OGH 2Ob34/15m

OGH2Ob34/15m16.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith, Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und durch den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach R***** A***** C*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Sohnes Ing. R***** C*****, vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Chyba Reiter Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 17. Dezember 2014, GZ 23 R 509/14x‑15, womit über Rekurs des erblasserischen Sohnes der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 22. August 2014, GZ 1 A 223/13x‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00034.15M.1216.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass im Einantwortungsbeschluss des Erstgerichts vom 22. 8. 2014, GZ 1 A 223/13x‑9, in Punkt 2. die Wortfolge „und des Belastungs‑ und Veräußerungsverbotes“ [für M***** C*****, geboren am *****] zu entfallen hat.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

 

Begründung:

Im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren gaben die Witwe und ein Sohn aus erster Ehe aufgrund des Testaments des Erblassers vom 21. 3. 2006 und eines Nachtrags vom 25. 1. 2011, mit dem ein weiterer Sohn auf den Pflichtteil gesetzt wurde, je zur Hälfte des Nachlasses unbedingte Erbantrittserklärungen ab.

Das Testament vom 21. 3. 2006 enthält eine Erbteilungsanordnung, nach der (im Zusammenhalt mit dem Nachtrag) dem nicht auf den Pflichtteil gesetzten Sohn die Nachlassliegenschaft zukommt und der Witwe ein umfänglich näher beschriebenes Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt wird. Sollte sie es wünschen, ist der Erbe verpflichtet, die Grundbuchseintragung dieses Rechts der Witwe auf deren Kosten zuzulassen. Weiters soll die Witwe „ob der Liegenschaft ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot eingeräumt bekommen“.

Die Witwe und der Sohn schlossen letztlich ein Erbteilungsübereinkommen, wonach die vom Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung angeordnete Erbteilung dahingehend, dass dem Sohn die Liegenschaft zukommt und der Witwe ein Wohnungsgebrauchsrecht daran eingeräumt wird, von den Erben angenommen wird. Der Sohn bestritt aber bereits an dieser Stelle die Wirksamkeit des vom Erblasser zugunsten der Witwe angeordneten Veräußerungs-und Belastungsverbots, worauf die Witwe darauf verwies, dass dieses Verbot vom Erblasser angeordnet worden und auch in das Grundbuch einzutragen sei.

Mit dem bekämpften Einantwortungsbeschluss antwortete das Erstgericht die Verlassenschaft der Witwe und dem Sohn nach Maßgabe des Erbteilungsübereinkommens ein (Punkt 1.) und ordnete in Punkt 2. unter anderem die Einverleibung des lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechts und des Veräußerungs‑ und Belastungsverbots für die Witwe an der Liegenschaft, die dem (Stief‑)Sohn zufällt, an.

Dem ausschließlich gegen die Anordnung der bücherlichen Eintragung des Veräußerungs‑ und Belastungsverbots zugunsten der Witwe gerichteten Rekurs des (Stief‑)Sohnes gab das Rekursgericht unter Verweis auf die Entscheidung 5 Ob 104/98z nicht Folge. Danach seien auch Stiefkinder und Stiefeltern zum in § 364c ABGB genannten Personenkreis zu zählen.

Diese Entscheidung bekämpft der (Stief‑)Sohn mit ao Revisionsrekurs unter Hinweis auf die Entscheidung 5 Ob 253/08d. Das Angehörigenverhältnis zwischen Stiefeltern und Stiefkindern ende für den Anwendungsbereich des § 364c ABGB mit dem Ende der die Schwägerschaft vermittelnden Ehe. Damit sei auch die Verdinglichung des Veräußerungs‑ und Belastungsverbots ausgeschlossen.

Die Witwe beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen; in eventu, ihm nicht Folge zu geben. Das Rekursgericht sei der Judikatur gefolgt, wonach die Einverleibung eines Veräußerungs‑ und Belastungsverbots auch zwischen Stiefkind und Stiefelternteil zulässig sei. Das Angehörigenverhältnis ende nicht automatisch mit dem Tod des leiblichen Elternteils. Es sei zwischen dem planmäßigen und dem außerplanmäßigen Ende einer Ehe zu unterscheiden. Durch eine gegenteilige Entscheidung werde die Witwe um ihre Erbansprüche gebracht, weil ihr als Ehefrau ohnehin als gesetzliches Vorausvermächtnis ein Wohnrecht zustehe und ihr daher eigentlich nur die grundbücherliche Sicherstellung dieses Rechts „vererbt“ worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionrekurs ist zulässig , weil die Rechtslage einer Klarstellung bedarf; er ist insoweit auch berechtigt :

I. Zur Eintragung aufgrund des Erbteilungsübereinkommens:

Das Erbteilungsübereinkommen enthält eine Einigung darüber, dass dem Sohn die Liegenschaft zukommen soll und der Witwe ein Wohnungsgebrauchsrecht daran. In Bezug auf die „Wirksamkeit des angeordneten Veräußerungs- und Belastungsverbots“ ist es dagegen darin zu keiner Einigung gekommen (Protokoll ON 7). Es kann daher seine grundbücherliche Eintragung entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht auf das ‑ insoweit nicht existierende ‑ Erbteilungsübereinkommen gestützt werden.

II. Zur Eintragung aufgrund des Testaments:

II.1.  Der Erblasser hat in seinem Testament in der Erbteilungsanordnung vorgesehen, dass die Witwe „ob der vorgenannten Liegenschaft“ ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot eingeräumt bekommen soll. Versteht man dies als die Anordnung eines verbücherten Veräußerungs‑ und Belastungsverbots, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine solche Verbücherung gesetzlich zulässig ist.

II.2.  Gemäß § 364c letzter Satz ABGB wirkt ein vertragliches oder letztwilliges Veräußerungs‑ oder Belastungsverbot dann gegen Dritte, wenn es zwischen Ehegatten, eingetragenen Partnern, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren Ehegatten oder eingetragenen Partnern begründet und im öffentlichen Buche eingetragen wird.

Diese Regelung (zu ihrer Singularität in rechtsvergleichender Hinsicht siehe Hofmeister , Veräußerungs‑ und Belastungsverbote. Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungstendenzen, ÖJZ 1986, 752 f) wurde durch die 3. Teilnovelle zum ABGB eingeführt (RGBl 1916/69). In der Begründung der Kaiserlichen Verordnung über die 3. TN, 34, heißt es, die Bestimmungen über ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot wollten den Verkehr gegen ihn hemmende Privatverfügungen sichern, zugleich aber dem berechtigten Interesse Rechnung tragen, solche Verfügungen zu treffen, insbesondere wenn es sich um nahe Angehörige handle. Der Herrenhausbericht, 164 f, führt aus, dass die Gebundenheit des Besitzes mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sei. Beabsichtigt sei daher einerseits, jede, auch persönliche Bindung durch ein privates Veräußerungsverbot im Interesse der Verkehrsfreiheit zeitlich zu beschränken, aber andererseits unter gewissen Voraussetzungen, wo legitime Interessen der Sicherung des Besitzes vorlägen, die dingliche Wirksamkeit des Verbots anzuerkennen. Es solle das Interesse an der Erhaltung des Familienbesitzes (letztwillig oder durch Vertrag) gesichert werden können; als Kriterium könne nur eine positive Bezeichnung der nahen Angehörigen dienen, zwischen welchen das Verbot begründet werde.

II.3. Auch nach der Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0010722) und Lehre (Klang in Klang II2, 185; Aschauer, Das rechtsgeschäftliche Veräußerungs‑ und Belastungsverbot bei Liegenschaften [1998], 48 f; Leupold in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 364c ABGB Rz 37; Oberhammer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 364c Rz 1; Angst, Rechtsfragen des rechtsgeschäftlichen Veräußerungs-und Belastungsverbotes in GS Hofmeister, 1 [2]) dient die Ausnahme des § 364c ABGB von der prinzipiellen Verfügungsfreiheit des Liegenschaftseigentümers dazu, die Erhaltung des Familienbesitzes zu ermöglichen.

Das Verbot kann grundsätzlich nur zwischen den in § 364c ABGB genannten Familienangehörigen begründet werden (2 Ob 384/50 SZ 23/201; RIS‑Justiz RS0010723).

II.4. Nach der älteren Rechtsprechung gehörten Stiefkinder nicht zum Personenkreis des § 364c ABGB (2 Ob 384/50 SZ 23/201; RIS‑Justiz RS0011959).

In 5 Ob 104/98z SZ 71/71 hat der Oberste Gerichtshof aber im Wege der Analogie den Kreis der durch § 364c letzter Satz ABGB begünstigten Personen auf Stiefeltern und Stiefkinder ausgedehnt (vgl auch RIS‑Justiz RS0109934). Der offenkundige Zweck der Bestimmung, die Erhaltung des Familienbesitzes, lasse die analoge Anwendung auf Stiefkinder und Stiefeltern als geboten erscheinen, weil nur dies den Widerspruch vermeide, dass Pflegekinder und deren Ehegatten unter die Bestimmung fielen, die leiblichen Kinder des anderen Ehegatten dagegen nicht. Die taxativ anmutende Aufzählung in der Bestimmmung erschwere zwar die Analogie, schließe sie aber nicht völlig aus. Auch durch geänderte gesellschaftliche Anschauungen könne ein Gesetz lückenhaft werden. Wer zur Familie gehöre, bestimme sich nicht mehr ausschließlich durch Satzungen, sondern zunehmend durch die Intensität des Zusammenlebens und des Zusammengehörigkeitsgefühls, was die Betrachtung, dass auch in die Ehe mitgebrachte Kinder des Ehepartners zur Familie zählten, nahelege.

II.5.  Wilhelm,ecolex 1998, 836 (Entscheidungs-anmerkung zu 5 Ob 104/98z), kritisierte diese Entscheidung in methodischer Hinsicht. Eine Norm könne nachträglich nur dann lückenhaft werden, wenn sie in Widerspruch zu Sinn und Zweck späterer Normen gerate. Eine solche spätere („modernere“) Norm sei aber nicht zu sehen. Im Übrigen enthalte § 364c ABGB eine taxative Aufzählung, die von dem Wunsch getragen sei, die Beschränkung des Liegenschaftsverkehrs möglichst klein zu halten.

Auch nach Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Call/Eccher, Österreichisches Sachenrecht2 156, ist das verbücherte Veräußerungs- und Belastungsverbot nur zwischen den in § 364c ABGB genannten Angehörigen zulässig, und daher nicht zwischen Geschwistern bzw Eltern und Stiefkindern (so auch schon Gschnitzer in der 1. Auflage, Sachenrecht [1968] 138).

Aschauer, Das rechtsgeschäftliche Veräußerungs- und Belastungsverbot bei Liegenschaften (1988), 49 f, merkt an, dass zur Begründung der Unzulässigkeit von absolut wirksamen Verboten zwischen Eltern und Stiefkindern in SZ 23/201 allein mit § 42 ABGB argumentiert worden sei, nach dem nur die Deszendenten zu den Kindern gehören. Eine solche Auslegung entspreche nicht dem Zweck der Bestimmung, könnten doch auch ein Elternteil und das Stiefkind an der Erhaltung des Familienbesitzes gleichermaßen interessiert sein wie Eltern und ihre leiblichen Kinder. Da § 364c ABGB das Verhältnis zwischen Eltern und dem Ehegatten des Kindes privilegiere, müsse für das Verhältnis zwischen dem Kind und dem Ehegatten eines Elternteils dieselbe Bevorrechtung gelten: ein absolut wirksames Veräußerungs- und Belastungsverbot könne daher auch zwischen einem Elternteil und dem nicht von diesem abstammenden Kind des anderen Elternteils bestehen.

Spielbüchler in Rummel,ABGB3 § 364c Rz 6, referiert zur Wirksamkeit des dinglichen Verbots zwischen Eltern und Schwiegerkindern bzw Stiefkindern nur die dargestellte Judikatur.

Auch Koziol‑Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Rz 911 sowie Oberhammer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 364 c ABGB Rz 5, zählen Stiefeltern und Stiefkinder unter Verweis auf die Rechtsprechung zum von § 364c ABGB umfassten Personenkreis, wobei Oberhammer freilich die Begründung in 5 Ob 104/98z SZ 71/71 für „problematisch“ hält (FN 22 aaO).

II.6. Wie der Rechtsmittelwerber ausführt, hat der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 253/08d (SZ 2009/3) das Erlöschen des Angehörigenverhältnisses zwischen Stiefelternteil und Stiefkind mit Auflösung der Ehe zwischen dem leiblichen Elternteil und dem Stiefelternteil ausdrücklich bejaht. Der 5. Senat hat dargelegt, dass das in 5 Ob 104/98z gewonnene Ergebnis keinen Anlass für eine Auslegung dahin gebe, den ohnehin erst durch Analogie erweiterten Kreis der Angehörigen noch weiter dahin auszudehnen, dass dieses Angehörigenverhältnis über das Ende der es vermittelnden Ehe hinaus aufrecht bleibe. Ende diese Ehe, etwa durch den Tod des leiblichen Elternteils, sei damit auch die spätere Verdinglichung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots ausgeschlossen.

II.7. Diese Entscheidung wurde im Schrifttum teilweise zustimmend und teilweise kritisch aufgenommen:

Hoyer in NZ 2009/741 führt aus, dass ohne Anhaltspunkt im seit 1983 nicht mehr bestehenden § 7 Abs 1 EheG der Standpunkt der jüngeren Lehre naheliege, die Wirkung der Schwägerschaft mit dem Wegfall der sie vermittelnden Ehe als beendet anzusehen. Zwischen Eheauflösung durch Tod des Ehegatten, Nichtigerklärung, Aufhebung oder Scheidung der Ehe sei nicht zu differenzieren.

Holzner , § 364c ABGB: Ende der Stiefkindeigenschaft mit dem Tod des leiblichen Elternteils?, JBl 2010, 134 f, legt dar, dass das Problem des § 364c ABGB nach dem ihm innewohnenden Zweck der Erhaltung des Familienbesitzes zu lösen sei. Auch zu erwachsenen Stiefkindern entstehe häufig ein hinreichend familiäres Naheverhältnis. Fälle, in denen nach Scheitern der Ehe das familiäre Verhältnis zu Stiefkindern nicht ohnehin empfindlich getrübt sei, könne man getrost vernachlässigen. Ende die Ehe aber durch den Tod des leiblichen Elternteils, sei die Lage typischerweise grundlegend anders. In diesem Fall solle daher die Verbücherung des Verbots weiter zulässig bleiben.

Edelhauser , immolex 2009/105 (Entscheidungs-anmerkung zu 5 Ob 253/08d), verweist zur grundsätzlichen Analogiefähigkeit auf die Kritik Wilhelms. Wenn man überdies die analoge Ausdehnung vor allem mit dem Argument der Intensität des Zusammenlebens und Zusammengehörigkeitsgefühls zulasse, sei es ein Wertungswiderspruch, mit der Ehescheidung die Verdinglichung des Veräußerungs‑ und Belastungsverbots nicht mehr zuzulassen, obwohl das Stiefkind davor über Jahre oder Jahrzehnte wie ein eigenes aufgezogen worden sei. Wenn schon, sei die Analogie konsequent zu Ende zu führen.

Leupold in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 364c ABGB Rz 40 f meint mit Holzner , dass zwischen „außerplanmäßigem“ Ende der Ehe durch Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung und dem Tod des leiblichen Elternteils zu unterscheiden und in letzterem Fall die Verbücherung als zulässig anzusehen sei.

II.8. Zu beachten ist weiters, dass mittlerweile auch das in § 364c letzter Satz ABGB ausdrücklich genannte Pflegekind indirekt eine gesetzliche Definition erfahren hat. Nach § 184 ABGB idF KindNamRÄG 2013 BGBl I 2013/15 sind nämlich Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung eines Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Ein solches Verhältnis kann daher auch entstehen, wenn die Stiefmutter das Kind in diesem Sinn betreut (vgl Hopf in KBB 4 § 184 Rz 1; Stabentheiner in Rummel 3 , ErgBd KindRÄG 2001 § 186 Rz 1; vgl auch 10 ObS 102/14v JBl 2015, 197), sodass es dann der analogen Anwendung der Bestimmung des § 364c letzter Satz ABGB nicht mehr bedarf.

II.9. Das Pflegekindverhältnis endet nach der Rechtsprechung zur neuen Rechtslage, wenn die in der genannten Bestimmung enthaltenen Tatbestands-voraussetzungen (also Besorgung der Pflege und Erziehung ganz oder teilweise, eine dem Eltern-Kind-Verhältnis nahekommende vorhandene oder beabsichtigte Beziehung) nicht mehr gegeben sind (3 Ob 165/11b; vgl auch RIS‑Justiz RS0118529). Dafür, dass dies hier in Bezug auf den 1951 geborenen Rechtsmittelwerber nicht der Fall wäre, gibt es keine Anhaltspunkte.

Endet damit aber für Pflegekinder die Privilegierung nach § 364c letzter Satz ABGB, stellt sich die Frage, ob diese für die ansonsten ohnehin nur analog einbezogenen Stiefkinder darüber hinaus bestehen bleibt:

II.10.  Auch zum Schwägerschaftsverhältnis ‑ das ist nach § 40 ABGB eine Verbindung zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten, daher auch zu dessen leiblichem Kind ‑ stehen allerdings sowohl die (jüngere) Lehre (Koziol‑Welser/Kletečka Bürgerliches Recht I14 Rz 1410; Egger in Schwimann, ABGB Ta‑Kom3 § 40 Rz 2; aber auch schon Stabentheiner in Rummel 3, §§ 40 ‑ 42 Rz 3) als auch die Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0116994; 5 Ob 519/79) auf dem Standpunkt, dass dieses mit der Auflösung der sie begründenden Ehe erlischt, sofern das Gesetz nichts anderes anordnet. Letzteres ist hier nicht der Fall.

II.11. Es bleibt daher das Argument, dass die ursprünglich zur Begründung der Analogie herangezogene, mehr durch die Intensität des Zusammenlebens und des Zusammengehörigkeitsgefühls als durch Satzungen bestimmte und deshalb veränderte Sicht darauf, wer zur Familie gehört, keine Änderung dadurch erfährt, dass der leibliche Elternteil stirbt, sondern auch darüber hinaus bestehen bleibt.

Dieser Ansicht kann grundsätzlich Berechtigung nicht abgesprochen werden. Allerdings ist zu beachten, dass dieser Aspekt nicht allein und als einziges Kriterium, sondern vielmehr nur dazu herangezogen wurde, den Wertungswiderspruch zu den im Gesetz genannten Pflegekindern auszuräumen. Allein auf das Kriterium der Intensität des Zusammenlebens und des Zusammengehörigkeitsgefühls kann es jedoch schon deshalb nicht ankommen, weil einerseits Geschwister unbestritten nicht unter die Privilegierung des § 364c ABGB fallen (Spielbüchler in Rummel , ABGB³ § 364c ABGB Rz 6; Oberhammer in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 364c ABGB Rz 5; Leupold in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 364c ABGB Rz 39; Eccher/Riss in KBB 4 § 364c Rz 5; Holzner in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.02 § 364c ABGB Rz 7) und andererseits die ursprüngliche Intention zur Einführung der Bestimmung zwar in der Möglichkeit der Erhaltung des Familienbesitzes lag, diese aber zugunsten der Freiheit des Liegenschaftsverkehrs nur in (sowohl zeitlich als auch personenbezogen) bewusst eingeschränktem Umfang ermöglicht wurde.

Auf die nur von Aschauer , Das rechtsgeschäftliche Veräußerungs- und Belastungsverbot bei Liegenschaften, 49 f (siehe oben Pkt II.5.) vertretene Auffassung, dass deshalb, weil § 364c ABGB das Verhältnis zwischen Eltern und dem Ehegatten des Kindes privilegiere, dieselbe Bevorrechtung zwischen dem Kind und dem Ehegatten eines Elternteils gelten müsse, sodass ein absolut wirksames Veräußerungs‑ und Belastungsverbot auch zwischen einem Elternteil und dem nicht von diesem abstammenden Kind des anderen Elternteils bestehen könne, ist nicht weiter einzugehen, weil durch den Tod des Erblassers nicht nur das Schwägerschaftsverhältnis (oben Pkt II.10.), sondern auch die Ehe beendet wurde (RIS‑Justiz RS0124550).

II.12. Ergebnis:

Der erkennende Senat gelangt daher in Abwägung aller dieser Umstände zur Ansicht, dass Stiefkinder, soferne sie nicht unter den Pflegekindbegriff fallen, auch weiterhin mit Beendigung der die Schwägerschaft vermittelnden Ehe nicht in den Kreis der in § 364c letzter Satz ABGB genannten Personen fallen. Dies gilt vice versa auch für die vom Verbot laut Einantwortungsbeschluss begünstigte Witwe als Stiefmutter des hiermit belasteten Liegenschaftseigentümers (so auch Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 364c Rz 7).

Damit besteht auch aufgrund des Testaments keine gesetzliche Grundlage für die im Einantwortungsbeschluss vorgesehene grundbücherliche Eintragung eines Veräußerungs‑ und Belastungsverbots, sodass dieser Passus der angefochtenen Entscheidung spruchgemäß zu entfallen hatte.

Die Erben werden daher, weil der Auftrag des Erblassers insoweit nicht genau erfüllt werden kann, gemäß § 710 ABGB zu trachten haben, demselben möglichst nahe zu kommen, etwa durch Vereinbarung eines nur obligatorisch wirkenden Veräußerungs‑ oder Belastungsverbots, um der dort vorgesehenen Verwirkung zu entgehen.

III.  Gemäß § 185 AußStrG findet im Verlassenschaftsverfahren ‑ außer im Verfahren über das Erbrecht ‑ ein Kostenersatz nicht statt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte