Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird hinsichtlich der Abweisung von 33.206,55 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. April 2012 als Teilurteil bestätigt.
Im Übrigen (hinsichtlich der Abweisung von 43.603,70 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. April 2012 und der Kostenentscheidung) wird das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin schloss im Jahr 1994 bei der Beklagten einen Haushaltsversicherungsvertrag ab, der auch das Risiko des Einbruchsdiebstahls umfasste.
Vor Vertragsabschluss besichtigte der Versicherungsbetreuer der Beklagten sämtliche Räume der zuvor generalüberholten Wohnung der Klägerin und führte mit ihr ein Gespräch. Daraufhin wurden 1.020.000 ATS (infolge Valorisierung zum Einbruchszeitpunkt 26. 12. 2011: 97.449 EUR) als Versicherungssumme (Deckungssumme) festgelegt. Der vom Versicherungsbetreuer ausgefüllte und von der Klägerin unterfertigte Versicherungsantrag „für den privaten Bereich“ war für mehrere Sparten (etwa Eigenheim, Haushalt, Feuer, Leitungswasser etc) verwendbar. Die einzelnen Sparten konnten durch Ankreuzen ausgewählt werden; die beantragte Versicherungssumme und die Prämie waren dann in weitere Spalten einzutragen. Die am linken Rand vorgesehenen Kästchen sind nicht angekreuzt; die von der Klägerin gewünschte Versicherungssumme und die Prämie stehen zwischen den Zeilen für die Sparte „Haushalt“ und „Feuer“. Oberhalb der auszufüllenden „Sparte(n)“ findet sich der Hinweis:
„Den einzelnen beantragten Sparten liegen die jeweils hiefür zuletzt vor Versicherungsbeginn vom Bundesministerium für Finanzen genehmigten Allgemeinen Versicherungsbedingungen, etwaige Zusatz‑, Sonder‑ oder Ergänzende Bedingungen zugrunde. Bei Beantragung und Abschluss mehrerer Sparten handelt es sich um rechtlich selbständige Verträge.“
Die Klägerin teilte ihrem Versicherungsbetreuer mit, dass sie auch Schmuck habe. Dieser besichtigte den Schmuck nicht, wies aber die Klägerin darauf hin, dass der Schmuck verwahrt werden müsse und sie nur ihre Uhr, die ein Gebrauchsgegenstand sei, heraußen liegen lassen könne und diese dann voll versichert sei. Er teilte der Klägerin mit, der Schmuck müsse in einem verschlossenen Raum oder Kasten oder dergleichen aufbewahrt werden, am besten in einem Safe. Über eine besondere Art des Safes wurde nicht gesprochen. Über Haftungsbeschränkungen für Schmuck und Gebrauchsgegenstände informierte der Versicherungsbetreuer die Klägerin nicht.
Die der Klägerin in der Folge übermittelte Versicherungsurkunde (Polizze) der Beklagten enthält auf dem zweiten Blatt die Überschrift „Haushaltsversicherung Optimal-Schutz inkl. Glasbruchschäden ...“ und den Hinweis:
„Es gelten die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltversicherung (ABH) in der Fassung 1993, genehmigt mit Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. Oktober 1993, GZ. 9 171 438/2‑V/12/93“
Die Allgemeinen Bedingungen für Haushaltversicherungen (ABH 1993) lauten auszugsweise:
„Artikel 6
Was wird im Schadenfall entschädigt?
1. Ersatzleistung
...
1.11 Haftungsbegrenzungen für Wertsachen:
Wertsachen sind:
Bargeld, Valuten, Einlagebücher, sonstige Inhaberpapiere, Modeschmuck, echter Schmuck, Edel‑, Halbedel‑ sowie Schmucksteine, Perlen, sonstige Sachen aus (auch teilweise) Silber, Gold oder Platin, Briefmarken‑ und Münzsammlungen.
Die Haftung ist mit folgenden Beträgen begrenzt:
a) Für Wertsachen, die sich außerhalb von versperrten Geldschränken, wie unter lit. b) oder c) beschrieben, befinden:
aa) für Bargeld und Valuten
EUR 1.816,82
ab) für Einlagebücher und sonstige Inhaberpapiere
EUR 1.816,82
ac) für Modeschmuck, echter Schmuck, Edel‑, Halbedel‑ sowie Schmucksteine, Perlen, alle Sachen aus (auch teilweise) Silber, Gold oder Platin, Briefmarken‑ und Münzensammlungen sowie Münzen, deren Wert den Nennbetrag übersteigt
EUR 14.534,57
b) Für Wertsachen im versperrten Geldschrank der Sicherheitsklasse IV lt. VSÖ‑VVÖ‑Anerkennung (ÖSZ‑Zertifikat) *)
EUR 29.089,13
c) Für Wertsachen im versperrten Geldschrank mit besserer Sicherheitsklasse als unter lit. b) beschrieben oder im versperrten Mauer‑(Wand‑)Safe (mit mindestens Schlossschutzpanzer) der Sicherheitsklasse III lt. VSÖ‑VVÖ‑Anerkennung (ÖSZ‑Zertifikat) *)
EUR 58.138,27
...
*) VSÖ: Verband der Sicherheitsunter- nehmungen Österreichs
VVÖ: Verband der Versicherungsunter- nehmen Österreichs
ÖSZ: Österreichische Zertifizierungsstelle
für Sicherheitstechnik“
Die Klägerin las die Versicherungsurkunde durch und hatte den Eindruck, dass alles, was sie versichert haben wollte, auch versichert sei. Ihr wurden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) weder anlässlich des Gesprächs mit dem Versicherungsbetreuer ausgehändigt noch erhielt sie diese von der Beklagten zugesandt. Sie forderte auch in weiterer Folge die AVB bei der Beklagten nicht an.
Da die Klägerin einige „schöne“ Schmuckstücke erhalten hatte, schaffte sie sich 1996 einen Safe an. Dieser war in der Hauptmauer eingebaut. Der Safe war mit einem Zahlenschloss versehen und mit langen Schrauben in der Mauer befestigt. Am 26. 12. 2011 wurde in die Wohnung der Klägerin eingebrochen. Den Einbrechern gelang es nicht, den Safe aus der Mauer herauszubrechen und den gesamten Safe mitzunehmen. Sie brachen den Safe allerdings mit „schwerem Gerät“ auf und nahmen den Schmuck heraus.
Die Beklagte erbrachte an die Klägerin nachstehende Entschädigungsleistungen: für Wertsachen 14.534,57 EUR, für Gebrauchsgegenstände 4.219 EUR und für die Reparatur der Terrassentür 1.885,19 EUR. Sie wies die Klägerin darauf hin, dass im Fall des Nachkaufs der entschädigten Gebrauchsgegenstände innerhalb von drei Jahren ab dem Schadentag die Differenz zu den Neuwerten nach Übermittlung entsprechender Rechnungen ausbezahlt wird.
Die Klägerin begehrtnach Abzug der von der Beklagten geleisteten Teilzahlungen von insgesamt 20.638,76 EUR die Differenz zur (valorisierten) Versicherungssumme, demnach 76.810,25 EUR sA. Sie geht dabei vom Wert der abhanden gekommenen Wertsachen (91.910 EUR) und elektronischen Geräte (5.978 EUR), des aufgebrochenen Safes (400 EUR) und einer Skulptur (400 EUR) sowie von den Kosten für die Reparatur der aufgebrochenen Terrassentür (1.885,19 EUR) und für die Wiederherstellung verloren gegangener Daten auf ihrem Computer (550 EUR) aus, wobei die Gesamtsumme von 101.123,19 EUR die valorisierte Versicherungssumme von 97.449 EUR übersteigt. Die ABH 1993 seien mangels Ausfolgung und wegen der fehlenden Abrufbarkeit im Internet nicht Vertragsbestandteil geworden. Außerdem würden die ABH 1993 im Versicherungsantrag nicht erwähnt; der allgemeine Hinweis auf die AVB sei wegen seiner geringeren Schriftgröße undeutlich und damit unzureichend. Auch weiche die Polizze diesbezüglich vom Vertragsinhalt ab. Eine Genehmigung nach § 5 VersVG sei nicht erfolgt, weil die Beklagte auf die Abweichung gegenüber dem Versicherungsantrag nicht besonders aufmerksam gemacht habe. Damit sei nur der Inhalt des Versicherungsantrags als vereinbart anzusehen. Selbst wenn es zur Einbeziehung der ABH 1993 gekommen sein sollte, falle der Beklagten die Verletzung von Aufklärungspflichten beim Vertragsabschluss zur Last, weil ihr Versicherungsberater die Klägerin über den Deckungsumfang und über die in den ABH 1993 enthaltenen Entschädigungsgrenzen nicht belehrt habe.
Die Beklagte wendete ein, dass die ABH 1993 vereinbart worden seien. Unter Berücksichtigung der in Art 6.1.11 ABH 1993 festgelegten Haftungsbegrenzung für abhanden gekommenen Schmuck stehe der Klägerin infolge der bereits geleisteten Zahlungen nichts mehr zu. Der behauptete Schaden sei nicht entstanden.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die Klägerin wäre nach § 5 VersVG auf die in Art 6.1.11 ABH 1993 festgelegten Entschädigungsgrenzen für Wertsachen und damit auf Abweichungen der Versicherungspolizze vom Versicherungsantrag hinzuweisen gewesen, was nicht geschehen sei. Die Beklagte habe daher Versicherungsschutz ohne die in Art 6.1.11 ABH 1993 angeführten Haftungsbegrenzungen zu gewähren. Infolge Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruchs werde von der Stattgebung des Zahlungsbegehrens abgesehen.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten wegen Nichtigkeit und gab ihr im Übrigen dahin Folge, dass es das Klagebegehren abwies. Zwar leide die Beweiswürdigung des Erstgerichts hinsichtlich des Diebstahls der Schmuckstücke an einem Begründungsmangel, dem jedoch mangels Relevanz keine Bedeutung zukomme. Rechtlich führte es aus, die Aushändigung der Versicherungsbedingungen sei nicht Gültigkeitsvoraussetzung. Ein Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müsse zumindest auf den Vertragsunterlagen deutlich aufscheinen und der Kunde müsse die Möglichkeit haben, deren Inhalt zu erfahren. Unter diesen Voraussetzungen reiche die Anführung der AVB auf dem vom Kunden unterzeichneten Antragsformular für eine wirksame Vereinbarung aus. Die „Einbeziehungsklausel“ im Versicherungsantrag befinde sich in der Mitte der ersten Seite und in nur unmerklich kleinerer Schrift als etwa die darunter befindliche Aufzählung der einzelnen Sparten. Die Verknüpfung dieser Klausel mit den darunter liegenden Spalten (zB „Haushalt“) determiniere hinreichend deutlich die Einbeziehung der Versicherungsbedingungen für die Haushaltversicherung. Die unterbliebene Nennung einer konkreten Fassung durch Angabe des Verlautbarungsjahres sei unschädlich. Die AVB für Haushaltversicherungen in der zum Abschlusszeitpunkt geltenden Fassung seien eindeutig genug beschrieben. Damit beziehe der Versicherungsantrag die ABH 1993 in den Vertrag ein. Daraus folge, dass die Polizze insofern auch keine Abweichungen vom Versicherungsantrag enthalte. Der Klägerin sei es nicht unzumutbar, die AVB von der Beklagten anzufordern. Dass diese einem solchen Wunsch nicht entsprochen hätte, sei weder behauptet worden noch sonst indiziert. Daher sei von der Möglichkeit der Kenntnisnahme auszugehen. Ausgehend von den ABH 1993 habe die Beklagte den der Klägerin abhanden gekommenen Schmuck nur bis zur Höhe der in Art 6.1.11 ABH 1993 festgelegten Entschädigungsgrenzen zu ersetzen, was bereits geschehen sei.
Die Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten beim Abschluss des Versicherungsvertrags sei zu verneinen. Im Rahmen des Abschlusses eines Haushaltsversicherungsvertrags treffe in aller Regel allein den Versicherungsnehmer die Verantwortung, die richtige Versicherungssumme zu ermitteln und sich zu vergewissern, welche Wertsachen versichert seien. Das sei nur dann anders, wenn sich der Versicherer an der Wertermittlung beteilige. Auf Entschädigungsgrenzen in der Hausratversicherung müsse der Versicherer nur dann hinweisen, wenn ihm der hohe Wert der Schmucksachen bekannt sei. Die Erwähnung des Umstands, dass die Klägerin auch Schmuck besitze, führe noch nicht dazu, dass dem Versicherungsberater eine Deckungslücke erkennbar geworden wäre. Dass der Berater den Wert ihres Schmucks gekannt habe, behaupte die Klägerin nicht. Für ihn erkennbare Fehlvorstellungen der Klägerin seien nicht aufgezeigt worden. Auch eine Fragepflicht sei durch die Erwähnung des Schmucks nicht ausgelöst worden, weil jeder verständige Versicherungsnehmer mit Entschädigungsgrenzen bei Wertsachen oder Schmuck rechnen müsse. Die Klägerin habe über die wirksam vereinbarte Entschädigungsgrenze von (richtig:) 14.534,57 EUR hinaus keinen Ersatzanspruch für ihren Schmuck.
Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu, weil die Einbeziehung von AVB regelmäßig vom Einzelfall abhänge und daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu beurteilen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel der Prozessgegnerin zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und teilweise im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Das Erstgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass der Versicherungsantrag (Beilage ./A) und die Versicherungsbedingungen ABH 1993 (Beilage ./1) einen Bestandteil seines Urteils bilden. Wenn das Berufungsgericht daraus bestimmte Feststellungen hervorhebt, begründet dies ‑ entgegen der Ansicht der Klägerin ‑ keine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes.
2. Nach ständiger Rechtsprechung werden AVB als Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil, wenn sie vertraglich vereinbart wurden (7 Ob 221/06k mwN = SZ 2006/176 uva); andernfalls kommt ‑ wenn Art der Versicherung, versichertes Risiko und Prämie feststehen ‑ der Versicherungsvertrag ohne AVB zustande (RIS‑Justiz RS0117649; vgl RIS‑Justiz RS0062323 [T5]). Dem Versicherungsnehmer muss deutlich erkennbar sein, dass der Versicherer nur zu seinen AVB kontrahieren will; diesem Willen muss sich der Versicherungsnehmer unterworfen haben. Dafür wird gefordert, dass in den Vertragsunterlagen zumindest ein deutlicher Hinweis auf die Einbeziehung der AVB enthalten ist und der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, sich die AVB zu beschaffen oder deren Inhalt zu erfahren (7 Ob 221/06k = SZ 2006/176 ua). Insofern reicht für deren Einbeziehung in das Vertragsverhältnis etwa die Anführung der maßgebenden AVB auf dem vom Kunden unterfertigten Antragsformular aus, ohne dass es auf die Aushändigung der AVB an den Versicherungsnehmer ankäme (7 Ob 231/06f; vgl RIS‑Justiz RS0117648 [T1, T3]).
Die Ansicht des Berufungsgerichts, durch den Hinweis im Versicherungsantrag („Den einzelnen beantragten Sparten liegen die jeweils hiefür zuletzt vor Versicherungsbeginn vom Bundesministerium für Finanzen genehmigten Allgemeinen Versicherungsbedingungen, etwaige Zusatz‑, Sonder‑ oder Ergänzende Bedingungen zugrunde.“) in Verbindung mit der beantragten Sparte „Haushalt“ sei der Klägerin hinreichend deutlich gemacht worden, dass die Beklagte die Haushaltsversicherung nur zu den ABH in der zum Abschlusszeitpunkt geltenden Fassung (ABH 1993) abzuschließen bereit gewesen sei, steht mit diesen Grundsätzen im Einklang. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ähnliche Formulierungen wie jene, die im Versicherungsantrag enthalten ist, als taugliche Grundlage für die Einbeziehung der betreffenden Versicherungsbedingungen in den Versicherungsvertrag angesehen (7 Ob 231/06f; 7 Ob 1/05f; 7 Ob 39, 40/95; 7 Ob 17/90 = SZ 63/54). Entgegen der Ansicht der Klägerin besteht hinsichtlich der ausreichenden Deutlichkeit für die Einbeziehung von Versicherungsbedingungen kein Unterschied zwischen Verbraucher‑ und Unternehmergeschäften (vgl § 863 ABGB).
3. Die Belehrungspflicht des Versicherers oder seines Agenten darf nach ständiger Rechtsprechung nicht überspannt werden; sie erstreckt sich nicht auf alle möglichen Fälle (RIS‑Justiz RS0080386 [T2]). Eine Aufklärungspflicht besteht dann, wenn dem Versicherungsagenten aus den Äußerungen des Versicherungsinteressenten klar erkennbar ist, dass dieser über einen für ihn ganz wesentlichen Vertragspunkt eine irrige Vorstellung hat (RIS‑Justiz RS0080141 [T2]). Erkennbare Fehlvorstellungen, insbesondere etwa auch, dass der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz gerade für ein ausgeschlossenes Risiko anstrebt, sind vom Versicherer richtig zu stellen (RIS‑Justiz RS0106980).
Entgegen der Meinung der Klägerin ist für ihren Standpunkt aus diesen Rechtssätzen allerdings nichts zu gewinnen. Ihre Auffassung, sie wäre vom Versicherungsagenten der Beklagten auf Deckungsgrenzen aufmerksam zu machen gewesen, weil anlässlich des Versicherungsantrags auch von „Schmuck“ die Rede gewesen sei, kann nach den festgestellten Umständen nicht geteilt werden. Ihre Äußerung, dass sie auch Schmuck habe, musste der Versicherungsbetreuer ohne weitere Informationen nicht als Hinweis verstehen, dass die Klägerin Schmuck in einem 58.138,27 EUR übersteigenden Wert besitzt und sie davon ausgeht, dass dieser Schmuck in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe bis zur Versicherungssumme versichert sein soll (vgl 7 Ob 34/11t; in diesem Sinn Armbrüster in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG [2010] § 6 Rn 194). Im Zeitpunkt des Abschlusses des Haushaltsversicherungsvertrags im September 1994 besaß die Klägerin einen so wertvollen Schmuck noch gar nicht. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen schaffte sie sich den Safe erst ca zwei Jahre später (1996) an, weil sie (zwischenzeitlich) einige „schöne“ Schmuckstücke erhalten hatte. Mangels Besitzes so wertvoller Schmuckstücke im Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags konnte ein hoher Wert des (erst zukünftig erworbenen) Schmucks dem Mitarbeiter der Beklagten und damit dem Versicherer gar nicht bekannt sein.
4. Nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen teilte der Versicherungsbetreuer und Mitarbeiter der Beklagten (laut Polizze Beilage ./B: „Obersekretär des Außendienstes“), der als von der Beklagten mit der Vermittlung von Versicherungsgeschäften beauftragter Versicherungsagent im Sinn des § 43 VersVG idF vor BGBl 1994/509 anzusehen ist, der Klägerin auf ihre Nachfrage mit, dass sie den Schmuck in einem verschlossenen Raum oder Kasten, am besten in einem Safe, aufbewahren solle. Über eine besondere Art des Safes sprach er mit ihr nicht und informierte sie auch nicht über zusätzliche Sicherheitseinrichtungen. Wurde die Vollmacht des Vermittlungsagenten zur Entgegennahme von Versicherungsanträgen ‑ wie hier (Gegenteiliges wurde von der Beklagten nicht behauptet) ‑ in keiner Weise beschränkt, so bleiben die von der Klägerin mit dem Agenten mündlich getroffenen Verabredungen auch dann gültig, wenn sie in den Versicherungsantrag nicht aufgenommen wurden (RIS‑Justiz RS0080162; 7 Ob 125/08w = SZ 2008/121). Der Oberste Gerichtshof hat in den Entscheidungen 7 Ob 270/98a (= SZ 72/60, dazu zustimmend Ertl, Rechtsprechungsübersicht Versicherungsrecht 1999, ecolex 2001, 361 f) und 7 Ob 317/99i in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung ausgesprochen, dass der Zugang an den Agenten wegen dessen Empfangsbotenschaft zugleich den Zugang an den Versicherer bewirkt, sodass ab Zugang des Versicherungsantrags beim Versicherungsagenten und damit beim Versicherer diesen als Erklärungsempfänger das Risiko falscher oder unvollständiger Übermittlung trifft.
Demnach wurde die anlässlich der Antragstellung zwischen dem Versicherungsagenten der Beklagten und der Klägerin getroffene Verabredung über die Aufbewahrung des Schmucks in einem versperrten Safe (oder einem verschlossenen Raum/Kasten) Vertragsinhalt. Da jeder verständige Versicherungsnehmer mit Entschädigungsgrenzen bei Wertsachen oder Schmuck rechnen muss, kam es zwischen den Parteien zum Abschluss der von der Klägerin beantragten Haushaltsversicherung ohne Zugrundelegung des in Art 6.1.11 lit c ABH 1993 für die höchste Entschädigungsgrenze von 58.138,27 EUR erforderlichen Geldschranks oder Safes einer bestimmten Sicherheitsklasse. Zwar hat der Versicherungsagent der Klägerin nicht den Deckungsumfang für den Ersatz von Wertsachen bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Versicherungssumme zugesagt. Seine Zusage ist jedoch dahin zu interpretieren, dass im Schadensfall der Schmuck, wenn er speziell im versperrten Safe verwahrt wird, von der Beklagten ersetzt wird, wobei von einer Klassifizierung des Safes keine Rede war. Auf die von der Klägerin behaupteten sekundären Feststellungsmängel zur Beurteilung der Sicherheitsklasse des aufgebrochenen Safes kommt es daher nicht an.
Der Antrag der Versicherungsnehmerin auf Abschluss des Versicherungsvertrags gegenüber und im Zusammenwirken mit dem Versicherungsagenten wurde insoweit mündlich ergänzt. Die Versicherungspolizze (§ 5 VersVG) wich jedoch davon ab. Es kommt daher die für eine Genehmigungsfiktion maßgebliche Bestimmung des § 5 Abs 2 VersVG zur Anwendung. Hat der Versicherer diesen Vorschriften (auf die Abweichung samt Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers binnen Monatsfrist hinzuweisen) nicht entsprochen, so ist die Abweichung für den Versicherungsnehmer nach § 5 Abs 3 VersVG unverbindlich und der Inhalt des ‑ mündlich ergänzten ‑ Versicherungs-antrags (hier also die Ersatzleistung für den gestohlenen Schmuck bei dessen Aufbewahrung in einem Safe bis zur höchsten Entschädigungsgrenze von 58.138,27 EUR) als vereinbart anzusehen (7 Ob 317/99i; 7 Ob 69/06g mwN). Da der Beklagten (in der Person des ihr zuzuordnenden Mitarbeiters) das Ansinnen der Versicherungsnehmerin auf Deckung des Werts für Schmuck bei Verwahrung in jeglicher Art eines Safes bekannt geworden war, liegt auch kein Fall eines Dissenses vor. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie mangels Kenntnis von diesem Antragsinhalt auf die Abweichung nicht hätte aufmerksam machen können (hiezu 7 Ob 270/98a = SZ 72/60). Die Klägerin konnte daher auf eine insoweit unveränderte Antragsannahme vertrauen. Die Beweispflicht dafür, den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß im Sinn des § 5 Abs 2 VersVG belehrt zu haben, trägt der Versicherer (7 Ob 69/06g).
5. Die Beklagte leistete der Klägerin entsprechend der Entschädigungsgrenze gemäß Art 6.1.11 lit a sublit ac ABH 1993 Ersatz für gestohlene Wertsachen. Da die Klägerin gar nicht behauptet, dass die Voraussetzungen für den Ersatz der Neuwertspanne für die Gebrauchsgegenstände erfüllt sind, kommt nur mehr die Ersatzleistung für die der Klägerin abhanden gekommenen Wertsachen aus dem Safe über die genannte Entschädigungsgrenze hinaus bis zur höchsten Haftungsgrenze für Wertsachen von 58.138,27 EUR in Frage. Die Revision ist daher unter Berücksichtigung der von der Klägerin bereits erhaltenen Entschädigungsleistung für den Schmuck hinsichtlich des über diesen Betrag liegenden Klagebegehrens unberechtigt. Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher im Umfang der Abweisung von 33.206,55 EUR sA als Teilurteil zu bestätigen.
Hinsichtlich 43.603,70 EUR sA (Differenz zwischen dem höchsten Ersatzwert von 58.138,27 EUR und der erhaltenen Teilzahlung für den Schmuck von 14.534,57 EUR) ist maßgeblich, ob der Klägerin ‑ wie vom Erstgericht festgestellt ‑ beim Einbruch die im Privatgutachten Beilage ./C aufgelisteten Gegenstände sowie ein Siegelring mit einem Anschaffungswert von 1.800 EUR gestohlen wurden. Allerdings hat das Berufungsgericht die Tatsachenrüge der Beklagten (Beweisrüge zu diesen Feststellungen; Verfahrensrüge) nicht abschließend behandelt, sondern ist von der fehlenden Relevanz des Verfahrensmangels ausgegangen. Ein Zwischenurteil ist erst dann zu fällen, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen schon bejaht werden können (RIS‑Justiz RS0102003 [T3]). Der Anspruch der Klägerin auf die von ihr begehrte Ersatzleistung für den Schmuck setzt voraus, dass ihr dieser auch gestohlen wurde. Da der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichts insofern im Ergebnis nicht teilt, bedarf es einer Erledigung der Tatsachenrüge der Beklagten in ihrer Berufung.
6. Im Umfang von 43.603,70 EUR sA sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung ist daher das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt hinsichtlich des Teilurteils beruht auf § 52 Abs 4 ZPO; jener im Aufhebungsbeschluss auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.
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