OGH 7Ob97/16i

OGH7Ob97/16i15.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Antragstellerin mj C* L*, geboren am * 2007, vertreten durch die Mutter Mag. M* L*, beide *, diese vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, gegen den Antragsgegner Mag. C* M*, vertreten durch Mag. Susanne Hautzinger‑Darginidis, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 10. März 2016, GZ 2 R 14/16t‑22, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E115033

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

1. Unterhaltssachen sind grundsätzlich solche des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0007204 [T11, T12]).

2.1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei einem überdurchschnittlich hohen Einkommen des Unterhaltspflichtigen die Prozentkomponente bei der Ausmessung des Kindesunterhalts nicht voll auszuschöpfen ist. Einem unterhaltsberechtigten Kind sind Unterhaltsbeträge zuzusprechen, die zur Deckung seiner – an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen orientierten – Lebensbedürfnisse erforderlich sind (RIS‑Justiz RS0007138). Zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung (vgl RIS‑Justiz RS0047424, RS0007138 [T20]) ist in einem solchen Fall eine Angemessenheitsgrenze als „Unterhaltsstopp“ zu setzen (RIS‑Justiz RS0047447). Bei überdurchschnittlichem Einkommen des Unterhaltspflichtigen wird diese „Luxusgrenze“ im Allgemeinen im Bereich des Zwei‑ bis Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs angenommen, wobei dies keine absolute Obergrenze darstellt (RIS‑Justiz RS0007138 [T15]). Wann und bei welchen Voraussetzungen ein „Unterhaltsstopp“ zur Vermeidung einer Überalimentierung anzunehmen ist, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS‑Justiz RS0007138 [T16, T17]). Die Ausmittlung der konkreten Unterhaltsbeträge unter Berücksichtigung der „Luxusgrenze“ hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (1 Ob 180/15z ua).

2.2. Die Vorinstanzen haben im Rahmen der Judikatur – unter Berücksichtigung des Alters der Antragstellerin von unter zehn Jahren – die dem Antragsgegner auferlegte monatliche Unterhaltsleistung unter Anrechnung der Familienbeihilfe mit dem Zweifachen des Regelbedarfs ausgemessen.

3. Erhält der Unterhaltsberechtigte lediglich deshalb Unterhaltsbeiträge, die nicht der vollen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen entsprechen, weil er schon die Luxusgrenze erreicht hat, kann ein Sonderbedarf zusätzlich zugesprochen werden (6 Ob 230/08d mwN = RIS‑Justiz RS0047424 [T6] = RS0047458 [T4]). Allerdings ist der Unterhaltsberechtigte wegen des Ausnahmecharakters von Sonderbedarf für die diesen begründenden Umstände behauptungs‑ und beweispflichtig (RIS‑Justiz RS0111406, RS0109908 [T8]). Schulgeld für eine Privatschule kann als Sonderbedarf anerkannt werden. Dabei muss aber ein im Kind liegender besonderer Grund gerade für diesen Ausbildungsweg sprechen (RIS‑Justiz RS0109906). Ein derartiger Grund wurde nicht geltend gemacht.

4. Der Elternteil, in dessen Haushalt der Unterhaltsberechtigte lebt, erbringt gemäß § 231 Abs 2 ABGB seinen Beitrag zum Unterhalt durch die Betreuungsleistung. Daher hat er die Kosten, die durch die teilweise Übertragung dieser Betreuung an Dritte auflaufen, regelmäßig dann zu tragen, wenn die Übertragung der Betreuung nur in seinem Interesse gelegen ist; liegen aber dafür berücksichtigungswürdige Gründe in der Person des Kindes vor, dann ist ein billiger Ausgleich der anteiligen Geldkosten zwischen den Eltern geboten (RIS‑Justiz RS0047341). Derartige berücksichtigungswürdige Gründe zeigt der Revisionsrekurs nicht auf.

5. Die Verneinung eines Anspruchs auf freiwillige Zuwendungen im Rahmen von Kontakten wie die Tragung von Kino‑, Zoo‑ oder Veranstaltungskosten hält sich im Rahmen der Judikatur.

6. Freiwillige (oder auch aus bloß sittlicher Pflicht) übernommene Unterhaltsleistungen können den Anspruch anderer Unterhaltsberechtigter zwar nicht mindern (4 Ob 49/13d; vgl RIS‑Justiz RS0047392), eine Pflicht, stets alle Kinder in gleichem Maß zu bedenken, besteht nicht.

7. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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