OGH 4Ob222/16z

OGH4Ob222/16z24.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** eGen*****, vertreten durch die Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in Linz, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch die Anwälte Mandl & Mitterbauer GmbH in Altheim, wegen Unterlassung (Streitwert 80.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. September 2016, GZ 5 R 43/16d‑11, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. Jänner 2016, GZ 19 Cg 80/15h‑7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00222.16Z.0124.000

 

Spruch:

 

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 10.044,76 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 932,46 EUR USt und 5.450 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin entstand aus sechs Molkereien mit Produktionsstandorten in mehreren österreichischen Bundesländern, unter anderem der auf das Jahr 1900 zurückgehenden Schärdinger Landmolkerei. Sie ist Inhaberin zahlreicher österreichischer und Unionswort‑ sowie Wort‑Bild‑Marken, die alle das Wort „Schärdinger“ enthalten, teilweise verbunden mit verschiedensten Lebensmittelbezeichnungen oder Werbeschlagworten.

Die Marke „Schärdinger“ hat in Österreich im Bereich „Milch‑ und Molkereiprodukte“ eine ungestützte Bekanntheit von rund 50 % und eine gestützte Bekanntheit von über 90 %. Mit anderen Produkten als Molkereiprodukten einschließlich Käse verbinden die Marke Schärdinger aber nur verschwindend wenige Personen.

Als Produktkennzeichen und im Internetauftritt verwendet die Klägerin folgende Wort‑Bild‑Marke, die auch Bestandteil zahlreicher anderer ihrer Marken ist:

 

Die Klägerin vertreibt Molkereiprodukte. Auf dem Getränkesektor produziert und vertreibt sie Milch und Milchmixgetränke verschiedener Geschmacksrichtungen, vor allem mit Frucht‑, aber auch Schokolade- und Nussgeschmack; Limonaden bietet sie nicht an.

Die Beklagte ist Berechtigte der nachfolgend abgebildeten österreichischen Marke 284351 für die Klasse 32 (Biere, Mineralwasser und kohlensäurehaltige Wasser‑ und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirup für Getränke) mit Priorität 21. 4. 2015 sowie weiterer gleichartiger Marken in verschiedenen Farbtönen und dem Hinweis auf unterschiedliche Geschmacksrichtungen:

Die Beklagte erzeugt und vertreibt verschiedene Biersorten unter dem Produktkennzeichen „Baumgartner“. Weiters vertreibt sie Limonadengetränke mit folgender Aufmachung:

 

Die Beklagte hat ihren Sitz und Produktionsort in Schärding (Oberösterreich).

Die Klägerin begehrt, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr im Gebiet der europäischen Gemeinschaften (alkoholfreie) Getränke, Fruchtgetränke, Limonaden und/oder Fruchtsäfte unter der Bezeichnung „SCHÄRDINGER HEX“ und/oder dem Zeichen

und/oder einem anderen der bekannten Marke „SCHÄRDINGER“ ähnlichen Zeichen zu benutzen, herzustellen oder herstellen zu lassen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu bewerben, zu vertreiben und/oder auf sonstige Weise zu benützen und/oder benützen zu lassen; hilfsweise der Beklagten zu verbieten, im Gebiet der europäischen Gemeinschaften die zuvor genannten Getränke mit einer dem Kennzeichen der Klägerin „Schärdinger“ verwechselbar ähnlichen Bezeichnung, insbesondere unter der Bezeichnung „SCHÄRDINGER HEX“ und/oder den vorher bildlich dargestellten Zeichen zu benutzen, herzustellen oder herstellen zu lassen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu bewerben, zu vertreiben und/oder auf sonstige Weise zu benützen und/oder benützen zu lassen. Darüber hinaus stellt die Klägerin ein umfangreiches Veröffentlichungsbegehren.

Die Klägerin verweist auf ihre seit 1930 in Österreich und seit 1998 in der Union registrierte berühmte/sehr bekannte Wortmarke „SCHÄRDINGER“, die in einem wesentlichen Teil des Gemeinschaftsgebiets (Österreich) bekannt sei. Sie vertreibe unter dieser Marke unter anderem verschiedene Milchmixgetränke. Die Beklagte stelle Limonade unter der Bezeichnung „SCHÄRDINGER HEX“ her und habe entsprechende Wort‑Bild‑Marken angemeldet, die sie zur Kennzeichnung ihrer Produkte verwende. Die Beklagte versuche, die hohe Bekanntheit der Marken der Klägerin, insbesondere der Marke „SCHÄRDINGER“, auszunützen, um deren guten Ruf auf ihre Produkte zu übertragen. Die Beklagte vertreibe idente Waren wie die Klägerin, Verwechslungsgefahr liege vor. Die angesprochenen Verkehrskreise brächten das Zeichen „SCHÄRDINGER HEX“ und die Marken der Klägerin mit den Bezeichnungen „SCHÄRDINGER“ und „SCHÄRDINGER BERGFEX“ gedanklich in Verbindung, wodurch es zur Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung und Verwässerung der bekannten Marken der Klägerin komme. Die Beklagte verwende die Bezeichnung „SCHÄRDINGER“ nicht als geografische Herkunftsangabe, sondern markenmäßig.

Die Beklagte wendete ein, nicht in Markenrechte der Klägerin einzugreifen. Diese habe nicht das Recht, einem Dritten die Angabe geografischer Herkunftsbezeichnungen zu untersagen. Die Beklagte habe ihren Sitz in Schärding und produziere die Limonade „SCHÄRDINGER HEX“ auch dort. Die Bezeichnung drücke die geografische Herkunft der Ware aus. Es bestehe auch keine Verwechslungsgefahr, weil der Gesamteindruck der Wort‑Bild‑Marke der Beklagten von den Wort‑Bild‑Marken der Klägerin deutlich abweiche.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Auch wenn die Beklagte die Marke „SCHÄRDINGER“ in ihre Wort‑Bild‑Marke aufgenommen habe, trete im Gesamteindruck das groß geschriebene Wort „HEX“ in den Vordergrund, „SCHÄRDINGER“ hingegen zurück. „SCHÄRDINGER“ genieße zwar als Unternehmenskennzeichen große Verkehrsgeltung für Molkereiprodukte (einschließlich Milchmixgetränke), sei dem Durchschnittsverbraucher aber auch als Ortsname bekannt. Die nicht blickfangartige Aufnahme des Hinweises „SCHÄRDINGER“ in der Zeichen der Beklagten bewirke aber weder idente Benützung iSd § 10 Abs 1 Z 1 MSchG noch auch bloß mittelbare Verwechslungsgefahr. Der Kunde werde nicht davon ausgehen, dass die Klägerin ein bis auf das Wort SCHÄRDINGER ganz anderes als in der sonstigen Form gestaltetes Zeichen verwende. Dazu komme, dass es sich bei Fruchtlimonaden nicht um Molkereiprodukte handle, die die Klägerin ausschließlich vertreibe und für die sie bekannt sei. Eine geografische Herkunftsangabe, die infolge Verkehrsgeltung markenfähig geworden sei, könne nicht verwässert werden. Eine unlautere Ausnutzung des Rufs oder der Bekanntheit des Markennamens der Klägerin liege nicht vor, weil dieser ausschließlich mit Molkereiprodukten in Beziehung gesetzt werde und auf andere Produkte nicht übertragbar sei. Da die Beklagte ihren Sitz in Schärding habe, sei der entsprechende Zusatz für ihre dort hergestellten Produkte überdies sachlich begründet.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die Beurteilung, welcher Einfluss den einzelnen Markenbestandteilen auf den Gesamteindruck eines Zeichens zukomme, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bilde.

Die Marke „SCHÄRDINGER“ sei für Molkereiprodukte offenkundig eine in Österreich und damit einem wesentlichen Teil des Unionsgebiets bekannte Marke. Die Beklagte habe die Wortmarke der Klägerin zur Gänze in ihre Wort‑Bild‑Marken übernommen. Das Wort „SCHÄRDINGER“ spiele in den Marken der Beklagten auch keine untergeordnete Rolle, sei es doch in zwar kleiner, aber gut lesbarer Schrift dargestellt. Das Wort „SCHÄRDINGER“ werde kennzeichenmäßig und nicht bloß beschreibend als geografische Herkunftsangabe gebraucht. Hiezu wäre die Aufnahme des Worts „SCHÄRDINGER“ in die Wort‑Bild‑Marke der Beklagten nicht erforderlich, die geografische Information könne auch durch eine andere Formulierung, etwa „aus Schärding“ transportiert werden. Gerade aufgrund der Bekanntheit der klägerischen Wortmarke „SCHÄRDINGER“ behalte dieses Wort auch innerhalb der Marken der Beklagten seine selbständig kennzeichnende Stellung. Der durch die Wort‑Bild‑Marken der Beklagten geschaffene Gesamteindruck, der den angesprochenen Verkehrskreisen als „SCHÄRDINGER HEX“ in Erinnerung bleibe, bewirke damit auch die Herstellung einer gedanklichen Verknüpfung zwischen der Wort‑Marke „SCHÄRDINGER“ der Klägerin und den Wort‑Bild‑Marken der Beklagten.

Bei Verwendung eines gleichen oder identischen Zeichens liege es wegen der bei bekannten Marken offenkundigen Möglichkeit einer Rufausnutzung nahe, unlautere Motive zu vermuten. Es sei offenkundig, dass die Beklagte darauf abziele, von der hohen Bekanntheit und dem Ruf der klägerischen Wort‑Marke zu profitieren. Sie vertreibe unter den beanstandeten Zeichen Waren, die denen der Klägerin ähnlich seien (Getränke). Für ein unlauteres Trittbrettfahren spreche zudem der Umstand, dass der Wortbestandteil der Wort‑Bild‑Marken der Beklagten bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck erwecke, es handle sich um ein zur Markenfamilie der Klägerin gehörendes Serienzeichen. Die Beklagte könne sich somit nicht auf lautere Motive für die Aufnahme der Marke „SCHÄRDINGER“ in die angegriffenen Zeichen stützen. Aus diesem Grund könne sie auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 10 Abs 3 Z 2 MSchG bzw Art 12 lit b UMV für sich in Anspruch nehmen. Die Beklagte verwende die Bezeichnung „SCHÄRDINGER“ nicht rein beschreibend, nicht als bloßen geografischen Herkunftshinweis, sondern als Teil eines betrieblichen Herkunftszeichens.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils anstrebt, ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch berechtigt.

Beide Parteien gehen davon aus, dass der klägerischen Marke „SCHÄRDINGER“ der erweiterte Schutz bekannter Marken nach § 10 Abs 2 MSchG bzw Art 9 Abs 2 lit c UMV zukommt. Dies haben auch die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrundegelegt.

§ 10 Abs 2 MSchG gestattet es dem Inhaber einer eingetragenen Marke, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke gleiches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese im Inland bekannt ist und die Benützung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

Der erweiterte Schutz im Ähnlichkeitsbereich der Waren und Dienstleistungen setzt somit voraus, dass die Benützung des jüngeren Zeichens in unlauterer Weise erfolgt und kein rechtfertigender Grund vorhanden ist (RIS‑Justiz RS0115930). Anhaltspunkte hiefür bilden etwa die Verwendung identischer Zeichen, die Behinderung des Markeninhabers in der eigenen wirtschaftlichen Verwertung der Marke auf dem fraglichen Waren‑Dienstleistungsgebiet und vor allem die – meist naheliegende, wenn nicht konkret widerlegte – Zielrichtung, am fremden Ruf zu schmarotzen (17 Ob 15/09v, Styriagra; RIS‑Justiz RS0118990). Die Beweislast trifft grundsätzlich den Verletzer (RIS‑Justiz RS0120365).

Da beim Schutz bekannter Marken somit schon für die Beurteilung der Markenverletzung zwingend eine – vergleichbaren Kriterien folgende – Unlauterkeitsprüfung vorzunehmen ist, kommt § 10 Abs 3 Z 2 MSchG bzw Art 12 lit b UMV (geografische Herkunftsangabe) insoweit keine eigenständige Bedeutung zu (Guggenbichler/Mayer/Schumacher in Kucsko/Schuhmacher, marken.schutz2, § 10 MSchG Rz 398; Ingerl/Rohnke, Markengesetz3, § 23 Rz 7, je mwN; BGH I ZR 159/96, Big Pack = GRUR 1999, 992; I ZR 42/07, DAX = GRUR 2009, 1162 Rn 37; I ZR 209/06, POST/Regio/Post = GRUR 2009, 678 Rn 34).

Demnach kommt es bei der Übernahme von in einer Marke enthaltenen geografischen Angaben durch Dritte sowohl bei der Prüfung unmittelbarer Verwechslungsgefahr als auch im erweiterten Schutzbereich der bekannten Marke auf eine im Wesentlichen denselben Kriterien folgende Unlauterkeitsprüfung an.

Das Berufungsgericht legt seinem Urteil unter Verweis auf EuGH C‑108/97 und C‑109/97 , Chiemsee, Rn 28, zugrunde, dass § 10 Abs 3 Z 2 MSchG jedenfalls nicht das Recht verleihe, eine als Marke eingetragene geografische Bezeichnung ebenfalls markenmäßig zu verwenden, sondern den Dritten auf die beschreibende Verwendung beschränke. Dies widerspricht jedoch der klarstellenden jüngeren Entscheidung des EuGH C‑100/07 , Gerolsteiner Brunnen, Rn 19.

Der EuGH hat dort zu Art 6 Abs 1 lit b RL 89/104 /EW (vgl nunmehr Art 12 lit b UMV), wonach der Inhaber einer Marke nicht befugt ist, einem Dritten zu verbieten, Angaben ua über die geografische Herkunft einer Ware im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht, ausgesprochen, dass diese Vorschrift nicht nach den verschiedenen möglichen Verwendungen der in dieser Bestimmung genannten Angaben unterscheidet. Um in den Anwendungsbereich dieses Artikels zu fallen, genügt es, wenn eine solche Angabe sich auf eines der dort angeführten Merkmale wie die geografische Herkunft bezieht.

Daraus folgt, dass der Anwendungsbereich des § 10 Abs 3 Z 2 MSchG auch bei einer herkunftskennzeichnenden oder sonst kennzeichenmäßigen Verwendung der beschreibenden („markenmäßigen“) Angabe nicht generell verschlossen ist (17 Ob 18/09k – Gute Laune Tee; 4 Ob 126/13bSki‑in & Ski‑out; Ingerl/Rohnke, MarkenG3, § 23 Rn 56).

Überdies ist festzuhalten, dass die hier in Betracht kommende Schutzschranke des § 10 Abs 3 Z 2 MSchG bzw Art 12 lit b UMV (geografische Herkunftsangabe) im Gegensatz zu der bereits mehrfach in der Rechtsprechung behandelten Schutzschranke des § 10 Abs 3 Z 3 MSchG (Hinweis auf die Bestimmung einer Ware) keine Einschränkung auf „notwendige“ Benutzungshandlungen vorsieht. Die vom EuGH für den Hinweis auf die Bestimmung der Waren verlangte Alternativlosigkeit („wenn eine solche Benutzung praktisch das einzige Mittel dafür darstellt, der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über diese Bestimmung zu liefern, um das System eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Markt für diese Ware zu erhalten“, C‑228/03 , Gillette/LA‑Laboratories) ist hier nicht zu fordern (17 Ob 18/09kGute Laune Tee; Ingerl/Rohnke, MarkenG3, § 23 Rn 85 mwN).

Sowohl bei der nach § 10 Abs 3 Z 2 MSchG als auch nach § 10 Abs 2 MSchG vorzunehmenden Beurteilung, ob die Verwendung eines Zeichens (Zeichenteils) den anständigen Gepflogenheiten im Gewerbe oder Handel entspricht bzw in unlauterer Weise und ohne rechtfertigenden Grund erfolgt, kommen als Unlauterkeitskriterien vor allem Rufausbeutung, Rufschädigung, Aufmerksamkeitsausbeutung und Verwässerung in Betracht.

Unlauter kann vor allem eine über die Wiedergabe der beschreibenden Angabe hinausgehende zusätzliche Annäherung durch Übernahme besonderer Gestaltungselemente aus Bild‑Marken, Logos, typischen Schriftzügen oder der farblichen oder figürlichen Ausgestaltung sein. Die blickfangmäßige Ausgestaltung als solche ist noch nicht unlauter, weil sie vielfach auch bei beschreibenden Angaben den lauteren Gepflogenheiten entspricht (4 Ob 215/04b, De Luca; 4 Ob 243/04w, Wiener Werkstätten; RIS‑Justiz RS0119401). Ferner ist in die Beurteilung auch der Grad der Kennzeichnungskraft der beeinträchtigten Marke miteinzubeziehen (4 Ob 126/13b, Ski‑in & Ski‑out); bei geografischen Angaben auch der Bezug des Verwenders zur Region (Knaak, Schutzschranken im harmonisierten Markenrecht bei Verwendung von Handelsnamen und geografischen Herkunftsangaben, FS Mühlendahl, 83, 90). Bei in Flaschen abgefüllten Getränken gehört zu dieser globalen Prüfung (vgl Fezer, Markenrecht4, § 23d MSchG, Rn 26 ff) auch die Form und die Etikettierung der Flaschen, um insbesondere zu prüfen, ob bei dem Hersteller des mit der geografischen Herkunftsangabe versehenen Getränks anzunehmen ist, dass er gegenüber dem Markeninhabern unlauteren Wettbewerb betreibt (EuGH C‑100/02 , Gerolsteiner Brunnen, Rn 26).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die von der Klägerin der Beklagten vorgeworfene unlautere Ausnützung ihrer Marken zu verneinen. Die Bekanntheit der klägerischen Marken bezieht sich unstrittig nur auf Molkereiprodukte. Die Beklagte produziert und vertreibt unter den angegriffenen Kennzeichen demgegenüber ein kohlensäurehaltiges Limonadengetränk. Die Gestaltung ihrer Wort‑Bild‑Marke (unter Hinzufügung einer ins Auge springenden Comic‑Figur, die keinerlei Bezug zu den Marken der Klägerin oder den von ihr vertriebenen Produkten aufweist; vgl 4 Ob 138/12s, Flüüügel) weicht – wohl ebenso wie Gestaltung und Etikettierung der Flaschen – deutlich von der Ausgestaltung der Marken und der Produkte der Klägerin ab. Die Beklagte ist überdies in Schärding ansässig und produziert auch dort, weshalb in diesem Fall weder eine besondere Anlehnung an die klägerischen Marken noch eine schmarotzerische Rufausbeutung oder ein sonstiges Unlauterkeitskriterium zu erkennen ist.

Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch muss daher an der Schutzschranke des § 10 Abs 3 Z 2 MSchG bzw Art 12 lit b UMV scheitern, weshalb das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

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