OGH 2Ob223/14d

OGH2Ob223/14d6.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith, Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****versicherung auf Gegenseitigkeit, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Hundegger ua, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei S***** S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ulrich Suppan, Mag. Roger Suppan und Mag. Arthur Berger, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, wegen 7.072 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 24. September 2014, GZ 3 R 106/14v‑31, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom 2. April 2014, GZ 3 C 580/13p‑26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Klägerin ist der Haushaltsversicherer des Mag. R***** R*****.

Die Beklagte betreibt ein Installationsunternehmen, das sich auf erneuerbare Energien (insbesondere Hackgutanlagen) sowie Solarsysteme spezialisiert hat. Sie bot dem Versicherungsnehmer der Klägerin am 10. 8. 2010 den Verkauf und die Installation einer Hackgutanlage, deren kostenlose Inbetriebnahme und die Montage samt der dazu notwendigen Materialien zum Gesamtbetrag von 37.896 EUR an. Der Geschäftsführer der Beklagten wies den Versicherungsnehmer der Klägerin darauf hin, bereits mehrere 100 Anlagen dieser Art hergestellt zu haben.

Die Hackgutanlage sollte das Wohnhaus des Versicherungsnehmers sowie drei weitere Häuser, darunter eine Gastwirtschaft, von einem zwischen diesen Häusern situierten Wirtschaftsgebäude aus versorgen. Alle Häuser liegen auf der Kuppe eines Bergkamms in gegenüber den Witterungsverhältnissen exponierter Lage. Ca 50 m vom Gasthaus entfernt befindet sich eine Kelag‑Trafostation.

Zur Durchführung der Elektroinstallation wurde über Auftrag des Versicherungsnehmers der Klägerin ein Elektrounternehmen beigezogen. Bei der Errichtung der Hackgutanlage wurde kein Potentialausgleich zwischen den Gebäuden eingebaut.

Nach Fertigstellung des Werks traten mehrere Schadensereignisse wegen Blitzschlägen bei der Steuerung der Heizungsanlage auf. Diese hatten jeweils zur Folge, dass die Platinen der Steuerungsgeräte durch Überspannung schmolzen. Die klagende Partei bezahlte die Kosten der Schadensbehebung von insgesamt 7.072 EUR und holte ein Privatgutachten über die Schadensursache ein, für das sie brutto 789,84 EUR auslegte. Der Privatgutachter führte die zahlreichen Schadensfälle auf den fehlenden Potentialausgleich zwischen den Gebäuden zurück. Ein solcher war in der zur Zeit der Installation gültigen Montageanleitung der Herstellerfirma der Hackgutanlage nicht erwähnt.

Seit 12. 7. 2010 ist die ÖVE/ÖNORM EN 62305‑ 4, ausgegeben am 1. 1. 2008, gültig, die Regelungen von elektrischen und elektronischen Systemen in baulichen Anlagen beinhaltet. In Punkt B.10.2 wird die Verlegung der Datenleitung zwischen baulichen Anlagen in geschlossenen metallenen Kabelkanälen oder die Verlegung einer Potentialausgleichsleitung parallel zur Datenleitung empfohlen. Mit Inkrafttreten vom 13. 7. 2010 wurden weiters in Anhang III der Elektrotechnik‑Verordnung 2002 (ETV 2002) elektrotechnische Sicherheitsvorschriften und Vorschriften über die Normalisierung und Typisierung (SNT‑Vorschriften) für verbindlich erklärt, darunter auch die ÖVE‑ÖNORM EN 62305‑ 3.

Im Abnahmeprotokoll bestätigte die beklagte Partei als Anlageerrichter/Installateur die fachgerechte Montage der Heizfeuerungsanlage, deren Betriebstauglichkeit und das Vorhandensein der elektrischen Zuleitung. Zwischen der Beklagten und dem Elektrounternehmen wurde vor Eintritt der Schadensfälle über die Notwendigkeit eines Potentialausgleichs nicht gesprochen. Beide wussten zum Zeitpunkt der Abnahme nicht, dass ein Potentialausgleich in den relevanten Normen gefordert wird. Der elektrische Anschluss der Regelung der Heizanlage und der Kessel wurde nicht von der Beklagten, sondern vom Kundendienst des Herstellers durchgeführt, der die Konformität der in der Anlage eingebauten Sicherheitseinrichtungen laut Prüfzeichen bestätigte.

Dass ein Potentialausgleich vorgeschrieben und zur Schadensverhinderung geeignet gewesen wäre, erfuhr der Geschäftsführer der Beklagten erst aus Anlass der Schadenserhebung durch den Sachverständigen der klagenden Partei bzw im Rahmen der Auslieferung von Hackgutanlagen des Herstellers im Jahr 2013, weil dies dann in den technischen Montageanleitungen angeführt war.

Die klagende Partei begehrt den Ersatz von 7.072 EUR sA an erbrachten Versicherungsleistungen mit der Behauptung, dass aufgrund der geltenden Normen ein Potentialausgleich hätte eingebaut werden müssen, der die Schadensfälle verhindert hätte. Die Beklagte habe es unterlassen, die notwendigen Aufklärungen zu geben, und dem Elektrounternehmen keine Arbeitsvorgaben erteilt. Die Beklagte sei als Generalunternehmer anzusehen. Im Übrigen treffe sie eine Haftung aufgrund der Zusammenarbeit und gegenseitigen Überwachungpflicht mit den übrigen Professionisten. Die Beklagte habe den Eindruck erweckt, große Erfahrung im Bereich der Errichtung solcher Anlagen zu besitzen; es sei ihr zumutbar gewesen, in Kenntnis der aktuellen Normen zum Blitzschutz zu sein und daher insbesondere auch um die Notwendigkeit der Herstellung eines Potentialausgleichs zu wissen. Im Zeitpunkt der Errichtung der Anlage seien die Montagehinweise des Herstellers technisch falsch gewesen. Dieser sei als Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei anzusehen, die Beklagte ziehe den wirtschaftlichen Vorteil aus den Leistungen des Herstellers. Der Fehler der unterlassenen Aktualisierung gehe daher ebenfalls zu Lasten der beklagten Partei.

Die beklagte Partei bestritt und wandte ein, dass sie ebensowenig wie das Elektrounternehmen und der Hersteller von der Notwendigkeit des Einbaus eines Potentialausgleichs gewusst habe. Die Herstellerfirma habe ihre Produktinformationsblätter erst im Jahr 2012 entsprechend geändert. Im Übrigen sei es entgegen dieser Norm nicht üblich, Potentialausgleiche herzustellen. Selbst bei Kleinsiedlungen in Kärnten, die mehr als 20 Häuser versorgten, werde ein solcher nicht eingebaut. Es handle sich dabei nur um eine Empfehlung. Die Beklagte habe nur die Heizungsanlage errichtet, die Elektroinstallation sei bauseits durchgeführt und vom Versicherungsnehmer selbständig beauftragt worden. Nach Kenntnis der beklagten Partei sei niemals zuvor ein Problem mangels Potentialausgleichs aufgetreten. Sie habe daher keine Aufklärungspflicht verletzt. Im vorliegenden Fall sei das Fehlen eines Potentialausgleichs auch nicht ursächlich für die Schäden, die aus Anlass der Blitzschläge entstanden seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Weder die Beklagte noch der Elektriker noch die Herstellerfirma hätten Kenntnis von der Notwendigkeit der Herstellung eines Potentialausgleichs gehabt. Grundsätzlich müsste das Elektroinstallationsunternehmen davon Kenntnis haben. In der ÖNORM EN 62305‑4 werde die Herstellung eines Potentialausgleichs lediglich empfohlen. Soweit die Beklagte als Erfüllungsgehilfe der Herstellerfirma anzusehen sei, könne ihr keine Haftungsverpflichtung zugeordnet werden, weil auch der Produzent nicht auf die Notwendigkeit des Potentialausgleichs hingewiesen habe. Im Übrigen gehe der Vorwurf der Unterlassung des Einbaus einer solchen Leitung auch deshalb ins Leere, weil die einzelnen Objekte nicht ordnungsgemäß geerdet gewesen seien. Nach dem Sachverständigengutachten sei mit „ziemlicher Sicherheit“ davon auszugehen gewesen, dass ein Blitzeinschlag beim Gasthof erfolgen werde, weil dieser in der Nähe der Trafostation liege, sodass mangels ordnungsgemäßer Erdung dieses Gebäudes über die Potentialausgleichsleitung kein Hintanhalten der Schadensfälle erreicht worden wäre.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es verwarf die im Wesentlichen den Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Notwendigkeit eines Potentialausgleichs und den Gesprächen darüber monierende Tatsachenrüge, und eliminierte die als überschießend bewerteten Feststellungen des Erstgerichts, dass mangels Erdung des Gasthauses der Schaden an der Platine der Heizungsanlage auch bei Einbau eines Potentialausgleichs nicht verhindert hätte werden können. In rechtlicher Hinsicht verwarf es die Haftung der Beklagten als Generalunternehmerin, verwies auf die Judikatur zum „technischen Schulterschluss“ und meinte, dass die Notwendigkeit des Einbaus eines Potentialausgleichs und die Hinweise darauf nicht in den verpflichtenden Aufgabenbereich der Beklagten gefallen seien, weil ihre Aufklärungs‑ und Warnpflichten nicht überspannt werden dürften und diesbezüglichen Kenntnisse beim Elektrounternehmen vorhanden hätten sein müssen, das „bauseits“ beigezogen worden sei.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob die Rechtsprechung zur Überspannung der Prüf‑ und Warnpflichten hinsichtlich des vom Besteller beigestellten Stoffs gleichermaßen auf Fälle anzuwenden sei, in denen mehrere Werkunternehmer zum „technischen Schulterschluss“ verpflichtet seien.

Die dagegen erhobene ordentliche Revision der klagenden Partei macht geltend, dass bei Anwendung neuer Bauweisen oder neuer Baustoffe, aber auch neuer Arbeitsmethoden und technischer Verfahren die Warnpflicht besonders intensiv sei. Es widerspreche der ständigen Rechtsprechung, dass die Beklagte für ihre falsche Montageanleitung keine Haftung zu übernehmen brauche. Auch ein diesbezügliches Verschulden des Herstellers sei der Beklagten gemäß § 1313a ABGB zuzurechnen. Weiters hafte die Beklagte aus ihrem Werkvertrag. Sie sei nicht in Kenntnis der rechtsverbindlichen ÖNORM gestanden. Auch wenn man von einem notwendigen „technischen Schulterschluss“ ausgehe, habe die Beklagte die Montageanleitung beigestellt, auf die sich die Elektrikerfirma verlassen habe dürfen. Auch habe sich das Berufungsgericht mit der Frage der Haftung der Beklagten als Generalunternehmer unzureichend auseinandergesetzt. Die klagende Partei beantragt daher die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer vollinhaltlichen Klagsstattgebung; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen; in eventu, ihr nicht Folge zu geben. Beim „technischen Schulterschluss“ sei die den einzelnen Werkunternehmer treffende Warnpflicht nie strenger zu beurteilen als jene, die gegenüber einem sachkundigen Besteller anzuwenden wäre, weil übliches Branchenwissen vorausgesetzt werden könne. Die Warnpflicht erstrecke sich immer nur auf die eigene Leistungspflicht, die hier die Elektroinstallationen nicht umfasst habe. Auch seien keine neuen Arbeitsmethoden angewendet worden. Die Beklagte sei nicht einmal federführend und umso weniger als Generalunternehmer tätig gewesen, sie sei auch nicht Nachmann, sondern Vormann im Verhältnis zum Elektrounternehmen, dem spezielles Fachwissen zu unterstellen sei, gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die getroffenen Feststellungen für eine abschließende Beurteilung des Falls nicht ausreichen; sie ist daher im Sinne des Eventualantrags auf Aufhebung des Verfahrens auch berechtigt.

1. Das Erstgericht hat zur Frage der eigentlichen Schadensursache nur indirekte Feststellungen getroffen, die überdies den disloziert in der rechtlichen Beurteilung enthaltenen Annahmen widersprechen. So findet sich die Feststellung, dass der von der klagenden Partei beigezogene Sachverständige die Schadensfälle auf den nicht eingebauten Potentialausgleich zurückgeführt habe, sowie dass der Geschäftsführer der Beklagten erst aus Anlass der Schadenserhebung durch den Sachverständigen erfahren habe, dass ein Potentialausgleich vorgeschrieben und zur Schadensverhinderung geeignet gewesen wäre. Andererseits führt das Erstgericht aus, dass ein Potentialausgleich angesichts der mangelnden Erdung des Gasthauses „mit ziemlicher Sicherheit“ den Schaden nicht hintangehalten hätte. Da die beklagte Partei ausdrücklich vorgebracht hat (vgl AS 199), dass das Fehlen eines Potentialausgleichs nicht ursächlich für die aus Anlass der Blitzschläge entstandenen Schäden gewesen sei, handelt es sich einerseits entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insoweit um keine überschießenden Feststellungen, allerdings bedarf es zur Schadensursache ausdrücklicher und unmissverständlicher Feststellungen.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass der fehlende Potentialausgleich tatsächlich Schadensursache war, wird Folgendes zu beachten sein:

1. Zu den ÖNORMEN:

Nach der Rechtsprechung haben ÖNORMEN, die nicht durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, nur insoferne Bedeutung, als sie konkludent zum Gegenstand von Verträgen gemacht wurden (RIS‑Justiz RS0038622). Sie können durch tatsächliche Übung der beteiligten Verkehrskreise zum Handelsbrauch oder zur Verkehrssitte werden. Die wiederholte Anwendung durch die in Betracht kommenden Verkehrskreise kann somit dazu führen, dass auch in zukünftigen Fällen mit ihrer Anwendung zu rechnen ist und insbesondere technische Aufgaben im Zweifel im Sinne einer bestehenden ÖNORM auszulegen sind (RIS‑Justiz RS0038609).

Im vorliegenden Fall wurde durch die Elektro-technikverordnung 2002 (ETV 2002), BGBl II 2002/222, mit Inkrafttreten per 13. 7. 2010 im Anhang III dieser Verordnung unter anderem die ÖNORM EN 62305‑ 3 über den Blitzschutz von baulichen Anlagen und Personen für verbindlich erklärt. Diese enthält in ihrem Punkt 6.2 auch Regelungen über den Blitzschutzpotentialausgleich. Diese ÖNORM war somit im Zeitpunkt der Errichtung der hier vorliegenden Anlage (das Angebot dazu stammte vom 10. 8. 2010) Teil des Normenbestands.

Die Beklagte hat sich auch darauf berufen, dass sie als Installateurunternehmen über diese ÖNORM nicht Bescheid wissen musste. Dies führt zur Frage nach dem

2. Adressatenkreis der ÖNORM:

Gemäß § 2 ABGB kann sich niemand damit entschuldigen, dass ihm ein gehörig kundgemachtes Gesetz nicht bekannt geworden sei. Grundsätzlich ist jedermann verpflichtet, sich Kenntnis von den ihn nach seinem Lebenskreis treffenden Gesetzesvorschriften zu verschaffen (RIS‑Justiz RS0013253). Bei der Beurteilung der Frage, ob dem Normunterworfenen die Kenntnis einer bestimmten Vorschrift unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zumutbar war, ist stets ein strenger Maßstab anzulegen (RIS‑Justiz RS0008663) und ist Rechtsunkenntnis nur dann nicht vorwerfbar, wenn die Gesetzeslage dem Betroffenen trotz zumutbarer Aufmerksamkeit nicht erkennbar war (RIS‑Justiz RS0118363).

Ob dies im vorliegenden Fall für die beklagte Partei in Bezug auf die genannte ÖNORM/ETV, die prinzipiell elektrische Vorschriften enthält, der Fall ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden:

Grundsätzlich ist ein Werkunternehmer als Fachunternehmer verpflichtet, sich die erforderlichen Kenntnisse zu beschaffen (RIS‑Justiz RS0021744 [T7]). Gehören beim Einbau von Hackgutanlagen elektrische Grundsätze zum selbstverständlichen Wissensstand eines zur Errichtung solcher Anlagen befugten Gewerbetreibenden und ist der Einbau eines Potentialausgleichs integrierender Bestandteil einer solchen Anlage im Allgemeinen bzw bei der Versorgung mehrerer Gebäude, oder zumindest solcher in exponierter Lage, im Besondere so ist die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften der Beklagten jedenfalls zumutbar. Handelt es sich dagegen dabei um bloß selten anwendbare Sondervorschriften für spezialisierte Elektrikunternehmen, die bei der Errichtung von Hackgutanlagen nicht grundsätzlich notwendig sind, wäre die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme für die beklagte Partei ‑ unter Anwendung des oben dargelegten strengen Maßstabs ‑ allenfalls zu verneinen. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass die beklagte Partei nach ihrem eigenen Vorbringen zumindest bereits rund 500 solcher Anlagen installiert hatte (vgl PV ihres Geschäftsführers AS 172: 500 bis 1.000 Anlagen).

Es wird daher zu klären sein, ob die beklagte Partei, wenn sie auch nicht selbst die Elektroinstallation vornahm, aufgrund der möglicherweise engen Verflechtung dieser Arbeiten mit der von ihr zu erstellenden konkreten Hackgutanlage, für die sie als Spezialunternehmen auftrat, auch Kenntnisse über den Stand der Technik und Normenbestand betreffend Arbeiten aus anderen Fachgebieten, die mit den eigenen zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengeführt wurden, haben musste.

3. Zur Frage der Aufklärungs‑ und Warnpflichten:

Grundsätzlich hat sich jeder Vertragspartner so zu verhalten, wie es der andere in der gegebenen Situation mit Rücksicht auf den konkreten Vertragszweck, die besondere Art der Leistung und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens erwarten darf, damit die Erreichung des Vertragszwecks nicht vereitelt, sondern erleichtert wird (RIS‑Justiz RS0018232). Bilden die mit verschiedenen Lieferanten abgeschlossenen Verträge eine wirtschaftliche Einheit, besteht eine Rechtspflicht zur Koordination der selbständigen Teilleistungen der verschiedenen Vertragspartner (3 Ob 2004/96v, SZ 69/127). Es trifft also bei gemeinsamer Herstellung eines Werks jeden Unternehmer die Pflicht, alles zu vermeiden, was dessen Gelingen vereiteln könnte (4 Ob 558/81, SZ 54/179 mwN), und infolge des im Bauwesen typischen Zusammenwirkens von Bauherrn, bauausführenden Unternehmen und Sonderfachleuten die regelmäßige Nebenpflicht zur Kooperation zwischen Werkbesteller und ausführenden Werkunternehmern mit gegenseitigen Aufklärungs- und Kontrollpflichten (RIS‑Justiz RS0021634; zum „technischen Schulterschluss“ auch 3 Ob 22/03m sowie 8 Ob 579/90, SZ 63/20).

Diese dürfen aber auch nicht überspannt werden (RIS‑Justiz RS0021941). Die Warnpflicht besteht immer nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht des Unternehmers und der damit verbundenen Schutz‑ und Sorgfaltspflichten (RIS‑Justiz RS0022268).

Eine Warnpflicht der beklagten Partei gegenüber dem beigezogenen Elektrounternehmen könnte sich daher einerseits ergeben, wenn die Notwendigkeit des Potentialausgleichs ein Spezialproblem der Errichtung von Hackgutanlagen im Allgemeinen oder solcher zur Beheizung mehrere Objekte im Speziellen war, die deshalb der Beklagten bekannt sein musste, und nicht bloß eine allgemeine Notwendigkeit elektrischer Installationen, auf deren Kenntnis durch den Elektriker sich die Beklagte verlassen konnte, oder wenn der beklagten Partei erkennbar hätte sein müssen und können, dass der Elektriker die notwendigen Vorkehrungen nicht traf.

Dabei wird auch zu beachten sein, dass die Warnpflicht eines Unternehmers auch gegenüber einem Sachverständigen oder fachkundig beratenen Besteller bestehen kann. Wäre mehreren Unternehmen im Zuge ihrer Kooperation die Untauglichkeit erkennbar gewesen, haften sie für die Warnpflichtverletzung solidarisch (7 Ob 515/91, 1 Ob 134/13g).

4. Zur Haftung als Generalunternehmer:

Der Generalunternehmer schließt in der Regel Werkverträge mit Nach‑ oder Subunternehmen, mit deren Hilfe er das von ihm versprochene Werk erbringt. Für den Subunternehmer ist kennzeichnend, dass ihm die Herstellung des Werks vom Unternehmer ganz oder teilweise delegiert wird, meist in der Form des Abschlusses eines weiteren Werkvertrags (RIS‑Justiz RS0021807 [T1]). Der Subunternehmer steht nur mit dem Generalunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglicher Rechtsbeziehung. Er ist selbständiger Erfüllungsgehilfe des Generalunternehmers. Die Rechtsbeziehungen zwischen den drei Beteiligten sind grundsätzlich getrennt (RIS‑Justiz RS0021876 [T5]).

Im vorliegenden Fall haben sich keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer entsprechenden Vertragskette ergeben. Bei Ausführung von Arbeiten durch mehrere Unternehmer am selben Werk, wobei die Arbeit des einen Unternehmers auf die des anderen abgestimmt werden muss, ergibt sich aus der Natur der Sache eine Pflicht zur Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen, ohne dass einer der Unternehmer als Generalunternehmer bestellt wurde (RIS‑Justiz RS0026481). Ein solcher Fall liegt hier vor, die Vorinstanzen sind daher zu Recht davon ausgegangen, dass die beklagte Partei nicht als Generalunternehmer angestellt wurde bzw anzusehen ist.

5. Zur Haftung für die Erfüllungsgehilfen:

5.1. In Bezug auf den Hersteller der Hackgutanlage:

Nach der Judikatur ist der Produzent grundsätzlich nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, weil dieser nicht zur Herstellung verpflichtet ist (Karner in KBB4, § 1313a Rz 4; RIS‑Justiz RS0022662).

5.2. In Bezug auf das Elektrounternehmen:

Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Verhältnissen des gegebenen Falls mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verbindlichkeiten als seine Hilfsperson tätig wird (RIS‑Justiz RS0028729). Auch ein selbständiger Unternehmer kann Erfüllungsgehilfe sein (RIS‑Justiz RS0028563 [T2]). Der Gehilfe muss mit dem Willen des Schuldners im Rahmen der dem Schuldner obliegenden Verpflichtung tätig werden und es muss sich auch um einen Schaden handeln, der durch den Gehilfen bei der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen zugefügt wurde. Der Schuldner braucht für den Dritten nur zu haften, wenn er auf dessen Verwendung im Rahmen des Vertragsverhältnisses Einfluss hatte (RIS‑Justiz RS0028566 [T1] = 4 Ob 578/81, SZ 55/123; RS0019389). Der Erfüllungsgehilfe muss also die Verbindlichkeit des Schuldners und nicht eine eigene Verbindlichkeit erfüllen (RIS‑Justiz RS0028550 [T2]). Werden vom Besteller zwei Unternehmer unabhängig voneinander zur zusammenwirkenden Erstellung eines Werks derart bestellt, dass der eine sich nach den Weisungen des anderen zu verhalten hat, gilt der eine Unternehmer als Erfüllungsgehilfe des anderen (RIS‑Justiz RS0025777).

Im vorliegenden Fall wurde bisher lediglich festgestellt, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin sowohl die beklagte Partei als auch das Elektrikunternehmen beauftragte. Zur Erfüllung welchen Werkvertrags der Einbau des Potentialausgleichs im konkreten Fall zu zählen ist und ob daher insofern das Elektrikunternehmen im Rahmen der Erfüllung des Werkvertrags der hier beklagten Partei und unter deren Weisungen tätig wurde, geht aus den Feststellungen indes nicht hervor, sodass auch insofern eine abschließende Beurteilung der Haftung der Beklagten nicht möglich ist.

6. Ergebnis:

Die bisher vorliegenden Feststellungen sind daher in mehrfacher Hinsicht nicht ausreichend, um eine abschließende rechtliche Beurteilung zu ermöglichen. Sie werden im fortgesetzten Verfahren im aufgezeigten Sinn zu ergänzen sein.

7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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