OGH 3Ob22/03m

OGH3Ob22/03m26.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann B*****, vertreten durch Mag. Helfried Schaffer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Hotel H***** KG, M*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger, Mag. Anita Tauchner und Mag. Andreas Berchtold, Rechtsanwälte in Graz, und den Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei Dipl. Ing. Othmar R*****, vertreten durch Dr. Werner Bachlechner und Dr. Klaus Herunter, Rechtsanwälte in Köflach, wegen 23.508,05 EUR sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2002, GZ 2 R 179/02i-155, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte die Zuerkennung von der Höhe nach unbestrittenen 23.508,05 EUR sA an restlichem Werklohn für erbrachte Portalschlosserarbeiten samt Verglasungen (Treppenhausverglasung, verglaste Laubengänge, Wintergärten) in einem Hotel. Die beklagte Partei wendete ua die mangelnde Fälligkeit des Klageanspruchs wegen verbesserungsfähiger Werkmängel ein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen mangelnder Fälligkeit des Werklohnrests ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Soweit der Kläger einen Teil der in zweiter Instanz gescheiterten Beweisrüge wieder aufgreift und aus der von ihm angestrebten Ersatzfeststellung rechtliche Schlüsse zieht, ist darauf nicht einzugehen, weil der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist. Im Übrigen befassen sich die Revisionsgründe im Kern mit zwei Themenkreisen. Einerseits soll das Berufungsgericht den Punkt 2.23.9 der ÖNORM A 2060, Ausgabe 1. Jänner 1983, über die Einschränkung des Leistungsverweigerungsrechts des Werkbestellers unrichtig ausgelegt haben, andererseits soll eine "'geteilte'" Gewährleistung Platz greifen, weil der Werkbesteller die maßgebenden Werkmängel durch die unterbliebene Erstellung eines "'hydraulischen Gesamtkonzepts'" mitverschuldet habe und Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Auswirkung eines solchen Verschuldens auf das erwähnte Leistungsverweigerungsrecht fehle.

a) ÖNORM A 2060

Die im Anlassfall maßgebende Bestimmung lautet:

"Punkt 2. 23. 9 Ende der Gewährleistung

Mit Ablauf der Gewährleistungsfrist wird der Auftragnehmer aus dem Titel der Gewährleistung frei. Eine allfällige Sicherstellung ist freizugeben.

Sind Mängel zu beheben, die sich nur auf Teile der Leistung beziehen, so hat der Auftraggeber nur Anspruch auf Rückbehaltung der Sicherstellung im Ausmaß der voraussichtlichen Kosten der Mängelbehebung."

Diese Regelung betrifft nach Ansicht des Berufungsgerichts den Haftrücklass. Aus ihr sei für den Prozessstandpunkt des Klägers ferner deshalb nichts zu gewinnen, weil "die Undichtheit des Werks wohl nicht nur auf einen bestimmten Teil der Leistung iS dieser Bestimmung bezogen werden" könne, "sondern das Werk als Ganzes mangelhaft erscheinen" lasse.

Der Kläger setzt sich mit diesen Gründen in Wahrheit nicht auseinander, er will bloß aus der Fußnote zum zweiten Absatz der erörterten Bestimmung ("Bei Verbrauchergeschäften hat der Auftraggeber das Recht, den gesamten noch ausstehenden Betrag zurückzubehalten.") ableiten, ein allfälliges Leistungsverweigerungsrecht der beklagten Partei könne nur einen Teil des restlichen Werklohns erfassen. Die Auslegung durch das Berufungsgericht beruht indes zumindest nicht auf einer gravierenden Fehlbeurteilung als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision. Bezöge sich aber die erörterte Bestimmung nicht nur auf den Haftrücklass, so unternimmt der Kläger nicht einmal den Versuch einer Widerlegung der nach den getroffenen Feststellungen logischen Schlussfolgerung, der maßgebende Mangel (Undichtheit) hafte dem Werk des Klägers als Ganzes an.

b) Fehlen eines "hydraulischen Gesamtkonzepts"

Der Kläger unterstellt seinen Ausführungen die nicht feststehende Tatsache, die Werkverbesserung sei wegen des Fehlens eines hydraulischen Gesamtkonzepts nicht möglich. Daran knüpft er die Behauptung, er sei nach seiner "Ausbildung nicht in der Lage, ein solches gesamtplanerisches Konzept zu erstellen". Dem Kläger wird jedoch nicht das Fehlen des erörterten Konzepts als Leistungsmangel vorgeworfen. Das Werk des Klägers ist undicht. Dieser Mangel besteht deshalb, weil das vom Kläger für sein Werk geplante und ausgeführte Ableitungs- und Dichtungssystem zur Bewältigung der Gesamtmenge an Niederschlagswasser teilweise nicht fachgerecht ausgeführt und teilweise unterdimensioniert ist. Letzteres sei schon vor Ausführung des Werks erkennbar gewesen. Insofern habe der Kläger seine Koordinationspflicht verletzt. Diese Pflicht wird in der Rsp besonders am Beispiel selbständiger Werkverträge mit mehreren Unternehmern behandelt. Danach haben sich die Unternehmer vom Vorliegen der für das Gelingen und die Funktionsfähigkeit des Gesamtwerks erforderlichen positiven und vom Fehlen der sein Misslingen indizierenden negativen Bedingungen zu überzeugen, wenn die Funktionsfähigkeit einer Anlage den technischen Zusammenschluss ihrer Teile erfordert, um den Besteller vor Schaden zu bewahren, der aus der mangelnden Harmonisierung und Abstimmung der einzelnen Teile des Gesamtwerks entstehen kann (SZ 69/127; SZ 64/144; SZ 63/20). Nach Ansicht des Berufungsgerichts wurde der Kläger durch das Fehlen eines hydraulischen Gesamtkonzepts von der erörterten Koordinationspflicht nicht entbunden. Dass die dafür maßgebenden Leitlinien auf den vorliegenden Einzelfall in unvertretbarer Weise angewendet worden wären, vermag der Oberste Gerichtshof nach den getroffenen Feststellungen nicht zu erkennen. Da die Verletzung der Koordinationspflicht ebenso mitursächlich für die mangelnde Dichtheit des ganzen, vom Kläger hergestellten Teils des Gesamtwerks war, wird insofern - also auch abgesehen von Mängeln, die nicht die erörterte Unterdimensionierung betreffen - nicht die Frage aufgeworfen, ob das Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers unter anderen Voraussetzungen allenfalls nur einen Teil des Werklohns erfassen könnte. Überdies ist im Anlassfall ohnehin nur mehr ein Teil des gesamten Werklohns Gegenstand der Zurückhaltung.

Aus den voranstehenden Erwägungen folgt, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt. Die Revision ist daher gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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