OGH 2Ob43/14h

OGH2Ob43/14h28.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manuela S*****, vertreten durch Dr. Hans‑Dieter Sereinig, Rechtsanwalt in Ferlach, gegen die beklagten Parteien 1. Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ *****, 2. „K*****“ ***** registrierte Genossenschaft m.b.H., *****, beide vertreten durch Dr. Walter Suppan, Rechtsanwalt in Klagenfurt, 3. Christian K*****, und 4. Christoph V*****, beide vertreten durch Dr. Franz Grauf und Dr. Bojan Vigele, Rechtsanwälte in Völkermarkt, wegen 15.090 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2013, GZ 2 R 208/13w‑23, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 23. September 2013, GZ 26 Cg 79/12g‑18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erst‑ und zweitbeklagten Partei sowie der dritt‑ und viertbeklagten Partei die mit jeweils 1.308,17 EUR (darin enthalten 218,03 EUR USt) bestimmten Kosten der jeweiligen Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wohnte im Februar 2012 als Mitbewohnerin in einer von ihrem Lebensgefährten gemieteten Wohnung. An der Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, ist Wohnungseigentum begründet. Die Erstbeklagte ist die Eigentümergemeinschaft, die Zweitbeklagte die mit der Verwaltung betraute Gesellschaft, die die Wohnung als Wohnungseigentümerin an den Lebensgefährten der Klägerin vermietet hatte. Die zweitbeklagte Hausverwalterin hatte auch mit dem Dritt‑ und dem Viertbeklagten einen Vertrag über den Winterdienst im Jahr 2011/2012 geschlossen, der die Schneeräumung der Hauszugänge, Gehwege und Parkplätze (sämtlicher Asphalt‑ und Gehwegflächen) samt Splitt‑ bzw Salzstreuung umfasste. Die Gehwege, Hauszugänge und Parkplätze waren nach dieser Vereinbarung in der Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr „laut den Bestimmungen der StVO § 93 von Schnee zu säubern und bei Glatteis zu bestreuen“.

Die Beleuchtung der Außenanlagen der Liegenschaft wurde seit Jahren zumindest ab 24:00 Uhr abgeschalten.

In der Nacht vom 18. 2. auf den 19. 2. 2012 ging die Klägerin gegen Mitternacht, jedenfalls aber nach Abschaltung der Beleuchtung, mit ihrem Hund auf einem asphaltierten Weg zu den im Freien auf der Liegenschaft ausgestellten Altpapiercontainern. Sie trug in ihren Händen eine Kiste mit Altpapier. Sie hatte diesen Weg, auf dem es „stockdunkel“ war, zuvor schon öfter benutzt. Am 18. 2. 2012 hatte es in diesem Bereich untertags getaut und in der Nacht gefroren, sodass es glatt war. Die Klägerin, der dies nicht aufgefallen war, kam zu Sturz und verletzte sich. In den Tagen davor war die Räumung so durchgeführt worden, dass am 12. 2. 2012 Schnee zwischen den Containern und den Abstellplätzen nach Osten auf eine Wiese geschoben wurde. Am 12. 2. ab 22:10 Uhr, am 14. 2. ab 04:20 Uhr, am 16. 2. ab 22:10 Uhr und am 18. 2. ab 05:20 Uhr wurde beim Wohnhaus der Klägerin und in dessen Umgebung eine Salzstreuung durchgeführt, ebenso am 19. 2. ab 05:50 Uhr.

Die Klägerin begehrt Schmerzengeld und pauschale Unkosten. Sie brachte vor, dass sich aufgrund der hohen Temperaturen Schmelzwasser gebildet habe, das in den Nachtstunden gefroren sei. Die Sturzstelle sei weder beleuchtet noch abgesichert oder bestreut gewesen. Die Beklagten hafteten in erster Linie wegen Verletzung vertraglicher Pflichten bzw vorvertraglicher Schutzpflichten des Wegehalters. Die Erstbeklagte hafte aufgrund ihrer Eigenschaft als Eigentümergemeinschaft, die Zweitbeklagte als Verwalterin der Liegenschaft, der Dritt‑ und der Viertbeklagte als Inhaber des Reinigungsunternehmens, dem der Winterdienst übertragen worden sei. Die Klägerin falle in den „Schutzkreis“ des Vertrags zwischen der Erst‑ bzw Zweitbeklagten und dem Lebensgefährten der Klägerin.

Weiters bezieht sie sich auch auf § 1319a ABGB. § 93 StVO sei dagegen nicht anzuwenden, weil sich der Sturz nicht auf einem „öffentlichen Gut“ ereignet habe.

Die Erst‑ und Zweitbeklagte hafteten auch für die Dritt‑ und Viertbeklagten als ihre Gehilfen. Auch eine Haftung wegen Verletzung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten nach dem Ingerenzprinzip sei anzunehmen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe den Sturz alleine verschuldet.

Die Erstbeklagte sei als Eigentümergemeinschaft nicht passiv sachlegitimiert. Die Zweitbeklagte habe als Vermieterin und Verwalterin der Liegenschaft alles ihr Zumutbare getan, um die Geh‑ und Fahrwege der Liegenschaft schnee‑ und eisfrei zu halten. Sie habe den Winterdienst an ein Unternehmen übertragen, das diesen sach‑ und fachgerecht durchgeführt habe. Es seien nie Mängel festgestellt worden. Es habe auf der Liegenschaft in der Nacht vom 18. 2. auf den 19. 2. 2012 keine vereisten Flächen oder Schneeplatten gegeben. Die Temperaturen am 18. 2. hätten eine Schneeschmelze nicht zugelassen.

Die Dritt‑ und Viertbeklagten brachten vor, sie hätten den Winterdienst nur für die Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr täglich übernommen und seien ihrer Verpflichtung sach‑ und fachgerecht nachgekommen.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab.

Das Berufungsgericht erörterte rechtlich, dass das Begehren nur erfolgreich sein könne, wenn eine Rechtspflicht bestehe, den Gehweg zu den Altpapiercontainern nach Ausschalten der künstlichen Beleuchtung um Mitternacht durch Streuung oder auf andere Weise rutschfest zu halten. Da der Weg nicht für jedermann ohne jede Einschränkung gewidmet sei, unterliege er keiner haftpflichtrechtlichen Sonderbehandlung, etwa nach § 1319a ABGB oder nach § 93 StVO. Die Anforderungen der Verkehrssicherungspflicht dürften nicht überspannt werden. Sie richteten sich nach der Art und der Widmung des Weges und den Verkehrsbedürfnissen. Der Weg zu den Altpapiercontainern sei kein Verbindungsweg für den allgemeinen Fußgängerverkehr. Seine vernünftigerweise zu erwartende Benutzung beschränke sich auf die Müllentsorgung zu üblichen Tageszeiten durch die Bewohner der Anlage. Wenn sich die Klägerin entschließe, im Februar um Mitternacht nach Ausschalten der künstlichen Wegbeleuchtung eine Kiste voll Papier zum Abfallcontainer zu bringen, könne sie vernünftigerweise keinen rutschfesten Untergrund erwarten. Es wäre eine Überspannung der Anforderungen an den Streupflichtigen, einen solchen Weg im Februar um Mitternacht rutschfest zu halten. Jedenfalls aber überwiege bei der geschilderten Benutzung des Zugangs zu den Altpapiercontainern durch die Klägerin ihre Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten so sehr, dass ein verbleibender Schuldvorwurf an die Streupflichtigen vernachlässigbar gering sei.

Die Revision wurde zugelassen, weil sich nach dem Rechtssatz RIS‑Justiz RS0023350 [T1] eine solche Streupflicht auch im Winter um Mitternacht nicht ausschließen lasse.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren stattzugeben. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Erst‑ und Zweitbeklagten sowie Dritt‑ und Viertbeklagten beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig , weil zur Frage der Streu‑ und Räumpflicht in einer Wohnhausanlage während der Nachtstunden keine Judikatur besteht; sie ist aber nicht berechtigt .

Die Klägerin führt weitwendig aus, dass letztlich eine Haftung sämtlicher Beklagten anzunehmen sei. Es sei keine Überspannung der Anforderungen an die Streupflicht, einen Weg im Februar um Mitternacht rutschfest zu halten, und selbstverständlich sei die Wohnanlage über 24 Stunden in einem Zustand zu halten, der weitgehend Garantie dafür abgebe, dass es zu keinem Unfall komme. Die Eigentümergemeinschaft hafte für das Verschulden ihrer Gehilfen wie für ihr eigenes. Es sei ihr auch ein Auswahlverschulden nach § 1315 ABGB anzulasten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hafte ihren Mietern deliktisch im Rahmen der ihr obliegenden Wegesicherungspflichten nach § 1319a ABGB, wohingegen eine Haftung nach § 93 Abs 1 StVO ausscheide. Im Anwendungsbereich des § 1319a ABGB reiche leichte Fahrlässigkeit aus. Den rudimentären Feststellungen sei immerhin zu entnehmen, dass es untertags getaut und in der Nacht gefroren habe. Die Dritt‑ und Viertbeklagten hätten den Auftrag der Schneeräumung „samt Splitt“ erhalten, tatsächlich aber nie Splitt gestreut, woraus bereits ersichtlich sei, dass sie ihrem Auftrag mangelhaft nachgekommen seien. Zwar gebe es keine Feststellungen über die Dauer der Räum‑ und Streuarbeiten, es sei aber ersichtlich, dass der Auftrag an die Dritt‑ und Viertbeklagten lediglich den Zeitraum zwischen 06:00 Uhr und 22:00 Uhr umfasse und nicht entsprechend der konkreten Witterungssituation. Daraus erhelle sich ein tatsächliches Versagen der Dritt‑ und Viertbeklagten bei der Organisation des Winterdienstes und eine Verletzung der Überwachungs‑ und Kontrollpflicht der Erst‑ und Zweitbeklagten. Es sei nicht festgestellt worden, dass eine die Glatteisbildung begünstigende Entwicklung der Wetterlage nicht vorhersehbar gewesen sei. In 2 Ob 59/05y habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass, wenn die Vereisung des dortigen Tankstellengeländes schon vor Geschäftsschluss eingesetzt und dies aufgrund der Witterungsverhältnisse absehbar gewesen sei, die Unterlassung jeglicher Vorkehrungen einen erheblichen Sorgfaltsverstoß darstelle. Auch ginge das Erstgericht nicht auf die Frage der Verkehrssicherungspflicht ein und das Berufungsgericht nicht auf jene des Ingerenzprinzips. Eine Streupflicht auch im Winter um Mitternacht werde vom Rechtssatz RIS‑Justiz RS0023350 nicht ausgeschlossen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Dazu wurde erwogen:

Für die Haftung wegen mangelhaften Zustands eines Weges kommen eine Vielzahl unterschiedlicher Haftungsgrundlagen in Betracht (vgl dazu ausführlich Kath , Die Haftung für den mangelhaften Zustand eines Weges Schwerpunkt: Räum‑ und Streupflichten bei Schneelage und Glatteis, immolex 2011, 41).

Fasst man das unübersichtliche Vorbringen der Klägerin zusammen, stützt sie sich in erster Linie auf eine vertragliche Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhang mit dem Mietvertrag ihres Lebensgefährten, in dessen Schutzbereich sie falle, sowie die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB, wohingegen sie eine Haftung nach § 93 Abs 1 StVO - im Hinblick auf 2 Ob 217/08p = RIS‑Justiz RS0124763 zu Recht - ausschließt.

1. Zur Vertragshaftung:

1.1. Die Streupflicht des Bestandgebers wird aus ihrem Wesen als Nebenverpflichtung eines Bestandvertrags heraus durch die Verkehrsbedürfnisse einerseits und die Zumutbarkeit von Streumaßnahmen andererseits begrenzt (RIS‑Justiz RS0023235).

1.2. In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass Schutz‑ und Sorgfaltspflichten aus einem Vertragsverhältnis nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen, die durch die Vertragserfüllung erkennbar in erhöhtem Maße gefährdet werden und der Interessensphäre eines Vertragspartners angehören. In diesem Falle erwirbt der Dritte unmittelbare vertragliche Ansprüche gegen den Schuldner, der dann gemäß § 1313a ABGB für das Verschulden jener Personen haftet, derer er sich zur Erfüllung bediente (2 Ob 70/12a mwN). Nach ständiger Rechtsprechung erstrecken sich die Nebenpflichten des Vermieters aus dem Bestandvertrag auch auf die zur Hausgemeinschaft des Mieters gehörenden Personen. Dies wurde in 2 Ob 70/12a bekräftigt.

Die Klägerin hat hier als Lebensgefährtin des Mieters einer Wohnung in der Wohnhausanlage gewohnt und ist daher im Sinne dieser Judikatur als zur Hausgemeinschaft des Mieters gehörend und daher vom Schutzzweck des mit der Zweitbeklagten abgeschlossenen Mietvertrags umfasst anzusehen.

Ob auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten eine Vertragshaftung in Frage kommt, kann aus folgenden Erwägungen auf sich beruhen:

1.3. Die Anforderungen an die vertragliche Verkehrssicherungspflicht dürfen nicht überspannt werden. Sie sollen keine in Wahrheit vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (4 Ob 55/12k mwN).

Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann nur von Fall zu Fall bestimmt werden, ebenso die Zumutbarkeit der geeigneten Vorkehrungen. Der Hauseigentümer muss alle Vorkehrungen treffen, die vernünftigerweise nach den Umständen von ihm erwartet werden können (4 Ob 55/12k; RIS‑Justiz RS0023277). Dies gilt sowohl für die Häufigkeit des Streuens als auch die Anwendung verschiedener Streumittel (vgl auch RIS‑Justiz RS0023235 [T1]).

Die Beurteilung des Umfangs der Streupflicht hat aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls (konkretes Verkehrsbedürfnis und konkrete Zumutbarkeit) zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0023277 [T14]).

So wie nach der Rechtsprechung die Grenzen der Zumutbarkeit einer Räum‑ und Streupflicht dann überschritten werden, wenn bei andauerndem Schneefall oder sich ständig erneuerndem Glatteis eine ununterbrochene Schneeräumung notwendig wäre (RIS‑Justiz RS0023277 [T15, T16]), ist der erkennende Senat auch der Auffassung, dass eine Schneeräumung bzw Maßnahmen gegen Glatteis „rund um die Uhr“ regelmäßig unzumutbar sind. Dafür spricht auch die Vorschrift des § 93 Abs 1 StVO, die auch für die ‑ meist stärker frequentierten ‑ dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege eine Räumpflicht lediglich für die Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr statuiert.

Diese Auffassung wird im vorliegenden Fall noch dadurch untermauert, dass zumindest ab 24:00 Uhr auch die Beleuchtung der Außenanlagen der Wohnhausanlage abgeschalten wurde, also von einer allgemeinen Nachtruhe ausgegangen wurde, für die eine Räumung „wie untertags“ überschießend wäre.

Die Revisionswerberin beruft sich auch darauf, dass insbesondere nach 5 Ob 507/76 der Hauseigentümer auch an relativ milden Wintertagen ununterbrochen mit der Möglichkeit der Glatteisbildung rechnen müsse. In der Zeit der Dämmerung und Dunkelheit sei dies keineswegs unzumutbar.

Nach RIS-Justiz RS0023350 [T1] = 5 Ob 507/76 entspricht es der Lebenserfahrung, dass es am Beginn der kalten Jahreszeit zu Temperaturen von null Grad Celsius und darunter und zur Glatteisbildung kommen kann. Den Veröffentlichungen von 5 Ob 507/76 (vgl auch MietSlg 28.183) ist allerdings nicht zu entnehmen, dass sich der zu Grunde liegende Unfall tatsächlich gegen 19:30 Uhr ereignete. Die zweite zur Streupflicht des Hauseigentümers nach Einbruch der Dunkelheit in RIS‑Justiz RS0023350 indizierte Entscheidung 6 Ob 436/59 = ZVR 1960/256 betraf ihrerseits einen Unfall zwischen 17:15 Uhr und 17:30 Uhr. Beide Sachverhalte sind daher mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar.

2. Zur Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB:

Weg iSd § 1319a ABGB ist nach dessen Abs 2 eine Landfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist. Innerhalb eines Grundstücks befindliche Wege sind vom Anwendungsbereich des § 1319a ABGB im Regelfall deshalb ausgeschlossen, weil ihnen das die sachliche Rechtfertigung für eine haftungsrechtliche Sonderbehandlung bildende Merkmal der Zulässigkeit der allgemeinen Benützung fehlt (7 Ob 214/13s; 5 Ob 117/07b; RIS‑Justiz RS0030061).

Bei einer auf Privatgrund liegenden Fläche ist daher, wenn sich aus den besonderen Umständen nicht das Gegenteil ergibt, davon auszugehen, dass kein „Weg“ im Sinne der Bestimmung des § 1319a ABGB vorliegt (7 Ob 214/13s mwN). Eine im Hof liegende Fläche ist jedenfalls im Allgemeinen kein Weg iSd § 1319a ABGB, ebenso innerhalb eines Grundstücks befindliche Wege oder eine auf einem Privatgrund liegende Fläche, wenn sich nicht aus den besonderen Umständen das Gegenteil ergibt (RIS‑Justiz RS0109222 [T2, T3]). Vom Anwendungsbereich des § 1319a ABGB werden also im Regelfall innerhalb des Grundstücks befindliche Wege ausgenommen (8 Ob 93/04s).

Ebenso wie im Falle der Entscheidung 5 Ob 76/12f steht hier nicht fest, dass der Weg innerhalb der Wohnhausanlage, auf dem die Klägerin stürzte, von „jedermann ohne jede Einschränkung“ benutzt werden konnte. Eine Haftung der Eigentümergemeinschaft nach § 1319a ABGB scheidet daher schon deshalb aus. Abgesehen davon fehlte es auch an einem nach dieser Gesetzesstelle ‑ entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht ‑ erforderlichen groben Verschulden.

3. Zur Haftung des Dritt- und Viertbeklagten:

Dass der Dritt‑ und Viertbeklagte den Winterdienst lediglich für die Zeit von 06:00 Uhr früh bis 22:00 Uhr abends übernommen haben, ist unbestritten, ebenso, dass sich der Unfall der Klägerin außerhalb dieses Zeitraums ereignete.

Vorbringen in der Richtung, dass sich der Unfall der Klägerin deshalb ereignet hätte, weil diese beiden Beklagten ihren Verpflichtungen aus der Winterdienstübernahme für die Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr nicht nachgekommen wären, hat die Klägerin nicht erstattet und derartiges auch nicht nachgewiesen.

Dass sie die Schneeräumung in den Tagen davor insofern gefahrenbegründend vorgenommen hätten, als sie den Schnee so vom Gehweg geschoben hätten, dass dadurch die Befeuchtung des Gehwegs durch Schmelzwasser bei Tauwetter und die Glatteisbildung bei fallenden Temperaturen erkennbar ermöglicht wurde, wie die Revisionswerberin aufzuzeigen versucht, steht nicht fest.

Die Haftung dieser beiden Beklagten scheidet daher bereits aus diesen Gründen aus.

4. Es hat daher insgesamt bei der abweisenden Entscheidung der Vorinstanzen zu verbleiben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Die Kostennote der Revisionsbeantwortung der Erst‑ und Zweitbeklagten war insoweit zu berichtigen, als lediglich ein 10%iger Streitgenossenzuschlag zusteht, weil ihnen nicht mehrere Personen gegenüberstehen und ihr Rechtsanwalt lediglich eine weitere Person vertritt (§ 15 RATG).

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