OGH 8ObA51/14d

OGH8ObA51/14d25.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Dr. Gerda Höhrhan‑Weiguni in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** A*****, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Q***** ***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Philipp Graf und Dr. Isabelle Dessulemoustier‑Bovekercke‑Ofner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Juni 2014, GZ 8 Ra 46/14i‑52, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00051.14D.0825.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin war bei der Beklagten als Abteilungsleiterin beschäftigt und als solche zuletzt direkt gegenüber dem Vorstand berichtspflichtig. Durch Umstrukturierungsmaßnahmen fiel im Jahr 2011 ein erheblicher Teil ihres Aufgabengebiets bei der Beklagten weg. Am 16. 4. 2012 eröffnete ihr der Geschäftsführer, dass er ihr Dienstverhältnis entweder einvernehmlich oder durch Kündigung beenden müsse. Die Klägerin führte daraufhin mit der Beklagten Verhandlungen über die Modalitäten einer einvernehmlichen Auflösung, die zu keiner Einigung führten. Jedenfalls im letzten Gespräch am 2. 5. 2014 bot ihr der Geschäftsführer an, künftig unter einem neuen Vorgesetzten (nicht mehr unmittelbar dem Vorstand unterstellt) weiterzuarbeiten, was sie ablehnte. Zu einer näheren Konkretisierung der angebotenen Weiterarbeit kam es daraufhin nicht mehr, sondern es wurde die Kündigung ausgesprochen. Die Arbeitsplatzchancen der Klägerin waren im Kündigungszeitpunkt noch intakt, sie hatte aber auf einem neuen Arbeitsplatz mit einer Entgelteinbuße von rund 25 % zu rechnen.

Das Erstgericht gab der auf Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit gerichteten Klage statt.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten Folge und änderte diese Entscheidung im klagsabweisenden Sinn ab.

Die unmittelbar nach Ablehnung eines Fortsetzungsangebots ausgesprochene Beendigungserklärung sei inhaltlich wie eine Änderungskündigung zu beurteilen. Eine Änderungskündigung sei nur dann mit Erfolg als sozialwidrig anfechtbar, wenn dem gekündigten Arbeitnehmer die Annahme des Änderungsanbots unzumutbar gewesen wäre. Da die Klägerin schon von vornherein abgelehnt habe, in einer hierarchisch nachgeordneten Position weiterzuarbeiten, sei es der Beklagten nicht anzulasten, dass die weiteren künftigen Arbeitsbedingungen im Gespräch nicht mehr konkretisiert wurden. Die Klägerin habe weder jemals behauptet, dass die von ihr abgelehnte Weiterbeschäftigung nicht vom Inhalt ihres Arbeitsvertrags gedeckt gewesen wäre, noch dass eine Verringerung des Gehalts oder eine sonstige unzumutbare Verschlechterung von Arbeitsbedingungen damit verbunden gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Die Revisionswerberin stellt nicht mehr in Frage, dass das im Zuge der Verhandlungen über die einvernehmliche Auflösung des unmittelbar von Kündigung bedrohten Dienstverhältnisses unterbreitete Alternativanbot, die Klägerin könne auf einer niedrigeren Hierarchiestufe weiterarbeiten, nach den gleichen Regeln wie eine Änderungskündigung zu beurteilen ist (zu dieser vgl RIS‑Justiz RS0028310; zur analogen Anwendung vgl 8 ObA 79/03f).

Bei der Anfechtung einer Änderungskündigung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer, dem durch die Kündigung erhebliche soziale Nachteile entstehen, die Annahme des Angebots des Arbeitgebers zur Änderung der Arbeitsbedingungen zumutbar war (RIS‑Justiz RS0118293). Die Beurteilung kann letztlich nur anhand der Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden (vgl RIS‑Justiz RS0051741; RS0051806). Die Anwendung einer richtig erkannten Rechtslage auf den konkreten Einzelfall stellt im Allgemeinen aber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, die die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte.

Eine krasse Fehlbeurteilung, die im Rahmen einer außerordentlichen Revision aufzugreifen wäre, vermag die Klägerin nicht aufzuzeigen.

In erster Instanz hat die Klägerin die Existenz eines Weiterbeschäftigungsangebots generell in Abrede gestellt. Selbst wenn dieses Vorbringen bei weitester Auslegung (auch) als Bestreitung der Ernsthaftigkeit des von der Beklagten vorgebrachten und vom Erstgericht festgestellten Angebots aufzufassen wäre, weicht doch die Revisionsbehauptung, es habe sich um eine nur alibihalber zur Erschwerung einer Kündigungsanfechtung abgegebene Erklärung gehandelt, von den im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren Sachverhaltsfeststellungen ab.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es wäre Sache der Klägerin gewesen, eine Unzumutbarkeit des Änderungsangebots wenigstens zu behaupten, ist nach dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Partei die zu ihren Gunsten sprechenden Umstände vorzubringen hat, nicht zu beanstanden. Die Behauptung und der Beweis dafür, dass das Änderunganbot unzumutbar gewesen wäre, obliegt dem anfechtenden Dienstnehmer (8 ObA 79/03f).

Entgegen den Revisionsausführungen bietet der festgestellte Sachverhalt keinen Anhaltspunkt dafür, dass es im festgestellten Fortsetzungsangebot darum gegangen wäre, einen neuen Arbeitsvertrag mit noch unbekanntem Inhalt abzuschließen. Der Klägerin wurde nach den bindenden Feststellungen das „Weiterarbeiten“ vorgeschlagen, mit der einzigen Änderung, dass sie sich einem neuen Vorgesetzten unterordnen hätte müssen. Bereits die beabsichtigte Einrichtung einer weiteren übergeordneten Führungsebene war für die Klägerin Grund genug, das Ansinnen ungeachtet der drohenden Kündigung ohne weitere Nachfrage abzulehnen; andere Nachteile der Fortsetzung des Dienstverhältnisses wurden von ihr nicht behauptet. Vorbringen, dass ihr die abgelehnte Organisationsänderung als solche unzumutbar gewesen wäre, hat sie im Verfahren nicht erstattet; dieser Aspekt war daher auch nicht zu prüfen.

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