Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat dem Beklagten die mit S 7.928,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 720,75 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit einem vom Beklagten verfaßten, als "Pachtvertrag" bezeichneten Vertrag vom 31.März 1982 gab der Kläger eine Reithalle samt Nebenrechten dem Josef Günther H*** in Bestand. Eine Aufkündigung vom 31.Dezember 1983 wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Amstetten vom 28.Juni 1984, C 276/83 , mit der Begründung aufgehoben, es handle sich um ein den Kündigungsbeschränkungen des MRG unterliegendes Mietverhältnis. In einem weiteren vom Kläger gegen Josef Günther H*** eingeleiteten Verfahren wurde am 20.August 1984 ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, nach welchem sich Josef Günther H*** zur Räumung des Bestandobjektes bis 31.März 1985 verpflichtete. Der Kläger verpflichtete sich zur Zahlung eines Betrages von S 150.000,-- und außerdem, nach Räumung den seit 1.September 1984 geleisteten Mietzins zurückzuzahlen.
Der Kläger begehrt vom Beklagten einen Betrag von S 213.091,38 samt Zinsen (das sind die auf Grund des Vergleiches bezahlten S 150.000,-- zuzüglich zurückbezahlter Bestandzinse von insgesamt S 45.500,--, weiters auf Grund einer Wertsicherung S 2.290,-- sowie für Prozeßkosten im Kündigungsverfahren S 15.301,38). Er brachte vor, der Beklagte habe ihm erklärt, der von ihm errichtete Pachtvertrag unterliege nicht dem Kündigungsschutz, sodaß er das Bestandverhältnis jederzeit aufkündigen könne. Hätte der Kläger gewußt, daß das Bestandverhältnis dem Kündigungsschutz unterliege und er Josef Günther H***, mit dem es zu Zwistigkeiten gekommen sei und der sich nicht an die im Pachtvertrag getroffenen Vereinbarungen gehalten habe, nicht ohne weiteres aus dem Haus bringen könne, hätte er den Bestandvertrag nicht geschlossen. Der Beklagte bestritt, erklärt zu haben, daß der Vertrag dem Kündigungsschutz nicht unterliege. Außerdem habe es sich tatsächlich um einen Pachtvertrag gehandelt, bei Ausschöpfung des Instanzenzuges wäre der Aufkündigung stattzugeben gewesen. Der Beklagte könne nicht als Vertragserrichter für die Kosten des von einem anderen Rechtsanwalt geführten Aufkündigungsverfahrens haftbar gemacht werden. Ein Teil der Klagsforderung, der erst während des Verfahrens im Rahmen einer Klagsausdehnung geltend gemacht worden sei, sei verjährt. Für den Fall der Bejahung der Haftung müsse sich der Kläger die aus dem Bestandverhältnis erzielten Zinseinnahmen als Vorteil anrechnen lassen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es erachtete, bei dem vom Beklagten errichteten "Pachtvertrag" habe es sich im Sinne der ständigen Rechtsprechung um einen Mietvertrag gehandelt, da kein Unternehmen in Bestand gegeben worden sei. Der Beklagte hätte den Kläger über die gesetzlichen Kündigungsbestimmungen aufklären müssen, die Unterlassung dieser Aufklärung sei grundsätzlich geeignet, eine Haftung des Beklagten nach § 1299 ABGB zu begründen. Es sei daher zu prüfen, ob der Kläger durch das Verhalten des Beklagten einen Schaden erlitten habe. Dies sei dann der Fall, wenn der Kläger bei genauer Kenntnis der Rechtslage den Vertrag nicht in dieser, sondern in einer anderen Form geschlossen hätte. Der Kläger hätte jedoch, wenn er auf die Möglichkeit Wert legte, das Bestandverhältnis jederzeit uneingeschränkt aufkündigen zu können, keine rechtliche Möglichkeit zum Abschluß eines Bestandvertrages gehabt. Bei Unterbleiben eines Bestandvertrages wären dem Kläger Aufwendungen zur Erwirkung der Räumung des Bestandobjektes erspart geblieben, er hätte aber auch kein Entgelt für das Bestandobjekt erzielt. Daß der Kläger die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung des Bestandobjektes gehabt hätte, sei nicht einmal behauptet worden. Dementsprechend sei der auf Vorteilsausgleichung abzielende Prozeßeinwand des Beklagten begründet, der Kläger habe sich das durch die Verwertung des Bestandstückes Erworbene in Anrechnung bringen zu lassen. Da der dem Kläger durch den Bestandvertrag zugekommene Vermögensvorteil jedenfalls größer sei als der von ihm für die Räumung des Bestandobjektes geleistete Betrag, habe er durch die Vertragserrichtung im Ergebnis keinen Schaden im Sinne des § 1293 ABGB erlitten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, der Schaden sei nach der Differenzmethode zu ermitteln. Das zu leistende Interesse bestehe demnach in der Differenz zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie sich im Beurteilungszeitraum ohne schädigendes Ereignis darstellen würde, und demnach dem schädigenden Ereignis tatsächlich vorhandenen Vermögensstand. Hätte der Kläger auf den Abschluß eines Bestandvertrages mit jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit Wert gelegt, dann hätte er bei richtiger Aufklärung durch den Beklagten vom Abschluß eines Bestandvertrages Abstand nehmen müssen, da er mangels eines lebenden Unternehmens das Objekt nur in Form eines den Kündigungsbestimmungen des § 30 MRG unterliegenden Mietvertrages hätte in Bestand geben können. In diesem Fall hätte er den tatsächlich vereinnahmten Bestandzins nicht erzielen können. Bei Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der fiktiven Vermögenslage des Klägers sei also davon auszugehen, daß ihm durch das haftungsbegründende Verhalten des Beklagten ein Vorteil in der Höhe des vereinnahmten Bestandzinses zugekommen sei, den er ohne schädigendes Ereignis nicht gehabt hätte. Dieser Vorteil übersteige die geltend gemachten Beträge, sodaß dem Kläger kein Schaden erwachsen sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er macht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben werde, hilfsweise es aufzuheben und die Sache an das Berufungs- oder das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Nach Ansicht des Klägers seien die Mietzinseinnahmen nicht als Vorteil anzurechnen, da diese Einnahmen durch die Zurverfügungstellung des Bestandobjektes abgegolten worden seien. Rechne man die Mietzinseinnahmen als Vorteil an, dann führe dies zu dem Ergebnis, daß der Kläger dem Bestandnehmer die Reithalle unentgeltlich zu überlassen gehabt habe. Die Mietzinszahlungen hätten nicht den Zweck gehabt, den Schädiger zu entlasten. Für die Vorteilsanrechnung genüge Kausalität nicht, der Vorteil müsse auch "schadenskongruent" sein. Auch Vermögenszuwendungen durch Dritte seien nach der Rechtsprechung nicht als Vorteil anzurechnen. Im übrigen hätte der Beklagte mit den Vertragspartnern die Möglichkeit einer Vermietung auf Zeit nach § 1 Abs 1 Z 3 und § 29 Abs 1 Z 3 litc MRG erörtern müssen.
Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern: Der Kläger wollte einen Bestandvertrag abschließen, bei dem der Bestandnehmer keinen Kündigungsschutz genießt. Daher hätte er einen lediglich unter den Voraussetzungen des § 30 MRG oder des § 1118 ABGB auflösbaren Vertrag nicht abgeschlossen. Da ein Pachtvertrag mangels eines in Bestand zu gebenden Unternehmens nicht in Frage kam, war nur der Abschluß eines Mietvertrages möglich. Daß die Vertragspartner bei entsprechender Rechtsbelehrung einen Mietvertrag für ein halbes Jahr im Sinne des § 1 Abs2 Z 3 MRG abgeschlossen hätten, kann auf Grund der Aktenlage nicht angenommen werden; es wäre Sache des Klägers gewesen, derartiges zu behaupten und zu beweisen. Der Kläger behauptet dies selbst in der Revision nicht, sondern macht nur geltend, der Beklagte hätte diese Frage mit den Vertragspartnern erörtern müssen. Der Abschluß eines nach einem Jahr durch Zeitablauf endenden Mietvertrages wäre nicht möglich gewesen, weil sich die Vorschrift des § 29 Abs 1 Z 3 litc MRG nur auf Wohnungen bezieht. Somit ist davon auszugehen, daß der Kläger bei entsprechender Rechtsbelehrung durch den Beklagten das Objekt nicht in Bestand gegeben hätte. Er hätte daher auch keine Mietzinseinnahmen erzielt. Diese Einnahmen erzielte er nur als Folge des allein aufgrund des vorgeworfenen Verhaltens des Beklagten abgeschlossenen Mietvertrages. Auch wenn man die Ansicht vertritt, Vorteile seien nur anzurechnen, wenn sie vom haftbarmachenden Ereignis adäquat verursacht wurden (vgl Koziol, Österr.Haftpflichtrecht 2 I 206, der diese Meinung allerdings ablehnt), ist für den Kläger nichts gewonnen. Das in der Revision zitierte, aus Lehrbüchern stammende Schulbeispiel, daß ein Baum beschädigt wird und der Grundeigentümer beim Ausgraben des abgestorbenen Baumes einen Schatz findet (vgl Koziol aaO 215), läßt sich mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichen, denn zum Unterschied vom Schatzfund nach dem obigen Beispiel ist das Erzielen eines Mietzinses eine typische Folge des Abschlusses eines Mietvertrages. Der dem Kläger zugekommene Mietzins ist daher eine adäquate Folge des durch Verschulden des Beklagten abgeschlossenen Mietvertrages.
Nicht berechtigt sind auch die Ausführungen der Revision, eine Vorteilsausgleichung habe nicht zu erfolgen, weil der Kläger dem Beklagten als Gegenleistung für den Mietzins das Bestandobjekt zum Gebrauch überlassen habe. Diesem Einwand käme nur insoweit Bedeutung zu, als dem Kläger durch die Überlassung des Bestandobjektes an den Bestandnehmer Aufwendungen, Spesen, Unkosten udgl. erwachsen wären. Derartiges hätte der Kläger aber behaupten und beweisen müssen (SZ 25/132). Dies hat er jedoch nicht getan, weshalb davon ausgegangen werden muß, daß die Überlassung des Bestandobjektes mit keinem Nachteil für den Kläger verbunden war, zumal der Kläger auch nicht behauptete, er hätte bei Unterbleiben eines Bestandvertrages das Objekt anderweitig einer nutzbringenden Verwendung zugeführt. Bei der nach der Differenzrechnung vorzunehmenden Schadensermittlung, bei der der hypothetische Vermögensstand ohne schädigendes Ereignis mit dem tatsächlich nach dem schädigenden Ereignis gegebenen verglichen wird (Koziol, aaO 204; EvBl 1977/140; SZ 53/107; SZ 53/173; MietSlg. 33.240 ua) sind daher die ohne die schädigende Handlungsweise des Beklagten nicht erzielten Mietzinseinnahmen zu berücksichtigen. Da diese höher sind als die Aufwendungen, die der Beklagte machte, um das Bestandverhältnis zu beenden, ist dem Kläger kein Schaden entstanden, weshalb die Vorinstanzen sein Begehren mit Recht abgewiesen haben. Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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