OGH 3Ob89/14f

OGH3Ob89/14f23.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** KG, *****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Zöchbauer Frauenberger Rechtsanwälte in Wien, wegen Unzulässigkeit der Exekution (§ 36 EO), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 21. Oktober 2013, GZ 46 R 237/13p‑17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 11. März 2013, GZ 23 C 3/12y‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00089.14F.0723.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, weshalb sie als nicht zulässig zurückzuweisen ist (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Schon im Rekurs (ON 24) gegen die Exekutionsbewilligung trug die Klägerin (erfolglos) vor, von ihr sei am 9. Dezember 2010 über Themen der Umfrage berichtet worden, die vom Mitbewerber am 8. Dezember 2010 nicht erwähnt worden seien. Damit wird inhaltlich allein geltend gemacht, dass das im Exekutionsverfahren von der Betreibenden (= Beklagten) behauptete Verhalten am 9. Dezember 2010, das Substrat der im Exekutionsverfahren ergangenen Beschlüsse war (RIS‑Justiz RS0080946), rechtlich kein Zuwiderhandeln gegen das titelgemäße Unterlassungsgebot darstellte. Bestreitet allerdings der Verpflichtete, dass der behauptete Sachverhalt rechtlich ein Zuwiderhandeln gegen das titelmäßige Duldungs‑ oder Unterlassungsgebot darstellt, steht ihm dafür schon nach dem Wortlaut des § 36 Abs 1 letzter Halbsatz EO („... falls sie nicht mittels Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung angebracht werden können ...“) nur der Rekurs, nicht auch die Impugnationsklage zur Verfügung (RIS‑Justiz RS0123123; Jakusch in Angst EO² § 36 Rz 20). Ob die Exekutionsbewilligung (oder der Strafbeschluss) durch den Titel gedeckt war, ist nicht im Impugnationsverfahren zu prüfen (RIS‑Justiz RS0000072).

Abgesehen davon entspricht es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das Rekursgericht, wenn es dem Rekurs gegen eine Exekutionsbewilligung nicht Folge gab, über die Zulässigkeit der Exekutionsführung endgültig mit der Wirkung entschieden hat, dass über denselben Anfechtungsgrund nicht mehr, und zwar auch nicht mehr im Wege einer Klage nach § 36 EO entschieden werden dürfe (RIS‑Justiz RS0001545; Jakusch in Angst EO² § 36 Rz 10). Auf eine Änderung der Sachverhaltsgrundlage gegenüber dem Exekutionsverfahren beruft sich die Klägerin ohnehin nicht.

Die von der Beklagten relevierten Titelverstöße sind daher sowohl für den 8. als auch den 9. Dezember 2012 zu unterstellen.

2. Dass ein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot unverschuldet erfolgte, ist mit Impugnationsklage geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0107694). Von der verpflichteten Partei wird in diesem Zusammenhang verlangt, dass sie alles Zumutbare unternimmt, um die titulierte Verpflichtung erfüllen zu können. Nur wenn sie dem nachkommt, kann sie sich darauf berufen, ohne jedes Verschulden dem Exekutionstitel zuwider gehandelt zu haben (RIS‑Justiz RS0013515 [T3]), wobei dem Impugnationskläger die Behauptungs‑ und Beweislast obliegt (RIS‑Justiz RS0000756 [T2]). Dass der Klägerin das Zuwiderhandeln ihres Redakteurs zuzurechnen ist, wird von ihr nicht in Abrede gestellt. Die Klägerin versucht unter Zitierung umfangreicher Judikatur zum Wettbewerbs‑ und Medienrecht sowie Art 10 EMRK die ihr anzulastenden Titelverstöße mit einer angeblich unzulässigen Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung mit dem Ziel in Abrede zu stellen, ihr Verschulden daran zu verneinen. Dazu genügt die Klarstellung, dass hier der Titelverstoß nicht den sachlichen Inhalt einer Berichterstattung erfasst, sondern in der Behauptung eines nicht bestehenden zeitlichen Vorsprungs besteht, und damit weder die Teilnahme an einer öffentlichen Debatte zum Gegenstand hat, die allgemeine Interessen betrifft, noch die Zulässigkeit der Verbreitung von Nachrichten, die einem ernsthaften öffentlichen Anliegen entsprechen, oder vergleichbare gewichtige Interessen (vgl 4 Ob 98/07a = SZ 2007/139). Vielmehr ist ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an diesem Detail der Berichtserstattung nicht zu erkennen, das ganz offensichtlich ausschließlich in Wettbewerbsabsicht von der Klägerin geäußert wurde.

Einzuräumen ist, dass der Klägerin eine Zusammenfassung der Umfrage vom Auftraggeber exklusiv zur Verfügung gestellt wurde und dass über diesen Umstand ‑ isoliert betrachtet ‑ berichtet hätte werden dürfen. Da aber eine solche Mitteilung in Verbindung mit der Verbreitung des Inhalts der Umfrage untrennbar auch die Behauptung eines zeitlichen Vorsprungs vor Mitbewerbern zum Inhalt hat (3 Ob 7/12v), kann zur Zulässigkeit der Äußerung nicht mit der Judikatur zur Einschränkung der sogenannten Unklarheitenregel im Lichte der Freiheit der Meinungsäußerung (RIS‑Justiz RS0121107) argumentiert werden. Bei der Verknüpfung zweier Behauptungen, von denen eine wahr, die andere aber unwahr ist, fehlt es an einem maßgeblichen wahren Tatsachenkern. Die Judikatur ist zur Zulässigkeit von Werturteilen auf der Basis eines im Kern wahren Sachverhalts ergangen. Um ein Werturteil geht es hier aber gerade nicht.

2.1. In der Revision bestreitet die Klägerin ein Verschulden an den gegebenen Titelverstößen, die in der Behauptung eines nicht zutreffenden zeitlichen Vorsprungs ihrer Berichterstattung zu sehen sind, mit der mehrfachen Behauptung, der Redakteur der Klägerin habe den beiden Berichterstattungen einen anderen Bedeutungsinhalt beigemessen, als der rechtskräftigen Exekutionsbewilligung zugrunde lag. Da eine solche Behauptung in erster Instanz unterblieb, und sich nicht einmal in der Zeugenaussage des Redakteurs findet, baut diese Argumentation auf einer unzulässigen Neuerung auf, sodass schon deshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Abgesehen davon hat der erkennende Senat schon klargestellt, dass die Titelauslegung durch die verpflichtete Partei selbst keinen Impugnationsgrund bildet (3 Ob 115/13b); daran ist festzuhalten.

2.2. Da die Verpflichtete alles Zumutbare zu unternehmen hat, um die titulierte Verpflichtung erfüllen zu können, bildet die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Titelverstöße seien schuldhaft erfolgt, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung:

Denn es steht fest, dass es ungeachtet der Vertraulichkeit der Inhalte von Sitzungen des Landesparteivorstands immer wieder vorkommt, dass dessen Mitglieder Medienvertretern Inhalte aus den Sitzungen mitteilen; die Kenntnis des Redakteurs der Klägerin von diesen Gepflogenheiten als Medienvertreter ist zu unterstellen und jene von der Sitzung des Landesparteivorstands am 6. Dezember 2010 ist erwiesen. Eine Berichterstattung über den Inhalt dieser Umfrage erst am 8. Dezember 2010, die die Behauptung enthält, sie erfolge mit einem zeitlichen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern, kann aber angesichts der Kenntnisse von den üblichen Vorgängen durchaus als fahrlässig bezeichnet werden, weil damit zu rechnen war, dass mittlerweile auch andere Medien von diesen Inhalten erfahren haben und darüber berichten werden. Die Behauptung der Revision, der Redakteur habe sich noch vor der ersten Berichterstattung am 8. Dezember 2010 beim Hauptgeschäftsführer wegen der exklusiven Überlassung der Zusammenfassung der Umfrage rückversichert, geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, nach dem dieses Gespräch erst in Kenntnis des Artikels des Mitbewerbers erfolgte, also vor der Berichterstattung am 9. Dezember 2010. Die ‑ allenfalls ‑ berechtigte Überzeugung, (nach wie vor) als einziges Medium über eine Zusammenfassung der Umfrage zu verfügen, ändert daran wegen des Bedeutungsinhalts des Artikels, den auch der Redakteur der Klägerin erkennen musste, nichts.

Das Gesagte gilt umso mehr für die Berichterstattung am 9. Dezember 2010, die ‑ was die Klägerin in ihrer Revision verschweigt ‑ (auch) das Thema jener vom Vortag wiederholt und neuerlich einen zeitlichen Vorsprung behauptet, obwohl der Redakteur in Kenntnis des Artikels des Konkurrenzmediums vom Vortag war.

3. Umstände, die nur für die Strafhöhe von Bedeutung sind, können nicht zum Gegenstand einer Impugnationsklage gemacht werden (RIS‑Justiz RS0085146).

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