OGH 9ObA97/14a

OGH9ObA97/14a18.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Gerda Höhrhan‑Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat Bord der T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Juli 2014, GZ 8 Ra 64/14m‑23, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 8. April 2014, GZ 15 Cga 65/13w‑19, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00097.14A.1218.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das Revisionsverfahrens obliegt dem Erstgericht.

Entscheidungsgründe:

Der hier maßgebliche Kollektivvertrag für das Bordpersonal der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH in der hier anzuwendenden Fassung ab 1. 1. 2008 (kurz: KV) regelt in § 7 (in früheren Fassungen in § 8) die Sonderzahlungen wie folgt:

1. Alle Dienstnehmer erhalten ein Monatsgehalt als Sonderzahlung am 30. Juni jeden Jahres und ein Monatsgehalt als weitere Sonderzahlung am 30. November jeden Jahres.

2. Für die Urlaubssonderzahlung gilt als Berechnungsgrundlage das Gehalt zum 1. Juni für den Monat Juni , für die Weihnachtssonderzahlung das Gehalt zum 1. November für den Monat November des jeweiligen Jahres.

3. Erfolgt im Monat Juni oder im Monat November eine Umstufung, so gilt das aktuell laut Anhang III oder Anhang IX für diesen Monat bezahlte Gehalt als Berechnungsgrundlage.

4. Den während des Jahres eintretenden und austretenden Dienstnehmern gebührt der ihrer Dienstzeit im Kalenderjahr entsprechende aliquote Teil, bei austretenden Dienstnehmern berechnet er sich nach dem letzten Monatsgehalt. Die Dienstnehmer sind verpflichtet, den aliquoten Teil, der ihnen bereits ausbezahlten Sonderzahlung auf Verlangen des Dienstgebers zurückzuzahlen, wenn sie selbst kündigen, oder wenn das Dienstverhältnis aus ihrem Verschulden oder einvernehmlich aufgelöst wird.

5. Der Anspruch auf Sonderzahlungen wird durch langdauernde Krankheit nicht berührt.

Bestimmungen über die Teilzeitarbeit enthält § 34 KV :

1. Unbeschadet etwaiger gesetzlicher Ansprüche besteht für das Bordpersonal ein Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, der jedoch durch Produktionsausweitungen eingeschränkt werden kann.

2. Der Arbeitgeber hat bei vermehrtem Crewbedarf das Recht, Dienstnehmer in Teilzeit unter Einhaltung einer einmonatigen Vorankündigungsfrist für die Dauer von drei Monaten zur vollen Arbeitsleistung zu verpflichten. Dies gilt nicht für Dienstnehmer, die einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit haben.

3. Detaillierte Regelungen (bspw. Anmeldefristen, Restriktionen, flotten- und/oder stationsspezifische Unterschiede) sind per Betriebsvereinbarung zu treffen “.

Die am 18. 1. 2007 zwischen den Streitteilen abgeschlossene Betriebsvereinbarung Teilzeit (BV B 04) vom 1. 2. 2007 sieht in ihrem Teil 1 unter anderem folgende Regelungen vor:

„Gemäß Kollektivvertrag besteht im Rahmen der folgenden Regelungen ab 1. 1. 2006 ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (Teilzeit). Die konkrete Gestaltung der Teilzeit ist in Teil 2 festgelegt.

Für alle Teilzeitperioden gilt:

1) Der Wechsel von Vollzeit in die Teilzeit und zurück in die Vollzeit bedarf einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem/der betreffenden Angestellten und T *****.

2) Der Wechsel von Vollzeit in die Teilzeit ist vom Dienstnehmer schriftlich zu beantragen. Die Entscheidung über den Wechsel erfolgt durch T ***** im Einvernehmen mit dem zuständigen Betriebsrat.

3) Grundsätzlich soll die Teilzeit zu einer Verringerung der Arbeitstage und nicht zu einer Verkürzung der täglichen Arbeitszeit/Flugzeit führen. Das Teilzeit-Bruttoentgelt errechnet sich durch Multiplikation des von der Vollbeschäftigung anwendbaren Bruttogehalts (einschließlich Flug- und sonstiger Zulagen) mit der vereinbarten und errechneten Teilzeit-Leistungsverpflichtung.

4) Sonderzahlung: Abweichend von § 8 KV gilt während einer Teilzeitbeschäftigung und in den Kalenderjahren, in denen von Vollzeit auf Teilzeit oder von Teilzeit auf Vollzeit gewechselt wird, für die Berechnung der Sonderzahlungen das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt zuzüglich Mehrleistungsstunden bis max. 75h Flugzeit pro Monat und Mehrarbeitsstunden als Berechnungsgrundlage. Für die Berechnung der Urlaubssonderzahlung wird der Durchschnitt der Monate November bis April, für die Weihnachtssonderzahlung der Durchschnitt der Monate Mai bis Oktober herangezogen ...“

Aufgrund bestimmter Organisationsmaßnahmen kam es bei der Beklagten im Jahr 2009 zu einem Personalüberstand, der zunächst durch Kündigung von 65 Co‑Piloten bereinigt werden sollte. Um diese Arbeitsplätze zu erhalten, wurde eine für alle Co-Piloten geltende Kurzarbeit eingeführt. Dabei wurden zwei unterschiedliche Gruppen von Co-Piloten gebildet, die im Detail unterschiedlich behandelt wurden. Im Wesentlichen wurden die senioritätsälteren Co-Piloten, die von der Kündigung nicht betroffen gewesen wären, besser behandelt als die senioritätsjüngeren, die von der Kündigung betroffen gewesen wären. Die Normalarbeitszeit der vor dem 4. 3. 2008 bei der Beklagten eingetretenen Co-Piloten (Modell F/O 1) wurde auf 80 %, jene der ab dem 4. 3. 2008 eingetretenen Co-Piloten (Modell F/O 2) auf 60 % reduziert. Im Modell F/O 1 erfolgte ein Gehaltsausgleich inklusive der Kurzarbeitsbeihilfe des AMS in Höhe von 88 % des bisherigen Gehalts, im Modell F/O 2 in Höhe von 70 % des vertraglichen Entgelts. Für die Berechnung der Sonderzahlungen im Modell F/O 1 war jenes Gehalt heranzuziehen, das gebührt hätte, wenn keine Kurzarbeit vereinbart worden wäre, im Modell F/O 2 wurden die Sonderzahlungen während der Kurzarbeit auf 70 % abgesenkt.

Nach der bis 31. 12. 2011 vereinbarten Kurzarbeit wurde eine wiederum für alle Co-Piloten geltende befristete Teilzeitarbeit (sogenannte „Zwangsteilzeit“) eingeführt, die am 31. 5. 2012 endete.

Die Regelungen über die Kurzarbeit bzw die anschließende „Zwangsteilzeit“ wurden in einer Betriebsvereinbarung und in einem Zusatzkollektivvertrag festgelegt.

In der zwischen den Streitteilen am 22. 2. 2010 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung über die vorübergehende Einführung reduzierter Arbeitszeit (Kurzarbeit) vom 1. 3. 2010 (BV B 16) findet sich in Punkt 9) unter der Überschrift Teilzeit folgende Bestimmung:

Nach Ende der Kurzarbeit gilt für alle von der Kurzarbeit betroffenen Co-Piloten eine Leistungsverpflichtung von 80 % mit einer Bezahlung von 80 % als vereinbart. Diese Teilzeit beginnt frühestens am 1. 1. 2012, sofern die Verlängerung der Kurzarbeit durch das AMS bis 31. 12. 2011 erfolgt. Im Falle der Nichtverlängerung durch das AMS (nicht aufgrund organisatorischer Mängel) beginnt die Teilzeit mit Ende der Kurzarbeit. Notwendige Abweichungen von BV B 04 Teilzeit sind zwischen BRB und VO spätestens drei Monate vor Beginn der Teilzeit zu vereinbaren. Diese Teilzeit ist kollektivvertraglich festzulegen.

Automatisch wird die Teilzeit für die oben genannten Co-Piloten mit 31. 12. 2016 beendet. Sollte ein Co-Pilot in Teilzeit nach BV B 04 wechseln wollen, ist dies mindestens sechs Monate vorher bekannt zu geben (Spätestens mit 3. 6. 2016).

Diese Teilzeit kann jederzeit durch den Dienstgeber beendet werden.

Im Zusatz-Kollektivvertrag Tyrolean Airways betreffend Kurzarbeit und Teilzeit für Co-Piloten vom 6. 4. 2010 (kurz Zusatz-KV) finden sich teilweise inhaltsgleiche, jedenfalls keine inhaltlich von der BV B 16 abweichenden Regelungen. Sie enthält für das Modell F/O 2 Bestimmungen über die Sonderzahlungen während der Kurzarbeit, aber keine für die Zeit der danach anschließenden Zwangsteilzeit. (Lediglich) Details sollen in einer Betriebsvereinbarung (BV B 16) festgelegt werden.

Die Beklagte zahlte den Co-Piloten der Gruppen F/O 1 und F/O 2 den Urlaubszuschuss für das Jahr 2012 nach dem Durchschnitt der Monate November 2011 bis April 2012 aus, nicht aber nach dem für Juni 2012 zustehenden Monatsgehalt.

Mit der vorliegenden Klage gemäß § 54 Abs 1 ASGG, die 240 bei der beklagten Fluggesellschaft bereits vor dem 1. 7. 2012 beschäftigten Co-Pilotinnen und Co-Piloten (kurz: Co-Piloten) betrifft, begehrt der klagende Betriebsrat der Beklagten ‑ soweit noch revisionsgegenständlich ‑ die Feststellung, dass Co-Piloten der Gruppen F/O 1 und F/O 2 der Beklagten der Urlaubszuschuss für das Jahr 2012 in Höhe des zum 1. Juni für den Monat Juni 2012 gebührenden Gehalts zustehe. Nach Beendigung der durch den Zusatz-KV und die BV B 16 geregelte Teilzeitphasen seien die Sonderzahlungen wieder nach § 7 KV zu berechnen. Die BV B 04 finde nur auf die selbst beantragte, nicht jedoch auf die Kurzarbeit und anschließende „Zwangsteilzeit“ Anwendung.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass die BV B 04 für jede Art von Teilzeit gelte, demnach auch für die nach der Kurzarbeitszeit folgende Zwangsteilzeit Anwendung gefunden habe. § 7 KV gelte nur für Vollzeitbeschäftigte. § 34 Z 3 KV enthalte eine Öffnungsklausel, die auch die Bemessung der Sonderzahlungen umfasse. Die Regelungen der BV B 04 seien daher kollektivvertragskonform.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im noch revisionsgegenständlichen Umfang statt. Der klageabweisende Teil des Klagebegehrens hinsichtlich einer für 2011 begehrten Feststellung erwuchs in Rechtskraft. Es folgerte rechtlich, dass sich die Berechnungsgrundlage für die Sonderzahlungen auf § 7 KV stütze, weil die Bestimmungen der BV B 04 nur auf eine „freiwillige“ Teilzeit abstellten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Aus Punkt 9) der BV B 16 ergebe sich zwar, dass die Regelungen der BV B 04 auch auf die „Zwangsteilzeit“ anwendbar seien. Die BV B 04 sollte hingegen nach ihrem Wortlaut nur die Fälle der „freiwilligen“ Teilzeit regeln. Die in der BV B 04 enthaltene Berechnungsgrundlage für Sonderzahlungen sei durch den KV nicht vorgesehen. Als Sondervereinbarung sei diese Regelung aber nicht günstiger als die des Kollektivvertrags, sodass sie unwirksam sei. Die Berechnung des Urlaubszuschusses 2012 habe daher nach § 7 KV zu erfolgen. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil sich bloß eine Auslegungsfrage der Betriebsvereinbarung stelle.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, auch das noch revisionsverfangene Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. § 7 KV habe nur Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse vor Augen. Die Bestimmung des § 34 Z 3 KV lasse eine Regelung wie jene der BV B 04 über die Berechnungsgrundlage der Sonderzahlungen bei Wechsel von Voll- auf Teilzeit oder von Teil- auf Vollzeit auch im Fall von „Zwangsteilzeit“ zu.

Der Kläger beantragt in seiner vom Senat freigestellten Revisionsbeantwortung , die Revision der Beklagten mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig. Der Kollektivvertrag bildet hier die Rechtsgrundlage für den festzustellenden Sonderzahlungsanspruch. Strittige Fragen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen, der Anspruchshöhe und der Anspruchsdauer der Sonderzahlungen sind daher durch Interpretation der jeweiligen kollektivvertraglichen Bestimmungen zu lösen (RIS-Justiz RS0027834 [T1]). Der Auslegung von Kollektivverträgen kommt aber regelmäßig ‑ von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen (RIS-Justiz RS0109942 [T6]) ‑ eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0042819, RS0109942). Dies ist auch hier der Fall. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

1. Nach einhelliger Rechtsprechung kann ‑ ungeachtet der getroffenen Vereinbarung ‑ Inhalt einer Betriebsvereinbarung nur sein, was durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Regelung durch Betriebsvereinbarung überantwortet wurde (§ 29 ArbVG; RIS-Justiz RS0050981).

2. Die Festsetzung von Entgeltbedingungen gehört nach Rechtsprechung und Lehre nicht zu den Angelegenheiten, die nach dem Arbeitsverfassungsgesetz durch Betriebsvereinbarung geregelt werden können (8 ObA 43/12z; 9 ObA 150/13v, jeweils mwN). Die Beklagte stützt sich auch auf keinen gesetzlichen Ermächtigungstatbestand.

3. Somit bleibt die Frage, ob die in der Betriebsvereinbarung BV B 04 abweichend von § 7 KV festgelegte Berechnungsgrundlage der Urlaubssonderzahlung, die ‑ jedenfalls nach dem Standpunkt der Beklagten ‑ grundsätzlich auch für die Phase der „Zwangsteilzeit“ (Punkt 9) BV B 16 und Punkt 3. Zusatz-KV) gilt, von der kollektivvertraglichen Ermächtigung in § 34 Z 3 KV gedeckt ist.

4. Behalten die Kollektivvertragspartner Angelegenheiten, die in ihre Regelungsbefugnis fallen, der Betriebsvereinbarung vor (§ 29 ArbVG), so müssen diese Angelegenheiten ausdrücklich und konkret bezeichnet werden (9 ObA 131/88; 9 ObA 150/13v; Reissner in ZellKomm² § 29 ArbVG Rz 15; Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 29 Rz 12; Völkl-Posch in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, System und Praxiskommentar Kap IV Rz 24). Nur in dem so determinierten Bereich kann eine Regelung durch Betriebsvereinbarung im Sinne des § 29 ArbVG erfolgen, wobei der Vorrang des Kollektivvertrags einer extensiven Interpretation einer solchen Kollektivvertragsbestimmung entgegensteht (9 ObA 131/88; 9 ObA 150/13v).

5. Die Auslegung normativer Bestimmungen eines Kollektivvertrags hat nach ständiger Rechtsprechung objektiv nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen. Dabei ist in erster Linie der Wortsinn, auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen, zu erforschen, wie er sich für den Normunterworfenen darstellt, sowie die sich aus dem Text des Kollektivvertrags ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0010088; RS0008807; RS0008782; RS0010089). Eine von den Parteien mit einer Regelung verfolgte Absicht kann nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im Text in hinreichender Weise ihren Niederschlag gefunden hat (9 ObA 33/13p; 9 ObA 129/13f; RIS-Justiz RS0010089 [T17]; RS0010088 [T18] ua). Nur wenn der Wortsinn der Bestimmung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, so ist mittels objektiv-teleologischer Interpretation nach dem Sinn und Zweck zu fragen, den die Regelung - mit Rücksicht auf den Systemzusammenhang ‑ vernünftigerweise haben kann (9 ObA 48/14w; 9 ObA 63/14a mwN). Für „unechte“ Firmenkollektivverträge, wie der hier verfahrensgegenständliche KV, die von überbetrieblichen kollektivvertragsfähigen Körperschaften abgeschlossen werden, sich jedoch im Geltungsbereich auf einen oder mehrere namentlich genannte Arbeitgeber beschränken, gilt nichts anderes (9 ObA 83/11p).

6. Der in Rede stehende KV gilt nach dessen § 2 für das Bordpersonal der Beklagten. Die in § 3 Z 1 KV vorgesehenen Ausnahmen für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern spielen im Anlassfall keine Rolle. Entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin lässt auch der Text des § 7 KV nicht erkennen (arg. „Alle Dienstnehmer“), dass die Kollektivvertragspartner damit beabsichtigten, Teilzeitbeschäftigte von dieser Bestimmung auszunehmen. Hätten sie dies gewollt, so wäre zu erwarten gewesen, dass dies in § 7 oder in den in § 34 KV enthaltenen Regelungen über die Teilzeitarbeit ihren Niederschlag gefunden hätte. Die Festlegung der Berechnungsgrundlage im Falle einer Umstufung in den Monaten Juni oder November (§ 7 Z 3 KV) bezieht sich klar erkennbar nicht auf eine Änderung der Arbeitszeit, sondern einen Wechsel in eine andere Verwendungsgruppe (vgl zB KV Anhang III 1.4. ff). § 7 KV gilt somit auch für das teilzeitbeschäftigte Bordpersonal der Beklagten.

7. § 34 KV regelt ausdrücklich die Teilzeitarbeit, auf die das Bordpersonal einen Rechtsanspruch hat (§ 34 Z 1 KV), also die „freiwillige“ Teilzeit und nicht die „Zwangsteilzeit“. Anhaltspunkte dafür, die Ermächtigung der Kollektivvertragsparteien, detaillierte Regelungen (bspw. Anmeldefristen, Restriktionen, flotten- und/oder stationsspezifische Unterschiede) in einer Betriebsvereinbarung zu treffen (§ 34 Z 3 KV), auch auf eine Beschäftigung in der „Zwangsteilzeit“ zu erstrecken, sind dem § 34 KV nicht zu entnehmen. Soweit daher durch Punkt 9) der BV B 16 über die vorübergehende Kurzarbeit mit anschließend befristeter Zwangsteilzeit die Anwendung der BV B 04 auch für diesen Fall angeordnet wird, ist dies nicht von der Ermächtigung des § 34 Z 3 KV gedeckt. Dass der Zusatz‑KV in Bezug auf die der Kurzarbeit folgende Zwangsteilzeit eine entsprechende Regelungsbefugnis an die Betriebsvereinbarungsparteien delegierte, ist nicht ersichtlich, verweist doch der Zusatz‑KV in Punkt 2. nur darauf, dass Details „zur Kurzarbeit“ in einer Betriebsvereinbarung (BV B 16) festgelegt werden. In Punkt 4. des Zusatz‑KV werden die Sonderzahlungen „während der Kurzarbeit“ bzw „für die Dauer der Kurzarbeit“ geregelt (abgesenkt).

8. Zusammengefasst ist die zwischen den Parteien abgeschlossene Betriebsvereinbarung über die vorübergehende Einführung reduzierter Arbeitszeit (Kurzarbeit) vom 1. 3. 2010 (BV B 16), soweit darin hinsichtlich der Berechnungsgrundlage für die Sonderzahlungen auf die Betriebsvereinbarung Teilzeit (BV B 04) vom 1. 2. 2007 verwiesen wird, von der kollektivvertraglichen Ermächtigung des § 34 Z 3 des Kollektivvertrags für das Bordpersonal der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH nicht umfasst. Sie überschreitet damit die betriebsverfassungsrechtlichen Regelungskompetenzen und entfaltet insoweit keine normative Wirkung zugunsten der von der Feststellungsklage betroffenen Arbeitnehmer (9 ObA 131/88 = DRdA 1991/6, 45 [Eypeltauer] = ZAS 1990/6, 60 [Valentic]; 9 ObA 101/89; 8 ObA 43/12z; Reissner in ZellKomm² § 29 ArbVG Rz 18).

Der Revision der Beklagten ist daher nicht Folge zu geben.

Das Erstgericht hat sich die Kostenentscheidung gemäß § 52 ZPO vorbehalten.

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