OGH 2Ob134/15t

OGH2Ob134/15t6.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 26. September 2012 verstorbenen Mag. K***** S*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Noterbin A***** S*****, vertreten durch Dr. Franz Marschall und Dr. René Heinz, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Juni 2015, GZ 45 R 271/15h-105, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00134.15T.0806.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 dritter Satz AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 810 Abs 1 ABGB idF FamErbRÄG 2004 kommt dem erbantrittserklärten Erben ex lege ein subjektives Recht auf Benützung und Verwaltung des Verlassenschaftsvermögens sowie die Vertretung des Nachlasses zu (RIS-Justiz RS0008167 [T4 und T5]; Sailer in KBB4 § 810 Rz 2; Welser in Rummel, ABGB4 § 810 Rz 1). Nach Vorliegen von Erbantrittserklärungen zum gesamten Nachlass bedürfen auch Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung keiner abhandlungsgerichtlichen Genehmigung mehr. Anderes gilt zufolge § 810 Abs 2 ABGB lediglich für die Veräußerung von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen (RIS-Justiz RS0122155). Die Veräußerung von Nachlassliegenschaften bedarf aus diesem Grund der gerichtlichen Genehmigung (2 Ob 148/10v SZ 2011/10 mwN).

2. Auch nach aktueller Rechtslage bleibt die Parteistellung der Noterben im Verlassenschaftsverfahren auf die Rechte nach den §§ 784, 804 und 812 ABGB beschränkt (vgl 3 Ob 229/09m; 6 Ob 78/12g; 7 Ob 212/13x; RIS-Justiz RS0006519, RS0012909; Welser aaO §§ 762-764 ABGB Rz 10 f; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 2 Rz 143 ff). Von der Verwaltung des Verlassenschafts-vermögens sind sie hingegen ausgeschlossen; Genehmigungsbeschlüsse sind ihnen daher nicht zuzustellen (vgl 1 Ob 347/36 SZ 18/81; 7 Ob 333/57 RZ 1958, 58; 8 Ob 114/97s; 8 Ob 159/02v; RIS-Justiz RS0008198; Sailer aaO § 810 Rz 8; Welser aaO § 786 Rz 6 und § 810 Rz 4). Das bezieht sich auch auf Maßnahmen, die den Nachlass und damit auch den Pflichtteil erheblich schmälern könnten (8 Ob 114/97s; 8 Ob 159/02v). Die Rekurslegitimation der Noterben gegen solche Genehmigungsbeschlüsse wird in der Rechtsprechung daher regelmäßig verneint (1 Ob 113/46 JBl 1946, 462; 7 Ob 333/57 RZ 1958, 58; 4 Ob 1612/94). Abweichend wurden nur Fälle beurteilt, in denen über den Separationsantrag eines Noterben iSd § 812 ABGB noch nicht entschieden war (vgl 6 Ob 587/84 NZ 1985, 148; 4 Ob 1612/94; 8 Ob 114/97s; 6 Ob 202/98v mwN). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, wurde doch der Separationsantrag der Noterbin bereits rechtskräftig abgewiesen (vgl 8 Ob 114/97s).

3. Beteiligtenstellung wird den Noterben auch zugebilligt, wenn durch eine Entscheidung des Verlassenschaftsgerichts eine Verkürzung ihrer materiellen Rechte herbeigeführt wird (6 Ob 34/13p mwN; RIS-Justiz RS0006500 [T9 und T12]). Dass dies im Falle der Genehmigung einer Liegenschaftsveräußerung auch unter dem Gesichtspunkt des § 786 ABGB nicht zutrifft, hat der Oberste Gerichtshof bereits zum Ausdruck gebracht (1 Ob 113/46 JBl 1946, 462; 4 Ob 1612/94; vgl auch RIS-Justiz RS0012905). Mindert sich der Pflichtteil durch ein nachteiliges Geschäft des Erben, so kann daraus allenfalls eine im streitigen Rechtsweg zu verfolgende Schadenersatzpflicht des Erben entstehen (2 Ob 65/12s mwN; Apathy in KBB4 § 786 Rz 1; Welser aaO § 786 Rz 6).

4. Die Verneinung der Rechtsmittellegitimation der Noterbin durch das Rekursgericht steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

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