European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00235.14V.0423.000
Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 614,86 EUR (darin enthalten 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall am 14. 11. 2006 schwer verletzt, die Beklagten haften für sämtliche Spät‑ und Dauerfolgen aus dem Unfall, die Zweitbeklagte im Umfang der zum Unfallszeitpunkt bestehenden Haftpflichtversicherungssumme. Zur Zeit des Unfalls war die Klägerin als Versicherungskauffrau im Außendienst einer Versicherung tätig. Diesen Beruf kann sie infolge der schweren Unfallfolgen nicht mehr ausüben.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr der Anspruch der Klägerin auf Verdienstentgang für die Jahre 2009 bis 2011.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Revision ist der Oberste Gerichtshof an den Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden; gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann er sich hierbei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
1. Im vorliegenden Fall macht die Geschädigte eines Verkehrsunfalls Verdienstentgang geltend und nicht ein Sozialversicherer Regressansprüche, insbesondere nach § 332 ASVG. Die Ausführungen der Vorinstanzen bzw der Rechtsmittelwerberin zur sachlichen und zeitlichen Kongruenz von Leistungen des Sozialversicherungsträgers bzw des Trägers der Arbeitslosenversicherung und der dazu ergangenen Judikatur, insbesondere auch die der Entscheidung 8 Ob 67/83 = SZ 56/137 entstammende Argumentation der Revision, sind daher hier nicht entscheidungsrelevant.
2. Nach allgemein schadenersatzrechtlicher Judikatur ist der entgangene Verdienst in der Weise zu berechnen, dass der vom Verletzten für den gesamten in Betracht kommenden Zeitraum erzielte tatsächliche Verdienst zuzüglich der allenfalls zur Auszahlung gelangenden Sozialversicherungsrente von jenem Betrag abgezogen wird, den der Verletzte ohne die Körperverletzung erzielt hätte. Eine Aufspaltung des Verdienstentgangs nach Zeiträumen ist demnach nicht zulässig. Es kann daher nicht schon deshalb ein Ersatz begehrt werden, weil in einem vom Verletzten willkürlich herausgegriffenen Zeitraum der tatsächliche Verdienst geringer war als jener, den er ohne den Unfall erzielt hätte, wenn für den gesamten Zeitraum keine solche Differenz besteht (RIS‑Justiz RS0030638).
Diesen Grundsätzen folgend ist der erkennende Senat zuletzt in 2 Ob 227/07g (ZVR 2009/10 [ Kathrein ]) im Fall eines unselbständig Erwerbstätigen, der einen Haupt‑ und zusätzlich einen Nebenverdienst erzielte, wobei unfallbedingt nur der Nebenverdienst wegfiel, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verdienstentgang nicht für Haupt‑ und Nebeneinkommen gesondert zu berechnen und isoliert zu betrachten sei, sondern gesamthaft.
3. Überdies muss im Schadenersatzprozess der Kläger nach der Judikatur grundsätzlich seinen Schaden beweisen. Er muss also dann, wenn ihm zur Vorteilsausgleichung sein mittlerweile anderwertiger Verdienst (Provisionen) vom Schaden abgezogen werden soll, dartun, dass ihm ein Teil dieses Erwerbs als Spesen und Unkosten nicht zugute gekommen ist. Unterlässt er einen solchen Beweis, muss er sich alle erhaltenen Beträge (Provisionen) bei der Feststellung der Schadenshöhe anrechnen lassen (RIS‑Justiz RS0023507).
Bei der nach der Differenzrechnung vorzunehmenden Schadensermittlung, bei der der hypothetische Vermögensstand ohne schädigendes Ereignis mit dem tatsächlich nach dem schädigenden Ereignis gegebenen verglichen wird (2 Ob 590/86 unter Hinweis auf Koziol , Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 204), ist also letztlich ein Gesamtvergleich des Vermögensstands der Klägerin vor und nach dem Unfall vorzunehmen.
4. Dass mitunter bei Einklagung des Verdienstentgangs aus Gründen der Zweckmäßigkeit bestimmte Zeitperioden, zB wie hier aus Verjährungsgründen drei Jahre, zusammengefasst geltend gemacht werden bzw mangels entsprechenden Vorbringens oder spezifischer Notwendigkeit eine solche umfassende Gesamtbeurteilung nicht erfolgt, ändert an dieser Berechnungsmethode nichts. Die von der Revisionswerberin geortete Willkürlichkeit der zeitlichen Einschränkung der Betrachtung bzw Berechnung besteht gerade bei der von der Judikatur vorgenommenen Generalbetrachtung nicht.
5. Die Vorgangsweise der Vorinstanzen, den „Überbezug“ aus 2009 bei der Berechnung des begehrten Verdienstentgangs durch Abzug in Ansatz zu bringen, entspricht somit den dargelegten, von der Judikatur erarbeiteten Grundsätzen, weshalb sie nicht zu beanstanden ist und sich insofern aus der Revision auch keine erhebliche Rechtsfrage ergibt.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RIS‑Justiz RS0035979, RS0035962).
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