OGH 14Os87/14x

OGH14Os87/14x28.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Oktober 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rene S***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Rene S***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12. März 2014, GZ 8 Hv 151/13i‑61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0140OS00087.14X.1028.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Rene S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑ Rene S***** und Veronika B***** jeweils des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls schuldig erkannt, und zwar Ersterer nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB (A/I und II), Letztere nach §§ 12 dritter Fall, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB.

Danach haben in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstahl durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

(A) Rene S***** fremde bewegliche Sachen, teils durch Einbruch, teils durch Einsteigen in Gebäude mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, und zwar

I) nachts zum 3. Mai 2012 in P***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit unbekannten Mittätern Christian Sc***** ein Renngetriebe, ein Steuergerät samt Steuerkasten, eine Kühlereinheit und einen Rennmotor in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert durch Überklettern einer Glaswand und anschließendes gewaltsames Durchbrechen einer Rigipswand, wobei es hinsichtlich des Rennmotors beim Versuch blieb;

II/a) bis d) von 27. Februar bis 13. Juli 2013 in H***** der r***** GmbH in vier Fällen durch Einsteigen in den Lagerraum des Postamts über ein Fenster, welches er beim ersten Mal gewaltsam öffnete und so präparierte, dass es sich bei den weiteren Malen durch leichtes Aufdrücken öffnen ließ, (im angefochtenen Urteil näher bezeichnete) Elektronikartikel (insbesondere Digitalkameras und Tablet PC) im Gesamtwert von mehr als 8.700 Euro;

(B) Veronika B***** zu den von den Punkten A/II/a bis d erfassten strafbaren Handlungen dadurch beigetragen, dass sie Rene S***** zum Tatort führte und in dessen Nähe jeweils als Aufpasserin fungierte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rene S***** ist nicht berechtigt.

Ohne Erfolg bekämpft die Verfahrensrüge (Z 4) die Abweisung von Beweisanträgen. Jener auf zeugenschaftliche Vernehmung von Sebastian L***** und Tobias V***** zum Beweis dafür, dass sich „die entwendeten Teile aus dem Fahrzeug des Christian Sc*****“ nicht „im Fahrzeug des Sebastian L***** befinden“, der Beschwerdeführer sie nicht im Auftrag eines der Genannten gestohlen habe, sondern „diese Teile rechtsmäßig käuflich erworben wurden“ (ON 60 S 37), nannte ‑ wie das Erstgericht zutreffend erkannte (US 17) ‑ kein für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage erhebliches Beweisthema (RIS-Justiz RS0118319).

Gleiches gilt für den Antrag auf „Einholung eines Aktes der Staatsanwaltschaft Meiningen in der Bundesrepublik Deutschland in der Ermittlungssache gegen Dirk R*****“. Das begründende Vorbringen, gegen diesen, der „in keinerlei Verbindung zum Angeklagten“ stehe, werde „wegen der gestohlenen Teile vom Golf des Christian Sc***** ein Verfahren“ geführt (ON 60 S 39), das nicht einmal darlegte, ob gegen Dirk R***** wegen des Verdachts des Diebstahls oder einer anderen strafbaren Handlung (etwa der Hehlerei [vgl US 14 f und 17 iVm ON 50a S 27 und ON 60 S 7]) ermittelt werde, ließ zudem nicht erkennen, welche (für das hier gegenständliche Verfahren) erheblichen Beweisergebnisse sich in jenen Akten finden sollten. Der Antrag war daher (auch) ‑ im Hauptverfahren unzulässig ‑ auf Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS-Justiz RS0118444).

Dass der Beschwerdeführer selbst die zu A/I genannten Gegenstände mittels Diebstahls durch Einbruch an sich gebracht habe (und nicht bloß beim Diebstahl durch unbekannte Täter gegenwärtig gewesen sei), ergibt sich entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 erster Fall, nominell auch dritter und vierter Fall) nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten (RIS-Justiz RS0117995) unzweifelhaft aus den Urteilspassagen, denen zufolge er sich entschlossen habe, diese Teile des Tourenwagens zu stehlen, in Umsetzung dieses Entschlusses (gemeinsam mit den Mittätern) in die Werkstatt des Opfers eingedrungen sei (US 7), den Rennmotor wegen Schwierigkeiten beim Abtransport zurückgelassen habe, um nicht „auf frischer Tat betreten zu werden“ (US 8) sowie aus den beweiswürdigenden Erwägungen zu den Gründen für das gemeinschaftliche Agieren des Beschwerdeführers mit den unbekannten Mittätern (US 15). Aus diesen Gründen versagt auch die einen in diesem Sinn bestehenden Rechtsfehler mangels Feststellungen behauptende Rechtrüge (Z 9 lit a).

Ob der Beschwerdeführer unmittelbarer Täter oder „allenfalls nur Beitragstäter“ war, ist im Übrigen angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen (RIS‑Justiz RS0117604) ohne Bedeutung für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage.

Der weiteren Kritik der Mängelrüge zuwider stellt eine Diskrepanz zwischen Feststellungen und Beweisergebnissen den behaupteten Widerspruch (nominell Z 5 dritter Fall) nicht her (RIS-Justiz RS0117402 [T8, T16]). Im Übrigen konnte sich der Zeuge Jakob C***** bei der datumsmäßigen Einordnung seiner Beobachtungen nicht festlegen (vgl ON 60 S 6), weshalb dessen Aussage den Konstatierungen ohnehin nicht entgegensteht.

Gleiches gilt für die Angaben des Opfers und der Zeugin Tanja E*****, diese habe vor dem Diebstahl (telefonischen) Kontakt zu einem angeblichen Kaufinteressenten aus Deutschland gehabt, der mit dem Namen „Ha*****“ aufgetreten sei (ON 50a S 23 und ON 60 S 29 ff). Die kritisierte Vermutung des Erstgerichts, eine Person „mit diesem Namen“ habe es „möglicherweise so“ nicht gegeben (US 7), lässt sich damit im Übrigen durchaus in Einklang bringen.

Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) zunächst pauschal auf das Vorbringen der ‑ wesensmäßig verschiedenen ‑ Mängelrüge verweist, macht sie einen Nichtigkeitsgrund nicht deutlich und bestimmt geltend (RIS‑Justiz RS0115902; vgl auch RIS-Justiz RS0116733).

Die Kritik an einzelnen Urteilspassagen (etwa zu einer allfälligen Verbindung zwischen dem Beschwerdeführer und dem mit dem Namen „Ha*****“ aufgetretenen Anrufer [US 7] sowie zum für Ausbau und Abtransport der Fahrzeugteile erforderlichen Fachwissen [US 7 f iVm US 15]) unterlässt die gebotene Bezugnahme auf konkrete Beweismittel (RIS-Justiz RS0117446).

Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist einer Anfechtung aus der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO entzogen (RIS-Justiz RS0099649). Der Versuch, die (vom Erstgericht bejahte) Glaubwürdigkeit der Zeugen Christian Sc***** und Tanja E***** in Zweifel zu ziehen, bekämpft daher ebenso bloß die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung wie das Vorbringen, mit welchem der Beschwerdeführer seiner ‑ vom Schöffengericht mängelfrei als unglaubwürdig verworfenen (US 12 und 14 f) ‑ Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will.

Der Verbleib der Fahrzeugteile nach dem Diebstahl, insbesondere die Frage, ob Sebastian L***** sie erworben hat, ist ‑ wie bereits zur Verfahrensrüge ausgeführt ‑ ohne Relevanz für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage und daher auch nicht Gegenstand der Tatsachenrüge (RIS‑Justiz RS0117499).

Der nominell im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) erhobene Einwand fehlender Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tatbegehung übergeht die darauf bezogenen Urteilspassagen (US 8 und 11) und macht zudem mit Blick auf den unbekämpft gebliebenen Teil (A/II) der nach § 29 StGB gebildeten Subsumtionseinheit (§§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB) die Bedeutung für diese nicht klar (RIS-Justiz RS0120980).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Bleibt anzumerken, dass sich der Oberste Gerichtshof zu einer ‑ von der Generalprokuratur angeregten ‑ amtswegigen Maßnahme (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) mit Blick auf die Angeklagte Veronika B***** nicht veranlasst sah:

Deren auch auf die Wegnahme fremder beweglicher Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) gerichteter Vorsatz ergibt sich aus den ‑ teils auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (US 18) getroffenen ‑ Konstatierungen, denen zufolge sie „in Kenntnis des“ (auf US 8 f detailliert dargestellten) „Tatplanes“, der die wiederkehrende Begehung von Diebstahl durch Einbruch in Bezug auf hochpreisige Elektronikartikel (insbesondere Digitalkameras und Tablet PC im Gesamtwert von mehr als 8.700 Euro) zum Zweck der Erschließung einer (von vornherein zeitlich nicht begrenzten) Einnahmequelle umfasste, willentlich zu den strafbaren Handlungen des Mitangeklagten beitrug (US 9 f). Dass der Feststellungswille der Tatrichter auch die von der Gewerbsmäßigkeitsqualifikation (§ 130 vierter Fall StGB) vorausgesetzte Absicht umfasste, sich selbst für einen längeren Zeitraum eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, lässt sich (an die Ausführungen zu ihrem auf den Tatplan bezogenen Wissen anknüpfend) mit hinreichender Deutlichkeit aus einer vernetzten Betrachtung der weiteren Urteilspassagen, nach denen (auch diese Angeklagte) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gehandelt (US 18), über Monate (bis zur Festnahme der beiden Angeklagten) zu den strafbaren Handlungen des Mitangeklagten beigetragen (US 9 f) und diesen (im Tatzeitraum) im Rahmen einer Lebensgemeinschaft finanziell unterstützt habe (US 9), unter verdeutlichender Heranziehung des ‑ (auch auf sie bezogen) unmissverständlich die Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstahl durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 1), enthaltenden ‑ Referats der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) im Urteilstenor ableiten (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19 und 580; vgl zudem die geständige Verantwortung dieser Angeklagten, nach welcher ihr der Mitangeklagte einen Teil der Beute überlassen habe [ON 50a S 19 f]).

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