OGH 6Ob206/14h

OGH6Ob206/14h29.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Thomas Graf, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei M*****, vertreten durch Dr. Angelika Truntschnig, Rechtsanwältin in Wien, als Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwältin in Wien, wegen Scheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. September 2014, GZ 45 R 366/14b‑72, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00206.14H.0129.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Weshalb der Umstand, dass die Streitteile in Spanien die Ehe geschlossen haben, zur Anwendung gambischen Rechts führen sollte, wird ebensowenig dargelegt wie, dass und weshalb gambisches Recht zu einem für den Beklagten günstigeren Ergebnis führen sollte (RIS‑Justiz RS0040189 [T5]).

Entgegen der nicht weiter begründeten Ansicht des Revisionswerbers ist für die Anwendung der Verordnung (EU) 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts („Rom III‑VO“) nicht Voraussetzung, dass „der grenzüberschreitende Bezug zu einem anderen teilnehmenden Mitgliedstaat oder einem Mitgliedstaat besteht“. Dies ergibt sich aus der klaren Regelung des Art 1 Abs 1 der Verordnung, wonach sie für die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in Fällen gilt, die „eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten“ aufweisen. Die behauptete Einschränkung wird also nicht gemacht. Die Verordnung gilt zwar nur in den „teilnehmenden Mitgliedstaaten“ (vgl Art 3 Z 1 Rom III-VO); allerdings ordnet Art 4 Rom III‑VO ihre universelle Geltung auch im Verhältnis zu den nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten sowie gegenüber Drittstaaten an ( Makowsky , Europäisierung des Internationalen Ehescheidungsrechts durch die Rom III‑Verordnung, GPR 2012, 266 mwN; Nademleinsky , Internationales Scheidungsrecht Rz 33 mwN; Traar , Rom III‑EU‑Verordnung zum Kollisionsrecht für Ehescheidungen, ÖJZ 2011/86; Rudolf , Europäisches Kollisionsrecht für Ehescheidungen Rom III‑VO, EF‑Z 2012/60 ua). Unerheblich ist die Behauptung, es sei verfassungswidrig, wenn die Rom III‑Verordnung auf Personen angewendet werde, die nicht Staatsbürger eines Mitgliedstaats seien, geht doch Unionsrecht inländischem Verfassungsrecht vor (RIS‑Justiz RS0109951 [T4]).

Feststellungsmängel infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung liegen dann nicht vor, wenn zu einem bestimmten Thema ‑ wie hier ‑ ohnehin Feststellungen getroffen wurden, diese den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers aber zuwiderlaufen (RIS‑Justiz RS0043320 [T16]).

Die Heranziehung verziehener Eheverfehlungen zur Unterstützung einer auf späteres Verhalten gestützten Klage ist zulässig (RIS‑Justiz RS0056907 [T8]). Außerdem darf selbst im Fall einer ausdrücklichen Verzeihung kein Verzicht auf die Geltendmachung eines Scheidungsanspruchs wegen künftigen ehewidrigen Verhaltens angenommen werden (vgl RIS‑Justiz RS0056134). Die Wiederholung gleichartiger Verfehlungen nach einer Verzeihung wiegt in der Regel sogar schwerer (RIS‑Justiz RS0056171 [T1]).

Ob ein bestimmtes Verhalten eines Ehepartners eine Eheverfehlung darstellt, ist eine typische Frage des konkreten Einzelfalls, die auch im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (RIS‑Justiz RS0118125 [T2]). Auch die Verschuldenszumessung bei der Scheidung erfolgt nach den Umständen des Einzelfalls und kann in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage begründen (RIS‑Justiz RS0119414).

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