdies habe die Staatsanwaltschaft W***** das dortige Ermittlungsverfahren lediglich gemäß § 190 Z 2 StPO „aus Beweisgründen“ eingestellt gehabt. Die Staatsanwaltschaft K***** habe das Auffinden des Anhängers zusammen mit einem J***** P***** zuordenbaren Zugfahrzeug als neue belastende Tatsache im Sinn des § 193 Abs 2 Z 2 StPO gewertet, weil sie das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft W***** zur allfälligen Fortführung des dortigen Verfahrens abgetreten und nicht gemäß § 190 Z 1 StPO unter Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem eingestellt habe. Die gemäß § 110 Abs 1 Z 2 StPO zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche angeordnete Sicherstellung sei daher im Lichte der von der Polizei mitgeteilten Verdachtslage und im Hinblick auf die Opferstellung der Klägerin rechtsrichtig erfolgt. Bei der Aufhebungs‑ und Ausfolgungsanordnung habe die Staatsanwaltschaft K***** zu berücksichtigen gehabt, dass die Rückgabe eines sichergestellten Gegenstands noch während des laufenden Ermittlungsverfahrens nach § 69 Abs 3 StPO an das Opfer zu erfolgen habe, solange der Gegenstand eindeutig diesem Opfer zuordenbar sei, eine Beschlagnahme aus Beweisgründen nicht erforderlich sei und durch die Rückgabe nicht in Rechte Dritter eingegriffen werde. Dabei seien die Förmlichkeiten des § 367 Abs 2 StPO zu beachten; behaupte der Beschuldigte bestimmte Tatsachen, nach denen sich ein Recht auf die Sache ergeben könnte, das der Ausfolgung an den Antragsteller entgegenstehe (Z 2 leg cit), sei die Sicherstellung aufzuheben und der Gegenstand nach § 1425 ABGB gerichtlich zu hinterlegen. Eine Rückausfolgung des sichergestellten Gegenstands nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens habe zwar grundsätzlich an den Beschuldigten zu erfolgen, wenn er seinen Anspruch daraus schlüssig darlegen könne, wobei dies selbst dann gelte, wenn auch andere Personen ebenso schlüssige Ansprüche auf die Gegenstände erhoben hätten (eine Hinterlegung nach § 1425 ABGB sei diesfalls unzulässig). Könne ein Beschuldigter seinen Anspruch auf den sichergestellten Gegenstand jedoch nicht (schlüssig) begründen und gelange die Staatsanwaltschaft zur Auffassung, dass die Gegenstände offenbar nicht dem Beschuldigten gehörten, habe sie bei Gericht die Fassung eines Bedenklichkeitsbeschlusses nach § 378 aE StPO zu beantragen. Zu einem solchen Beschluss komme es unter anderem dann, wenn – wie im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft W***** – das Verfahren mangels Verwirklichung der „subjektiven“ Tatseite eingestellt worden sei und der Beschuldigte in seinem Anspruchsbegehren unschlüssig bleibe. Im Falle eines Bedenklichkeitsbeschlusses seien die Gegenstände nicht an den Beschuldigten auszufolgen, sondern vielmehr an den Privatbeteiligten, solange dieser schlüssig Ansprüche auf den sichergestellten Gegenstand behaupte, die Staatsanwaltschaft von dessen Berechtigung überzeugt sei und auch Rechte Dritter nicht entgegenstünden. Unschlüssige Anspruchsbegehren von Privatbeteiligten seien indes auf den Zivilrechtsweg verwiesen; der sichergestellte Gegenstand sei dann nach § 1425 ABGB zu hinterlegen. Im Anlassfall hätte die Staatsanwaltschaft K***** zum Zeitpunkt der Anordnung der Aufhebung der Sicherstellung und der Ausfolgung des Anhängers erhebliche Zweifel an der Berechtigung des einschlägig verurteilten P***** haben müssen, dies aufgrund des diesen ungeachtet der Einstellung des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft W***** nach § 190 Z 2 StPO treffenden Tatverdachts, des durch Vorlage von Typen‑ und Zulassungsschein bescheinigten Eigentums der Klägerin und des bei erster Gelegenheit gestellten, offenkundig berechtigten Ausfolgungsantrags der Klägerin. Eine Ausfolgung des Anhängers an den Beschuldigten während des anhängigen Strafverfahrens hätte nicht angeordnet werden dürfen, sodass die Ausfolgungsanordnung objektiv rechtswidrig gewesen sei. Ihr liege eine unvertretbare Rechtsansicht der Ermittlungsbehörde zugrunde, auch deshalb, weil P***** sein Anspruchsbegehren betreffend den sichergestellten Anhänger nicht schlüssig begründet und sein Eigentum daran nicht bescheinigt habe; ohne weitere Erhebungen hätte die Staatsanwaltschaft den Anhänger nicht ausfolgen dürfen, sondern zumindest nach § 1425 ABGB hinterlegen oder die Fassung eines Bedenklichkeits-beschlusses nach § 378 aE StPO beantragen müssen. Der Klägerin sei aufgrund des unverzüglich gestellten Ausfolgungsantrags unter Vorlage der von der Polizei verlangten Bescheinigungsmittel keine Verletzung ihrer Rettungspflicht vorzuwerfen; auch habe sie gegen die Anordnung der Ermittlungsbehörde Einspruch wegen Rechtsverletzung nach § 106 StPO erhoben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Rechtlich führte es aus, dass der bloße Umstand des Auffindens des Anhängers, befestigt an einem P***** zuordenbaren Zugfahrzeug, nicht als novum repertum im Sinn des strafprozessualen Verständnisses gewertet werden könne, das zu einer Fortführung des seitens der Staatsanwaltschaft W***** nach § 190 Z 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahrens berechtigt hätte. Die staatsanwaltschaftliche Einstellung des Strafverfahrens nach dieser Bestimmung entfalte insoweit Rechtskraftwirkung, als eine Fortführung des eingestellten Ermittlungsverfahrens nur in den engen Grenzen des § 193 Abs 2 StPO zulässig sei. Die selbständige Anordnung der Sicherstellung sei aufgrund der Sperrwirkung der Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft W***** jedenfalls unzulässig gewesen. Die Staatsanwaltschaft K***** hätte das von ihr zu Unrecht eingeleitete neuerliche Ermittlungsverfahren gegen P***** unmittelbar nach Bekanntwerden der Verfahrenseinstellung im zum selben Lebenssachverhalt geführten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft W***** wegen Verstoßes gegen das Verbot wiederholter Strafverfolgung (§ 17 StPO) gemäß § 190 Z 1 StPO einzustellen gehabt. Die rechtswidrig erfolgte Sicherstellung wäre – unter sinngemäßer Anwendung des § 613 Abs 1 Geo iVm § 2 DV‑StAG – sogleich nach Einstellung, das heißt ohne Verzögerung, aufzuheben und die Ausfolgung des sichergestellten Anhängers anzuordnen gewesen, wobei die Staatsanwaltschaft K***** das Regime des § 114 Abs 2 „iVm § 367“ StPO zu beachten gehabt hätte. Wenn der früher Beschuldigte bzw Freigesprochene unschlüssige Ansprüche auf die sichergestellte Sache behaupte und die Staatsanwaltschaft zur Auffassung gelange, dass die Sache offensichtlich nicht ihm gehöre, habe sie von der Ausfolgung der Sache an den früher Beschuldigten abzusehen und bei Gericht die Fassung eines Bedenklichkeitsbeschlusses nach § 378 aE StPO zu beantragen, mit dem über die Glaubwürdigkeit der Rechtmäßigkeit des Besitzes des früheren Beschuldigten abzusprechen sei. Zwar enthalte der unbestimmte Gesetzesbegriff der „offensichtlich fehlenden Berechtigung“ nach § 114 Abs 2 StPO hinsichtlich seiner Tragweite für das zuständige Organ der Staatsanwaltschaft K***** Unklarheiten, wie die von diesem zu klärende Frage, ob die von P***** behaupteten Ansprüche auf den sichergestellten Anhänger „schlüssig“ waren. Ein Verschulden sei ihm folglich nur dann anzulasten, wenn im Rahmen der konkreten Ausfolgungsanordnung der Bereich der bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Gesetzesauslegung bzw Rechtsanwendung überschritten worden sei. Angesichts des Informationsstandes des zuständigen Organs der Staatsanwaltschaft K***** im Zeitpunkt der Ausfolgungsanordnung könne indes in der ohne nähere Nachforschung angeordneten Ausfolgung des Anhängers keine bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbare Anwendung des Regimes des § 114 Abs 2 „iVm § 367“ StPO erblickt werden. Der Staatsanwaltschaft K***** seien in diesem Zeitpunkt nämlich sowohl der Typen‑ als auch der Zulassungsschein für den Anhänger vorgelegen, die der Geschäftsführer der Klägerin zur Bescheinigung deren Eigentums per Telefax übermittelt gehabt habe. Aus dem Zulassungsschein sei erkenntlich gewesen, dass die Klägerin als Zulassungsbesitzerin die Abmeldung des Anhängers mit 29. 8. 2013 veranlasst gehabt habe. Vor dem Hintergrund, dass aber trotz dieser Abmeldung das Kennzeichen im Sicherstellungszeitpunkt nach wie vor auf dem Anhänger montiert gewesen sei, habe die Erklärung P*****s im E‑Mail vom 15. 12. 2013, in der er sinngemäß lediglich behauptet habe, Eigentümerin des Anhängers sei die „P. ***** s.r.o.“, nicht als schlüssige Anspruchsbehauptung gewertet werden können. Diesem Schreiben sei nämlich zu keinem Zeitpunkt eine plausible Erklärung zu entnehmen, warum trotz des offenbar behaupteten Eigentümerwechsels auf die „P. ***** s.r.o.“ auf dem Fahrzeug noch zu diesem Zeitpunkt, also Monate nach der Abmeldung durch die Klägerin, das Kennzeichen montiert und der Typenschein noch nicht übergeben gewesen sei. Außerdem sei im Dunkeln geblieben, wieso im Schreiben auf angebliche Schulden des Geschäftsführers der Klägerin in Höhe von 60.000 EUR Bezug genommen werde. Das Schreiben lasse letztlich nicht erkennen, ob sich der Verfasser auf das Eigentumsrecht des darin genannten ausländischen Unternehmens oder auf ein Zurückbehaltungsrecht stütze. Bei Berücksichtigung dieser Unklarheiten im E‑Mail von P***** sei es jedenfalls unvertretbar gewesen, die darin enthaltene Erklärung als schlüssige Anspruchsbehauptung zu qualifizieren. Aus dessen Erklärungen lasse sich ein aktueller rechtmäßiger Sach‑ oder Rechtsbesitz seiner oder des von ihm genannten Unternehmens im Zeitpunkt der Sicherstellung nicht schlüssig ableiten. P***** habe sich nicht auf einen Leih‑ oder Mietvertrag gestützt, sondern erkennbar auf das Eigentum des von ihm genannten Unternehmens, allenfalls auf ein Zurückbehaltungsrecht. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen hätte ihm die Staatsanwaltschaft K***** bei pflichtgemäßer Überlegung auffordern müssen, den von ihm Namens der „P. ***** s.r.o.“ geltend gemachten Anspruch auf den Anhänger dahin zu konkretisieren, dass angegeben werden möge, aus welchen konkreten Umständen welche Besitz‑ oder Eigentumsansprüche am Anhänger behauptet werden, und im Fall des behaupteten Eigentums zu plausibilisieren, wieso an diesem noch am 13. 12. 2013 das (noch von der Klägerin beantragte) Kennzeichen angebracht und der Typenschein noch nicht übergeben gewesen sei. Erst wenn es P***** gelungen wäre, infolge dieser Aufforderung den rechtmäßigen Besitz- oder Eigentumsanspruch des Unternehmens ebenso wie seine Vertretungsbefugnis für dieses Unternehmen schlüssig darzulegen, hätte es zu einer Ausfolgung kommen dürfen. Andernfalls hätte die Staatsanwaltschaft K***** das Bedenklichkeitsverfahren nach § 378 aE StPO einzuleiten gehabt. Durch die Ausfolgung des Anhängers am 16. 12. 2013 an jemand, der zu diesem Zeitpunkt kein Recht zur Innehabung des Anhängers gehabt habe, sei der Klägerin als Eigentümerin insoweit ein Schaden entstanden, als ihr die Nutzung des Anhängers, insbesondere durch Vermietung, auf unabsehbare Zeit unmöglich gemacht worden sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffs der offensichtlich fehlenden Berechtigung nach § 114 Abs 2 StPO sowie zur Frage bestehe, welche Anforderungen im Verfahren nach § 114 Abs 2 „iVm § 367“ StPO an die schlüssige Anspruchsbehauptung des Forderungsprätendenten zu stellen seien.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin beantwortete Revision der Beklagten ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

1. Amtshaftungsansprüche nach § 1 Abs 1 AHG setzen ein rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten voraus. Geht es um die (unrichtige) rechtliche Beurteilung von Rechtsfragen, ist ein Verschulden grundsätzlich nur dann zu bejahen, wenn die beanstandete Entscheidung nicht auf einer nach den Umständen vertretbaren Rechtsanwendung beruht (RIS‑Justiz RS0050216 [insb T5]). Geht es um die Anwendung bzw Auslegung von Gesetzen oder anderen Rechtsnormen, begründet selbst eine unrichtige Beurteilung keine Schadenersatzpflicht, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsauffassung, also auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung, beruht (RIS‑Justiz RS0049951; RS0049955; vgl auch RS0050216).

2. Gemäß § 113 Abs 1 Z 2 StPO endet die Sicherstellung (unter anderem), wenn die Staatsanwaltschaft die Aufhebung anordnet. Nach Abs 3 leg cit – die Gründe der Aufhebung gelten allgemein und nicht nur für die dort genannten Fälle der Sicherstellung nach § 109 Z 1 lit b StPO (Tipold/Zerbes in Fuchs/Ratz, WK‑StPO § 113 Rz 5 [Stand 1. 11. 2015]) – hat die Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Sicherstellung anzuordnen, wenn deren Voraussetzungen nicht vorliegen oder weggefallen sind.

Nachdem die Sicherstellung des Anhängers am 13. 12. 2013 von der Staatsanwaltschaft K***** angeordnet worden war, ordnete diese im Hinblick auf die vorangegangene Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 190 Z 2 StPO gegen J***** P***** wegen § 133 Abs 1 und 2 erster Fall, § 146, § 147 Abs 2 StGB am 16. 12. 2013 die Aufhebung der Sicherstellung an und beauftragte eine bestimmte Polizeiinspektion mit der Ausfolgung des Anhängers an ihn. Die Beklagte geht ebenso wie das Berufungsgericht davon aus, dass die Anordnung der Sicherstellung durch die Staatsanwaltschaft K***** aufgrund der Sperrwirkung der Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft W***** jedenfalls unzulässig gewesen ist (vgl zur Sperrwirkung im Sinn des Prinzips „ne bis in idem“ 15 Os 94/13g, 15 Os 95/13d, 15 Os 96/13a = RIS‑Justiz RS0129011), weshalb die rechtswidrig erfolgte Sicherstellung sogleich nach der Einstellung, das heißt ohne Verzögerung, aufzuheben und die Ausfolgung des sichergestellten Anhängers anzuordnen gewesen ist.

Im Hinblick auf die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO ist das (bloße) Auffinden des Anhängers kein Grund für die Fortführung des beendeten Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft nach § 193 Abs 2 Z 2 StPO.

3. Für die Anordnung der Ausfolgung (bloß) sichergestellter Gegenstände ist im Ermittlungsverfahren die Staatsanwaltschaft (§ 114 Abs 1 StPO) zuständig (11 Os 48/11k = RIS‑Justiz RS0126852). Fällt der Grund für die (weitere) Verwahrung der sichergestellten Gegenstände weg, so sind diese sogleich jener Person auszufolgen, in deren Verfügungsmacht sie sichergestellt wurden, es sei denn, dass diese Person offensichtlich nicht berechtigt ist. In diesem Fall sind sie der berechtigten Person auszufolgen oder, wenn eine solche nicht ersichtlich ist und nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, nach § 1425 ABGB gerichtlich zu hinterlegen. Die hievon betroffenen Personen sind zu verständigen (§ 114 Abs 2 StPO).

Nach § 114 Abs 2 StPO soll den Strafbehörden keine diffizile Unterscheidung zwischen Eigentum, Besitz oder bloßer Innehabung, zB aufgrund von Verwahrungspflichten oder ähnlichem im Sinn des ABGB, aufgetragen, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass die sichergestellten Gegenstände grundsätzlich der Person zurückzustellen sind, bei der sie sichergestellt wurden, die also zu diesem Zeitpunkt – aus welchem Grund immer – deren Inhaber war. Das trifft auch auf den bloßen Verwahrer einer Sache zu. Anderes gilt nur dann, wenn diese Person offensichtlich nicht zur Innehabung berechtigt war (2 Ob 46/16b = RIS‑Justiz RS0131296 [T1, T2]; ebenso auf die Innehabung abstellend Sahler, Die Sicherstellung von Gegenständen und Spuren im österr. Strafprozess [2015] 100, und Schmidthuber, Konfiskation, Verfall und Einziehung [2016] 217). Bloße Zweifel an der Verfügungsberechtigung dieser Person rechtfertigen es nicht, die Herausgabe zu verweigern (15 Os 34/16p, 15 Os 49/16v, 15 Os 50/16s, 15 Os 51/16p = RIS‑Justiz RS0130932).

Gemäß § 114 Abs 2 StPO ist daher der sichergestellte Gegenstand nach Wegfall des Verwahrungsgrundes grundsätzlich an jene Person auszufolgen, aus deren Verfügungsmacht sie sichergestellt wurde. Dies gilt nur dann nicht, wenn diese Person offensichtlich keine Berechtigung über den betreffenden Gegenstand hat. In diesem Fall ist er der berechtigten Person auszufolgen, eine gestohlene Sache etwa dem Bestohlenen. Ist der Berechtigte nicht bekannt oder auch nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand feststellbar, so ist er nach § 1425 ABGB gerichtlich zu hinterlegen (8 Ob 75/16m mwN). Erheben mehrere Forderungsprätendenten auf den Erlagsgegenstand Anspruch und der oder die wahren Gläubiger können nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden, liegt gemäß § 114 Abs 2 Satz 2 StPO ein tauglicher Erlagsgrund vor (2 Ob 46/16b).

4. Der Anhänger der Klägerin wurde im Gewahrsam von J***** P***** sichergestellt. Im Ermittlungsverfahren behaupteten sowohl die Klägerin als auch dieser (und zwar für ein ausländisches Unternehmen) das Eigentumsrecht. Die Klägerin konnte zur Bescheinigung ihrer Ansprüche die Kopie des Typen‑ und Zulassungsscheins des Anhängers an die Polizeiinspektion übermitteln, J***** P***** legte dagegen keine Bescheinigungsmittel vor. Trotz Abmeldung des Anhängers durch die Klägerin (als Zulassungsbesitzerin) am 29. 8. 2013 befand sich im Dezember 2013 auf diesem nach wie vor die (bei der Zulassung auf Antrag der Klägerin ausgestellte) Kennzeichentafel. Dem Amtsvermerk der Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft K*****, die die Ausfolgung des Anhängers an P***** veranlasste, ist kein Grund für die Rückstellung des Anhängers an ihn zu entnehmen.

In der ohne nähere Nachforschungen angeordneten Ausfolgung des Anhängers an P***** durch die Staatsanwältin ist keine bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbare Rechtsanwendung zu erblicken. Während die Klägerin ihre Berechtigung, über den Anhänger zu verfügen, mittels in Kopie vorgelegter Urkunden nachweisen konnte, behauptete J***** P***** lediglich, dass der Geschäftsführer der Klägerin der „P. ***** s.r.o.“ mehr als 60.000 EUR schulde und der Anhänger im Eigentum dieser Gesellschaft stehe und daher eine Sicherstellung nicht vorzunehmen sei. Abgesehen davon, dass auf dem Anhänger nach wie vor das von der Klägerin beantragte Kennzeichen montiert war, erschließt sich nicht, wie eine Sache der Klägerin infolge von (persönlichen) Schulden ihres Geschäftsführers in das Eigentum eines ausländischen Unternehmens übergegangen sein soll. Dass P***** selbst über den Anhänger verfügungsberechtigt gewesen sein soll, behauptete er in seinem E‑Mail vom 15. 12. 2013 gar nicht. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Ausfolgung des Anhängers an jemand, der offensichtlich nicht zur Innehabung berechtigt war, rechtswidrig und schuldhaft erfolgte, ist zutreffend. Die Staatsanwaltschaft K***** wäre, wenn schon nicht zur Ausfolgung an die Klägerin, jedenfalls zur Hinterlegung gemäß § 1425 ABGB verpflichtet gewesen. Wenn die zuständige Staatsanwältin aber ohne nähere Begründung die Ausfolgung des Anhängers an eine Person veranlasste, obwohl deren Angaben nach der Aktenlage für das Eigentum eines ausländischen Unternehmens offenkundig kein tauglicher Grund für eine Berechtigung zur Innehabung ist, ist diese Anordnung unvertretbar. Dass die Klägerin Eigentümerin des Anhängers ist, bestreitet die Beklagte in ihrer Revision nicht.

5. Nach den Feststellungen ordnete die Staatsanwaltschaft K***** von Amts wegen die Aufhebung der Sicherstellung an und verfügte die Ausfolgung des Anhängers an J***** P*****. § 114 Abs 2 StPO enthält eine spezielle Regelung, was mit sichergestellten Gegenständen zu erfolgen hat, wenn der Grund für die weitere Verwahrung wegfällt. Da keine gerichtliche Beschlagnahme erfolgte, kommt es nicht darauf an, an wen in diesem Fall bei Einstellung eines Strafverfahrens der beschlagnahmte Gegenstand zurückzustellen ist (vgl dazu 1 Ob 178/01k = SZ 2002/5 = RIS‑Justiz RS0116051; 15 Os 97/03 = SSt 2003/67 = RS0118019; RS0118018). Im Hinblick auf die konkrete Regelung über die Rückstellung sichergestellter Gegenstände bei Wegfall des Verwahrungsgrundes in § 114 Abs 2 StPO kommt hier nur diese Bestimmung zur Anwendung und nicht § 367 Abs 2 StPO. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass bei Rückstellung von Gegenständen, die dem Opfer entwendet wurden, (auch im Ermittlungsverfahren) „die Förmlichkeiten“ des § 367 Abs 2 StPO zu beachten sind (so Bauer, Ausgewählte beweissichernde Zwangsmittel in der neuen StPO, ÖJZ 2008/81, 754 [756]; diesem folgend Kroschl in Schmölzer/Mühlbacher, StPO1.01 § 114 StPO Rz 8), so wurden sowohl die Klägerin als auch J***** P***** angehört und damit die dort genannten Personen. Die von der Beklagten im Zusammenhang mit § 367 StPO in der Revision angesprochenen Rechtsfragen sind daher nicht entscheidungsrelevant.

6. Da die Vorinstanzen demnach zutreffend den Schadenersatzanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten dem Grunde nach für berechtigt erkannten, ist der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 4 ZPO.

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