OGH 6Ob64/14a

OGH6Ob64/14a15.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** J*****, vertreten durch Mag. Alfred Schneider, Rechtsanwalt in Lilienfeld, gegen die beklagte Partei N***** R*****, vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in Lilienfeld, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 19. Februar 2014, GZ 7 R 28/14v‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00064.14A.0515.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen bejahten den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG, weil die 33‑jährige Tochter des Klägers ihre Wohnung wegen Schimmelbefalls in den Wintermonaten auf nicht absehbare Zeit nicht ohne Gesundheitsgefährdung bewohnen kann und in dieser Zeit in ihrem früheren Kinderzimmer wohnt (wohnen müsste). Der Tochter sei ein halbjährlicher Umzug zu Beginn und zu Ende der Heizperiode nicht zumutbar. Der aus der Kündigung entspringende Nachteil der Beklagten wiege weniger schwer als die gesundheitlichen Interessen der Tochter des Klägers, sei doch nicht ersichtlich, warum der seit 18 Jahren in Österreich lebenden Beklagten nur aufgrund des Umstands, dass sie eine Thai und seit kurzem verwitwet sei, ein Wohnungswechsel nicht zumutbar sein solle.

Dem hält die Revisionswerberin entgegen, da die Wohnung der Tochter des Klägers nur zeitweise nicht bewohnbar sei, sei die Interessenabwägung zum Nachteil der Beklagten gelöst worden. Es sei auf die Schwierigkeiten der Wohnungsbeschaffung für Mitbürger mit Migrationshintergrund hinzuweisen. Die Obdachlosigkeit der Beklagten sei evident. Es sei ungeprüft geblieben, weshalb gerade der Mietvertrag mit der Beklagten und nicht einer der beiden anderen gekündigt worden sei.

Eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage wird damit nicht aufgezeigt.

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejaht dringenden Eigenbedarf auch bei drohender Verschlechterung des Gesundheitszustands des Vermieters oder seines Angehörigen (3 Ob 1505/94; RIS‑Justiz RS0070537). Nach den Feststellungen hat der Kläger alle seine Wohnungen vermietet. Es steht dem Vermieter grundsätzlich die Wahl frei, welchen Mieter er kündigt (1 Ob 226/50 SZ 23/141). Das Vorliegen eines selbst verschuldeten Eigenbedarfs wegen Neuvermietung der Wohnungen trotz vorhersehbaren Eigenbedarfs (vgl RIS‑Justiz RS0068225 [T3]) hat die insofern behauptungs‑ und beweisbelastete Beklagte (RIS‑Justiz RS0067961) nicht behauptet. Bei der Interessenabwägung wiegen gesundheitliche Interessen in der Regel schwerer als bloß wirtschaftliche (vgl RIS‑Justiz RS0068363 [T2]). Zwar ist der Revision zuzugestehen, dass die Gefahr der Obdachlosigkeit des Mieters nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besonders schwer wiegt (vgl RIS‑Justiz RS0068317), jedoch hat die Beklagte in erster Instanz keine Tatsachen vorgebracht, die die drohende Obdachlosigkeit nahelegten. Sie machte lediglich geltend, sie stamme aus Thailand und habe naturgemäß ‑ nunmehr alleinstehend ‑ erhebliche Integrationsprobleme und sei in ihrem sozialen Umfeld auf sich allein gestellt.

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