Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.462,62 EUR (darin enthalten 243,77 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte verfügt über eine Gewerbeberechtigung für Versicherungsmaklertätigkeit und betrieb ein Büro als unabhängiger Versicherungsmakler. Er begann 1996 mit der Vermittlung von A*****‑Genussscheinen.
Die A*****‑Gruppe wurde 1991 von Dr. W***** begründet, bestehend aus der A*****‑Gruppe AG, der börsennotierten A*****‑Invest AG sowie der A*****‑Immobilien GmbH. Über die A*****‑Invest AG wurde der Substanzgenussschein A*****‑Index über „Mehrfachvermittler“ oder Kooperationspartner vertrieben. Der jeweilige Kunde beauftragte die A*****‑Invest AG mit der Vermittlung des Kaufs des A*****‑Index und mit der Eröffnung des Wertpapierdepots samt zugehörigen Verrechnungskonto.
Der Nebenintervenient begann 1997 mit dem Verkauf von A*****‑Genussscheinen. Im Zeitraum 2003 bis 2007 trat er in enge vertragliche Beziehung zum Beklagten. Er war teilweise auf Werkvertragsbasis und teilweise als freier Dienstnehmer für das Büro des Beklagten tätig. Die Provisionsabrechnungen erfolgten über das Büro des Beklagten. Der Nebenintervenient ließ mit Wissen des Beklagten einen Stempel anfertigen, der den Beklagten als unabhängigen Versicherungsmakler und den Nebenintervenienten als Betreuer auswies. Diesen verwendete er auch auf Kaufverträgen für A*****‑Genussscheine. 2009 übernahm der Nebenintervenient das Versicherungsmaklerbüro des Beklagten.
Zwischen dem Nebenintervenienten und dem Kläger bestand eine freundschaftliche und familiäre Beziehung. Der Nebenintervenient erzählte dem Kläger von der Möglichkeit einer Investition in A*****‑Genussscheine. Bei einem Gespräch im Familienkreis über die Möglichkeit einer solchen Veranlagung verneinte der Nebenintervenient die Frage, ob das Geld verloren gehen könne, das eingesetzte Kapital sei garantiert. Die Veranlagung sei so sicher wie ein Sparbuch. Das einzige Risiko liege darin, dass der Zinsertrag vielleicht einmal nicht so hoch wäre. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger über weitere Risiken aufgeklärt wurde, Risikohinweise ausgefolgt wurden oder ein Anlegerprofil erstellt wurde. Der Kläger kaufte in der Folge zwischen Oktober 2003 und Juli 2006 in mehreren Tranchen 23 A*****‑Genussscheine um insgesamt 50.815,61 EUR. In den Kaufverträgen war festgehalten, dass das Anlegerprofil für den Kunden erstellt und die Risikohinweise dem Kunden übergeben wurden. 2007 verkaufte der Kläger 13 Genussscheine um 35.744,53 EUR.
Der Nebenintervenient hatte gegenüber dem Kläger und seiner Familie angegeben, beim Beklagten angestellt zu sein, dessen Büro er nach der Pensionierung des Beklagten übernehmen wolle. Nicht festgestellt werden kann, ob er angegeben hat, bei Abschluss der Kaufverträge für das Unternehmen A***** direkt tätig zu sein.
Der Kläger bemerkte im Oktober 2008, dass ein Kursverlust eingetreten war. Er setzte sich mit dem Nebenintervenienten in Verbindung und erteilte ihm den Auftrag, alles zu verkaufen. Dieser beschwichtigte ihn und meinte, ein Verkauf sei derzeit nicht möglich, es handle sich nur um eine vorübergehende Schwäche, er werde sich um alles kümmern. Tatsächlich war zu diesem Zeitpunkt ein Verkauf nicht mehr möglich. Die A*****-Firmen befinden sich mittlerweile im Konkurs. Die Genussscheine sind wertlos. Gegen den Gründer der A*****‑Gruppe wurde ein Strafverfahren eingeleitet und dieser auch strafrechtlich verurteilt. Er hatte durch Kursmanipulationen und Täuschungshandlungen im Wege seines Firmengeflechts Wert und Kurs der Genussscheine beeinflusst. Er spiegelte den Anlegern eine risikoarme Anlagestrategie vor und verschwieg dabei, dass das Unternehmen auch in hochriskante und verlustreiche Wertpapiere veranlagte. Die gesamte Verkaufsstrategie war bewusst darauf ausgerichtet, den Anlegern vorzutäuschen, dass sie ein sparbuchähnliches Wertpapier in Händen halten. Der Wert der Beteiligung und Unternehmenssubstanz reichte zu keiner Zeit aus, um alle Anleger dieser Zusage gemäß zu befriedigen, was bewusst und gewollt verschwiegen wurde.
Der Kläger begehrte (zuletzt) die Zahlung von 21.958,46 EUR sA. Eventualiter begehrt er die Zahlung dieses Betrags Zug um Zug gegen die Rückgabe von 10 Stück A*****‑Genussscheinen sowie die Feststellung, dass der Beklagte für alle Spesen, die aus der Rückgabe der Genussscheine entstehen, haftet. In einem zweiten Eventualbegehren beantragte er festzustellen, dass der Beklagte für sämtliche zukünftige Schäden aus dem von ihm empfohlenen Ankauf der A*****‑Genussscheine zu haften habe. Das Hauptbegehren und das zweite Eventualbegehren sind mittlerweile rechtskräftig abgewiesen.
Der Kläger brachte im Wesentlichen vor, er sei vom Nebenintervenienten, einem Mitarbeiter des Beklagten, in Finanzfragen entgeltlich beraten worden. Dieser habe ihm empfohlen, in A*****‑Genussscheine zu investieren. Dabei seien diese als vollkommen sicher wie ein Sparbuch dargestellt worden. Auf Risiken oder Gefahren sei er nicht hingewiesen worden. Bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung hätte er keinen einzigen Genussschein erworben, sondern sein Vermögen weiterhin sicher angelegt. Er sei in Finanzangelegenheiten unerfahren gewesen und habe die wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht gekannt. Unterlagen und entsprechende Risikohinweise oder allgemeine Informationen über die Genussscheine seien ihm nicht ausgehändigt worden. Die Ankäufe der insgesamt 23 Genussscheine seien nicht als Einheit zu betrachten. Weder der Beklagte noch der Nebenintervenient verfügten über eine Gewerbeberechtigung für Anlageberatung/Finanzdienst-leistung. Der Nebenintervenient habe ihm erklärt, für den Beklagten zu arbeiten und später dessen Geschäft zu übernehmen. Der Kläger habe erstmals am 31. 10. 2008 von möglichen finanziellen Schwierigkeiten von A***** Kenntnis erhalten. Der Nebenintervenient habe trotz Verkaufsauftrags immer wieder beteuert, dass der Klagsbetrag abzugsfrei rückerstattet werde. Aufgrund der Verletzung von Aufklärungs‑ und Beratungspflichten sei der Kläger grundsätzlich so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde. Ein Mitverschulden sei ihm nicht anzulasten.
Der Beklagte bestritt und brachte vor, der Kläger sei vom Nebenintervenienten unentgeltlich in Finanzfragen beraten worden. In seiner Funktion als Vermittler von Genussscheinen sei der Nebenintervenient immer selbständig aufgetreten. Ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger habe nie bestanden, da es nie einen persönlichen Kontakt gegeben habe. Zum Zeitpunkt der Ankäufe seien die Genussscheine als vielversprechende und sichere Anlage erschienen. Der Kursverfall sei auf Malversationen zurückzuführen gewesen, mit denen kein Berater habe rechnen können. Die Unterlagen hätten unmissverständliche Risikohinweise enthalten. Die von der Raiffeisenbezirksbank angebotene Kapitalgarantie habe der Kläger abgelehnt. Die Ansprüche seien verjährt. Der Kursverfall sei ab dem 10. 10. 2008 eingetreten, die Klage erst am 19. 10. 2011 eingebracht worden. Der Kläger wäre auch unverzüglich nach Beginn des Kursverfalls zum Verkauf der Genussscheine verpflichtet gewesen. Die Gewinne aus den verkauften Genussscheinen habe sich der Kläger anrechnen zu lassen.
O***** trat dem Verfahren auf Seiten des Beklagten als Nebenintervenient bei und brachte vor, der Kläger sei vor Ankauf der Genussscheine eingehend aufgeklärt worden. Diese seien ihm durch die A*****‑Invest AG vermittelt worden, für die der Beklagte als unabhängiger Versicherungsmakler und als dessen Betreuer der Nebenintervenient tätig geworden sei. Ansprüche des Klägers seien daher gegen die A*****‑Invest AG zu richten. Der Beklagte und der Nebenintervenient seien nur als Gehilfen tätig geworden. Auch ein allenfalls konkludenter Auskunftsvertrag könne nur zwischen dem Kläger und A*****‑Invest AG zustandegekommen sein. Das Risiko, das sich verwirklicht habe, sei nicht vorhersehbar gewesen. Eine Pflicht zur Aufklärung darüber habe daher nicht bestanden.
Das Erstgericht gab (im zweiten Rechtsgang) dem ersten Eventualbegehren statt und erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger 21.958,46 EUR sA Zug um Zug gegen Rückgabe der A*****‑Genussscheine zu zahlen. Weiters stellte es fest, dass der Beklagte für alle Spesen hafte, die aus der Rückgabe der Genussscheine an den Beklagten entstehen. Die Informations‑ und Aufklärungspflichten der Finanzdienstleister seien in § 13 des hier maßgeblichen Wertpapieraufsichtsgesetzes idF BGBl 1996/753 (WAG 1996) geregelt. Diesen Verpflichtungen habe der Nebenintervenient nicht entsprochen. Zu einer eigenen Haftung des Erfüllungsgehilfen könne es (unter anderem) kommen, wenn der Erfüllungsgehilfe wie im vorliegenden Fall bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nehme. Nachdem der Nebenintervenient offengelegt habe, für den Beklagten tätig zu sein, sei er im Verhältnis zum Kläger als Erfüllungsgehilfe des Beklagten anzusehen. Liege der entscheidende Beratungsfehler in der pflichtwidrigen Unterlassung einer Aufklärung über die Möglichkeit eines Kursabsturzes an sich, sei auch der Schaden durch Kursabsturz infolge von Marktmanipulationen oder riskanten Investitionen adäquat herbeigeführt. Die durch Manipulationen entstandenen Verluste stünden daher im Rechtswidrigkeitszusammenhang.
Die Ansprüche seien aufgrund der Beschwichtigungsversuche des Nebenintervenienten auch nicht verjährt. Den Kläger treffe kein Mitverschulden. Er habe Zug um Zug gegen Übertragung der Genussscheine Anspruch auf Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises zuzüglich des Werts einer hypothetischen Alternativveranlagung. Die An‑ und Verkäufe der Genussscheine stünden nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang. Eine Vorteilsanrechnung sei daher nicht vorzunehmen. Insgesamt habe der Kläger 22.361,39 EUR für die 10 Genussscheine bezahlt. Dazu komme noch der Zinsschaden durch die unrichtige Beratung. Der Kläger habe daher jedenfalls einen Schaden in der Höhe des geltend gemachten Betrags erlitten.
Den gegen dieses Urteil erhobenen Berufungen des Beklagten und des Nebenintervenienten gab das Berufungsgericht in der Hauptsache nicht und hinsichtlich des Zinsenbegehrens teilweise Folge. Der Beklagte sei im Rahmen des Vertriebs von A*****‑Genussscheinen nicht als selbstständiger Anlageberater, sondern als Erfüllungsgehilfe der A*****‑Invest AG aufgetreten. Eine eigene Haftung des Beklagten könne daher nur aufgrund eines konkludent zustande gekommenen Auskunftsvertrags gemäß § 1300 erster Satz ABGB angenommen werden, bei ausgeprägtem eigenwirtschaftlichen Interesse oder wenn bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen worden sei. Im vorliegenden Fall sei sowohl von einer unzureichenden Aufklärung als auch von der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens durch den Nebenintervenienten auszugehen. Da der Beklagte sich des Nebenintervenienten beim Vertrieb der Veranlagung bedient habe, sei dieses Verhalten dem Beklagten zuzurechnen. Die Erklärungen des Nebenintervenienten gegenüber dem Kläger seien objektiv unrichtig gewesen. Als Anlagevermittler habe er die Kenntnisse des § 1299 ABGB (Sachverständiger) zu vertreten. Auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang sei vom Erstgericht zu Recht bejaht worden. Verjährung sei nicht eingetreten. Es sei darauf abzustellen, wann der Kläger erkannt habe, dass das Investment entgegen der Zusicherung nicht risikolos sei, sondern die Gefahr eines Kapitalverlusts in sich berge. Es gebe keine Behauptungen des dafür beweispflichtigen Beklagten, dass die Kursverluste dem Kläger im Oktober 2008 bekannt gewesen seien. Da nicht habe festgestellt werden können, dass dem Kläger Risikohinweise übergeben worden seien, sei der Nachweis eines Mitverschuldens nicht gelungen.
Bei richtiger Beratung hätte der Kläger sämtliche Genussscheine nicht gekauft. Zwar habe er sich den Erlös aus dem Verkauf der Papiere anrechnen zu lassen, der ihm im Falle eines Nichtkaufs nicht zugeflossen wäre, zugleich habe er aber auch Anspruch auf die fiktiven Erträgnisse, die das von ihm eingesetzte Kapital bei einer Veranlagung auf einem Sparbuch erbracht hätte. Damit stehe ihm aber ein Schadenersatz in Höhe der Klagsforderung zu. Zu korrigieren sei der Zeitpunkt für die Geltendmachung von Verzugszinsen, da diese die Fälligstellung der Forderung voraussetze, diese stünden daher erst ab Klagszustellung zu.
Aufgrund des Antrags des Beklagten und des Nebenintervenienten nach § 508 Abs 1 ZPO ließ das Berufungsgericht die Revision nachträglich zu, da die Zurechnung der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens durch den Erfüllungsgehilfen zum Geschäftsherrn im Rahmen eines konkludent zustandegekommenen Auskunftsvertrags eine wesentliche Rechtsfrage darstelle.
Sowohl der Beklagte als auch der Nebenintervenient beantragen in ihren Revisionen, die Urteile der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wird. Der Nebenintervenient begehrt in eventu die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Der Kläger beantragte die Zurückweisung der Revisionen, in eventu ihnen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, sie sind aber nicht berechtigt.
Die im Wesentlichen ähnliche Argumente enthaltenden Revisionen werden aus Zweckmäßigkeitsgründen gemeinsam behandelt.
Die Revisionswerber machen zunächst geltend, dass der Beklagte als Erfüllungsgehilfe der A*****‑Invest AG tätig geworden sei. Gegenüber dem Kläger sei jedoch der Nebenintervenient als Erfüllungsgehilfe des Beklagten aufgetreten. Das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Gehilfen könne daher nur zu einer Haftung des Nebenintervenienten nicht eines anderen Erfüllungsgehilfen, dem dieser Gehilfe zuzurechnen sei, führen.
1. Voranzustellen ist, dass die Auffassung der Vorinstanzen, wonach im vorliegenden Fall das WAG idF BGBl 1996/753 anzuwenden ist, nicht zu beanstanden ist. Die hier zu beurteilenden Beratungstätigkeiten und Wertpapierkäufe wurden durchwegs vor Inkrafttreten des WAG 2007 am 1. 11. 2007 vorgenommen.
2.1. Die in § 12 bis 18 WAG 1996 normierten Wohlverhaltensregeln sind auf alle Personen anwendbar, die Dienstleistungen iSd § 11 Abs 1 Z 1 bis 3 WAG 1996 gewerblich erbringen. Davon sind auch solche Unternehmen erfasst, die an sich keiner Konzessions- oder Aufsichtspflicht unterliegen. Aus der Sicht des Anlegers kann es keinen Unterschied machen, ob ein Kreditinstitut, eine Wertpapierfirma oder ein gewerblicher Vermögensberater oder ein sonstiger Vertriebspartner eine Veranlagung vermittelt, weil in allen Fällen ein vergleichbarer Informations‑ und Beratungsbedarf besteht (6 Ob 221/10h mwN).
2.2. Der Anlageberater ist zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet. Welche Verhaltenspflichten ihn dabei im Einzelnen treffen, kann zwar nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden, doch treffen ihn jedenfalls dem Anlageinteressenten gegenüber Schutz‑ und Sorgfaltspflichten. Stellt er etwa ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zur Zeichnung einer solchen Beteiligung, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen darf (RIS‑Justiz RS0108074 [T1]). Diese Verpflichtungen treffen auch den Anlagevermittler (vgl RIS‑Justiz RS0108073).
3.1. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen haftet gemäß § 1313a ABGB für das Verhalten von Personen, derer es sich bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen bediente. Ein in dieser Weise tätig werdender Anlageberater ist grundsätzlich als Erfüllungsgehilfe seinem Geschäftsherrn zuzurechnen (RIS‑Justiz RS0123219).
3.2. Nach ständiger Rechtsprechung kann es zu einer eigenen Haftung des Erfüllungsgehilfen kommen, wenn sein Verhalten keinem Geschäftsherrn zugerechnet werden kann, wenn er ein ausgeprägtes eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrags hatte oder wenn er bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nahm (7 Ob 178/11v; 1 Ob 182/97i mwN; RIS‑Justiz RS0019726; vgl auch Dullinger , Zur Eigenhaftung von Gehilfen für fehlerhafte Beratung in FS Reischauer [2010] 101 ff).
3.3. Eine weitere Ausnahme von der abschließenden Regelung des § 1313a ABGB wird auch dann angenommen, wenn der Anlageinteressent klar macht, er wolle – bezogen auf eine bestimmte Anlageentscheidung – die einschlägigen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen, und soweit dieser die Tätigkeit auch entfaltet hat. Ein Anlageberater oder ‑vermittler haftet nämlich für die Verletzung ihn treffender Auskunftspflichten, wenn vom schlüssigen Zustandekommen eines Auskunftsvertrags iSd § 1300 ABGB ausgegangen werden kann. Regelmäßig wird der stillschweigende Abschluss eines Auskunftsvertrags angenommen, wenn die Umstände des Falls bei Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung und die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs den Schluss rechtfertigen, dass beide Teile die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten machen, etwa wenn klar zu erkennen ist, dass der Auskunftswerber eine Vermögensdisposition treffen und der Berater durch die Auskunft das Zustandekommen des geplanten Geschäfts fördern will (7 Ob 178/11v; 2 Ob 66/11m; 9 Ob 5/10s; 6 Ob 81/01g; 7 Ob 306/99x; RIS‑Justiz RS0014562). An dieser Ansicht hat der Oberste Gerichtshof trotz der in der Literatur geäußerten Kritik (vgl etwa Dullinger in FS Reischauer 110 ff; Schobel , Auskunftshaftung, Vertragsfiktionen und Eigenhaftung des Gehilfen, ÖBA 2010, 752 ff) auch in der jüngeren Rechtsprechung festgehalten (7 Ob 178/11v; eine Haftung im Ergebnis aus anderen Gründen verneinend 6 Ob 210/15y).
3.4. Die Prüfung, zwischen welchen Parteien dieser Auskunftsvertrag zustandegekommen ist, folgt dabei allgemeinen Grundsätzen. Ob eine Person im eigenen oder im fremden Namen handelt, ist danach zu beurteilen, wie der Vertragspartner – von seinem Erkenntnishorizont aus gesehen – das Auftreten des Handelnden verstehen musste (RIS‑Justiz RS0019516).
3.5. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall für die Investitionsentscheidung des Klägers die vorangehende Beratung durch den Nebenintervenienten essentiell war. Die Annahme des schlüssigen Zustandekommens eines Auskunftsvertrags ist daher nicht zu beanstanden. Dabei hat der Nebenintervenient aber auch offen gelegt, als Mitarbeiter des Beklagten tätig zu werden; nicht festgestellt werden konnte dagegen, dass er auf eine Verbindung zur A*****‑Invest AG hinwies. Der Kläger konnte daher im konkreten Fall davon ausgehen, dass Vertragspartner aus dem Auskunftsvertrag der Beklagte, nicht der Nebenintervenient selbst ist. Da der Beklagte mit dem Tätigwerden des Nebenintervenienten in seinem Namen einverstanden war, muss er sich dessen Verhalten auch zurechnen lassen. Die Beurteilung, wer Vertragspartner des Auskunftsvertrags wird, folgt dabei objektiven Kriterien, wenn auch unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts. Daher ist es entgegen den Ausführungen in den Revisionen nicht der Willkür des Vertragspartners überlassen, wen von mehreren Erfüllungsgehilfen in einer Vertriebskette der Vertragspartner in Anspruch nehmen kann.
Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein schlüssiger Auskunftsvertrag zustandegekommen ist. Damit wäre aber der Beklagte zu richtiger und vollständiger Information über alle Umstände verpflichtet gewesen, die für den Entschluss des Anlegers von besonderer Bedeutung sind (RIS‑Justiz RS0108073). Diese Verpflichtung wurde verletzt, da der Nebenintervenient (als Erfüllungsgehilfe des Beklagten) dem Kläger erklärte, dass das eingesetzte Kapital garantiert und die Veranlagung sicher wie ein Sparbuch sei. Tatsächlich handelte es sich um Wertpapiere der Risikoklasse 3. Grundsätzlich hat der Kläger daher aufgrund des schlüssigen Auskunftsvertrags Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm aus der fehlerhaften Beratung entstanden ist. Auf die vom Berufungsgericht relevierte Frage, inwieweit sich eine Haftung des Beklagten aus dem persönlichen Naheverhältnis zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten ableiten lässt, muss daher nicht eingegangen werden.
4. Der Beklagte macht in der Revision neuerlich geltend, dass die Ansprüche des Klägers verjährt seien. Es fehlten datumsmäßige Feststellungen dazu, wann im Oktober 2008 der Kläger von den Kursverlusten erfahren habe. Hinsichtlich der Ursache der Kursverluste hätte ihn eine Erkundigungsobliegenheit getroffen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 Abs 1 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem dem Geschädigten sowohl der Schaden und die Person des Schädigers als auch die Schadensursache bekannt geworden ist (RIS‑Justiz RS0034951; RS0034374). Kenntnis vom Schaden bedeutet das Wissen um die maßgeblichen Umstände, also das Bewusstsein eines erlittenen – rechtlich objektiv relevanten – Nachteils und zwar in dem Sinn, dass der Geschädigte über Kenntnis all jener Sachumstände verfügt, die für die erfolgversprechende Durchsetzung seines Anspruchs nötig ist ( P. Bydlinski , Beginn und Lauf der Verjährung nach fehlerhafter Anlageberatung in FS Reischauer [2010] 77 [83]). Eine bestimmte Kursentwicklung kann ein Indikator für die Risikoträchtigkeit einer bestimmten Anlageform sein (6 Ob 103/08b). Dabei kann nach der Judikatur der Versuch von Anlageberatern, nach Kursverlusten nervös gewordene Anleger zu beschwichtigen, in zweifacher Hinsicht Bedeutung zukommen. Sie können die Erkennbarkeit des Schadenseintritts und damit den Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben oder dazu führen, dass dem Verjährungseinwand des Schädigers die Replik der Arglist entgegengehalten werden kann (3 Ob 205/13p mwN). Im konkreten Fall stellte das Erstgericht fest, dass der Kläger im Oktober 2008 den Kursverfall bemerkte. Disloziert in der Beweiswürdigung verwies es darauf, dass dies Ende Oktober 2008 war, weshalb eine Verjährung im Hinblick auf die Klagseinbringung am 19. 10. 2011 nicht eingetreten ist. Unabhängig davon hat das Erstgericht auch ausdrücklich festgestellt, dass der Nebenintervenient dem Kläger versicherte, dass zwar ein Verkauf derzeit nicht möglich sei, dass es sich aber nur um eine vorübergehende Schwäche handle und er sich um alles kümmern werde. Ab welchem Zeitpunkt der Kläger auf diese Versicherung nicht mehr vertraute oder dass er dies überhaupt nicht getan hätte, hat der dafür beweispflichtige Beklagte (RIS‑Justiz RS0034456) nicht behauptet.
Wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon in dem Zeitpunkt als erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre. Dabei ist auf die Umstände des konkreten Falls abzustellen. Die Erkundigungspflicht des Geschädigten darf nicht überspannt werden (RIS‑Justiz RS0034327; 9 Ob 17/07a mwN). Gerade im Hinblick auf die Beschwichtigungsversuche des Nebenintervenienten können Erkundigungspflichten entgegen den Ausführungen in der Revision nicht angenommen werden.
Insgesamt ist daher eine Verjährung von Ansprüchen zu verneinen.
5. Hinsichtlich des Risikozusammenhangs zwischen der Verletzung der Informationspflicht und dem sich für den Kläger verwirklichenden Risiko kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). So hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 62/11p in ausführlicher Auseinandersetzung mit der bestehenden Judikatur und Literatur dargelegt, dass bei Verletzung einer Informationspflicht, die dazu führt, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung dieses Risikos im Vermögen des Anlegers bei objektiver Betrachtung nicht bloß unerheblich erhöht, sich der Schutzzweck der verletzten Informationspflicht auch auf diese wahrscheinlicher gewordenen Folgerisiken bezieht. Die (objektive) Risikoerhöhung – anders gewendet: die konkrete Gefährlichkeit der unrichtigen Beratung auch in Bezug auf jenes Risiko, über das bei isolierter Betrachtung nicht aufzuklären war – ist zusammen mit der schuldhaften Beeinträchtigung der Willensfreiheit und der Verursachung des Schadens ein ausreichender Grund für die Bejahung der Haftung. Erweckt ein Berater den unrichtigen Eindruck, eine Anlage sei gleich sicher wie ein Sparbuch und veranlasste dies zu einer Entscheidung für diese Anlage, begründet das erst das – bei Sparbüchern nicht vorhandene – Risiko eines Schadens durch Kursmanipulationen (vgl auch RIS‑Justiz RS0127012).
Zu Recht haben die Vorinstanzen daher auch den Rechtswidrigkeitszusammenhang bejaht.
6. Die Revisionswerber machen weiters geltend, dass den Kläger entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ein Mitverschulden treffe. Er habe die Texte ohne sie zu lesen unterschrieben. Er habe bestätigt, dass ein Anlegerprofil erstellt und Risikohinweise ausgefolgt worden seien. Selbst bei Übergabe der Risikohinweise hätte dies nichts geändert, da der Kläger sie ja nicht gelesen hätte. Auf der Rückseite des Kaufvertrags seien die Genussscheinbedingungen abgedruckt gewesen, die vom Kläger nicht beachtet worden seien. Es liege daher ein Mitverschulden von zumindest ein Drittel vor. Der Kläger sei auch nicht als unerfahrener Anleger einzustufen. Im Jahr 2006, beim Kauf der letzten Genussscheine, sei er bereits vier Jahre im Wertpapiergeschäft tätig gewesen und habe den Kursverlauf im Internet verfolgt. Auch habe ihm klar sein müssen, dass eine Veranlagung mit derartiger Rendite nicht so sicher wie ein Sparbuch sein könne. 13 der Genussscheine habe er verkauft; die Entscheidung, die restlichen zu behalten, sei ohne Rücksprache mit dem Nebenintervenienten oder dem Beklagten getroffen worden.
6.1. Das Mitverschulden des Geschädigten an der Herbeiführung seines eigenen Schadens iSd § 1304 ABGB setzt die Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern voraus (RIS‑Justiz RS0032045). Bei unrichtiger Anlageberatung kann ein Mitverschulden des Kunden in Betracht kommen, das die Schadenersatzpflicht des Anlageberaters mindert, etwa dann, wenn der Kunde selbst auf dem Anlagesektor hervorragende Kenntnisse besitzt und ihm daher die Unrichtigkeit der Anlageberatung hätte auffallen müssen.
6.2. Solche Umstände wurden im vorliegenden Fall aber nicht festgestellt. Dass ein Anleger Wertpapiere, die ihm empfohlen wurden, hält, macht ihn aber noch nicht zu einem erfahrenen Anleger, auch nicht, wenn er die Kurse dieser Papiere verfolgt. Dass der Kläger die Risikohinweise nicht gelesen hätte, kann ihm schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil nicht feststeht, dass er solche erhalten hat. Ebensowenig ist ihm zur Last zu legen, dass er die auf Beratung des dem Beklagten zurechenbaren Nebenintervenienten gekauften Wertpapiere nicht ohne eine entsprechende Empfehlung oder objektive äußere Umstände, die eine Verkaufsentscheidung nahelegten, weiter gehalten und nicht zusammen mit anderen Genussscheinen verkauft hat.
7. Der Beklagte wendet sich auch gegen die Höhe des Zuspruchs. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn, wie es der Judikatur des Obersten Gerichtshofs entspreche, den geschädigten Anlegern gegenüber der Emittentin nur der Ersatz der Kosten des Ankaufs der Genussscheine zustünde, gegenüber dem Berater aber ein höherer Ersatzanspruch. Weiters sei zu Unrecht ein Erlös aus einer hypothetischen Veranlagung sämtlicher Genussscheine zugesprochen worden, der Gewinn aus den verkauften Genussscheinen aber nicht in die Berechnung einbezogen worden.
7.1. Allgemein gilt, dass der Geschädigte bei pflichtwidriger Anlageberatung verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Anlageberater pflichtgemäß gehandelt hätte. Dabei kann er den Vertrauensschaden verlangen (RIS‑Justiz RS0125829). Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln. Es ist dabei der hypothetische Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der tatsächliche Vermögensstand abzuziehen (7 Ob 77/10i mwN; RIS‑Justiz RS0030153 [T1, T11]). Bei der Beurteilung der hypothetischen Entwicklung des Vermögens des Klägers ist auch zu berücksichtigen, welche hypothetisch andere Veranlagungsform der geschädigte Anleger gewählt hätte.
7.2. Aus der in der Revision zitierten Entscheidung 8 Ob 28/14x ist für den Beklagten nichts zu gewinnen. Die dort zu beurteilenden Ansprüche gegen die Emittentin der Genussscheine wurden nicht auf Schadenersatz, sondern auf eine vertraglich vereinbarte – überhöhte – Rückkaufsoption gestützt. Auf die Berechnung des Vertrauensschadens aus fehlerhafter Beratung lassen sich daraus keine Rückschlüsse ziehen.
7.3. Das Berufungsgericht ist entgegen der Annahme der Revision auch von einer Gesamtbetrachtung der Wertpapierkäufe und ‑verkäufe des Klägers ausgegangen. Die Vorinstanzen gingen davon aus, was in den Revisionen nicht bestritten wird, dass der Kläger insgesamt 50.815,61 EUR für die Genussscheine bezahlt hat. Bei einer Alternativveranlagung in einem Sparbuch hätte er – zusätzlich – einen Zinsgewinn von insgesamt 6.992,18 EUR erhalten. Aus dem gewinnbringenden Verkauf von 13 Genussscheinen sind ihm 35.744,53 EUR zugeflossen. Die Differenz hat das Berufungsgericht zu Recht als Schaden des Klägers ermittelt und im Umfang des Klagebegehrens zugesprochen.
Den insgesamt nicht berechtigten Revisionen des Beklagten und des Nebenintervenienten war daher nicht Folge zu geben.
8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Da dem Kläger bei Erstattung der Revisionsbeantwortung beide Revisionen zugestellt waren und auch nicht vorgebracht wurde, weshalb dennoch – ausnahmsweise – keine Verbindung möglich gewesen wäre, stehen nur die Kosten einer Revisionsbeantwortung zuzüglich des verzeichneten Streitgenossenzuschlags zu (vgl 2 Ob 85/11f). Deren Kosten hat der Beklagte zur Gänze zu ersetzen, da der unterlegene Nebenintervenient vom siegreichen Prozessgegner nicht zum Kostenersatz herangezogen werden kann (RIS‑Justiz RS0035816). Als ERV‑Zuschlag stehen nur 1,80 EUR zu.
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