OGH 2Ob98/14x

OGH2Ob98/14x23.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Veith als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. März 2014, GZ 40 R 236/13x‑18, womit das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 26. Juli 2013, GZ 5 C 767/12v‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00098.14X.1023.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

„Die gerichtliche Aufkündigung vom 10. Dezember 2012 ist wirksam.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei das auf der Liegenschaft ***** befindliche Geschäftslokal mit einer Verkaufsfläche im Erdgeschoss von rund 700 m² und Lager- und Nebenräumen von rund 215 m² (Mietvertrag vom 28. September 1979 bzw 19. Oktober 1979) sowie die Hoffläche als Parkplatz (Mietvertrag vom 3. November 1986) samt Zubehör binnen 14 Tagen geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 13.920,76 EUR (darin 2.247,56 EUR USt und 435,40 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei (Vermieterin) ist Eigentümerin der Liegenschaft ***** in ***** Wien. Die beklagte Partei (Mieterin) betreibt dort aufgrund zweier zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile 1979 bzw 1986 auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverträge einen Supermarkt samt Parkplatz.

Im Mietvertrag vom 28. 9./19. 10. 1979 ist festgehalten, dass sich auf der Liegenschaft ein abbruchreifes Altobjekt befinde und an dieser Stelle ein Neubau errichtet werde. Dieses Gebäude, in dem die beklagte Partei ihren Supermarkt betreibt, wurde aufgrund einer Baugenehmigung vom 26. 6. 1980 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Förderungsmittel errichtet. Im Mietvertrag wurde vereinbart, dass eine Auflösung des Mietverhältnisses durch Kündigung seitens des Vermieters frühestens am 31. 12. 2010, eine Kündigung seitens des Mieters frühestens zum 31. 12. 1989 erfolgen könne, wobei eine allfällige Kündigung nur unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalenderjahrs möglich sei.

Die Hoffläche auf derselben Liegenschaft wurde mit dem Mietvertrag vom 3. 11. 1986 als Parkplatz vermietet. Dabei wurde vereinbart, dass eine Kündigung nur unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist eines Kalenderjahrs möglich sei, der Vermieter jedoch auf die Dauer von zehn Jahren auf sein Recht der Kündigung verzichte.

Am 7. 12. 2012 kündigte die klagende Partei der beklagten Partei beide Mietverträge zum 31. 12. 2013 auf und bezog sich dabei jeweils auf die vertraglichen Kündigungsbestimmungen. Ein besonderer Kündigungsgrund wurde nicht geltend gemacht.

Die beklagte Partei erhob Einwendungen, in denen sie im Wesentlichen vorbrachte, dass die Mietverträge dem Anwendungsbereich des § 1 Abs 4 Z 1 MRG unterlägen und die Kündigungsbestimmungen der §§ 29 bis 36 MRG anzuwenden seien. Die Mietverträge dürften nur aus wichtigen Gründen gekündigt werden. Solche lägen nicht vor und seien von der klagenden Partei auch nicht geltend gemacht worden.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Unter Bezugnahme auf § 49 Abs 2 MRG ging es davon aus, dass auf den Mietvertrag von 1979 die Kündigungsschutzbestimmungen des § 30 MRG anzuwenden seien. Dieser Mietvertrag sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, die Parteien hätten die Geltung der Kündigungsbestimmungen des § 19 MG nicht gesondert vereinbart. Es sei nicht vorgebracht worden, dass es zu einem Anbot zum Abschluss eines befristeten Mietvertrags gekommen sei, sodass § 30 MRG gelte. Das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes sei von der klagenden Partei nicht behauptet worden. Das 1986 abgeschlossene Mietverhältnis über die Hoffläche als Parkfläche falle unter den Kündigungsschutz des MRG.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Nach dem Sinn der Übergangsbestimmung des § 49 Abs 2 MRG sollten die einstigen Neubauten dem Regime des Kündigungsschutzes des MRG zur Gänze unterliegen. Sämtliche unbefristeten Bestandverträge ohne entsprechendes Anbot des Vermieters zum Abschluss eines befristeten Vertrags würden unter die Kündigungsbeschränkungen des MRG fallen. Ein unbefristeter Mietvertrag werde auch durch einen beidseitigen Kündigungsverzicht nicht zu einem solchen auf bestimmte Zeit. Der 1986 abgeschlossene Bestandvertrag über einen Hofflächenteil unterliege als reiner Flächenmietvertrag nicht dem Kündigungsschutz des MRG. Die klagende Partei habe jedoch in ihrer Berufung die Ansicht vertreten, dass dieser Bestandvertrag ein einheitliches rechtliches Schicksal mit dem Bestandvertrag über die Geschäftsräumlichkeit teilen sollte. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 2073/96a) abgewichen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Partei zurückzuweisen, hilfsweise, diesem den Erfolg zu versagen.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 49 Abs 2 MRG gelten die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG für einen vor dem Inkrafttreten des MRG (1. 1. 1982; vgl § 58 Abs 1 MRG) geschlossenen Hauptmietvertrag über einen Mietgegenstand, der nach dem 31. 12. 1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen worden ist, wenn weder die Anwendbarkeit der Kündigungsbeschränkungen des § 19 MG noch eine Bestandsdauer vereinbart wurde, die über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des MRG hinaus wirksam ist, sofern es der Vermieter bis zum 30. 6. 1982 unterlassen hat, dem Hauptmieter einen befristeten Hauptmietvertrag anzubieten, der zumindest bis 31. 12. 1984 wirksam ist. Nahm der Hauptmieter ein diesbezügliches Anbot des Vermieters binnen sechs Monaten nach dem Zugang des Anbots nicht an und wurde auch keine andere Vereinbarung über die Bestandsdauer geschlossen, so gelten für dieses Hauptmietverhältnis die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG nicht.

Mit dieser Übergangsregelung sollte dem Vermieter die Möglichkeit geboten werden, von einem (vor Inkrafttreten des MRG abgeschlossenen) nicht kündigungsgeschützten unbefristeten Vertrag zu einem gemäß § 29 Abs 1 Z 3 lit a (in der Stammfassung) MRG ohne weitere Beschränkungen befristbaren Vertrag zu wechseln ( Würth/Zingher , Miet‑ und Wohnrecht 20 [Vorauflage] § 49 MRG Rz 7; vgl Vonkilch in Hausmann / Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht 3 § 49 MRG Rz 9).

§ 49 Abs 2 MRG ist bei einer über den 1. 1. 1982 hinausgehenden vereinbarten Bestandsdauer (1 Ob 590/85 = RIS‑Justiz RS0070193) ebenso wenig anwendbar wie bei Verträgen, in denen die Anwendung des Kündigungsschutzes vertraglich vereinbart wurde oder bei denen das MRG gemäß dessen § 1 Abs 2 ohnedies zur Gänze unanwendbar ist (5 Ob 576/87; RIS-Justiz RS0069396; Würth/Zingher , Miet- und Wohnrecht 20 [Vorauflage] § 49 MRG Rz 7; Schuster in Schwimann , ABGB² IV § 49 MRG Rz 8).

2. Eine (bestimmte) zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Bestandsdauer im Sinne des § 49 Abs 2 MRG wird nach der ständigen Rechtsprechung durch ein befristetes aber auch durch ein an sich unbefristetes, aber mit einem Kündigungsverzicht beider Vertragsteile auf bestimmte Zeit verbundenes Mietverhältnis gewährleistet (1 Ob 2073/96a; 1 Ob 62/98v; 1 Ob 280/98b; 7 Ob 174/08a; RIS‑Justiz RS0103689, RS0103690).

Unter Bezugnahme auf die Entstehungsgeschichte und die Materialien zu § 49 Abs 2 MRG hob der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 2073/96a hervor, dass das in der Regierungsvorlage noch vorgesehene Tatbestandselement eines Mietvertrags, der „durch den Ablauf einer bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt“ im Gesetz dahin ersetzt worden sei, dass bloß „eine (zu ergänzen: bestimmte) Bestandsdauer vereinbart wurde“. Parteien, die einen Mietvertrag „auf unbestimmte Dauer“ gekoppelt mit einem auf bestimmte Zeit wirksamen Kündigungsverzicht beider Vertragsparteien abschließen, würden nach dieser Entscheidung dasselbe Ergebnis erzielen, als wäre bis zum Ablauf des für den Kündigungsverzicht vereinbarten Zeitraums ein befristetes Bestandverhältnis begründet worden. Verlangte man noch ein Angebot des Bestandgebers auf Abschluss eines befristeten Hauptmietvertrags, bedeutete das einen Vertragsformalismus um seiner selbst Willen, weil dieser für die Verwirklichung des Zwecks des § 49 Abs 2 MRG gar keine Bedeutung mehr hätte.

Auch in der Entscheidung 1 Ob 62/98v wurde (allgemein) die Auffassung vertreten, die Vertragsparteien würden bei einem Mietvertrag „auf unbestimmte Dauer“, der mit einem auf bestimmte Zeit wirksamen Kündigungsverzicht gekoppelt ist, dasselbe Ergebnis erzielen, als wäre bis zum Ablauf des für den Kündigungsverzicht vereinbarten Zeitraums ein befristetes Bestandverhältnis begründet worden, sodass durch eine solche Vertragsgestaltung eine bestimmte Dauer des Bestandvertrags gewährleistet werde.

Der erste Senat bekräftigte diese Rechtsansicht im Zusammenhang mit § 49 Abs 2 MRG auch in der Entscheidung 1 Ob 280/98b und hielt weiterhin an ihr fest, wobei in dieser Entscheidung (wie auch schon in den beiden Vorentscheidungen) herausgestrichen wurde, dass nur ein zweiseitiger Kündigungsverzicht das Anbot eines befristeten Hauptmietvertrags substituieren würde.

Der referierten Rechtsprechung folgte der Oberste Gerichtshof auch in 7 Ob 174/08a, wo er abermals ausführte, dass die Vereinbarung einer Bestandsdauer auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsverzicht beider Parteien für eine bestimmte Dauer § 49 Abs 2 MRG zu unterstellen sei.

Zuletzt hat der erkennende Senat in der Entscheidung 2 Ob 127/13k unter anderem unter Verweis auf die einschlägige oberstgerichtliche Rechtsprechung eine außerordentliche Revision gegen ein Berufungsurteil zurückgewiesen, in dem mangels beidseitigen Kündigungsverzichts eine bestimmte Bestandsdauer im Sinne des § 49 Abs 2 MRG verneint worden war.

Auch die Lehre hält im Bereich des § 49 Abs 2 MRG im Anschluss an diese Rechtsprechung einen Kündigungsverzicht beider Parteien einer Befristung des Mietverhältnisses gleich ( Dirnbacher , wobl 1998/49, 78 [Entscheidungsanmerkung zu 1 Ob 2073/96a]; Wieger in Illedits/Reich‑Rohrwig , Wohnrecht § 49 MRG Rz 6; Schuster in Schwimann ABGB² IV § 49 MRG Rz 9; vgl auch Vonkilch in Hausmann / Vonkilch Österreichisches Wohnrecht 3 § 49 MRG Rz 9 und in wobl 2001/83, 140 [Entscheidungsanmerkung zu 1 Ob 280/98b], nach dem schon ein einseitiger Kündigungsverzicht des Vermieters genügen soll).

An den referierten Grundsätzen zur Auslegung des § 49 Abs 2 MRG ist auch im hier zu prüfenden Fall festzuhalten. Die Argumente des Berufungsgerichts bieten keinen Anlass von dieser Rechtsprechung abzugehen.

3. Die Ansicht der herrschenden Rechtsprechung und Lehre widerspricht entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht dem Willen des historischen Gesetzgebers. Dieser wollte bei Verträgen, die im Unterschied zur Rechtslage des MG grundsätzlich ab 1. 1. 1982 vom Kündigungsschutz des MRG erfasst worden wären, verfassungsrechtlich bedenkliche Enttäuschungen des Vertrauens der Vermieter auf die kurzfristige Dispositionsmöglichkeit über die in Bestand gegebenen Objekte vermeiden, gleichzeitig aber auch keinen absoluten Vertrauensschutz dahin gewähren, dass die betroffenen Verträge zur Gänze vom Kündigungsschutz ausgenommen bleiben. § 49 Abs 2 MRG bezweckte einen Interessensausgleich zwischen Mieter und Vermieter, der die Überleitung der Altverträge in das Kündigungsrecht des MRG dann ausschließt, wenn Umstände vorlagen, die dem Schutz des Mieters gerecht werden. Dazu gehört auch die Vereinbarung einer (bestimmten) Bestandsdauer, weil der Mieter dann nicht mit der Möglichkeit eines jederzeitigen Verlusts des Bestandobjekts rechnen muss (vgl Vonkilch , wobl 2001/83, 143 mwN).

4. Hier liegen solche Umstände vor:

Mit der ‑ ihren Wirkungen nach ‑ Gleichsetzung von Kündigungsverzicht und befristetem Vertrag sollten nur unnötige Vertragsformalismen (Erfordernis des Anbots iSd § 49 Abs 2 MRG trotz bereits bestehender Bindung) ausgeschaltet werden, ohne den Mieter dadurch schlechter zu stellen. In 1 Ob 280/98b wurde dazu festgehalten, dass solche Kündigungsverzichte im Sonderfall des § 49 Abs 2 MRG das Anbot eines befristeten Hauptmietvertrags substituieren. Es liegt daher nahe, danach zu fragen, wie sich die Dinge im Falle eines solchen Anbots entwickelt hätten:

Nach der oben dargelegten Rechtsprechung durfte die Rechtsstellung des Mieters durch das Angebot des Vermieters nach § 49 Abs 2 MRG auf Abschluss eines befristeten Bestandvertrags nicht verschlechtert werden (RIS‑Justiz RS0103689 [T3]). Für den hier vorliegenden Fall hätte dies zur Folge, dass ein entsprechendes Angebot der klagenden Partei auf Befristung bis 31. 12. 2010 lauten hätte müssen (vgl 1 Ob 2073/96a). Bei Annahme der beklagten Partei hätte das befristete Mietverhältnis daher jedenfalls nach dem 30. 9. 2006 geendet. An diesen Zeitpunkt knüpft die weitere Übergangsregelung des § 49e Abs 7 erster Satz MRG an. Nach dem dort genannten § 29 Abs 3 lit b MRG idF WRN 2006 gelten Mietverträge auf bestimmte Zeit, die nach Ablauf der wirksam vereinbarten oder verlängerten Vertragsdauer weder vertraglich verlängert noch aufgelöst werden, einmalig als auf drei Jahre erneuert. Diese Regelung führt somit im Fall des erstmaligen Eintritts einer relocatio tacita (stillschweigende Vertragsverlängerung) nach dem Ablauf eines wirksam vereinbarten Endtermins zu einem auch für den Vermieter durchsetzbaren neuen Endtermin nach drei Jahren (2 Ob 196/11d). Aufgrund der Untätigkeit der klagenden Partei Ende 2010 wäre der Vertrag daher bis zum 31. 12. 2013 erneuert worden. Das entspricht exakt jenem Zeitpunkt, zu dem die klagende Partei das Bestandverhältnis aufgekündigt hat. Das zeigt, dass dieselben Rechtsfolgen eintreten, die sich auf bei der nach Ansicht des Berufungsgerichts (allein) richtigen Vorgangsweise eingestellt hätten. In beiden Fällen endet das Vertragsverhältnis am 31. 12. 2013.

5. Das Berufungsgericht verweist auf die Ausführungen Vonkilchs in seiner Glosse zu 1 Ob 280/98b (wobl 2001/83), wonach bei sonstigem Eingreifen des Kündigungsschutzes des MRG der Vermieter unmittelbar nach dem Ende des Kündigungsverzichts von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen müsse.

Dieser auch von der beklagten Partei geteilten Rechtsansicht schließt sich der erkennende Senat in dieser Allgemeinheit nicht an. Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, sind Konstellationen möglich, in denen das „jederzeitige“ Kündigungsrecht des Vermieters auch nach Ablauf eines vereinbarten Kündigungsverzichts ohne Beeinträchtigung des mit § 49 Abs 2 MRG angestrebten Interessenausgleichs bejaht werden kann. Im konkreten Fall hätte ein sofortiges Eingreifen des Kündigungsschutzes nach Ablauf des Kündigungsverzichts mit 31. 12. 2010 im Vergleich zum gesetzlich vorgesehenen Alternativszenario zu einer (ungerechtfertigten) Begünstigung der beklagten Partei geführt.

Eine Obliegenheit zur sofortigen Kündigung nach Ablauf dieser Frist kann ‑ entgegen der Revisionsbeantwortung ‑ auch nicht aus der Entscheidung 1 Ob 280/98b abgeleitet werden.

6. Somit ist zusammenfassend festzuhalten, dass kein Anlass besteht, von der herrschenden Rechtsprechung zur Auslegung des § 49 Abs 2 MRG abzuweichen. Davon ausgehend hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht stand.

6.1 Der hier zu beurteilende Fall ist davon geprägt, dass beide Vertragsparteien an den Mietvertrag aus 1979 aufgrund des beidseitigen Kündigungsverzichts gebunden waren. Die im Sinne der referierten Rechtsprechung vorzunehmende Auslegung des § 49 MRG hat im hier zu beurteilenden Fall das Ergebnis, dass die Kündigungsbeschränkungen des MRG nicht zur Anwendung kommen. Für die Aufkündigung des Mietvertrags aus dem Jahr 1979 war somit kein wichtiger Grund im Sinn des § 30 MRG erforderlich.

6.2 Auch für die Aufkündigung des nach dem Inkrafttreten des MRG abgeschlossenen Bestandvertrags über die Hoffläche (Parkplatz) ist kein wichtiger Grund erforderlich. In dritter Instanz ist es unstrittig, dass dieser Bestandvertrag ein einheitliches rechtliches Schicksal mit dem Bestandvertrag über die Geschäftsräumlichkeit teilt (vgl auch 2 Ob 136/01s; RIS‑Justiz RS0020405). Auch bei Verneinung einer einheitlichen Behandlung wäre die Aufkündigung hinsichtlich der Hoffläche berechtigt, weil ein Flächenmietvertrag nicht dem Kündigungsschutz des MRG unterliegt (RIS‑Justiz RS0069471).

7. In Stattgebung der Revision sind die Urteile der Vorinstanzen im stattgebenden Sinn abzuändern.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Der klagenden Partei steht für die Aufkündigung nur der einfache Einheitssatz zu, weil im Aufkündigungsverfahren weder ein bedingter Zahlungsbefehl zu erlassen ist, noch ein Auftrag zur Klagebeantwortung erfolgt, was aber nach § 23 Abs 6 RATG Voraussetzung für den Zuspruch des doppelten Einheitssatzes wäre. Diese offenbare Unrichtigkeit des Kostenverzeichnisses konnte ungeachtet fehlender Einwendungen der beklagten Partei (§ 54 Abs 1a ZPO) aufgegriffen werden (vgl Rassi , „Ungeprüft“ verfassungswidrig! ecolex 2012, 313).

Bei der Kostenbestimmung für das Berufungs‑ und Revisionsverfahren war zu beachten, dass der ERV‑Erhöhungsbetrag nach § 23a RATG nicht 3,60 EUR, sondern jeweils nur 1,80 EUR beträgt, weil es sich bei der Berufungs‑ und der Revisionsschrift um keine verfahrenseinleitenden Schriftsätze handelt (10 ObS 18/12p; 2 Ob 47/14x). Der Einheitssatz für den Revisionsschriftsatz beträgt 50 % (§ 23 Abs 3 RATG; 2 Ob 47/14x).

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