European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00243.15M.0127.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Antragstellerin betreibt ein auf die Herstellung und den Vertrieb von Tiefkühlbackwaren spezialisiertes Unternehmen und ist Inhaberin der Marke „ Resch und Frisch “. Sie räumte im Rahmen eines Franchisevertrags als Franchisegeberin der Erstantragsgegnerin als Franchisenehmerin das Recht ein, Back- und Konditoreiwaren nach dem Know-How der Antragstellerin herzustellen und exklusiv unter der genannten Marke an Vertriebspartner zu liefern, wozu sich die Erstantragsgegnerin auch verpflichtete. Nach diesem Franchisevertrag traf die Erstantragsgegnerin ein Wettbewerbsverbot während der Vertragslaufzeit. Weiters wurde ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von einem Jahr vereinbart, das allerdings dann nicht gelten sollte, wenn die Erstantragsgegnerin vom Recht Gebrauch macht, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Die Zweit- bis Viertantragsgegner sind die Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin.
Die Antragsgegner drohten der Antragstellerin unter Einräumung einer mehrwöchigen Frist das Ende des Vertragsverhältnisses an, wenn diese bestimmte offene Fragen betreffend Marktstrategie, Marktforschung und Budget binnen einer Frist nicht beantwortet. Mangels Reaktion der Antragstellerin wurde der Vertrag seitens der Antragsgegner schließlich am 20. 4. 2015 mit sofortiger Wirkung aufgekündigt. Die Erstantragsgegnerin setzte die bisher im Rahmen des Franchisevertrags ausgeübte Tätigkeit unmittelbar danach unter der Bezeichnung „ Karl's Backgenuss “ und in Konkurrenz zur Antragstellerin nahtlos fort.
Die Antragstellerin warf den Antragsgegnern einen nach § 1 UWG unlauteren Verstoß gegen das (nach‑)vertragliche Wettbewerbsverbot vor und stützte darauf die für das Revisionsrekursverfahren noch relevanten Teile ihres mehrgliedrigen Verfügungsantrags.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts, insoweit dieses jene Unterlassungsansprüche verneinte, wonach den Antragsgegnern verboten werden soll, ein zum Vertriebsmodell der klagenden Partei konkurrierendes Unternehmen bezüglich vergleichbarer Backwaren ohne Verwendung der Marke „ Resch und Frisch “ zu errichten oder zu betreiben und eine bestimmte Telefonnummer für andere Zwecke als den Vertrieb von Waren unter dieser Marke zu verwenden, richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin. Darin wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
Rechtliche Beurteilung
1.1 Ein auf die Fallgruppe des lauterkeitsrechtlichen Vertragsbruchs im Zusammenhang mit der Verletzung einer Konkurrenzklausel gestützter Anspruch setzt nach den Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung voraus, dass zur Verletzung der vertraglich vereinbarten Konkurrenzklausel weitere die Sittenwidrigkeit begründende Umstände hinzutreten, die den Verstoß nicht mehr als reine Vertragsverletzung, sondern unlauter im Sinne des § 1 UWG erscheinen lassen (4 Ob 84/07t mwN; 4 Ob 36/13t; vgl RIS‑Justiz RS0078872; RS0031669; RS0078903). Derartiges ist vor allem dann anzunehmen, wenn der aus dem Konkurrenzverbot verpflichtete Vertragspartner im Sinne eines „inneren Frontwechsels“ noch während des aufrechten Vertrags die Tätigkeit eines Konkurrenzunternehmens plant und vorbereitet (9 ObA 66/03a; 4 Ob 26/07p; 4 Ob 141/09b) oder dieses Unternehmen nur deshalb gegründet wurde, um das beim früheren Vertragspartner erworbene Spezialwissen zu nützen und ihm damit Konkurrenz zu machen (4 Ob 32/06v).
1.2 Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzelfall begründet in der Regel keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (4 Ob 61/07k; 4 Ob 124/08a; 4 Ob 237/12z). Eine auffallende Fehlbeurteilung liegt nicht vor. Vielmehr hält sich die Entscheidung des Rekursgerichts im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung.
1.3 Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (4 Ob 144/01g; RIS-Justiz RS0031669 [T5]) ist das Rekursgericht jedenfalls vertretbar davon ausgegangen, dass besondere Umstände, die eine unlautere Vorgangsweise begründen könnten, weder ausreichend vorgebracht noch bescheinigt wurden. Entgegen den Ausführungen im Rechtsmittel ist insbesondere weder bescheinigt, dass das Konkurrenzunternehmen „von langer Hand“ vorbereitet wurde, noch dass die Beendigung des Vertragsverhältnisses nur dazu diente, dem Konkurrenzverbot zuwiderhandeln zu können.
2. Aufgrund dieser Erwägungen kommt es nicht darauf an, ob ein lauterkeitsrechtlicher Verstoß an einer vertretbaren Vertragsauslegung scheitert, sodass der Hinweis der Antragstellerin auf dazu fehlende Rechtsprechung schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage begründen kann. Selbst wenn hier die Erstantragsgegnerin gegen das vertragliche Konkurrenzverbot in unvertretbarer Weise verstoßen haben soll, reicht dieser Umstand allein nicht aus, um einen lauterkeitsrechtswidrigen Verstoß zu begründen.
3.1 Schließlich bedarf das Ergebnis auch aufgrund des im Rechtsmittel erhobenen Vorwurfs, das Rekursgericht habe die Rechtsfrage zum unlauteren Schmarotzen im Widerspruch zur höchstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst, keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.
3.2 Die Antragstellerin bezieht sich hier auf die Rechtsprechung zur schmarotzerischen Ausbeutung fremder Leistung, die dann den Tatbestand einer unlauteren Geschäftspraktik erfüllt, wenn jemand ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen (RIS-Justiz RS0078341). Diese von der Rechtsprechung entwickelte Fallgruppe bezieht sich nur auf Erzeugnisse, die (sonst) keinen Schutz genießen (RIS-Justiz RS0078138, vgl auch RS0078188) und von Dritten ohne jegliche Rechtsgrundlage genutzt werden. Der behauptete Widerspruch zu dieser Rechtsprechung ist daher hier schon deshalb zu verneinen, weil die Erstantragsgegnerin vom Know-How der Antragstellerin rechtmäßig Kenntnis erlangt hat und dieses durch das (speziellere) Wettbewerbsverbot geschützt ist. Der lauterkeitsrechtliche Schutz des in Rede stehenden Know-Hows richtet sich daher nach diesem Konkurrenzverbot (vgl dazu Punkt 1), weshalb die Verneinung einer schmarotzerischen Ausbeutung durch das Rekursgericht keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft.
4. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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