OGH 2Ob142/16w

OGH2Ob142/16w20.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. O***** H*****, vertreten durch Dr. Eckart Fussenegger und Dr. Alexander Hacker, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei W***** AG *****, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.959,81 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. April 2016, GZ 36 R 363/15x‑20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. Juli 2015, GZ 78 C 847/14g‑16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00142.16W.0620.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Kläger wurde am 31. 8. 1994 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Das Alleinverschulden traf den Lenker eines bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten Pkws. Der schuldtragende Lenker wurde bei dem Unfall getötet.

Der 1967 geborene Kläger war Polizeibeamter. Aufgrund seiner unfallskausalen Verletzungen wurde er mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 7. 9. 1995 ab dem 1. 10. 1995 in den Ruhestand versetzt.

Im Verfahren 91 Cg 1050/01t des Landesgerichts Salzburg (in der Folge: Vorprozess) begehrte der Kläger von der beklagten Partei Schmerzengeld sowie den Ersatz von Heilbehandlungskosten und seines mit einem Kapitalbetrag geltend gemachten Verdienstentgangs für den Zeitraum von Oktober 1995 bis November 2002. Er stellte auch ein Feststellungsbegehren.

Im Vorprozess war unstrittig, dass die Haftpflichtversicherungssumme 12.000.000 ATS (= 872.074,01 EUR) betrug (vgl dortige AS 31, 34 und 140). Nachdem der Kläger im Zuge des Verfahrens ein (zunächst noch auf monatlich 1.800 EUR lautendes und zeitlich unbefristetes) Rentenbegehren zur Abgeltung des Verdienstentgangs ab 1. 12. 2002 erhoben hatte (Vorprozess ON 22), wandte die beklagte Partei in der Tagsatzung vom 24. 2. 2003 den Deckungskonkurs ein (ON 24). Selbst wenn man das Rentenbegehren nur bis zum Eintritt des Pensionsalters zuspräche, würde sich ein die Versicherungssumme übersteigender Schadenersatzbetrag von 12.979.394 ATS (= 943.249,35 EUR) errechnen. Da jedoch der Verdienstentgang auch über das Pensionsalter hinaus geltend gemacht werden könne, seien die monatlichen Renten unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Lebensalters des Klägers gemäß § 155 VersVG „seitens des Klägers“ betragsmäßig zu kürzen (Vorprozess AS 140). In der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 26. 9. 2006 schränkte der Kläger das Rentenbegehren auf monatlich 1.599,62 EUR vom 1. 12. 2002 bis zum Erreichen des Pensionsalters ein (Vorprozess AS 367).

Nach Abschluss eines Teilvergleichs über das Schmerzengeld wurde dem Kläger mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. 11. 2006 ein Betrag von 141.544,50 EUR samt Zinsen und eine monatliche Rente von 1.599,62 EUR ab 1. 12. 2002 bis zum Erreichen des Pensionsalters zuerkannt. Des weiteren wurde festgestellt, dass die beklagte Partei dem Kläger für sämtliche zukünftige kausale Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 31. 8. 1994 im Rahmen des für das näher bezeichnete Fahrzeug abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrags haftet. In der Entscheidungsbegründung vertrat das Landesgericht Salzburg die – im Berufungsverfahren nicht mehr beanstandete – Rechtsansicht, dass sich bei einer Versicherungssumme von 12.000.000 ATS aufgrund der zugesprochenen Beträge ein Deckungskonkurs nicht ereignen könne (S 20 des Ersturteils im Vorprozess = AS 398).

Die aus anderen Gründen erhobene Berufung der beklagten Partei blieb erfolglos (OLG Linz 1 R 10/07g‑76), sodass das Urteil des Landesgerichts Salzburg in Rechtskraft erwuchs.

Mit der am 30. 10. 2014 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrt der Kläger (nach „Präzisierung“ seines Begehrens: AS 27) die Zahlung weiterer 9.959,81 EUR sA.

Er brachte vor, die beklagte Partei habe die Zahlungen gemäß dem Urteil des Vorprozesses an ihn geleistet. Aufgrund der Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst hätte der Kläger ab dem Jahr 2009 wesentlich höhere, jährlich steigende Bezüge erhalten, als sie der Berechnung im Urteil des Vorprozesses zugrunde gelegt worden seien. Konkret stehe ihm für die Jahre 2009 bis 2012 eine Nachforderung („Rentenerhöhung“) von 26.888,66 EUR zu, von der er 1.167,39 EUR für die Monate November und Dezember 2011 sowie 8.792,42 EUR für das Jahr 2012, insgesamt daher 9.959,81 EUR sA als weiteren Bruttoverdienstentgang geltend mache. Dazu berief sich der Kläger auf die Berechnungen einer von ihm beauftragten Steuerberatungskanzlei sowie – für 2012 – auf die „üblichen“ Vorrückungen, Gehaltserhöhungen, sonstigen gesetzlichen Zuwendungen und Überstunden, wobei er eine monatliche Erhöhung der Rente von 416,07 EUR zuzüglich der Steuerbelastung errechnete. Die beklagte Partei habe im Jahr 2012 auf die Nachforderung eine Teilzahlung von 15.000 EUR geleistet, danach jedoch ihre Zahlungen eingestellt. Auf § 155 VersVG gestützte Einwände hätte die beklagte Partei schon im „Titelprozess“ erheben müssen, was nicht geschehen sei. Auf eine nicht ausreichende Versicherungssumme, deren Außerstreitstellung nur für den Vorprozess gegolten habe, könne sie sich daher nicht berufen.

Die beklagte Partei wandte ein, sie habe bis einschließlich Dezember 2014 auf die Versicherungssumme anrechenbare Zahlungen von 539.056,67 EUR geleistet. Es verbleibe eine restliche Versicherungssumme von 333.017,34 EUR, die durch die bis zum fiktiven Pensionsantritt des Klägers am 1. 6. 2032 noch zu leistenden Rentenzahlungen à 1.599,62 EUR in Gesamthöhe von 334.320,58 EUR bereits überschritten werde. Die Haftung der beklagten Partei sei mit der Höhe der Versicherungssumme begrenzt. Sie sei daher zu weiteren Zahlungen nicht verpflichtet. Die beklagte Partei bestritt im Übrigen die vom Kläger behauptete Gehaltsentwicklung und wandte die Verjährung des für November 2011 begehrten Erhöhungsbetrags ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Soweit wesentlich stellte es noch fest, dass die Versicherungssumme für das bei der beklagten Partei versicherte Fahrzeug 872.074,01 EUR betragen habe. Bis Ende des Jahres 2014 habe die beklage Partei eine auf diese Versicherungssumme anrechenbare Gesamtleistung von 540.161,07 EUR erbracht, sodass noch eine restliche Versicherungssumme von 331.912,94 EUR zur Verfügung stehe. Die von Jänner 2015 bis Mai 2032 (209 Monate) zu erbringenden Zahlungen der monatlichen Rente von 1.599,62 EUR erforderten einen Betrag von 334.320,58 EUR.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, es liege Unzulänglichkeit der Versicherungssumme iSd § 155 VersVG vor, sodass eine Erhöhung der im Vorprozess festgesetzten Renten nicht mehr möglich sei. Abgesehen davon, dass die beklagte Partei schon im Vorprozess die Unzulänglichkeit der Versicherungssumme eingewendet habe, sei dieser Einwand auch im gegenständlichen Rechtsstreit zulässig. Feststellungen zum hypothetischen Verdienst des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum hielt das Erstgericht für entbehrlich.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die (ordentliche) Revision zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, im Vorprozess sei dem Kläger die monatliche Rente zwar ohne Beschränkung auf den Haftpflichtversicherungsvertrag zuerkannt worden. Ermöglicht werde die Geltendmachung einer Rentenerhöhung aber erst durch den Ausspruch über das Feststellungsbegehren, der eine solche Beschränkung enthalte. Nach ständiger Rechtsprechung habe der beklagte Versicherer, der sich auf eine gegenüber dem Klagsanspruch nicht ausreichende Deckungssumme beruft, diesen Einwand zu konkretisieren und Beweise anzubieten, was durch Vorlage eines kompletten, in Beachtung der Bestimmungen der §§ 155 und 156 VersVG aufgestellten Verteilungsplans geschehen könne. Die dem Anspruch des Geschädigten entgegengehaltene Behauptung des Versicherers, die Deckungssumme reiche zur Befriedigung nicht aus, könne grundsätzlich nur im jeweiligen Schadenersatzprozess und nicht in einem späteren Verfahren geprüft werden. Bei der Verteilung iSd § 156 VersVG seien aber nicht alle mutmaßlichen Gläubiger zu berücksichtigen. Es seien nur die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Leistungen, nicht aber alle nur theoretisch denkbaren in Betracht zu ziehen. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer später entstehenden Forderung rechtfertige nicht die Verringerung des Deckungskapitals. Der Kläger habe im Vorprozess eine nicht wertgesicherte Rente begehrt. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich nicht, dass die Gehaltsentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes damals schon absehbar gewesen sei. Die beklagte Partei sei daher berechtigt, im nunmehrigen Verfahren den Einwand nach § 155 VersVG zu erheben. Dieser sei angesichts der dem Kläger bereits erbrachten Leistungen auch berechtigt.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob in einem Verfahren auf Rentenerhöhung noch der Einwand der nicht ausreichenden Deckungssumme nach § 155 VersVG erhoben werden könne, nicht existiere.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Das Rechtsmittel ist im Sinne des Eventualantrags auch berechtigt.

Der Kläger bestreitet weiterhin die Berechtigung der beklagten Partei zur Erhebung des Einwands nach § 155 VersVG. Einerseits sei die Rente im Urteil des Vorprozesses ohne Beschränkung durch die Versicherungssumme rechtskräftig zugesprochen worden, andererseits lägen die Voraussetzungen für einen nachträglichen Einwand der unzulänglichen Versicherungssumme nicht vor. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst wäre nicht absehbar gewesen, sei unrichtig und widerspreche der Lebenswirklichkeit. Bei entsprechender Sorgfalt hätte die beklagte Partei mit der Geltendmachung der Forderung rechnen müssen. Dennoch habe sie im „Titelprozess“ den Einwand der Unzulänglichkeit der Versicherungssumme weder präzisiert noch unter Beweis gestellt. Er könne nun nicht mehr nachgeholt werden.

Hiezu wurde erwogen:

I. Vorbemerkung:

Vorauszuschicken ist, dass sich beide Parteien in ihrem Prozessvorbringen auf den Inhalt des in erster Instanz auf Antrag beider Parteien verlesenen Akts des Vorprozesses berufen haben. Der Akteninhalt ist somit, zumindest was den Gang des Verfahrens anlangt, als unstrittig anzusehen. Nach herrschender Rechtsprechung ist es prozessual unbedenklich, unstrittiges Parteivorbringen ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (§§ 266 f ZPO). Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht, weshalb zum besseren Verständnis dieser Entscheidung neben den vom Erstgericht ohnedies festgestellten Passagen aus der zweitinstanzlichen Entscheidungsbegründung weiterer Akteninhalt wiedergegeben werden konnte (vgl 2 Ob 206/09x mwN; RIS‑Justiz RS0121557 [T4, T5]).

II. Anpassung der Rente:

1. Für Renten gilt nach ständiger Rechtsprechung die Umstandsklausel, sodass bei einer unvorhersehbaren wesentlichen Änderung der Verhältnisse die Anpassung (Erhöhung oder Herabsetzung) an die geänderten Umstände begehrt werden kann (RIS‑Justiz RS0000653). Die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung über eine Verdienstentgangsrente steht daher einer solchen Anpassung nicht entgegen (2 Ob 255/74 ZVR 1975/168; 2 Ob 79/97z ZVR 1998/21; 2 Ob 228/04z SZ 2004/184; 2 Ob 256/06w SZ 2007/147; RIS‑Justiz RS0119626).

2. Im Vorprozess hatte das Gericht bei der Bemessung der Verdienstentgangsrente von den damaligen Verhältnissen auszugehen (8 Ob 150/83 ZVR 1985/11; 2 Ob 79/97z ZVR 1998/21; RIS‑Justiz RS0107992), das waren jene zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 26. 9. 2006 (2 Ob 155/89). Nur dort, wo nach allgemeiner Lebenserwartung schon im Vorhinein mit einer Änderung der Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt zu rechnen war, musste schon bei der Bemessung der Rente auf künftige Verhältnisse Bedacht genommen werden. Dabei war auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abzustellen. Die ungewisse Möglichkeit des Eintritts künftiger Umstände, die die Rentenverpflichtung verändern könnten, hatte hingegen außer Betracht zu bleiben (8 Ob 150/83 ZVR 1985/11; 2 Ob 79/97z ZVR 1998/21; RIS‑Justiz RS0030897).

3. Der Kläger strebt nun mit seinem Klagebegehren die Anpassung der ihm im Vorprozess rechtskräftig zuerkannten monatlichen Renten an die Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst an. Er behauptet, ab dem Jahr 2009 Anspruch auf eine erhöhte Rente zu haben und begehrt – da ihm die beklagte Partei die Erhöhung verweigert – den Zuspruch der Erhöhungsbeträge. Dazu stützt er sich ua auf die „üblichen“ Vorrückungen, Gehaltserhöhungen, sonstigen gesetzlichen Zuwendungen und Überstunden, sodass sich grundsätzlich die Frage stellen könnte, ob diese Entwicklung für den Kläger nicht schon im Vorprozess (zumindest teilweise) konkret vorhersehbar gewesen ist. Sie kann aber letztlich unerörtert bleiben, weil die beklagte Partei in erster Instanz keinen entsprechenden Einwand gegen das Erhöhungsbegehren erhoben hat.

4. In ihrer Revisionsbeantwortung vertritt die beklagte Partei die Ansicht, dass der Kläger die Rente schon im Vorprozess „nach dem VPI 2000 wertgesichert“ begehren hätte können. Dem ist nicht zu folgen:

Eine in den Spruch des Urteils aufzunehmende Wertsicherung zukünftiger Verdienstentgangsrenten nach dem Verbraucherpreisindex lehnt der Oberste Gerichtshof – trotz § 8 Abs 2 EO idF der EO‑Novelle 1991 (BGBl 1991/628) – mit der Begründung ab, dass die Höhe des Verdienstentgangs mit den Verbraucherpreisen in keinem unmittelbaren Zusammenhang steht. Es obliegt vielmehr auch insoweit den Parteien, bei (wesentlich) geänderten Verhältnissen mit gesonderter Klage eine Anpassung der Rente an die neuen Verhältnisse zu erreichen (2 Ob 79/97z ZVR 1998/21; 8 Ob 108/03w; vgl auch 2 Ob 27/16h; RIS‑Justiz RS0019225; Reischauer in Rummel , ABGB³ II/2b § 1325 Rz 27; Fucik/Hartl/Schlosser , Handbuch des Verkehrsunfalls² VI (2012) Rz 732; aM Huber in Schwimann , ABGB-TaKomm³ § 1325 Rz 12, der sich für eine indexgebundene Rente als Regelfall ausspricht; ders in ZVR 2010/58 [Glosse zu 2 Ob 150/08k]).

III. Kapital- oder Rentenforderung?

1. Gemäß § 155 Abs 1 VersVG kann der Versicherungsnehmer, der dem Dritten zur Gewährung einer Rente verpflichtet ist, nur einen verhältnismäßigen Teil der Rente verlangen, wenn die Versicherungssumme den Kapitalwert der Rente nicht erreicht.

Diese Bestimmung bezieht sich nicht nur auf das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, sondern ist auch dann von Bedeutung, wenn der Dritte – wie in der Kfz-Haftpflichtversicherung infolge seines Direktanspruchs (§ 26 KHVG) – unmittelbar gegen den Versicherer vorgeht (2 Ob 84/04y SZ 2006/26; RIS‑Justiz RS0065801).

2. Sind mehrere Dritte vorhanden und übersteigen ihre Forderungen aus der die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers begründenden Tatsache die Versicherungssumme, so hat der Versicherer nach § 156 Abs 3 VersVG die Forderungen nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen.

Hiebei sind mehrere Gläubiger nicht nur mehrere verletzte Personen, sondern auch, sofern nur ein Verletzter vorhanden ist, die beteiligten Sozialversicherungsträger (als Legalzessionare) untereinander und im Verhältnis zum Verletzten (2 Ob 156, 157/75 ZVR 1976/331; 2 Ob 273/76 SZ 50/79 = ZVR 1978/245; 7 Ob 25/78 SZ 51/63; RIS‑Justiz RS0080822 [T1], RS0080830; Reisinger in Fenyves/Schauer, VersVG [2014] § 156 Rz 12 f).

3. Die beklagte Partei behauptet im gegenständlichen Rechtsstreit nicht (mehr) das Vorhandensein mehrerer Gläubiger. Nach dem Verständnis der Vorinstanzen und – jedenfalls im Rechtsmittelverfahren – auch jenem beider Parteien erhebt sie daher keinen auf § 156 Abs 3 VersVG gestützten Einwand, sondern einen solchen nach § 155 Abs 1 VersVG.

Vom Fall einer unvorhersehbaren Änderung der Verhältnisse abgesehen, welche die beklagte Partei zu einer Herabsetzung der Rente berechtigen würde, kommt eine Kürzung der im Vorprozess bereits rechtskräftig zuerkannten Rente nicht mehr in Betracht (7 Ob 25/78 SZ 51/63). Der Kürzung unterlägen daher nur die im vorliegenden Verfahren begehrten Erhöhungsbeträge. Darauf richtet sich der Einwand der beklagten Partei. Bedeutsam ist demnach die Frage, ob die geltend gemachten Erhöhungsbeträge tatsächlich als Rentenforderungen oder ob sie als Kapitalforderung anzusehen sind:

3.1 Wäre von einer Kapitalforderung auszugehen, würde diese neben die rechtskräftig zuerkannte Rente treten. Zwar käme die Kürzung der Rente nicht in Betracht, weshalb § 155 Abs 1 VersVG keine unmittelbare Anwendung fände. Es wäre aber zu prüfen, ob die Kapitalforderung in der restlichen Versicherungssumme ganz oder teilweise Deckung findet. Auch dabei wäre allerdings die bereits zuerkannte Rente mit ihrem Kapitalwert und nicht, wie die Vorinstanzen fälschlich annahmen, mit der Summe aller Rentenzahlungen zu veranschlagen (siehe Punkt VI).

3.2 Bei Vorliegen von Rentenforderungen wäre hingegen zunächst die als erheblich erachtete Rechtsfrage zu prüfen und, falls diese im Sinne der Vorinstanzen zu lösen ist, zu klären, ob die eine Rentenerhöhung rechtfertigenden Behauptungen des Klägers zutreffen und ob die Voraussetzungen für eine Rentenkürzung im angesprochenen Ausmaß bestehen.

4. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs werden bei einer Kürzung der Ansprüche nach § 155 Abs 1 VersVG – anders als bei der Aufteilung nach § 156 Abs 3 VersVG – bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz angefallene Verdienstentgangsbeträge grundsätzlich als Kapitalforderungen und nicht als Rentenforderungen behandelt (RIS‑Justiz RS0058415; Reisinger in Fenyves/Schauer, VersVG [2014] § 155 Rz 6; einschränkend Huber, ZVR 2013/175 [Glosse zu 2 Ob 227/11p]). Das gilt auch dann, wenn die Schadenersatzbeträge dem Begehren des Klägers entsprechend mit Monatsbeträgen zugesprochen wurden (vgl 3 Ob 48/89), wie es auch hier der Fall gewesen ist (Zuspruch als Rente ab 1. 12. 2002). Diese Rechtsprechung bezieht sich auf den Stichtag der Umwandlung der (bevorrangten) Kapitalforderung in eine (nachrangige) Rentenforderung und das Rangverhältnis dieser Forderungskategorien. Sie gelangt allerdings nicht zur Anwendung, wenn die Umwandlung bereits vollzogen wurde und vor dem Streit über eine erforderliche Kürzung bereits längere Zeit Renten gezahlt worden sind (keine „Rückumwandlung“ für die Dauer des Rechtsstreits: vgl 7 Ob 35/83 SZ 56/178; 7 Ob 67/83 VersR 1984, 1201; 2 Ob 84/04y SZ 2006/26).

5. Auch auf die hier zu beurteilende Konstellation ist diese Rechtsprechung nicht anwendbar, wurde doch bereits im Vorprozess mit dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Umwandlung von der Kapitalforderung in eine Rentenforderung bewirkt. Auf das Rangverhältnis zwischen Kapital und Rente, das ansonsten zu einer Rentenkürzung führen könnte, kommt es im Streit über die Erhöhung der Rente angesichts des rechtskräftigen Zuspruchs im Vorprozess nicht mehr an. Die vom Kläger begehrten Erhöhungsbeträge sind vielmehr Teil der (erhöhten) Rente, mit der sie eine Einheit bilden, und somit ebenfalls Rentenforderungen (davon ausgehend auch schon die Ausführungen in 2 Ob 84/04y SZ 2006/26 zur „aufgeschobenen Rente“; dazu Punkt VI). Daran ändert nichts, dass der Kläger die ihm seiner Auffassung nach zustehenden Rententeile nur für einen bestimmten Zeitraum in der Vergangenheit fordert und mit einem Kapitalbetrag geltend macht (vgl RIS‑Justiz RS0030928).

6. Die vorstehenden Erwägungen können somit dahin zusammengefasst werden, dass die auf die Erhöhung einer rechtskräftig zuerkannten Verdienstentgangsrente gerichteten Ansprüche ebenfalls als Rentenforderungen zu behandeln sind, auch wenn sie im Folgeprozess nur für einen bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum geltend gemacht werden.

IV. Zulässigkeit des Einwands der unzureichenden Deckungssumme:

1. Der dem Klagsanspruch entgegengehaltene Einwand des Versicherers, die Deckungssumme reiche nicht aus, muss „im jeweiligen Schadenersatzprozess“, also im Titelverfahren erhoben werden und kann nicht in einem späteren Verfahren, insbesondere dem Exekutionsverfahren, nachgeholt werden (2 Ob 84/04y SZ 2006/26; 7 Ob 56/06w; RIS‑Justiz RS0065841). Eine spätere Überprüfung in einem Oppositionsverfahren ist ebenso wenig möglich wie aufgrund einer negativen Feststellungsklage, wenn dem Versicherer der Einwand der Rentenkürzung (unter Berücksichtigung der erforderlichen Prognosen) bereits im Titelverfahren objektiv möglich gewesen wäre (3 Ob 212/98t ZVR 1999/100; 2 Ob 360/98z ZVR 1999/55). Dabei handelt es sich um eine Folge der (materiellen) Rechtskraft der im Titelverfahren ergangenen Entscheidung, die auch Einwendungen des Beklagten gegen den Anspruch präkludiert (2 Ob 84/04y SZ 2006/26; Fasching/Klicka in Fasching² III § 411 Rz 91).

2. Nach diesen Grundsätzen könnte die beklagte Partei jedenfalls nicht einwenden, dass die dem Kläger im Vorprozess rechtskräftig zuerkannte Rente wegen der Voraussetzungen des § 155 Abs 1 VersVG aus der restlichen Versicherungssumme nicht mehr gedeckt werden kann. Einen solchen Einwand hat die beklagte Partei hier aber ohnedies nicht erhoben.

Das Begehren des Klägers auf Leistung von Erhöhungsbeträgen, mit dem er die Anpassung der Rente an von ihm behauptete geänderte Verhältnisse anstrebt, war naturgemäß noch nicht Gegenstand des Vorprozesses. Der nunmehrige Rechtsstreit ist ebenso Titelprozess wie der Vorprozess, ist er doch auf die Erlangung eines zusätzlichen Titels gerichtet. Die Rechtskraft der im Vorprozess ergangenen Entscheidung hindert daher nicht den Einwand des beklagten Versicherers, nunmehr, also erst aufgrund der begehrten Erhöhung, lägen die Voraussetzungen des § 155 Abs 1 VersVG vor.

3. Anders läge der Fall allerdings, wenn die beklagte Partei die geänderten Umstände (die Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst) schon im Vorprozess zu berücksichtigen gehabt hätte. Die beklagte Partei hat dort den Einwand des Deckungskonkurses erhoben, diesen jedoch – möglicherweise, weil der Kläger seine Rentenforderung von sich aus reduzierte – nicht näher konkretisiert und insbesondere keinen in Beachtung der §§ 155, 156 Abs 3 VersVG aufzustellenden Verteilungsplan vorgelegt, wie dies von der Rechtsprechung gefordert wird (2 Ob 46/87 ZVR 1988/108; 2 Ob 59/13k; RIS‑Justiz RS0037519, RS0080795).

4. Hätte die beklagte Partei im Vorprozess ihren Einwand weiter verfolgt, so hätte sie behaupten und beweisen müssen, welche Ansprüche außer den in der damaligen Klage geltend gemachten in welcher Höhe gegen sie erhoben wurden (2 Ob 46/87 ZVR 1988/108; 2 Ob 59/13k; RIS‑Justiz RS0037519, RS0080795). Dabei wären neben den durch Vergleich, Urteil oder Anerkenntnis festgestellten Gläubigern auch die – wenngleich noch nicht festgestellten, so doch – bei ihr geltend gemachten Ansprüche zu berücksichtigen gewesen und schließlich jene, mit deren Geltendmachung sie bei entsprechender Sorgfalt rechnen hätte müssen und die sie durch Bildung einer Rücklage zu berücksichtigen gehabt hätte (2 Ob 273/76 SZ 50/79 = ZVR 1978/245; 2 Ob 46/87 ZVR 1988/108; 2 Ob 59/13k; RIS‑Justiz RS0080810).

Bei der Ermittlung des Rückstellungskapitals sind nur die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Leistungen, nicht aber alle nur theoretisch denkbaren in Betracht zu ziehen (2 Ob 59/13k; RIS‑Justiz RS0080696, RS0080699). Von der „schlechtest möglichen“ Entwicklung hat der Versicherer nach dieser Rechtsprechung daher keinesfalls auszugehen (vgl Reisinger, Rentenkürzung und Deckungskonkurs in der Haftpflichtversicherung, ZVR 2012/238, 445 [447]). Die noch nicht geltend gemachten, aber zu erwartenden Forderungen sind mit einem angemessenen Schätzbetrag anzusetzen (Reisinger aaO 448).

5. Waren die vom Kläger im gegenständlichen Verfahren behaupteten Umstände (die Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst) für einen sorgfältigen Versicherer bereits im Vorprozess mit einiger Wahrscheinlichkeit vorhersehbar – wobei es nicht, wie beim Kläger, auf die Änderungswahrscheinlichkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt ankommt (oben Punkt II.2) –, so hätte die beklagte Partei schon damals die objektive Möglichkeit gehabt, das Rückstellungskapital durch Schätzung zu ermitteln und ihren Einwand der unzureichenden Deckungssumme auch insoweit zu konkretisieren. Unter dieser Prämisse wäre der nunmehr neuerlich erhobene Einwand, die Deckungssumme reiche nicht aus, nach den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung bereits präkludiert: Der im Vorprozess nicht ausreichend konkret erhobene Einwand ist nämlich einschließlich der damals schon möglichen Prognosen über künftige Entwicklungen von der Rechtskraft der Vorentscheidung umfasst.

6. Ob im Sinne der obigen Ausführungen mit der vom Kläger behaupteten Gehaltsentwicklung zu rechnen war, kann anhand der bisherigen Sachverhaltsgrundlage noch nicht beurteilt werden. Dazu bedarf es einer Verfahrensergänzung in erster Instanz. Das Erstgericht wird nach Erörterung mit den Streitteilen die von den Vorinstanzen zu Unrecht für entbehrlich gehaltenen Feststellungen zu der vom Kläger behaupteten Gehaltsentwicklung und deren Vorhersehbarkeit für die beklagte Partei, die das Berufungsgericht ohne ausreichendes Tatsachensubstrat verneinte, nachzuholen haben. Dabei wird auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Vorprozess (26. 9. 2006) abzustellen sein.

7. Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage ist daher dahin zu beantworten, dass der Einwand der unzureichenden Deckungssumme auch noch in einem Rechtsstreit über die Erhöhung einer rechtskräftig zuerkannten Verdienstentgangsrente möglich ist, sofern er sich auf die mangelnde Deckung der geforderten Erhöhungsbeträge bezieht und die Erhöhung für einen sorgfältigen Versicherer nicht schon im Vorprozess mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersehbar war.

V. Ergebnis:

Die Urteile der Vorinstanzen sind daher aufzuheben.

Sollte nach den im fortgesetzten Verfahren ergänzend zu treffenden Feststellungen von der Unzulässigkeit des Einwands der unzureichenden Deckungssumme auszugehen sein, wären die geforderten Erhöhungsbeträge in jenem Umfang zuzusprechen, in dem der Kläger die Berechtigung seines Erhöhungsbegehrens nachzuweisen vermag. Sollte jedoch der Einwand auch nur teilweise zulässig sein, wäre im fortgesetzten Verfahren auch noch auf die nachstehenden Ausführungen Bedacht zu nehmen.

VI. Berechtigung des Einwands der unzureichenden Deckungssumme:

1. Für die Berechnung, ob die Rentenerhöhung in der Versicherungssumme Deckung findet, ist es unumgänglich, den Kapitalwert (Barwert) der erhöhten Rente zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 155 Abs 1 VersVG. Es ist versicherungsmathematisch die Rente festzustellen, deren Kapitalwert der in Betracht kommenden Versicherungssumme entspricht (2 Ob 84/04y SZ 2006/26; 7 Ob 56/06w; 2 Ob 227/11p ZVR 2013/175 [Huber]). Die Rente darf nur in betraglicher, nicht aber in zeitlicher Hinsicht gekürzt werden (2 Ob 273/76 SZ 50/79 = ZVR 1978/245; RIS‑Justiz RS0080737). Wird die Rente nach § 155 Abs 1 VersVG gekürzt, haftet der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer (Mitversicherte) für den verbleibenden Rest (2 Ob 84/04y SZ 2006/26; 7 Ob 56/06w).

2. Wie der Kapitalwert von Renten zu berechnen ist, schreibt § 155 Abs 1 VersVG nicht vor. Richtlinien für die Berechnung gibt § 3 Abs 3 der AKHB 1988, die – nach ihrer Aufhebung als Verordnung zum Ende des Jahres 1993 – als schlichte Vertragsbedingungen fortbestanden (vgl 7 Ob 394/97k) und inhaltlich dem am 1. 9. 1994, also am Tag nach dem gegenständlichen Unfall, in Kraft getretenen § 10 KHVG entsprechen (ErläutRV 1681 BlgNR XVIII. GP  12). Diese Bestimmung bzw die Vorgängerregelungen in den diversen Fassungen der AKHB wurden stets als Ausführungsbestimmungen (auch) des § 155 Abs 1 VersVG angesehen (2 Ob 273/76 SZ 50/79 = ZVR 1978/245; 7 Ob 25/78 SZ 51/63; 7 Ob 71/78 ZVR 1980/332; Kunst, Der Kapital‑ und Rentenschaden in der Haftpflicht und Haftpflichtversicherung, ZVR 1978, 65 [71]). Danach sind der Ermittlung des Kapitalwerts die Allgemeine Sterbetafel für Österreich MÖ 1930/33 und ein Zinsfuß von 3 % zugrunde zu legen (dazu eingehend 2 Ob 84/04y SZ 2006/26). Dies gilt sowohl für lebenslange, als auch für zeitlich begrenzte Renten (vgl Grubmann, KHVG4 [2015] Anh 4 Anm 1; Berechnungsbeispiele bei § 10 Anm 3; ebenso bei Reisinger, Rentenkürzung und Deckungskonkurs in der Haftpflichtversicherung, ZVR 2012/238, 445 [447]; Kunst, Der Kapital- und Rentenschaden in der Haftpflicht und Haftpflichtversicherung, ZVR 1978, 65 [70 f]).

3. Unzutreffend ist jedenfalls die Auffassung der beklagten Partei, der sich die Vorinstanzen anschlossen, dass es darauf ankommen soll, ob die Summe der Rentenzahlungen die Versicherungssumme erreicht (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage in Deutschland vgl BGH 12. 6. 1980, IVa ZR 9/80, VersR 1980, 817; BGH 10. 10. 2006, VI ZR 44/05, VersR 2006, 1679; Küppersbusch, Das Kürzungs- und Verteilungsverfahren bei Überschreitung der Versicherungssumme in der Haftpflichtversicherung, FS Müller [2009] 65 [66 f]). Dies widerspricht § 155 Abs 1 VersVG („Kapitalwert“) und den erwähnten Berechnungsgrundlagen (vgl Kunst, Der Kapital- und Rentenschaden in der Haftpflicht und Haftpflichtversicherung, ZVR 1978, 65 [77 f]).

4. Anpassungen aufgrund neuer Entwicklungen erfolgen mit Wirkung ex nunc (vgl Küppersbusch, Das Kürzungs‑ und Verteilungsverfahren bei Überschreitung der Versicherungssumme in der Haftpflichtversicherung, FS Müller [2009] 65 [75]). Im fortgesetzten Verfahren wird daher der Kapitalwert der Rente nach versicherungsmathematischen Grundsätzen – erforderlichenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen – zu ermitteln und mit der verbleibenden Versicherungssumme in Relation zu setzen sein. Sollte der Kapitalwert der Rente die restliche Versicherungssumme nicht erreichen, wird ferner zu prüfen sein, ob und in welchem Ausmaß die Rentenerhöhung noch Deckung findet. Dabei ist folgende Vorgangsweise geboten:

4.1 Für Fälle wie den vorliegenden hat der Oberste Gerichtshof die Behandlung der Rentenerhöhung als „aufgeschobene Rente“ bereits in Erwägung gezogen (2 Ob 84/04y SZ 2006/26). Nach Meinung des Senats wäre diese Berechnungsweise sachgerecht. Sie ermöglicht es, die Errechnung des Kapitalwerts der Rentenerhöhung bis zu dem Zeitpunkt aufzuschieben, in dem sie tatsächlich eintritt (BGH 22. 1. 1986, IVa ZR 65/84, VersR 1986, 392). Durch einen versicherungsmathematischen Abschlag wird dem Umstand Rechnung getragen, dass vom ursprünglichen Rentenbeginn bis zum Zeitpunkt der Erhöhung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass der letztere nicht erlebt wird (BGH 28. 11. 1979, IV ZR 83/78, VersR 1980, 132).

4.2 Dabei wird die Rente gedanklich in zwei Teilrenten zerlegt, nämlich in die in unveränderter Höhe weiter zu zahlende ursprüngliche Rente und in eine zusätzliche Rentenverpflichtung in Höhe der Differenz. Für diese neue Rente wird ein selbständiger Kapitalwert errechnet, und zwar zum selben Stichtag wie für die ursprüngliche Rente. Soweit durch den Kapitalwert der neu hinzugekommenen Rente die Versicherungssumme nicht überschritten wird, ist die Rentenerhöhung in vollem Umfang zu decken; andernfalls hat der Haftpflichtversicherer nur den Teil der Rentenerhöhung zu zahlen, der zu dem zusätzlich zu zahlenden Rentenbetrag im gleichen Verhältnis steht wie der verbleibende Teil der Versicherungssumme zum Kapitalwert der Rentenerhöhung. War die Versicherungssumme bereits durch Einzelzahlungen und den Kapitalwert der bisherigen Rente voll ausgeschöpft, wird die Rentenerhöhung nicht gedeckt (BGH 22. 1. 1986, IVa ZR 65/84, VersR 1986, 392).

4.3 In der Entscheidung 2 Ob 84/04y SZ 2006/26 wurde auch darauf hingewiesen, dass es bei der Behandlung der Rentenerhöhung als aufgeschobene Rente zu keiner Vermengung der Stichtage kommen darf. Vielmehr wäre – insoweit in Einklang mit der herrschenden Auffassung zum deutschen Recht – grundsätzlich stets derselbe Stichtag heranzuziehen (BGH 22. 1. 1986, IVa ZR 65/84, VersR 1986, 392). Das wäre der Tag der Umwandlung von einer Kapitalforderung in eine Rentenforderung, die nach der oben (in Punkt III.4) wiedergegebenen Rechtsprechung beim Erwerbsschaden mit dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess eingetreten ist.

4.4 Sollte nach dieser Berechnung die Rentenerhöhung ganz oder teilweise in der restlichen Versicherungssumme Deckung finden, wären die entsprechenden Teilrentenbeträge für die klagsgegenständlichen Zeiträume entsprechend dem Klagebegehren als Kapitalbetrag zuzusprechen.

VII. Kosten:

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte