OGH 2Ob176/16w

OGH2Ob176/16w16.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** S*****, vertreten durch Mag. Rainer Ebert, Mag. Gerhard Holzer Rechtsanwälte GesbR in Hollabrunn, gegen die beklagte Partei Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch Dr. Elisabeth Messner, Rechtsanwältin in Wien, wegen 60.208,26 EUR und Rente, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Mai 2016, GZ 11 R 56/16k‑113, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Endurteil des Landesgerichts Korneuburg vom 1. Februar 2016, GZ 1 Cg 109/13t‑109, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00176.16W.0516.000

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.332,54 EUR (darin enthalten 222,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Kläger nimmt den beklagten Verband– soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse – wegen Verdienstentgang in Anspruch.

Nach Einholung eines Sachverständigen‑ gutachtens zu diesem Thema brachte der Beklagte vor, dass im begehrten Verdienstentgang auch nicht zustehende Aufwandersätze für Reisegebühren und Kostenersatz enthalten seien. Der Kläger konzedierte dies, brachte aber seinerseits vor, dass diesen Zahlungen kein gesonderter Aufwand gegenübergestanden habe.

Das Erstgericht stellte den Verdienstentgang, dem Sachverständigengutachten folgend, pauschal fest, ohne den Aufwandersatz gesondert auszuweisen oder dazu Feststellungen zu treffen, und sprach auf dieser Basis Verdienstentgang zu.

Der auf diesen Umstand verweisenden Berufung des Beklagten setzte der Kläger in seiner Berufungsbeantwortung entgegen, dass diesbezüglich den Beklagten die Beweislast treffe.

Das Berufungsgericht ergänzte aus den unbestrittenen, vom Kläger vorgelegten Lohnzetteln Beil ./CC und ./DD in Zusammenhalt mit dem SV-Gutachten die Beträge des Aufwandersatzes, verneinte deshalb das Vorliegen eines sekundären Verfahrensmangels und wies in Abänderung des Ersturteils diesen Teil des Verdienstentgangsbegehrens ab. Es ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung (Entgelt – Aufwandersatz) der Spesenvergütung in der Lohnordnung zum Bundeskollektivvertrag für Dienstnehmer in privaten Autobusbetrieben nicht vorliege.

Der Kläger macht in seiner ordentlichen Revision geltend, er habe ohnehin vorgebracht, dass den in Rede stehenden Positionen kein gesonderter Aufwand gegenüberstehe. Der Beklagte habe dies nicht substanziiert bestritten, obwohl ihn die Behauptungs- und Beweislast, dass eine Aufwandsentschädigung vorliege, getroffen habe und erst dann der Kläger hätte nachweisen müssen, dass die Pauschale unrealistisch hoch angesetzt gewesen sei. Der Beklagte habe dazu weder etwas behauptet noch nachgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Damit vermag der Rechtsmittelwerber aber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sodass die Entscheidung entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) –Ausspruch des Berufungsgerichts nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt:

Die vom Kläger aufgezeigte Behauptungs- und Beweislastverteilung entspricht der – im vorliegenden Verfahren nicht relevanten – arbeitsrechtlichen Judikatur, die der Kläger auch zitiert (8 ObA 87/05k; vgl auch 9 ObA 29/09v).

Dagegen muss nach der schadenersatzrechtlichen Judikatur grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen behaupten und beweisen (RIS-Justiz RS0109832) und daher der Geschädigte grundsätzlich auch die Höhe seines Schadens. Zur Behauptungs- und Beweislast beim Aufwandersatz hat der Oberste Gerichtshof dem folgend bereits in 1 Ob 216/99t ausgesprochen, dass der Beweis über die Höhe des Verdienstentgangs und damit den zuletzt bezogenen Nettolohn der klagenden Partei obliegt, die einen Verdienstentgang in bestimmter Höhe behauptet. Ist aus rechtlichen Erwägungen eine Aufwandsentschädigung nur mit dem über dem Aufwand gelegenen Betrag als Verdienstentgang ersatzfähig, so muss der den Verdienstentgang Behauptende bei entsprechendem Einwand des Prozessgegners auch nachweisen, dass entweder überhaupt keine Aufwandsentschädigung in dem von ihm behaupteten Nettolohn enthalten ist oder nur ein Betrag, der über dem tatsächlichen Aufwand liegt.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger diesen prozessualen Pflichten nicht nachgekommen ist, ist jedenfalls vertretbar.

Dass grundsätzlich Aufwandsentschädigungen nur insoweit als Verdienstentgang nach § 1325 ABGB ersatzfähig sind, als sie den daraus zu bestreitenden tatsächlichen Mehraufwand übersteigen, entspricht der ständigen Rechtsprechung (2 Ob 228/69 SZ 42/140; 8 Ob 236/78; 8 Ob 57/86; 2 Ob 153/89; 2 Ob 173/00f und 1 Ob 216/99t; RIS-Justiz RS0058528; RS0030613).

Der Rechtsfrage, ob bestimmte Gehaltsbestandteile bloß den tatsächlichen Mehraufwand abdecken, oder aber über den tatsächlichen Aufwand des Dienstnehmers hinausgehen, kommt im Übrigen wegen ihrer im Regelfall typischen Einzelfallabhängigkeit keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu (2 Ob 173/00f).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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