OGH 4Ob42/15b

OGH4Ob42/15b19.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I* GmbH, *, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei G* AG, *, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. S* GmbH & Co KG, 2. S*gmbH, beide *, beide vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in Linz, wegen restlich 197.774,99 EUR sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. November 2014, GZ 3 R 184/14w‑207, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 29. August 2014, GZ 2 Cg 65/06w‑203, aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E111179

 

Spruch:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben, jener der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens über den Rekurs der klagenden Partei sind weitere Verfahrenskosten.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.637,05 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin 439,51 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Werklohn für die Errichtung einer Heizungs-, Kühl- und Lüftungsanlage in Anspruch. Ursprünglich begehrte sie 239.435,13 EUR. Die Erstbeklagte ist die Werkbestellerin, die Zweitbeklagte eine persönlich haftende Gesellschafterin. Die Beklagten wenden Gegenforderungen aufgrund einer Warnpflichtverletzung der Klägerin ein, die zu einer zu geringen Dimensionierung der Anlage geführt hatte.

Im ersten Rechtsgang stellte der Senat mit Teilurteil fest, dass die Klageforderung mit 220.149,93 EUR und die Gegenforderung mit mindestens 22.374,94 EUR zu Recht bestehe, und wies auf dieser Grundlage ein Teilbegehren von 41.660,14 EUR ab; im Übrigen hob er die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück (4 Ob 137/11t). Strittig ist daher noch ein Betrag von 197.774,99 EUR. Für das weitere Verfahren hielt der Senat fest, dass die Klägerin wegen der Warnpflichtverletzung zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet sei. Dieser bestehe aus den Kosten für eine funktionsfähige Anlage (abzüglich jener Kosten, die auch im Fall einer ordnungsgemäßen Warnung angefallen wären), jenen Kosten des ursprünglichen Werks, die bei einer ordnungsgemäßen Warnung nicht angefallen wären (frustrierte Kosten), und einem durch die zu geringe Kühlleistung verursachten Mietzinsentgang (berechtigte Mietzinsminderung einer Mieterin der Erstbeklagten). Die Beklagten müssten behaupten und beweisen, für welche andere Variante der Anlage sie sich bei einer korrekten Warnung entschieden hätten. Sie seien allerdings verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten, soweit ihnen das möglich und zumutbar sei. Bei der Zumutbarkeitsprüfung sei zu berücksichtigen, dass die Erstbeklagte nach dem Vertrag einen Anspruch auf eine optisch hochwertige Ausführung habe.

Im zweiten Rechtsgang sprach das Erstgericht aus, dass „die Gegenforderung“ bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht bestehe, und wies das Klagebegehren daher zur Gänze ab. Es stellte vier mögliche Varianten für die Herstellung einer funktionierenden Anlage fest, von denen zwei den optischen Ansprüchen der Erstbeklagten genügten. Die teurere, für die sich die Erstbeklagte bei einer ordnungsgemäßen Warnung entschieden hätte, beruhe auf einem Belüftungssystem, die günstigere setze die erforderliche Kühlung durch Flüssigkeitsleitungen um. Die Erstbeklagte habe Anspruch auf die Kosten der teureren Variante abzüglich jener Kosten, die auch bei einer korrekten Warnung nicht angefallen wären (396.089,29 EUR). Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liege nicht vor, weil das flüssigkeitsbasierte Kühlsystem nicht dem Vertrag entsprochen hätte. Dazu kämen Aussiedelungskosten während der Sanierung von 90.758,40 EUR, Mietentgang während der Mängelbehebung von 61.468 EUR, frustrierte Kosten von 111.851,29 EUR und eine berechtigte Mietzinsminderung (im Ausmaß von 15 %) von 144.186,75 EUR. Diese Gegenforderungen erreichten daher jedenfalls die restliche Klageforderung von 197.774,99 EUR.

Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu.

Dass die Beklagten die einzelnen Gegenforderungen nicht gereiht hätten, führe nicht zur Unschlüssigkeit der Aufrechnungseinrede. Die Entscheidung erwachse nur bis zur Höhe der Klageforderung in Rechtskraft; welche der Gegenforderungen durch Aufrechnung getilgt worden sei, müsse erforderlichenfalls in einem Folgeprozess geklärt werden. Auch inhaltlich seien die Gegenforderungen schlüssig behauptet worden. Trotz eines entsprechenden Einwands der Klägerin habe das Erstgericht nicht festgestellt, ob die Erstbeklagte überhaupt eine Sanierung beabsichtige. Wenn nicht, wäre nur die „objektive Wertminderung“ zu ersetzen. Sonst stünden die Verbesserungskosten (abzüglich der Sowieso-Kosten) grundsätzlich zu. Allerdings sei der Erstbeklagten die günstigere Variante zumutbar. Daher sei der Anspruch wegen der insofern bestehenden Schadensminderungspflicht jedenfalls auf die mit dieser Variante verbundenen Kosten beschränkt. Das gelte auch für die in diesem Fall wesentlich geringeren frustrierten Kosten und die Kosten einer vorübergehenden Aussiedelung während der Mängelbehebung; diese Kosten müssten konkret ermittelt werden. Mietentgang für die Bauphase könne die Erstbeklagte nicht geltend machen, wenn ihr ohnehin die Kosten der Aussiedelung ersetzt würden. Beim Begehren auf Ersatz der Mietzinsminderung sei zunächst zu prüfen, ob nicht eine vorbehaltlose Zahlung in Kenntnis der Mängel vorgelegen sei, was eine Mietzinsminderung und damit auch den Ersatzanspruch ausschlösse. Weiters sei eine allfällige Verletzung der Schadenminderungspflicht zu prüfen. Der Höhe nach sei für die Dauer der Kühlperiode (sieben Monate) eine Mietzinsminderung um 10 % angemessen.

Den Rekurs ließ das Berufungsgericht zu, weil Rechtsprechung zu einer allenfalls vom Gericht vorzunehmenden Reihung der Gegenforderungen und zur Berechnung der Wertminderung bei einer Warnpflichtverletzung fehle.

Gegen diese Entscheidung richten sich Rekurse beider Seiten. Die Klägerin strebt eine stattgebende Entscheidung über das Klagebegehren an, die Beklagten die Wiederherstellung der abweisenden Entscheidung des Erstgerichts. In den Rechtsmittelbeantwortungen beantragen beide Seiten, den Rekurs der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

A. Der Rekurs der Klägerin ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen der im Rekurs vertretenen Auffassung waren die Beklagten nicht verpflichtet, ihre Gegenforderungen in ein Eventualverhältnis zueinander zu setzen. Allerdings hat das Gericht (zumindest) in den Entscheidungsgründen klarzustellen, auf welche dieser Forderungen sich sein Ausspruch über das Zurechtbestehen der Gegenforderung bezieht.

1.1. Es steht dem Beklagten frei, der Klageforderung mehrere Gegenforderungen entgegenzuhalten. Diese Gegenforderungen hat er bestimmt anzugeben; eine auf mehrere Forderungen gestützte pauschale Aufrechnungseinrede verstieße gegen das auch insofern geltende Bestimmtheitsgebot (1 Ob 617/91, SZ 64/160; RIS‑Justiz RS0037570, zuletzt etwa 7 Ob 54/14p). Der Beklagte ist allerdings nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet, mehrere Gegenforderungen in ein Eventualverhältnis zueinander zu setzen, also dem Gericht eine Prüfungsreihenfolge vorzugeben (1 Ob 617/91; 6 Ob 652/93; 10 Ob 23/12y).

An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten: Zwar ist eine alternative Klagenhäufung unzulässig, bei der ein Kläger dem Gericht die Wahl überlässt, welchem von mehreren Begehren es stattgeben will (8 Ob 135/03s mwN; RIS-Justiz RS0031014 [T20]; zuletzt etwa 1 Ob 111/13z). Anders als eine Klage bestimmt eine Aufrechnungseinrede aber nicht den Streitgegenstand des Prozesses. Vielmehr strebt der Beklagte damit die Vernichtung des Klageanspruchs an, das Bestehen der Gegenforderung ist dafür nur Vorfrage (4 Ob 87/07h = SZ 2007/177). Zwar wird die Beurteilung dieser Vorfrage nach § 411 Abs 1 Satz 2 ZPO ausnahmsweise ‑ und auch nur in beschränktem Umfang (Höhe der Klageforderung) ‑ rechtskräftig. Dennoch bleibt die Aufrechnungseinrede ein Verteidigungsmittel des Beklagten. Dieser ist aber nicht gehalten, mehrere von ihm geltend gemachte Verteidigungsmittel in ein Eventualverhältnis zu setzen. Das gilt auch für mehrere Aufrechnungseinreden, die auf verschiedene Gegenforderungen gestützt werden. Zwar kann der Beklagte eine solche Reihung vornehmen (1 Ob 617/91; 6 Ob 652/93; 10 Ob 23/12y). Eine diesbezügliche Verpflichtung ergibt sich aus dem Gesetz aber tatsächlich nicht (1 Ob 617/91).

1.2. Die Auffassung des Rekursgerichts, dass die unterbliebene Reihung nicht zur Unschlüssigkeit führt, trifft daher zu. Fraglich kann nur sein, wie das Gericht in einem solchen Fall vorzugehen hat.

(a) Denkbar wäre zunächst eine Übernahme der Rechtsprechung zur Anwendung von § 1416 ABGB auf außergerichtliche Aufrechnungen (10 Ob 84/04g; 3 Ob 114/14g; vgl auch 1 Ob 94/11x). Da eine Aufrechnung zur Tilgung der Hauptforderung führt, ist § 1416 ABGB unmittelbar anwendbar, wenn der Schuldner mit einer Gegenforderung gegen mehrere Forderungen desselben Gläubigers aufrechnet. Er kann seine „Zahlung“ widmen; fehlt eine solche Widmung, ist die gesetzliche Tilgungsreihenfolge heranzuziehen (10 Ob 84/04g mwN; RIS-Justiz RS0033300). Gleiches soll in einem weiteren Schritt ‑ wohl aufgrund einer analogen Anwendung von § 1416 ABGB (vgl 1 Ob 94/11x) - gelten, wenn mehrere Gegenforderungen einer Hauptforderung (oder allenfalls auch mehreren Hauptforderungen) gegenüberstehen (10 Ob 84/04g, 3 Ob 114/14g; RIS-Justiz RS0119629; offen lassend 1 Ob 94/11x). Rechnet ein Schuldner außergerichtlich ‑ offenkundig in einer Erklärung ‑ mit mehreren Gegenforderungen auf, die insgesamt über die zu tilgende Hauptforderung hinausgehen, werden nach dieser Rsp jene Gegenforderungen zur Aufrechnung verwendet (und damit getilgt), die früher fällig wurden.

(b) Diese Rechtsprechung bezieht sich allerdings auf die Beurteilung einer materiell‑rechtlichen Aufrechnungserklärung. Hat der Schuldner dieses Gestaltungsrecht ausgeübt, muss nachträglich die Klärung möglich sein, welche von mehreren in der Erklärung genannten Gegenforderungen tatsächlich erloschen ist (oder welche dieser Forderungen erloschen sind). Dafür liegt die Analogie zu § 1416 ABGB nahe. Bei der Prozessaufrechnung ist demgegenüber die spezifisch verfahrensrechtliche Interessenlage zu beachten. Ziel des Beklagten ist es hier, durch die Aufrechnungseinrede den Klageanspruch zu vernichten. Dabei muss ihm im Zweifel unterstellt werden, dass er dieses Ziel mit möglichst geringem Verfahrensaufwand erreichen will.

Auf dieser Grundlage ist das Unterbleiben einer Reihung mehrerer Gegenforderungen dahin zu verstehen, dass der Beklagte ‑ wie auch in anderen Fällen mehrerer selbständiger Einwendungen gegen das Klagebegehren ‑ dem Gericht die Beurteilung überlässt, welches dieser Verteidigungsmittel mit dem geringsten Aufwand zum Erfolg führen könnte. Es liegt dann im Ermessen des Gerichts, aufgrund prozessökonomischer Erwägungen die Verhandlung zumindest faktisch auf eine der Gegenforderungen zu beschränken; nach den §§ 188 und 189 ZPO wäre auch eine getrennte bzw formal abgesonderte Verhandlung möglich. Gerade § 189 ZPO ‑ der mangels Unterscheidung auch den Fall mehrerer Aufrechnungseinreden erfasst ‑ zeigt, dass ein solches Ermessen des Gerichts bei der Prüfung mehrerer selbständiger Verteidigungsmittel den Wertungen des Gesetzes entspricht.

Besteht die so geprüfte Gegenforderung zu Recht und erreicht sie die Höhe der Klageforderung, erübrigt sich ein weiteres Verfahren. Sonst wären die anderen Gegenforderungen ‑ wiederum in einer vom Gericht festgelegten Reihenfolge ‑ zu beurteilen.

(c) Diese Lösung ist nach Auffassung des Senats besser mit dem verfahrensrechtlichen Charakter der Aufrechnungseinrede vereinbar als die (analoge) Anwendung von § 1416 ABGB. Insbesondere muss das Gericht nicht vorweg beurteilen, welche von mehreren Gegenforderungen für den Kläger ‑ etwa wegen früherer Fälligkeit ‑ beschwerlicher und daher vorrangig zu prüfen ist. Eine solche Beurteilung wäre fehler- und damit rechtsmittelträchtig; sie führte zu einer Verkomplizierung des Verfahrens, ohne dass es dafür zwingende materiell‑rechtliche Gründe gäbe. Vielmehr kann das Gericht diese Frage aufgrund rein prozessualer Erwägungen lösen. Der Grundsatz der Prozessökonomie (Fasching in Fasching/Konecny 2 Einl II/1 Rz 67 ff), der im gegebenen Zusammenhang insbesondere in den §§ 188 und 189 ZPO Ausdruck gefunden hat, spricht daher für ein diesbezügliches Ermessen des Gerichts.

1.3. Zutreffend zeigt die Klägerin jedoch auf, dass das Gericht klarstellen muss, auf welche von mehreren Gegenforderungen sich seine ‑ in den dreigliedrigen Urteilsspruch aufzunehmende ‑ Feststellung bezieht, dass die Gegenforderung zu Recht bestehe. Denn die Entscheidung über die Gegenforderung wird nach § 411 Abs 1 Satz 2 ZPO bis zur Höhe der Klageforderung der Rechtskraft teilhaft (4 Ob 87/07h mwN; RIS-Justiz RS0041281). Werden mehrere Gegenforderungen eingewendet, muss sich daher zumindest aus den Gründen des Urteils ergeben, welche dieser Forderungen in welchem Ausmaß von der Rechtskraft erfasst und damit ‑ aus materiell‑rechtlicher Sicht ‑ getilgt wird. Da sich die sachlichen Grenzen der Rechtskraft bestimmt aus der Entscheidung ergeben müssen, darf diese Frage, anders als vom Berufungsgericht angenommen, nicht auf einen Folgeprozess verschoben werden.

1.4. Wie in einem solchen Folgeprozess vorzugehen wäre, wenn ein diesen Anforderungen nicht entsprechendes Urteil rechtskräftig wurde, ist hier nicht zu entscheiden. Zur Klarstellung ist weiters festzuhalten, dass ein Gericht nicht von vornherein gehindert ist, auch Feststellungen zu den tatsächlichen Grundlagen anderer Gegenforderungen als jener zu treffen, auf deren Bestehen es seine Entscheidung gründet. Solche Feststellungen ermöglichten es einem Gericht höherer Instanz, gegebenenfalls eine andere Gegenforderung zur Begründung seiner Entscheidung heranzuziehen. Erforderlich ist aber jedenfalls die Klarstellung, auf welche von mehreren Gegenforderungen sich ein in das Urteil aufgenommener Ausspruch über das Zurechtbestehen der Gegenforderung bezieht.

1.5. Im vorliegenden Fall schadete daher die unterbliebene Reihung der Gegenforderungen nicht. Im fortgesetzten Verfahren werden die Vorinstanzen jedoch jeweils klarzustellen haben, auf welche der Gegenforderungen sich ihr (allfälliger) Ausspruch über deren Zurechtbestehen bezieht.

2. Soweit die Klägerin bei einzelnen Gegenforderungen Unschlüssigkeit behauptet, ist sie auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Frage des Bestehens von Gegenforderungen war im Aufhebungsbeschluss des Senats gerade nicht abschließend erledigt worden (Zechner in Fasching/Konecny 2 § 511 ZPO Rz 1 mwN), neues Vorbringen war insofern daher zulässig.

3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Ersatz von Behebungskosten nicht in Betracht komme, wenn die Klägerin eine solche Behebung gar nicht beabsichtige, trifft zu.

3.1. Nach der jüngeren Rechtsprechung sind bei deliktischen Schadenersatzansprüchen fiktive Reparaturkosten nicht in voller Höhe zu ersetzen, wenn sie höher als die objektive Wertminderung sind; eine darüber hinausgehende Leistung würde zu einer dem schadenersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken widersprechenden Bereicherung des Geschädigten führen. Steht daher fest, dass die Reparatur nicht durchgeführt wird, ist ein über die objektive Wertminderung hinausgehendes Begehren abzuweisen (2 Ob 158/07k mwN; 2 Ob 249/08v; RIS-Justiz RS0022844). Es genügt die Reparaturabsicht, für die der Geschädigte beweispflichtig ist (2 Ob 116/08k mwN; vgl auch 7 Ob 270/08v; RIS-Justiz RS0030106).

3.2. Diese Grundsätze gelten auch bei vertraglichen Schadenersatzansprüchen nach § 933a ABGB (2 Ob 135/10g mwN; RIS-Justiz RS0022844 [T5, T8, T9]). Auch hier sind dem Geschädigten daher die Behebungskosten zuzusprechen, wenn er beweist, dass er die Behebung beabsichtigt (2 Ob 135/10g mwN). Sonst ist der Anspruch ebenfalls auf die Wertminderung beschränkt (1 Ob 109/09z mwN).

3.3. Im vorliegenden Fall sind von vornherein nur jene Behebungskosten durch die Vertragsverletzung der Klägerin verursacht, die nicht auch im Fall eines rechtzeitigen Hinweises angefallen wären. Dies hat das Erstgericht durch den Abzug von „Sowieso-Kosten“ berücksichtigt, auch der Beschluss des Berufungsgerichts beruht auf dieser Rechtsansicht. Auch in dieser Fallgestaltung läge aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkennt, eine Bereicherung der Erstbeklagten vor, wenn sie Behebungskosten erhielte, ohne tatsächlich eine Behebung durchzuführen. Insofern gelten hier daher ebenfalls die Grundsätze der oben zitierten Rechtsprechung. Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser richtigen Rechtsansicht der Auffassung ist, dass der Sachverhalt noch nicht ausreichend geklärt sei, kann der Oberste Gerichtshof dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).

4. Einer Korrektur bedarf jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, der Erstbeklagten stünde bei fehlender Behebungsabsicht eine (nicht näher konkretisierte) „objektive Wertminderung“ zu.

Die diesbezügliche Rechtsprechung bezieht sich auf die Beschädigung einer dem Anspruchswerber gehörenden Sache (oben 3.1.) oder auf das Vorliegen eines Mangels im Sinn des Gewährleistungsrechts, also einer Abweichung des Geleisteten vom Geschuldeten (oben 3.2.). In beiden Fällen lässt sich eine Wertdifferenz ermitteln, die der Anspruchsgegner durch eine außervertragliche Schädigung oder eine mangelhafte Leistung verursacht hat. Demgegenüber hat die Klägerin im vorliegenden Fall die vertraglich vereinbarte Leistung erbracht; ihre Haftung gründet sich ausschließlich darauf, dass ohne Verletzung der Warnpflicht eine andere Leistung vereinbart worden wäre und bei einer nachträglichen Änderung Kosten entstehen, die über jene Mehrkosten hinausgehen, die auch bei einer rechtzeitigen Warnung angefallen wären. Eine durch die Warnpflichtverletzung verursachte „Wertminderung“ gibt es hier daher in Bezug auf das konkrete Werk nicht; es existiert kein Referenzwert (Wert der unbeschädigten Sache oder der mangelfreien Leistung), dem gegenüber eine solche Wertminderung ermittelt werden könnte. Sollte daher nicht feststellbar sein, dass die Erstbeklagte eine Verbesserung vornehmen will, wäre jedenfalls keine solche „Wertminderung“ zuzusprechen. Ob in diesem Fall andere Vermögensnachteile bestehen könnten, die durch die Warnpflichtverletzung verursacht wurden, ist hier mangels diesbezüglichen Vorbringens nicht zu erörtern.

5. Bei bestehender Behebungsabsicht hat die Erstbeklagte grundsätzlich Anspruch auf jene Kosten, die bei einer rechtzeitigen Warnung nicht angefallen wären (4 Ob 137/11t mwN). Dass jene Mehrkosten nicht ersatzfähig sind, die ohnehin auch bei einer rechtzeitigen Warnung angefallen waren, liegt entgegen dem Rekursvorbringen auch dem angefochtenen Beschluss zugrunde. Unerheblich ist, dass die Beklagten nach ihrem Vorbringen nicht jene Variante umsetzen wollen, deren Kosten nach Auffassung des Berufungsgerichts die Obergrenze des Ersatzanspruchs bilden. Denn die Wahl zwischen den Varianten obliegt grundsätzlich den Beklagten; die Schadensminderungspflicht führt lediglich dazu, dass der Ersatzanspruch im Fall einer zumutbaren günstigeren Variante mit deren Kosten gedeckelt ist (4 Ob 137/11t mwN).

6. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass mangelhafte Kühlung in den relevanten Monaten die Mieterin der Erstbeklagten grundsätzlich zu einer Mietzinsminderung um 10 % berechtigt hätte, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht zu beanstanden. Aufgrund des Aufhebungsbeschlusses ist ohnehin zu prüfen, ob die zunächst vorbehaltlose Zahlung in Kenntnis des Mangels nicht ‑ zumindest bis zur Vornahme der „Rückbelastung“ ‑ zum Erlöschen des Zinsminderungsanspruchs führte (RIS-Justiz RS0021408). In diesem Fall bestünde auch kein Schadenersatzanspruch der Erstbeklagten. Wurde hingegen die Miete zu Recht gemindert, läge in der Nichtdurchführung der endgültigen Sanierung wegen des darüber anhängigen Rechtsstreits noch keine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht. Einen konkreten Einwand, dass die Erstbeklagte die Mietzinsminderung durch kostengünstigere vorläufige Maßnahmen hätte verhindern können, hat die Klägerin nicht erhoben.

7. Aus diesen Gründen führt der Rekurs der Klägerin nicht zur von ihr beantragten (stattgebenden) Sachentscheidung. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht allerdings die diesem Beschluss zugrunde liegende Rechtsansicht zu beachten haben.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 Satz 3 ZPO.

B. Der Rekurs der Beklagten ist unzulässig.

1. Ob aus der Begründung des Erstgerichts (implizit) die Feststellung einer Behebungsabsicht abgeleitet werden kann, sodass die Aufhebung insofern unterbleiben könnte, hängt von der Auslegung der Entscheidungsgründe ab. Darin liegt regelmäßig keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0118891). Eine zur Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt der Rekurs nicht auf.

2. Gleiches gilt für die Frage, ob den Beklagten eine günstigere Behebungsvariante zugemutet werden kann, sodass ihr Ersatzanspruch auf deren Kosten beschränkt ist (4 Ob 137/11t mwN). Nach den Feststellungen des Erstgerichts kann eine flüssigkeitsbasierte Kühlung, deren Einbau wesentlich billiger wäre, aus klimatechnischer Sicht überall verwendet werden, wo es keine Einschränkungen aus hygienischen Gründen gibt; sie ist also für das Gebäude der Beklagten objektiv geeignet. Anders als die hohe optische Qualität wurde ein besonderes Interesse der Beklagten an einer luftbasierten Kühlung im Vertrag nicht eigens erwähnt; zudem wurde in Teilbereichen des Hauses von vornherein eine flüssigkeitsbasierte Kühlung eingebaut. Unter diesen Umständen ist die Auffassung vertretbar, dass den Beklagten der (teilweise) Wechsel von einem luft- zu einem flüssigkeitsbasierten System zugemutet werden kann.

3. In Bezug auf den Mietausfall (Mietzinsminderung durch die Mieterin der Erstbeklagten) wurde bereits ausgeführt, dass in der Nichtdurchführung der endgültigen Sanierung vor Beendigung des darüber anhängigen Rechtsstreits noch keine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht liegt (oben A.6.). Ob andere Maßnahmen zur Vermeidung der Mietzinsminderung möglich und zumutbar gewesen wären, ist derzeit mangels konkreten Vorbringens nicht zu prüfen. Die Höhe einer allenfalls berechtigten Zinsminderung ist eine Frage des Einzelfalls.

4. Aus diesen Gründen ist der Rekurs der Beklagten wegen des Fehlens der Voraussetzungen des § 519 Abs 2 ZPO zurückzuweisen. Die Klägerin hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit hingewiesen, sie hat daher Anspruch auf Ersatz von deren Kosten.

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